1. Ausgangslage
Im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages wurde für das Gebiet zwischen Clemensstraße/ Emilienstraße/ Bertastraße und Helenenstraße (ehem. Clemensheim) ein städtebauliches Konzept mit verschiedenen neuen Nutzungen beschlossen (PVS, 05.10.2020). Dies sieht hierbei Pflegeeinrichtungen, Servicewohnen und Wohnnutzungen für Klinikpersonal sowie eine Kindertagesstätte und einen Raum zur allgemeinen Nutzung der Bürgerinnen und Bürger des Stadtgebietes der Obernauer Kolonie vor.
Durch diese Neuordnung des Gebietes (Clemensareal) werden Anpassungen an den Verkehrsanlagen der äußeren Erschließung erforderlich, um die neuen Nutzungen adäquat an das bestehende Straßennetz anzubinden und die bestehenden Wohnstraßen der Obernauer Kolonie nicht mit weiterem Verkehr zu belasten. Dabei sollen aber auch Durchgangsverkehre durch die Obernauer Kolonie vermieden werden. Diese Planung obliegt der Stadt Aschaffenburg. Sie ist hierbei gemäß städtebaulichen Vertrags verpflichtet, die äußere Erschließung nach Erhalt der Baugenehmigung innerhalb einer Frist von 18 Monaten fertigzustellen.
Die Anbindung der inneren Erschließung an die öffentlichen Verkehrsanlagen erfolgt durch den Bauherrn und wird einvernehmlich mit der Stadt Aschaffenburg abgestimmt.
Die Hauptzufahrt zum Clemensareal soll zukünftig über den Bahnweg erfolgen. Hierzu soll eine neue Verbindung zwischen Clemensstraße und Bahnweg hergestellt werden. Weiterhin wurde ein Verkehrskonzept mit mehreren Planfällen erstellt, welches das neue nutzungsbedingte Verkehrsaufkommen berücksichtigt. Der Focus liegt hierbei auch auf der Vermeidung von Durchgangsverkehren.
2. Verkehrliche Anbindung Clemensareal und Bahnweg
Bestehende Anbindung Clemensstraße
Das Clemensareal ist derzeit für den Kfz-Verkehr ausschließlich über die Obernauer Straße erreichbar.
Für Rad- und Fußgängerverkehre besteht die Möglichkeit über den nördlich verlaufenden Bahnweg auf einer asphaltierten Trasse (Notfallzufahrt, Breite ca. 4,3 m) zum Clemensareal zu gelangen. Hierfür besteht eine baulich gesicherte Querungshilfe. Weiterhin besteht eine für Fuß- und Radverkehr südliche Anbindung der Obernauer Kolonie zwischen Bertastraße und Unterhainstraße.
Geplante Anbindung Clemensstraße und planerische Anpassungen Bahnweg
Die geplanten Bauvorhaben sollen zukünftig über eine neue verkehrliche Erschließung an den Bahnweg angeschlossen werden (Anlage 1).
Neue Straßenverbindung Clemensstraße – Bahnweg:
Die neue verkehrliche Erschließung erfolgt über die bereits bestehende Fuß-/Radwegtrasse bzw. Notzufahrt, welche heute schon die Clemensstraße und den Bahnweg miteinander verbindet. Diese Trasse soll nun entsprechend der aktuellen Regelwerke als Fahrbahn erweitert sowie aus- und umgebaut werden.
Der Verkehrsraum der neuen Straßenanbindung besteht aus einem einseitigen regelkonformen Gehweg (Breite 2,50 m) und einer Fahrbahn mit einer Breite von 5,25 m. Die dimensionierte Straßenbreite beruht auf dem Regelwerk „Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen“ (RASt 06) und lässt die Begegnung von Pkw und Transportern zu. Das Gefälle der vorgesehenen Straßenanbindung liegt bei rd. 6 %. Bodenbewegungen zur baulichen- und topographischen Anpassung sind aufgrund der Topographie vor allem in den Seitenbereichen nicht zu vermeiden. Der hoch eingezäunte Spielplatz liegt ca. 6-7 m von der Fahrbahn entfernt und ist von der Baumaßnahme nicht betroffen.
Anpassungen Bahnweg:
Aufgrund der neuen Straßenverbindung muss die bestehende Verbindung auf Höhe des Bahnweges baulich angepasst werden. Um Behinderungen des fließenden Verkehres durch linksabbiegende Kfz-Verkehre vom Bahnweg in Richtung Clemensstraße zu vermeiden, ist mittels einer überbreiten Fahrbahn von 5,5 m gem. RMS-2 eine provisorische Aufstellmöglichkeit für Linksabbieger vorgesehen. Die bestehende Querungshilfe bleibt erhalten und wird um ca. 9 m Richtung Südbahnhofstraße versetzt. In diesem Zuge wird auch die Querungstiefe der Insel auf 2,2 bzw. 2,5 m optimiert.
Weiterhin werden die Rad- und Parkierungsanlagen gem. den aktuell gültigen Regelwerken im Planungsbereich angepasst (siehe Anlage 2). Hierbei werden die Parkstände auf eine Parkstandstiefe von 2 m korrigiert und zum Schutze des Radverkehres ein regelkonformer Sicherheitstrennstreifen von 0,5 m eingerichtet. Im Bahnweg muss aufgrund zu geringer Parkstandslänge sowie ungenügender Anfahrbarkeit ein Parkstand entfallen.
Der derzeit nicht regelkonforme Radfahrstreifen wird als regelkonformer Schutzstreifen mit einer Breite von mindestens 1,5 m bis zum Knoten Südbahnhofstraße/ Bahnweg ausgebildet.
3. Bauabwicklung
Gemäß städtebaulichen Vertrages soll die neue Anbindung zum Bahnweg 18 Monate nach Erhalt der Baugenehmigung fertig gestellt sein. Der UVKS hat der Baugenehmigung am 06.10.2021 zugestimmt.
Der Bauablauf wird innerhalb der dargestellten Rahmenbedingungen des städtebaulichen Vertrages mit dem Investor im Einvernehmen abgestimmt. Ziel ist, den Baustellenverkehr nicht über das Wohngebiet abzuführen, sondern über den Bahnweg. Das wird besonders zu den Hauptverkehrszeiten Umgehungsverkehr induzieren. Hierüber hat die Stadtverwaltung am 30.09. 2021 im Rahmen eines Bürgergespräches informiert. Hierbei stehen zwei Varianten zur Diskussion. Variante 1 beruht auf der Überlegung den Baustellenverkehr über die bereits bestehende Trasse zu führen, während in Variante 2 der Unterbau bereits hergestellt sein und der Oberbau erst nach dem Baustellenverkehr eingebaut würde.
4. Erschließungskonzept Obernauer Kolonie
Durch die weitere äußere Erschließung der Obernauer Kolonie wird auch die Möglichkeit eröffnet, durch die Obernauer Kolonie hindurchzufahren. Das wird besonders zu den Hauptverkehrszeiten Durchgangsverkehr induzieren, wenn es zur Staubildung an der Ringstraßenkreuzung kommt.
Zur Abschätzung der Auswirkung der zusätzlichen Erschließung an den Bahnweg wurden modellgestützt folgende Überlegungen bzw. Fälle untersucht:
Null-Fall
Der Null-Fall beinhaltet die Erschließung an den Bahnweg, aber keine weiteren Maßnahmen innerhalb der Kolonie. Dieser theoretische Fall ist wichtig um zu erkennen, welche Folgen allein durch die zusätzliche Anbindung zu erwarten sind. Im Ergebnis zeigt sich, dass ein Durchgangsverkehr in Höhe von rund 700 Fahrzeugen am Tag zu erwarten ist, die sich hauptsächlich von der Obernauer Straße zum Bahnweg hin und in geringem Umfang auch in entgegengesetzter Richtung bewegen. Die Bertastraße wird dabei stärker belastet als die Emilienstraße, weil sie durch ihre Breite einen geringeren Widerstand besitzt.
Einbahnstraße Emilienstraße
Die Bertastraße wird gesperrt und ein Teilstück der Emilienstraße zur Einbahnstraße in Richtung Süden (Anlage 3). Auch damit ist die Durchfahrt von der Obernauer Straße zum Bahnweg nicht möglich – wohl aber in Gegenrichtung. Diese Relation bietet aber kaum zeitliche Vorteile im Vergleich zum Verbleib auf dem Hauptverkehrsstraßennetz. Die Eckausrundungen der inneren Erschließungsstraßen des Clemensareals sind bzw. sollten derart gestaltet werden, dass die Zu- und Abfahrt stets aus bzw. der Anbindung an den Bahnweg erfolgt.
Sperrung der Berta- und Emilienstraße
Die Bertastraße wird südlich der Tiefgaragenzufahrt des Clemensareals gesperrt Zusätzlich wird die Durchfahrt der Emilienstraße durch eine Sperrung direkt südlich der Umfahrung des Clemensareals unterbunden (Anlage 4). Ein Durchgangsverkehr durch die Kolonie ist somit unmöglich und die Erschließung des Clemensareals erfolgt zwingend über den Bahnweg. Die Sperrung der Emilienstraße birgt aber auch den Nachteil, dass hierdurch zwei Stichstraßen ohne Wendemöglichkeit entstehen: von Norden her ca. 100 m und von Süden her ca. 50 m. Der Stich von Norden her endet an der Umfahrung des Clemensareals, d. h. die Einmündung kann zum Wenden herangezogen werden. Von Süden her endet der Stich an einer privaten Grundstückszufahrt, die nicht zum Wenden herangezogen werden kann. Auch andere Positionierungen der Sperrung führt immer dazu, dass einer der Stiche keine Wendemöglichkeit besitzt oder die Zufahrt einer privaten Tiefgarage nur sehr erschwert möglich ist.
Diese beiden Varianten wurden in der Bürgerversammlung am 30.09. 2021 in der Stadthalle vorgestellt. Dabei sprach sich bereits die Mehrzahl der Rednerinnen und Redner für die Sperrung beider Straßen aus. Die besondere Situation der Emilienstraße, die sich durch eine Sperrung ergibt, sollte mit den Bewohnerinnen und Bewohnern direkt vor Ort erörtert werden. Der Ortstermin fand am 14.10. statt und im Einvernehmen der anwesenden Anlieger wurde die Lage der Sperrung nördlich der Tiefgaragenzufahrt der Häuser 24 und 26 festgelegt. Von Norden her kann in den Zufahrten zum Clemens-Park gewendet werden. Von Süden her gibt es keine Wendemöglichkeit – hier wenden die Anlieger auf dem Grundstück oder verlassen den recht kurzen Stich rückwärts. Die Zufahrt zur Tiefgarage ist nur von Süden her möglich und bedarf einer geringen baulichen Anpassung, wenn die Zufahrt auch mit größeren Fahrzeugen in einem Zug möglich sein soll.
Empfehlung
Die Verwaltung empfiehlt zur Organisation der inneren Verkehrserschließung der Obernauer Kolonie den Planfall Sperrung der Berta- und Emilienstraße weiter zu verfolgen. Die Sperrung wird nördlich der Tiefgaragenzufahrt angeordnet und mit einem Dreikantschließsystem ausgestattet.
Die Stellungnahmen der Polizei, der Rettungsleitstelle sowie des Entsorgungsbetriebs sprachen sich vorrangig für den Planfall Einbahnstraße aus. Bei Sperrung beider Straßen muss die Durchlässigkeit für Rettungsfahrzeuge grundsätzlich gegeben sein. Durch das Dreikantsystem ist das gewährleistet.
5. Umwelt- und Naturschutz
Das Plangebiet wird als Teilfläche eines potenziellen Zauneidechsenhabitates entlang der Bahnanlage angesehen.
Fledermäuse nutzen den Planungsraum als Durchflug- und Jagdhabitat.
Die vorhandene Vegetation besteht aus Laubbäumen und einheimischen Sträuchern. Die aktuelle Nutzung lässt ein Vorkommen von sonstigen Tier- und Pflanzenarten nach der FFH-RL nicht erwarten. Sämtliche neu zu versiegelnde Flächen werden gem. der aktuellen Bayerischen Kompensationsverordnung ausgeglichen. Im Zuge der Baumaßnahme muss im Bahnweg ein straßenbegleitender Baum gefällt werden. Darüber hinaus sind ca. 11,- teils kleine, Baumfällungen entlang der bestehenden Zufahrt erforderlich. Die zu entfernenden Bäume werden entsprechend der erforderlichen Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung an anderen Standorten ersetzt.
6. Baurecht und Grunderwerb
Die betreffenden Flächen sind durch den Bebauungsplan Nr. 06/04 vollständig überplant und als Verkehrs-, Baugebiets- oder Grünfläche festgesetzt.
Die geplante Baumaßnahme liegt im öffentlichen Raum auf Flächen der Stadt Aschaffenburg. Grunderwerb ist nicht erforderlich.
7. Abstimmungen sowie Kosten und Finanzierung
Die geplante Baumaßnahme wurde mit dem Umweltamt, Gartenamt, Tiefbauamt, Straßenverkehrsbehörde sowie Polizei abgestimmt.
Kostenträger der Baumaßnahme sind die Petersboden Projektgesellschaft mbH& Co. KG (Investor) mit 90% (bis max. 400 000 €) sowie die Stadt Aschaffenburg mit 10%.
Die Kosten für die Baumaßnahme liegen nach derzeitigem Kenntnisstand bei ca. 270.000 €. Darüber hinaus sind in derzeitigem Planungsstand weder Boden- noch Kampfmitteluntersuchungen durchgeführt, wodurch sich in späteren Leistungsphasen Kostensteigerungen ergeben können.
Der städtische Teil der Kosten wird über die Haushaltsstelle Clemensheim und für Radverkehrsmaßnahmen im Bahnweg die Haushaltsstelle Radverkehr finanziert. Derzeit ist vorgesehen, die Haushaltsmittel im Jahr 2022 anzumelden.
Der Beschlussvorlage liegt Folgendes bei:
Anlage 1: Übersichtsplan, Maßstab 1:1000
Anlage 2: Lageplan, Maßstab 1: 250
Anlage 3: Sperrung Bertastraße / Einbahnstraße Emilienstraße
Anlage 4: Sperrung Berta- und Emilienstraße
Anlage 5: Protokoll Bürgerinformation v. 30.09.2021