Betreuung und Beschulung ukrainischer Kinder in der Stadt Aschaffenburg


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Bildungssenates, 05.07.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Bildungssenat 2. Sitzung des Bildungssenates 05.07.2022 ö Beschließend 2BS/2/2/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Aktuelle Situation

In der Stadt Aschaffenburg wurden Willkommensgruppen für ukrainische Schüler:innen eingerichtet, um ein Ankommen der Kinder und Jugendlichen in der neuen Umgebung und im Schulalltag zu ermöglichen. 
Die Verteilung der Willkommensgruppen in der Stadt Aschaffenburg: 
Primarstufe: vier Willkommensgruppen an Grundschulen (82 Kinder); Sekundarstufe I: eine Willkommensgruppe an der Mittelschule, zwei Gruppen an der Realschule (21 Schüler:innen); Sekundarstufe II: drei Gruppen an Gymnasien (60 Schüler:innen).     
Die Zuteilung zu den Schulen erfolgt nach dem Alter und nicht nach dem Leistungsniveau: bis zum 10. Lebensjahr besuchen Schüler:innen die Grundschule; bis zum 14. Lebensjahr die Mittel- und Realschule und bis zum 17. Lebensjahr das Gymnasium. Im Gesamten betrachtet wird ein sehr unterschiedliches Bildungsniveau bei den geflüchteten Kindern und Jugendlichen festgestellt. 
Eine Steuerungsgruppe ist für die Organisation der Willkommengruppen zuständig. Diese besteht aus dem staatlichen Schulamt, Lehrer:innen aus der Stadt Aschaffenburg und dem Landkreis sowie Sachaufwandsträgern. Den Akteur:innen ist es ein großen Anliegen, dass Schule gelingt und die ukrainischen Schüler:innen Bildungswege gehen können. 
Das Referat 4 ist für die Koordination der Anmeldungen ukrainischer Kinder und Jugendlicher für die Willkommensgruppen (Online-Formular) zuständig. Das staatliche Schulamt übernimmt die Zuteilung zu den Schulen. 
Seit Mitte Mai bis Ende Juli 2022 gibt es im St. Vinzenzhort ein Angebot speziell für Kinder im Vorschulalter. Dieses wird aus Spenden finanziert und bereitet die Kinder immer an den Vormittagen montags bis freitags auf spielerische Weise auf die Einschulung vor. Der Spracherwerb steht im Vordergrund. 
Um die Einschulungen vorzubereiten wurden alle Erziehungsberechtigten von Vorschulkindern angeschrieben. Aktuell werden Termine mit ihnen, den jeweiligen Sprengelschulen und Dolmetscher:innen koordiniert, um die Schulanmeldungen vorzunehmen. Diese Termine begleitet eine Mitarbeiterin des Schulverwaltungsamtes, die für Bildung und Ganztag zuständig ist. Eine Teilnahme der ukrainischen Kinder an den Ganztagsangeboten bzw. der Mittagsbetreuung an den Schulen wird empfohlen. Das Gesundheitsamt wurde über die Einschulung informiert und es wurde um die Durchführung der Einschuluntersuchungen gebeten.  


In den Sommerferien

In den bevorstehenden Sommerferien werden im Rahmen des Projekts Deutschwerkstatt Deutsch-Sprintkurse für Schüler:innen der weiterführenden Schulen angeboten. Dieses Angebot wird ebenfalls aus Spenden finanziert.


Nach den Sommerferien

Die politischen Entwicklungen sind noch nicht absehbar, daher kann aktuell nicht abgeschätzt werden, wie viele ukrainische Kinder und Jugendliche im Schuljahr 22/23 an den Schulen in der Stadt Aschaffenburg sind und wie lange sie bleiben werden. Es ist aber unstrittig, dass der der Spracherwerb den zentralen Schwerpunkt darstellt. Die Schüler:innen werden folgendermaßen in die Schulen integriert (vgl. Rahmenkonzept „Schulische Integration und Förderung der geflohenen Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine im Schuljahr 2022/2023“ Stand Juni 2022, Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus):

Grundschule und Förderschule 

Nach den Sommerferien wird es keine Willkommensgruppen mehr geben. Die Kinder werden in den Fachunterricht der jeweiligen Sprengelschule integriert. Zudem soll es ergänzende Angebote im Bereich Sprachförderung in der Schule geben.  In Planung ist weiterhin ein zusätzliches Angebot durch die Stadt Aschaffenburg.
Seitens der Stadt Aschaffenburg wird es als kritisch angesehen, Kinder ohne Deutschkenntnisse (ausser in der ersten Klasse) direkt den Klassen zuzuweisen. Wünschenswert aus unserer Sicht wäre, wenn schon keine Deutschklassen angeboten werden, ein intensives Deutschlernen in den ersten Wochen.
Die Aufnahme an einer Förderschule besteht, wenn ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde.

Jahrgangsstufen 5 – 9

Die Willkommensgruppen werden von Brückenklassen abgelöst. Brückenklassen sind schulartunabhängig und ermöglichen nach Auffassung des Kultusministerium schulische Integration. Sie umfassen max. 20 Schüler:innen, werden befristet zunächst für das Schuljahr 2022/2023 eingerichtet und richten sich an „größere Schülergruppen, die – als vor einem Krieg im Herkunftsland Geflohene – eine ungewisse Bleibeperspektive haben und zudem in aller Regel eine gemeinsame Erstsprache besitzen“ (Rahmenkonzept, S. 5). Die Zuteilung erfolgt durch die Steuerungsgruppe. In den Brückenklassen sind Deutsch, Englisch und Mathematik als Pflichtfächer vorgesehen; der Schwerpunkt liegt auf dem Unterricht im Fach Deutsch als Fremdsprache. Fachkräfte mit entsprechender Qualifikation können vorhandene Lehrkräfte ergänzen. 
Die schulartenunabhängigen Brückenklassen berücksichtigen nicht das unterschiedliche Bildungsniveau der Schülerinnen und Schüler.
Eine Beschulung als Regelschüler:in in einer regulären Klasse ist dann möglich, wenn hinreichende Deutschkenntnisse vorliegen. Eine Beschulung als Gastschüler:in ist dann möglich, wenn „erkennbar ist, dass einzelne Kinder und Jugendliche aufgrund ihres Bildungsstands und ihrer bereits vorhandenen Deutschkenntnisse dem Unterricht zeitnah mit Erfolg folgen (Mittelschule) bzw. die ggf. erforderlichen Aufnahmeverfahren (Realschule, Wirtschaftsschule, Gymnasium) bestehen können“ (Rahmenkonzept, S. 5). 
Es finde eine enge Absprache zwischen der Stadt Aschaffenburg und den Schulen statt. Um eine Beschulung als Regel- oder Gastschüler:in zu ermöglichen und die Zuteilung zu vereinfachen, wird an drei Schulen zur Zeit das Verfahren „P2 - Potenzial und Perspektive“ (http://2p-bw.de/,Lde/Startseite) getestet. In mehreren Bundesländern kommt das Verfahren bereits erfolgreich zum Einsatz. Es erfasst fachliche und überfachliche Kompetenzen neu zugewanderter Schüler:innen ab 10 Jahren und wurde speziell im Hinblick auf die Anwendung mit nur geringen Deutschkenntnissen entwickelt. Die Finanzierung dieses Testverfahrens erfolgt durch die Stadt Aschaffenburg.
Außerhalb des Schulunterrichts bietet die Stadt Aschaffenburg – überwiegend finanziert aus Spendengeldern oder aus Fördermitteln (Talentcampus)  – verschiedene Deutschförderungsprojekte an. Erforderlich wäre darüber hinaus eine fachlich soziale Begleitung an den Schulen, um den Ängsten der Schulfamilien zu begegnen und den ukrainischen Schüler:innen individuell einen guten Start und Alltag zu ermöglichen. Kolleg:innen vor Ort an den Schulen aus diesem Bereich schildern zahlreiche Probleme, so dass ein Handlungsbedarf eindeutig vorhanden ist. Diese Herausforderungen kommen zu den bereits bestehenden hinzu.
Insgesamt werden unter den genannten Rahmenbedingungen große Schwierigkeiten der Integration im Rahmen gelingender Bildung an den Schulen gesehen, da ausreichendes Lehrpersonal derzeit nicht vorhanden ist, das Einstellungsverfahren auch von Drittkräften kompliziert ist und die Lehrenden keine Planungssicherheit haben. Weiterhin wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass die ukrainischen Kinder und Jugendlichen sich in einer für sie unsicheren Situation befinden, die Ängste hervorrufen kann. 
Die ungewisse Bleibeperspektive, die im Rahmenkonzept genannt wird, darf nicht dazu führen, dass Kinder und Jugendliche aus der Ukraine nicht vollständig und fachlich gut in das Schulwesen eingegliedert werden.

.Beschluss:

I. Der mündliche Bericht über „Betreuung und Beschulung ukrainischer Kinder“ wird zur Kenntnis genommen (vgl. Anlage 2).

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  x]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [  ]
nein [  ]
Es entstehen Folgekosten
ja [  ]
nein [  ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[  ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 23.11.2022 09:27 Uhr