Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garagen auf dem Baugrundstück Fl.-Nr. xxx, Gem. Aschaffenburg Scharnhorststraße xxx, 63739 Aschaffenburg, durch den Bauherrn xxx, BV-Nr.: xxx


Daten angezeigt aus Sitzung:  4. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat, 21.04.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 4. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 21.04.2021 ö Beschließend 3UKVS/4/3/21

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

I.Mit Bauantrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 23.02.2021 beantragte der Bauherr xxx den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garagen auf dem Baugrundstück Fl.-Nr. xxx, Gem. Aschaffenburg Scharnhorststraße xxx, 63739 Aschaffenburg und gleichzeitig die Erteilung einer Ausnahme von der, für dieses Gebiet bestehenden Veränderungssperre, da das Bauvorhaben alle Festsetzungsvorschläge des Bebauungsplanentwurfes Nr. xxx „Südlich Bismarckallee – West“ einhält und damit dem Bauvorhaben überwiegende öffentliche Belange dem Bauvorhaben nicht entgegenstehen.

Das bestehende Gebäude soll abgebrochen und durch den Neubau eines Einfamilienhauses ersetzt werden.

Geplant ist die Errichtung eines vollunterkellerten Wohnhauses mit II Vollgeschossen und Zeltdach. Die Gebäudegrundfläche liegt bei ca. 15 m x 16,2 m. Das Gebäude rückt 5 m von der Straßenbegrenzungslinie ab und erhält einen überwiegend begrünten Vorgarten. Die bestehende Garage an der nördlichen Grundstücksgrenze bleibt bestehen. An der südlichen Grundstücksgrenze wird eine Doppelgarage mit extensiv begrüntem Flachdach errichtet. Im rückwärtigen Grundstücksbereich ist eine Terrasse mit einer Fläche von ca. 75 m² geplant. Im südwestlichen Grundstücksbereich wird ein Pool mit einer Fläche von ca. 30 m² in den Boden eingelassen.

Die Grundstücksfläche beträgt 1.192 m².


II.

Planungsrechtliche Beurteilung



GRUNDSÄTZLICHES:

Das Bauvorhaben befindet sich in einem „im Zusammenhang bebauten Ortsteil“, für den das Einfügungsgebot des § 34 BauGB gilt. Die nähere Umgebung hat hierbei den Charakter eines „reinen Wohngebiets“ gemäß § 3 BauNVO.

Mit Datum vom 07.10.2019 hat der Stadtrat der Stadt Aschaffenburg die Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplans für das betreffende Gebiet beschlossen. Mit dem Aufstellungsbeschluss, der am 18.10.2019 im Amtsblatt / Main-Echo bekannt gemacht wurde, wurden erste Planungsziele für dieses Gebiet formuliert. Mit Beschluss vom 19.10.2020 wurde inzwischen ein Bebauungsplan-Vorentwurf mit konkreten Festsetzungsvorschlägen gebilligt. Auf dieser Grundlage wurde die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden durchgeführt. Eine formelle oder materielle Planreife im Sinne des § 33 BauGB hat der Bebauungsplan bisher nicht erlangt.

Der Stadtrat der Stadt Aschaffenburg hat am 18.01.2021 eine Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplans Nr. xxx „Südlich Bismarckallee – West“ beschlossen. Die Veränderungssperre wurde als Satzung am 29.01.2021 öffentlich bekannt gemacht und ist am 30.01.2021 in Kraft getreten.

Eine Ausnahme von der Veränderungssperre kann, gem. § 14 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, wenn durch das Bauvorhaben überwiegende öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.

Das Baugesuch ist zunächst planungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen. Soweit das Vorhaben hiernach planungsrechtlich zulässig ist, ist sodann ein Abgleich mit dem vorliegenden Bebauungsplan-Vorentwurf vorzunehmen. Anhand dieses Abgleiches ist zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Veränderungssperre, gem. § 14 Abs. 2 BauGB vorliegen. Diese Entscheidung ist durch Beschluss des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates zu treffen.


ZUR EIGENART DER NÄHEREN UMGEBUNG:

Der maßgebende „im Zusammenhang bebaute Ortsteil“ im näheren Umfeld der „Scharnhorststraße“ weist den Charakter eines „Reinen Wohngebiets“ im Sinne des § 3 BauNVO auf. Typisch für die nähere Umgebung ist eine weitestgehend einzeilige, offene Bauweise mit in der Regel bis zu zwei Vollgeschossen plus Dach oder Staffelgeschoss.

Der in der näheren Umgebung stehende Baukörper mit der größten Grundfläche ist das Gebäude Blücherstraße xxx mit einer Grundfläche von ca. 480 m². Die maximale Geschossigkeit liegt bei drei Vollgeschossen (EG, OG, Staffel- oder Dachgeschoss).

Die überbaubare Fläche leitet sich ab aus einer fiktiven vorderen und hinteren Baugrenze. Entlang der „Scharnhorststraße“ weisen die Gebäude einen Abstand zur Straßenbegrenzungslinie von ca. 5 m auf. Die reguläre maximale Bautiefe im Baublock definiert zurzeit das Doppelhaus Tannstraße 3 und 5 mit einem Abstand der hinteren Gebäudekante von gut 25 m zur Straßenbegrenzungslinie.

In der näheren Umgebung kommen verschiedene Dachformen (Flachdächer sowie Steildächer z.B. als Sattel-, Walm- oder Mansarddächer) in unterschiedlicher Ausrichtung vor.


PLANUNGSZIELE UND FESTSETZUNGSVORSCHLÄGE IM BEBAUUNGSPLAN-VORENTWURF:

Die Bebauungsplanung „Südlich Bismarckallee – West“ (Nr. xxx) enthält nach aktueller Beschlusslage folgende Planungsziele und Festsetzungsvorschläge (Billigungsbeschluss des Stadtrats vom 19.10.2020):

  • Allgemeines Wohngebiet WA
  • GRZ1 0,35 / GRZ2 + 30% = 0,455 / GFZ 0,9
  • Maximal drei Vollgeschosse (II+D / II+SG)
  • Maximale Grundfläche von Gebäuden: 300 m²
  • Höchstens acht Wohneinheiten je (Wohn-)Gebäude
  • Höchstens eine Wohnung je 100 m² Baugrundstücksfläche
  • Offene Bauweise
  • Überbaubare Fläche: Vordere Baulinie mit 5 m Abstand zur Straßenbegrenzungslinie, hintere Baugrenze mit 24 m Abstand zur Straßenbegrenzungslinie
  • Garagen, Tiefgaragen u. unterirdische Bauteile nur innerhalb der überbaubaren Flächen
  • Max. drei oberirdische offene Pkw-Stellplätze je Grundstück
  • Nebengebäude (außer z.B. Müll- und Fahrradhäuschen) nur außerhalb der „Vorgärten“
  • Mind. 40 % Grünflächenanteil (Breite und Fläche) im „Vorgarten“
  • Einfriedungen des Vorgartens max. 1,40 m hoch (gilt nicht für Hinterpflanzung mit standortgerechten Sträuchern und Hecken)
  • Dächer mit Neigung zwischen 0° bis 50°
  • Extensive Dachbegrünung bei flachen Dächern (0° bis 10°) ab 10 m² Größe
  • Erhalt von standortgerechten Bäumen ab Stammumfang von 50 cm (außerhalb der festgesetzten überbaubaren Flächen bzw. jenseits der inneren Baugrenze)
  • Pflanzgebot: 1 standortgerechter Laubbaum je voller 200 m² Grundstücksfläche
  • […]


PLANUNGSRECHTLICHE BEURTEILUNG:

Das vorliegende Baugesuch Scharnhorststraße xxx hat u.a. folgende Kenngrößen:

  • Baugrundstücksgröße: 1.192 m²
  • 1 Wohneinheit / Einfamilienhaus
  • Geschossigkeit:         EG + OG + nicht ausgebautes Zeltdach = II Vollgeschosse
  • Gebäudegrundfläche (Wohngebäude) = 232 m² + 74,75 m² angrenzende Terrasse; Gesamtversiegelung = 541,53 m²        [GRZ1 0,19 / GRZ2 = 0,45 / GFZ = 0,38]
  • Traufhöhe OG = straßenseitig:  7,46 m über OK Straße
  • Gebäudestellung: Abstand zur Straßenbegrenzungslinie: 5 m;
    Bautiefe: ca. 15,5 m = 20,5 m Abstand Gebäudehinterkante zur Straßenbegrenzungslinie
  • Offene Bauweise
  • Wohnhaus mit Zeltdach 20°, Neue Doppelgarage mit Flachdach extensiv begrünt; Bestandsgarage mit Steildach
  • Stellplatznachweis: insg. 3 Pkw-Stellplätze in Doppel- und Einzelgarage nachgewiesen, optional 2 Pkw-Stellplätze auf Zufahrt zur Doppelgarage möglich
  • Zufahrtsbreiten / Garagenvorzone: 6 m + 3 m = 9 m (Abweichung von § 5 Abs.1 GaStAbS)
  • Begrünungsanteil im Vorgarten: über 60 % ≥ 40 %, keine Nebengebäude im Vorgarten
  • Einfriedung Vorgarten: Stabgitter auf Mauersockel mit Pfeilern, 1,40 m hoch
  • Baumerhalt: Laut textlicher Angabe im Freiflächenplan gibt es auf dem Grundstück (im Bereich des Pools, im Plan eingezeichnet) zwei Bäume mit einem Stammdurchmesser von mehr als 50 cm. Dabei handelt es sich nach Angabe um Nadelbäume, die als nicht stand-ortgerecht eingestuft werden und die somit nicht unter den Regelungsvorschlag des B-Planvorentwurfs zum Erhalt entsprechend großer standortgerechter Bäume fallen würden.
    Baumpflanzgebote: Geplant sind sechs Baumpflanzungen (nach Angabe „lt. B-Plan“), davon 4 im „Vorgarten“


Art der baulichen Nutzung:

Das geplante Einfamilienhaus (1 WE) fügt sich in seiner Art in die Eigenart der näheren Umgebung (reines Wohngebiet) ein und entspricht auch dem Bebauungsplan-Vorentwurf.


Maß der baulichen Nutzung:

Der geplante Hauptbaukörper weist eine Grundfläche von 232 m² auf und erreicht eine GRZ1 von 0,18 (ohne Terrasse); die GFZ des zweigeschossigen Gebäudes beträgt 0,38.

Die Gesamtversiegelung auf dem Grundstück erreicht ein Maß von 541,53 m², dies entspricht einer GRZ2 von 0,45.

Die geplante Grundfläche des Baukörpers, GRZ1 und GRZ2 sowie GFZ liegen somit innerhalb des baulichen Rahmens der näheren Umgebung und entsprechen auch dem Bebauungsplan-Vorentwurf.

Das zweigeschossige Gebäude erreicht eine Wandhöhe (OK EG) von straßenseitig 7,46 m über OK Straße und fügt sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Planungsziele der Bebauungsplanung stehen hier nicht entgegen.


Überbaubare Grundstücksfläche, Gebäudestellung:

Der geplante Baukörper ist innerhalb eines fiktiven Baufensters platziert und fügt sich folglich in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Auch die in der Bebauungsplanung vorgesehenen Baulinien und Baugrenzen werden eingehalten.


Stellplätze:

Die für das Einfamilienhaus erforderlichen drei Pkw-Stellplätze sind in den beiden Garagen nachgewiesen. Ein Nachweis für Fahrradabstellplätze ist für Einfamilienhäuser nicht erforderlich.

Die Zufahrtsbreite von 9 m entspricht nicht den Bestimmungen des § 5 Abs.1 GaStAbS. Aufgrund der großzügigen Vorgartenbegrünung kann vorliegend einer Abweichung zugestimmt werden.


Freiflächen und Bepflanzung:

Die Vorgartenzone ist in Breite und Fläche zu mehr als 60 % als Grün- und Pflanzfläche angelegt. Das Flachdach der neuen Doppelgarage soll extensiv begrünt werden. Im Freiflächenplan sind 6 Bäume eingezeichnet, die die Pflanzvorgabe von 1 Baum je voller 200 m² Grundstücksfläche erfüllen (bei einem 1.192 m² großen Grundstück müssen mindestens 5 standortgerechte Laub- oder Obstbäume gepflanzt oder erhalten werden).

Bei den Baumpflanzungen sind dahingehende Änderungen vorzunehmen, dass die derzeitigen Festsetzungsvorschläge des Bebauungsplan-Entwurfes einzuhalten sind. Bezüglich der Erhaltung vorhandener Bäume wurde das Baugrundstück vom städtischem Baumberater mit folgenden Feststellungen überprüft:

Auf dem Grundstück befindet sich eine erhaltenswerte Hainbuche, Stammdurchmesser ca. 50 cm.
Sollte dieser Baum im Zuge der Baumaßnahme nicht erhalten werden können, sind zwei Bäume als Ersatz zu pflanzen.

Folgende Arten können verwendet werden:

Acer campestre ´Elsrijk´                    Kompaktwachsender Feld- Ahorn
Prunus padus `Tiefurt´                      SchmaleTraubenkirsche
Tilia cordata `Rancho´                      Kleinkronige Winterlinde
Liquidambar styraciflua                    Amberbaum             
Carpinus betulus ´Fastigiata´           Schmalkronige Hainbuche


Zusammenfassung:        

Das Bauvorhaben fügt sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und wäre gemäß § 34 BauGB planungsrechtlich zulässig.

Gleichzeitig entspricht das Bauvorhaben vollumfänglich den Festsetzungsvorschlägen des vom Stadtrat am 19.10.2020 gebilligten Bebauungsplan-Vorentwurfs Nr. xxx „Südlich Bismarckallee – West“.

Ziel der Veränderungssperre ist eine Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich (§ 14 Abs. 1 BauGB). Es soll verhindert werden, dass mit der Zulassung von Bauvorhaben während der Planaufstellungsphase Fakten geschaffen werden, welche die laufende Planung für dieses Bebauungsplangebiet gefährden.

Gem. § 14 Abs. 2 BauGB kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn der Zulassung des Bauvorhabens überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Festsetzungsvorschläge des vom Stadtrat gebilligten Bebauungsplan-Vorentwurfs Nr. xxx „Südlich Bismarckallee – West“ sind bereits sehr konkret gefasst. Die dementsprechenden Festsetzungsvorschläge werden durch das Bauvorhaben eingehalten. Bei Umsetzung des Vorhabens ist keine Gefährdung der weiteren Planung erkennbar. Aus stadtplanerischer Sicht wurde der Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre im Sinne des § 14 Abs. 2 BauGB zugestimmt. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassung des Vorhabens liegen damit vor.


Dem Umwelt-, Klima und Verwaltungssenat wird vorgeschlagen, für dieses Bauvorhaben eine Ausnahme von der Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplans Nr. xxx „Südlich Bismarckallee – West“, gem. § 14 Abs. 2 BauGB zu erteilen.

.Beschluss:

I. Für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garagen auf dem Baugrundstück Fl.-Nr. 4426/4, Gem. Aschaffenburg, Scharnhorststraße 19, 63739 Aschaffenburg, wird gem. § 14 Abs. 2 BauGB eine Ausnahme von der Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 3/27 „Südlich Bismarckallee – West“ erteilt.

II. Angaben zur Klimawirkung:

Bewertung -  jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
Wenig klimarelevant
Teilweise klimarelevant
Sehr klimarelevant
[..X..]   keine weiteren Angaben erforderlich
[…..]   kurze Erläuterung in den Begründungen
[…..]  ausführlicher Erläuterung
in den Begründungen
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
 (Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 16, Dagegen: 1

Datenstand vom 29.06.2021 15:03 Uhr