Bericht über die Situation der Deutschklassen an den Grund- und Mittelschulen


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Bildungssenates, 15.02.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Bildungssenat 1. Sitzung des Bildungssenates 15.02.2022 ö Beschließend 2BS/1/2/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache, die nach Deutschland zugewandert sind und keine oder nur geringe Deutschkenntnisse haben, besuchen i. d. R. zunächst für ein Schuljahr, maximal für zwei Schuljahre, eine Deutschklasse. 

Die Stundentafel für die Deutschklasse sieht in allen Jahrgangsstufen zehn Wochenstunden Unterricht im Fach Deutsch als Zweitsprache (DaZ) auf der Basis des LehrplanPLUS Grundschule bzw. Mittelschule vor, in denen sich die Schülerinnen und Schüler intensiv und systematisch mit dem Erlernen der deutschen Sprache beschäftigen.

Darüber hinaus ist der Spracherwerb wesentliche Aufgabe aller Fächer. In einem sprachsensiblen Unterricht werden anhand der jeweils fachspezifischen Inhalte die erworbenen Sprachkompetenzen aufgegriffen und weiter ausgebaut.

Im Bereich der „Sprach- und Lernpraxis“ werden die erworbenen Fähigkeiten eingeübt, vertieft und in konkreten Handlungssituationen angewandt.

Ziel der Deutschklasse ist es, die Schülerinnen und Schüler zügig auf den Besuch einer Regelklasse vorzubereiten und so eine möglichst rasche Integration der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen.

In der Stadt Aschaffenburg gibt es derzeit einerseits eine Deutschklasse an der Dalberg-Grundschule, die aus Schüler*innen der ersten (8) und zweiten (7) Jahrgangsstufe, insgesamt 15 Schüler*innen besteht. 

Andererseits zwei Deutschklassen an der Pestalozzi-Mittelschule, eine bestehend aus Schüler*innen der fünften (21) und sechsten (6) Jahrgangsstufe und eine andere bestehend aus siebter (5), achter (10) und neunter (7) Jahrgangsstufe, insgesamt 49 Schüler*innen. Die in den Klammern genannten Zahlen geben die aktuelle Schüleranzahl wieder.

Rückmeldungen der Schulen der Stadt haben jedoch ergeben, dass der Bedarf an Deutschklassen deutlich höher ist.

In untenstehender Tabelle ist die Rückmeldung aller Grund- und Mittelschulen ersichtlich, welche Schüler*innen deren Einschätzung nach einen Bedarf für eine Deutschklasse hätten. Hierin sind nicht die Schüler*innen beinhaltet, die bereits die o.g. Deutschklassen besuchen.

Alter
Anzahl
spricht kein deutsch
spricht rudimentär deutsch
6
5
1
4
 7
12
6
6
 8
12
6
6
 9
13
4
9
10 
9
3
6
Gesamt (Grundschulen)
51
20
31
11
7
3
4
 12
5
1
4
13
9
2
7
14
3
2
1
15
1
0
1
16
2
1
1
Gesamt (Mittelschulen)
27
9
18

Konkret besteht damit auf der Grundschulseite (Alter 6-10) ein zusätzlicher Bedarf für 51 Schüler*innen und auf der Mittelschulseite (Alter 11-16) für 27 Schüler*innen, wobei der Übergang im Alter von 10 Jahren fließend ist.

Rechnet man die derzeitigen Deutschklassen hinzu, besteht insgesamt damit ein Bedarf für 66 Schüler*innen in der Grundschulstufe und 76 Schüler*innen in der Mittelschulstufe. 

Auf Klassenstärke umgerechnet ergäbe sich damit bei einer durchschnittlichen Klassenstärke im Grundschulbereich von ca. 15 Schüler*innen insgesamt ein Bedarf von 4 Deutschklassen (aktuell eine). Im Mittelschulbereich bei einer durchschnittlichen Klassenstärke von max. 20 Schüler*innen von 4 Deutschklassen (aktuell zwei).

Die Stadt Aschaffenburg sieht die Entwicklung mit großer Sorge, wenn Kinder und Jugendliche ohne Sprachkenntnisse verstärkt in Regelklassen beschult werden. Für eine gelingende Integration ist das Erlernen der Sprache eine Grundvoraussetzung. Hinzu kommen gerade bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich zu den alterstypischen Sorgen mitunter Ängste, da sie in einem für sie völlig fremden Land sind. Zudem gibt es auch ältere Kinder, die noch niemals vorher eine Schule besucht haben. All diese Kinder sitzen überfordert dann in den Regelklassen. Als Bildungsregion ist es der Stadt Aschaffenburg wichtig, allen Kindern und Jugendlichen gute Chancen zu eröffnen und eine gute Bildungsbiographie zu ermöglichen.
Sowohl aus dem Schulbereich als auch aus dem Bereich der Jugendhilfe sowie von unterstützenden Ehrenamtlichen wurde diese Problematik an die Stadt Aschaffenburg herangetragen. Hierbei ist auch festzustellen, dass durch die unterschiedliche Zuständigkeit für Jugendhilfe und Schulen in den Ministerien der präventive Gedanke der Jugendhilfe im Schulbereich zu wenig Beachtung findet. 

Es ist daher notwendig, ab dem nächsten Schuljahr die Anzahl der Deutschklassen für die nächsten Jahre zu erweitern. Da die Anzahl der betreffenden Schüler*innen zum Zeitpunkt der Schulanmeldungen noch nicht konkret absehbar ist, sondern erst stetig entweder kurz vor bzw. nach Schuljahresbeginn anwächst, müssen entsprechende Vorbereitungen getroffen werden, damit der Bedarf abgedeckt werden kann.
Da grundsätzlich in den nächsten Jahren sowohl weiterhin mit Zuwanderung, insbesondere aus Osteuropa im Rahmen der Arbeitsmigration als auch mit weiteren Asylbewerbern zu rechnen ist, ist es geboten, bereits zu Schuljahresanfang die Kapazitäten entsprechend vorzuhalten, auch wenn diese sich erst im Laufe des Schuljahres füllen sollten. 

Die derzeitigen Regelungen sehen vor, dass Schüler*innen, die nach ihrem Zuzug aus dem Ausland bereits eine Regelklasse in Deutschland besucht hatten, keiner Deutschklasse mehr zugewiesen werden können, auch wenn sie über keine oder nur sehr geringe Deutschkenntnisse verfügen. Da ohne gesicherte Sprachkenntnisse ein Schulerfolg sehr gefährdet ist, fordert die Stadt Aschaffenburg, diese Schüler*innen bis zum Erwerb hinreichender Sprachkenntnisse ebenfalls in die Deutschklassen aufzunehmen. 

Das Staatliche Schulamt, mit dem die Stadt Aschaffenburg kooperativ zusammenarbeitet, kennt die Problematik der im Laufe des Schuljahres anwachsenden Schülerzahlen ohne oder nur mit geringen Deutschkenntnissen. Trotz intensiven Einsatzes waren die Bemühungen, im laufenden Schuljahr weitere Deutschklassen zu bilden, bisher nicht erfolgreich aufgrund der unterjährigen Personalsuche. Dies betrifft auch die Möglichkeit anderweitiger Förderung. 

.Beschluss:

I. 
  1. Der Bericht über die Situation der Deutschklassen an den Grund- und Mittelschulen wird zur Kenntnis genommen (Anlage 2).

  2. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, die Regierung von Unterfranken und das Bayerische Kultusministerium aufzufordern, ab dem neuen Schuljahr 2022/2023 vier Deutschklassen an den Grundschulen und vier Deutschklassen an den Mittelschulen einzurichten, unabhängig von der Schülerzahl am Anfang des Schuljahres. Hierbei sollen auch die Schüler*innen in Deutschklassen zugewiesen werden, die bereits in Deutschland kurzzeitig eine Regelklasse besucht hatten, aber mit keinen oder sehr geringen Deutschkenntnissen in die Stadt Aschaffenburg zuziehen. 


II. Angaben zur Klimawirkung:

Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)


III. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 14.07.2022 15:58 Uhr