Ausgangslage:
Durch die Corona-Pandemie sind weiterhin weite Bereiche der örtlichen Wirtschaft betroffen. Besonders betroffen ist der Bereich des Gaststätten- und Hotel-, sowie Tourismusgewerbes, der örtliche Einzelhandel und die Schausteller.
Ausgangssituation war die Lage im Jahr 2020. Die Bayerische Staatsregierung hat damals, nach einem weitgehenden Lockdown, stufenweise Lockerungen beschlossen. Für den Bereich der Gastronomie wurde zunächst ab 18.05.2020 eine Öffnung der Außenbereiche und ab 25.05.2020 der Speisegaststätten im Innenbereich zugelassen.
Die Stadt Aschaffenburg hat in diesem Rahmen Maßnahmen zur Milderung der wirtschaftlichen Folgen für v.g. Wirtschaftsbereiche beschlossen. Die im Jahr 2020 erstmals umgesetzten Hilfsmaßnahmen wurden im Jahr 2021 entsprechend verlängert. Der Stadtrat, und seine Ausschüsse haben sich mit dem Thema „Förderung der örtlichen Gastronomie während der Corona-Pandemie“ in mehreren Sitzungen befasst:
- Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates vom 20.05.2020
- Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses vom 29.07.2020
- Sitzung des Haupt- und Finanzsenates vom 10.11.2020
- Sitzung des Stadtrates vom 15.03.2021
In der Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates wurden mehrere Maßnahmen vorgeschlagen und beschlossen, deren praktische Umsetzung in der Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses noch einmal vorgestellt wurden. In der Sitzung des Haupt- und Finanzsenates wurde ein Erlass der Sondernutzungsgebühren, sowie verkehrsrechtliche Gebühren i.R.d. Corona-Pandemie beschlossen. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 15.03.2021 beschlossen, die Maßnahmen des Jahres 2020 auch auf das Jahr 2021 auszudehnen.
Gegenüber der Lage im Jahr 2020, aber auch gegenüber dem Jahr 2021 haben sich im laufenden Jahr wesentliche Veränderungen, insbesondere Lockerungen ergeben. Die Situation am Mainufer ist sowohl hinsichtlich der fortschreitenden Baumaßnahmen, wie auch hinsichtlich der Sicherheitslage neu einzuschätzen. Die ursprünglich sehr hohe Toleranz der Bevölkerung in Bezug auf die Ausweitung der Gastronomieflächen in der Innenstadt und der hiermit verbundenen Lärmimmissionen und sonstiger Begleiterscheinungen war bereits im Jahr 2021 deutlich rückläufig. Aktuell liegen Unterschriftenlisten von Bürgern zur „Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sauberkeit“ vor. Aus diesem Grunde können die, in den beiden vergangenen Jahren beschlossenen Maßnahmen nicht vollumfänglich auf das Jahr 2022 übertragen werden, insbesondere da sich die Lage deutlich verändert hat.
Von der Stadtratsfraktion der GRÜNEN liegt ein Antrag vom 04.12.2021 auf Verlängerung der im Jahr 2020 und 2021 beschlossenen Maßnahmen (Freiflächenerweiterung für die Außengastronomie) vor. Hinsichtlich einer Entscheidung war jedoch zunächst die weitere Lageentwicklung abzuwarten.
Zwischenzeitlich liegen entsprechende Erfahrungen aus den Jahren 2020 und 2021 vor und es besteht ein vager Ausblick auf das Jahr 2022.
Für das Jahr 2022 vorgesehene Maßnahmen:
Im Einzelnen werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
1. Vorübergehende Erweiterung, bereits genehmigter Außengastronomieflächen:
Flächenüberschreitungen genehmigter Außengastronomiebereiche (Sondernutzungen) werden im Jahr 2022 weiterhin allgemein zugelassen, soweit folgende Vorgaben eingehalten werden:
- Keine Beeinträchtigung von Verkehrsflächen, vor allem Rettungswege
- Keine Überschreitung der max. zugelassenen Sitzplätze (Immissionsschutz)
- Bei Inanspruchnahme von Nachbarflächen, Einigung mit den betroffenen Nachbarn
Es handelt sich hier – wie in den Jahren 2020 und 2021 umgesetzt - um die Ausdehnung der bereits bisher genehmigten und genutzten Außengastronomie in die Fläche, um die Abstandsregelungen einhalten zu können. Eine Betriebsausweitung ist hiermit nicht verbunden.
Die Regelung umfasst auch die temporäre Erweiterung von bestehenden Biergärten, unabhängig davon, ob diese dem Baurecht oder dem Sondernutzungsrecht unterliegen. Die Erweiterung - wie vorgeschlagen - wird unbürokratisch geduldet. Bei berechtigten Beschwerden, z.B. von Nachbarn, ist der Betrieb wieder auf den genehmigten Umfang (Fläche) zurückzufahren.
Allerdings sind ab 01.05.2022 bauliche Anlagen (Anbauten, Pavillons, Überdachungen, etc.), welche in den letzten beiden Jahren im öffentlichen Raum, insbesondere in der Herstallstraße geduldet wurden wieder zurückzubauen. Dies gilt entsprechend für bauliche Anlagen mit nichtgastronomischer Nutzung, die coronabedingt geduldet wurden.
2. Vorübergehende Nutzung von privaten, dem Gastronomiebetrieb zugeordneter PKW-Stellplätze zu gastronomischen Zwecken:
Nachdem die Gästezahlen der Gastronomiebetriebe zur Einhaltung der Abstandsregelungen
b.a.w. eingeschränkt sind, ist es vertretbar, den Stellplatznachweis vorübergehend
auf 50 % des regulären Stellplatzerfordernisses zu reduzieren. Diese Stellplätze stehen dann
– soweit in der Praxis geeignet - für eine Erweiterung der Außengastronomiefläche zur
Verfügung. Auf Privatgrund wird diese Nutzung – soweit die öffentliche Sicherheit und
Ordnung (z.B. Brandschutz) nicht beeinträchtigt wird - geduldet. Es gelten hierbei die
Vorgaben, gem. Ziffer 1 (Verkehrsflächen, Rettungswege, Sitzplatzzahl - Immissionsschutz).
3. Vorübergehende Inanspruchnahme öffentlicher Stellplätze vor genehmigten Gastronomiebetrieben:
Es wird im Einzelfall zugelassen, je Gastronomiebetrieb bis zu 2 öffentliche Stellplätze
(soweit aus Gründen der Sicherheit und Ordnung vertretbar) für eine gastronomische
Außenbereichsnutzung in Anspruch zu nehmen. Hierzu müssen allerdings im Einzelfall
Genehmigungen (insb. eine verkehrsbehördliche Anordnung) eingeholt werden. Bei
bereits genehmigten Außengastronomieflächen gelten die Vorgaben, gem. Ziffer 1
(Verkehrsflächen, Rettungswege, Sitzplatzzahl - Immissionsschutz).
Die Inanspruchnahme solcher Stellplätze in verkehrsberuhigten Bereichen erwies sich in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund der verkehrlichen Rahmenbedingungen (Frequenz der Fahrzeuge, Schrittgeschwindigkeit, Gemeinschaftsfläche für alle Verkehrsteilnehmer und Nutzer) als weitgehend unproblematisch.
Außerhalb von verkehrsberuhigten Bereichen ist die Nutzung von Verkehrsflächen aus Gründen der Verkehrssicherheit kritisch zu betrachten. Es werden hier höhere Geschwindigkeiten gefahren, damit steigen die Unfallgefahren an. Es gilt auch weiterhin der Grundsatz Fahrbahnen sind für den fließenden und ruhenden Straßenverkehr vorgesehen. Die zu beteiligenden Fachstellen der Feuerwehr und der Polizei teilen diese Ansicht und empfehlen grundsätzlich, eine solche Nutzung von Fahrbahnbereichen außerhalb von verkehrsberuhigten Bereichen aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht zuzulassen.
In den Jahren 2020 und 2021 wurde gleichwohl im Bereich der Dalbergstraße Gastronomen erlaubt, auf der Fahrbahn Außengastronomie zu betreiben. Dazu musste die Fläche jeweils durch straßenverkehrsrechtlich anerkannte Absperrungen und Beleuchtungen ausgestattet werden und regelmäßig kontrolliert werden.
Eine Ausweitung derartiger Genehmigungen über die in 2021 bereits tolerierten Nutzungen wird nicht befürwortet.
4. Vorübergehende Inanspruchnahme öffentlicher Plätze vor oder in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang genehmigter Gastronomiebetriebe:
Es wird im Einzelfall zugelassen, öffentliche Plätze vor oder in einem unmittelbaren
räumlichen Zusammenhang genehmigter Gastronomiebetriebe in Anspruch zu
nehmen.
Hierfür kommen insbesondere in Betracht:
- Schöntal (gepflasterter Bereich vor der Brunnenanlage am Eingang zur City-Galerie)
- Freihofsplatz
- Theaterplatz (Randbereich außerhalb der Sonnenuhr)
Es wird empfohlen, eine Außengastronomienutzung im Bereich des offenen Schöntals im Jahr 2022 nicht mehr zuzulassen. Der Hauptgrund, nämlich die ursprüngliche Schließung der Gastronomie und die sukzessive Lockerung, vor allem mit dem Fokus auf den Außenbereich ist zwischenzeitlich entfallen. Durch die Nutzung des offenen Schöntals wird die öffentliche Grünanlage, insbesondere der Baumbestand erheblich beeinträchtigt. Zudem liegen Beschwerden von Anliegern hinsichtlich der Schallimmissionen vor.
5. Neuordnung der Flächen am Mainufer:
Bereits im Jahr 2020 wurden auf städtischen Grundstücken entlang des Mainufers Flächen für Gastronomiebetriebe mietfrei zur Verfügung gestellt um vor allem Gastronomiebetrieben ohne eigenen Außenbereich die Ausübung Ihres Berufes zu ermöglichen. Ähnlich wurde hier im Jahr 2021 verfahren. Grund hierfür war, dass die gastronomische Nutzung aus Infektionsschutzgesichtspunkten zeitweise nur im Außenbereich möglich war und die Innenbereichsnutzung stark eingeschränkt war. Manche Betriebe mussten komplett schließen.
Diese Situation ist 2022 nach heutiger Kenntnis nicht mehr gegeben. Die Betriebe, die von der Möglichkeit 2021 Gebrauch gemacht haben, unterliegen nur noch geringfügigen Beschränkungen. Es können daher wieder die normalen Regelungen Anwendung finden, wonach man der etablierten Gastronomie keine Konkurrenz durch zusätzliche Betriebsstätten im öffentlichen Raum machen will.
Soll gleichwohl im Einzelfall eine derartige Nutzung geplant werden, ist diese förmlich zu beantragen und nach den üblichen gesetzlichen Maßstäben zu prüfen.
Eine Sondersituation stellte im Vorjahr der Bereich Perth Inch dar. Hier stand im Vorjahr der Sicherheitsaspekt im Vordergrund. Um größere Menschenansammlungen im Bereich des Perth-Inch zu vermeiden und die Kontrolle der Coronaauflagen zu erleichtern, sollte im Jahr 2021 eine Bewirtschaftung der Fläche durch Gastronomen erfolgen. Zielsetzung war es, eine unkontrollierte Nutzung der Fläche wie im Vorjahr mit massiven Beschwerden und erheblichem Personaleinsatz der Polizei zu vermeiden.
Nach Rücksprache mit der Polizei stellt sich die Situation in diesem Jahr, auch unter Berücksichtigung der Baustellensituation anders dar. Eine Bewirtschaftung dieses Bereiches wurde nicht als zwingend notwendig angesehen. Vielmehr kann diese Fläche, wie in den früheren Jahren wieder der Allgemeinheit als Gemeinbedarfsfläche zur Verfügung gestellt werden.
Anders sieht die Situation in dem Bereich zwischen Theoderichstor und Ebertbrücke dar. Dort gab es im vergangenen Jahr massive Ordnungsstörungen und Sachbeschädigungen, meist unter Alkoholeinfluss. Die Verwaltung wird deshalb dem Stadtrat die Einbeziehung dieser Flächen in die Grünanlagensatzung und das dort teilweise geltende Alkoholverbot vorschlagen.
6. Zulassung von Schaustellerbetrieben in der Innenstadt:
Es wird im innerstädtischen Bereich die Aufstellung von Einrichtungen örtlicher
Schaustellerbetriebe (insbesondere Imbissstände, Verkaufsstände, Karussells) zugelassen.
Hierfür vorgesehen sind vor allem Standorte, welche bereits in den Jahren 2020 und 2021
hierfür bereitgestellt wurden, z.B. Standorte
- in der Herstallstraße
- auf dem Verbindungsweg zwischen Herstallturm und der City-Galerie
- auf dem Schlossplatz
- an der Sandkirche
Die aufgrund der „Weihnachtsmarktproblematik“ vorgenommene Ausweitung der Standorte wird wieder zurückgeführt.
7. Erlass von Sondernutzungsgebühren für Außengastronomieflächen und Geschäftssondernutzungen sowie straßenverkehrs- und gaststättenrechtlicher Gebühren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie
In der Sitzung des Haupt- und Finanzsenates vom 10.11.2020 und in der Sitzung des Plenums am 15.03.2021 wurde, zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie, ein Erlass der Gebühren für Geschäftssondernutzungen und Sondernutzungen im Bereich der Außengastronomie sowie für Maßnahmen im Straßenverkehr und Genehmigungen von Haltverboten für die Jahre 2020 und 2021 beschlossen.
Insgesamt ging es hier um Gebühren in folgendem Umfang:
- Sondernutzungsgebühren für die Außengastronomie i.H.v. ca. xxx €
- Sondernutzungsgebühren für Geschäftssondernutzungen (Geschäftsauslagen, Kleiderständer, Kundenstopper, etc.) i.H.v. ca. xxx €
- Gebühren für verkehrsrechtliche Anordnungen und Gestattungen nach dem Straßenverkehrsrecht, dem Gaststättenrecht und dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) i.H.v. ca. xxx €
Es ist davon auszugehen, dass im Jahr 2022 mit einem ähnlichen Gebührenvolumen zu rechnen wäre.
Nachdem die wirtschaftliche Entwicklung in der Gastronomie und Einzelhandel in diesem Jahr noch nicht abzuschätzen ist, wird empfohlen, die v.g. Gebühren für das Haushaltsjahr 2022 ebenfalls zu erlassen, um die betroffenen Betriebe zu entlasten.
8. Übernahme der Kosten für Corona-Hilfsmaßnahmen bis zu 3.000 € im Einzelfall im Zusammenhang mit der Einrichtung von Standplätzen im Rahmen dieses Maßnahmenpakets
Im Rahmen der Einrichtung geeigneter Standplätze im Zusammenhang mit der Bereitstellung zusätzlicher Flächen für die örtlichen Schausteller fallen teilweise Kosten, z.B. für den Anschluss an die Strom- oder Wasserversorgung oder an das Kanalnetz an. Die Stadt gibt zu den nachgewiesenen Anschlusskosten (Nettobetrag, nicht Strom- oder Wasserverbrauch oder Mietkosten für Technik) einen Zuschuss in Höhe der nachgewiesenen Anschlusskosten, maximal 3.000 €. Die Verwaltung erhebt keine Bescheidsgebühren.
Allgemeines zu den Erweiterungen:
Sämtliche vorgesehenen Maßnahmen stehen unter dem Vorbehalt, dass diese Form der wirtschaftlichen Betätigung im Rahmen der jeweils geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zulässig ist und die notwendigen Hygieneschutzmaßnahmen eingehalten werden.
Die bisherige Genehmigungspraxis war auf einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen (Öffentliche Hand/Anwohner/Wirtschaft, etc.) ausgelegt. Diese hielten sich bisher in der Waage, bzw. es wurden Nachbesserungen vorgenommen, um diese Interessen wieder in Ausgleich zu bringen. Die v.g. Maßnahmen sind darauf ausgelegt, vorübergehend Erleichterungen für Gastronomiebetriebe zu schaffen, um die gesetzlichen Abstands-regelungen zu wahren und erhebliche wirtschaftliche Nachteile der örtlichen Gastronomiebranche reduzieren zu können.
Die Gastronomiebetriebe werden vermutlich weiterhin b.a.w. Beschränkungen aufgrund der geltenden Infektionsschutzmaßnahmen unterliegen. Hierdurch werden auch die Auswirkungen auf Dritte, z.B. hinsichtlich der Immissionen begrenzt. Die geplanten Erleichterungen sind zeitlich befristet auf die Saison 2022 begrenzt und lassen im Einzelfall abweichende Regelungen, insbesondere nachträglich beschränkende Maßnahmen zu, soweit diese zum Schutz Dritter (insb. Nachbarn) oder zur Wahrung öffentlicher Interessen (z.B. Rettungswege, etc.) erforderlich sind.
Jeder Betrieb ist - aufgrund völlig unterschiedlicher örtlicher Gegebenheiten - im Einzelfall zu betrachten. Eine pauschale Aussage für alle Betriebe lässt sich nicht treffen. Das vorgeschlagene Konzept stellt allerdings Instrumente zur Verfügung um kurzfristig Hilfe zur Selbsthilfe durch die Kommune gewähren zu können.
Dem Stadtrat wird vorgeschlagen dem Maßnahmenpaket zuzustimmen und die Verwaltung zu beauftragen, dieses Konzept umzusetzen.