E-Ladeinfrastruktur - Sachstandsbericht - Antrag der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 28.02.2021 - Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 08.02.2022


Daten angezeigt aus Sitzung:  8. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 19.07.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 8. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 19.07.2022 ö Beschließend 4PVS/8/4/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Stand der Elektromobilität

Etwa jedes vierte im Jahr 2021 neu zugelassene Pkw in Deutschland ist mit einem elektrischen Antrieb versehen. Unterschieden werden hier die Plug-in-Hybride (12,4 % der Neuzulassungen) und reine elektrische Antriebe (BEV, 13,6% der Neuzulassungen). Beide Fahrzeugarten sind auf eine externe Stromquelle angewiesen und daher maßgebend für die Planung von E-Ladeinfrastruktur. Damit stieg ihr Anteil unter dem gesamten Pkw-Bestand auf insgesamt 2,5%.

Bild 1: Bestand der Elektro-Pkw in Deutschland nach Jahren


In Bild 2 sind die Bestandszahlen für Aschaffenburg für den gleichen Zeitraum dargestellt. Die Jährlichen Steigerungen verlaufen sehr ähnlich dem gesamtdeutschen Verlauf.

Bild 2: Bestand der Elektro-Pkw in der Stadt Aschaffenburg nach Jahren


In Bild 2 ist zusätzlich die Gesamtzahl der in Aschaffenburg zugelassenen Pkw dargestellt. Die Rückgänge in den Jahren 2020 und 2021 sind ungewöhnlich. Daher sei an dieser Stelle der themenfremde Sprung hin zur Pkw-Dichte erlaubt – also die Anzahl der Pkw pro 1.000 Einwohner. Bild 3 zeigt den Vergleich dieser Kennzahl jeweils für die angrenzenden Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg sowie Bayern und Deutschland.

Bild 3: Pkw-Bestand je 1.000 Einwohner


Die Entwicklung der Pkw-Dichte in Aschaffenburg wurde ab dem Jahr 2018 nach unten verlassen und bewegt sich nun unterhalb des bayerischen aber oberhalb des gesamtdeutschen Wertes. Die Tendenz im Jahr 2022 zeigt jedoch wieder einen ansteigenden Wert.


Stand der Ladeinfrastruktur in Aschaffenburg

Derzeit befinden sich 102 E-Lade-Anschlüsse, verteilt auf 29 Standorte im Stadtgebiet. Über die Hälfte aller Standorte werden von der AVG betrieben. Hiervon wiederum befindet sich der überwiegende Anteil in den Parkhäusern und Tiefgaragen. Die Ladestationen anderer Betreiber sind auf Privatgrundstücken untergebracht und daher entweder auf einen Nutzkreis oder an bestimmte Öffnungszeiten gebunden: Parkplätze von Verbrauchermärkten z. B. sperren nach Ladenschluss ihren Parkplatz ab.

In Anlage 1 ist der Bestand der Ladeinfrastruktur in Listenform dargestellt. Anlage 2 bildet die Standorte im Stadtplan ab. Hier sind auch die Standorte eingetragen, die bereits fest in Planung sind – die entsprechende Liste kann der Anlage 3 entnommen werden.

Die Anzahl der privaten Ladestationen am Wohnort kann nicht exakt bestimmt werden, da nicht jede Lademöglichkeit der AVG angezeigt wird. Derzeit liegen Informationen über 226 private "Haushalts"-Ladepunkte vor.

Ausblick auf die öffentliche Ladeinfrastruktur

Zweifelsfrei wird der Bestand an Elektro-Fahrzeugen weiter zunehmen. Mit dem Beschluss der Bundesregierung, ab 2035 keine Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, liegt nun auch eine zeitliche Perspektive vor. Das Laden am Zielort einer Fahrt, z. B. beim Einkaufen, in Parkhäusern, am Arbeitsort, bei Freizeiteinrichtungen wird von den jeweiligen Eigentümern sukzessive aufgebaut werden.

Das sogenannte Deutschlandnetz hat entlang der Autobahnen 200 und in der Fläche 900 Schnell-Ladestation ausgeschrieben. Auf die Stadt Aschaffenburg entfallen dabei 2 Lose: im Westen der Stadt sollen demnach 12 und im Osten 8 Schnell-Ladepunkte entstehen. Eine Flächenverfügbarkeit wird derzeit vom Gewinner der Lose geprüft.

Auch zum Wohneigentum gehörige Stellplätze werden aus eigenem Interesse weiter bedarfsgerecht mit Lademöglichkeiten ausgestattet. Beim Neubau greift die verabschiedete neueste Fassung des Gesetzes zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (GEIG). Dieses Gesetz sieht vor, dass in neu errichteten Wohngebäuden jeder Stellplatz mit Lehrrohren zur Installation einer Ladevorrichtung ausgestattet sein muss, wenn es mehr als fünf Plätze gibt. Ähnliches gilt für umfassende Renovierungen. Sind mehr als 20 Stellplätze vorhanden, muss der oder die Eigentümer sogar einen fertigen Ladepunkt pro Gebäude vorhalten.

Trotz aller vorgenannten Möglichkeiten des Ladens ist es erforderlich, öffentliche und uneingeschränkt zugängliche Lademöglichkeiten in Wohnungsnähe aufzubauen – insbesondere für diejenigen, die weder am Wohn- noch Arbeitsort über die Möglichkeit des Ladens verfügen können. Dies ist in verdichteten Wohnquartieren ohne private Stellplätze eher erforderlich als ihn Wohnquartieren mit einer hohen privaten Stellplatzverfügbarkeit (Einfamilienhaussiedlungen).

E-Ladeangebote außerhalb eines privaten Stellplatzes sind sinnvollerweise dort platziert wo Autos für einen gewissen Zeitraum abgestellt werden. Dies betrifft Parkhäuser, Tiefgaragen und Parkplätze im privaten sowie im öffentlichen Angebot. An Schnellladesäulen kann innerhalb von 30 Minuten ein leerer Akku auf 80% der Ladekapazität geladen werden. Dieser Zeitraum lässt sich mit vielen Besorgungen verbinden (z.B. Wocheneinkauf im Supermarkt).

Aktuell sind nicht alle E-Autos schnellladefähig (DC-Lader), sodass längere Parkvorgänge, vorzugsweise über Nacht, zum Laden genutzt werden müssen. Fehlt es an einem privaten Stellplatz mit Ladeinfrastruktur, so werden Angebote im öffentlichen Raum angefragt.

Ein einfaches Laden "an der nächst besten Straßenlaterne" ist dabei leider ein Wunschbild aus den Anfängen zur Diskussion zur E-Mobilität. Dieses Bild ist aus mehreren Gründen nicht umsetzbar. Straßenlaternen haben einen eigenen Stromanschluss, die Anschlusswerte entsprechen nicht den Anforderungen an eine Ladeinfrastruktur. Zudem stehen die Straßenlaternen zu meist an den Grundstückseinfriedungen/ Hauswänden und nicht am Bordstein, sodass z. T. sogar ein Ladekabel über den Gehweg gezogen werden müsste. Selbst wenn die Anschlüsse direkt am Bordstein eingerichtet werden könnten, so erzeugt das straßenbegleitende Parken von ladenden E-Autos durch die Ladekabel eine Barriere für querende Fußgänger. 

Daher bevorzugt die Verwaltung im Regelfall keine straßenbegleitende E-Ladesäulen, wenn diese zu Beeinträchtigungen von Fußgängern (insb. Mobilitätseingeschränkte) führen.

Die Potenzialflächen sind noch nicht hinsichtlich der Netzverfügbarkeit, baulichen Hemmnissen und Wirtschaftlichkeit untersucht worden. Manche Flächen befinden sich auch auf dem Gelände von Schulen, die sich besonders für das Nachtladen eignen, wenn das Lehrpersonal nicht anwesend ist. Einige Schulen werden im Folgenden bereits bei den Potenzialflächen berücksichtigt, weitere könnten aber noch hinzukommen (z. B. Parkdeck Brentanoschule, Dalberg-Gymnasium).

Daraus abgeleitet werden von der Verwaltung (Arbeitsgemeinschaft aus Stadtplanungsamt, Umweltamt und AVG) folgende Kriterien an die Potenzialflächen empfohlen:

  • Vorzugsweise Flächen, die sich im Eigentum der Stadt befinden,
  • Versorgung für jeden Stadtteil,
  • Konzentration von mehreren Ladepunkten an einem Standort aber gleichzeitig eine fußläufige Erreichbarkeit der Standorte in den Wohngebieten,
  • nur in Bereichen mit Senkrechtparken – beim Längsparken befindet sich die Ladesäule auf dem Gehweg ebenso wie die Ladekabel. Beides führt in vielen Bereichen auf Grund geringer Gehwegbreiten zu Einschränkungen des Fußverkehrs,
  • Nachtladen in allen Parkhäusern zu einem vergünstigten Nacht-Parktarif (existiert bereits).

In Anlage 4 sind Potenzialflächen für öffentliche Ladestationen im Stadtplan dargestellt – die genaue Lage ist in listenform in Anlage 5 beschrieben.

Die dargestellten Potenzialflächen sind weder als endgültig festgelegt noch als sofort umsetzungsfähig zu betrachten. Sie stellen einen langfristigen Ausblick einer möglichen Versorgung dar, die Stück für Stück der Nachfrage angepasst wird. 

Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur

Die im Auftrag des BMVI erstellte Studie aus dem Jahr 2020 "Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf" befasst sich mit dem Bedarf an Ladeinfrastruktur in Deutschland bis zum Jahr 2030. Aus dem Gesamtbedarf ist wiederum der Anteil öffentlich zugänglicher Ladestationen ermitteln. Unter öffentlich zugänglichen Ladestationen werden der öffentliche Straßenraum, Kundenparkplätze sowie Lade-Hubs innerorts und auf der Strecke (z. B. Autobahnen) bezeichnet. Die Bandbreite der Ergebnisse ist sehr hoch. Zwei maßgebende Faktoren hierzu: Der Bestand der E-Pkw im Jahr 2030 ist ebenso schwer abzuschätzen wie die Möglichkeit und die Bereitschaft private Ladeinfrastruktur zu schaffen. Die Neuanlage von Ladestationen kann je nach Voraussetzung an der Immobilie einen erheblichen Nachrüstaufwand von bis zu 7.000 € nach sich ziehen. Dies gilt ebenso für die Ladeinfrastruktur am Arbeitsort. Der Bestand privater Ladepunkte beeinflusst direkt die erforderliche Anzahl öffentlicher Ladepunkte und umgekehrt kann ein bereits gut ausgebautes Netz öffentlicher Ladepunkte manch private Investition entbehrlich machen.

Werden die Prognosen in einfacher linearer weise auf Aschaffenburg heruntergebrochen, ergibt sich folgender Bedarf für das Jahr 2030 (aus o. g. Studie für den Referenzfall):

  • Prognose E-Fahrzeug-Bestand in Aschaffenburg:        19.750
  • Verhältnis von E-Fahrzeug zu öffentlich zugänglichen Ladepunkten        20:1
  • Bedarf an öffentlich zugänglichen Ladepunkten        ca. 1.000
    davon 54% im öffentlichen Straßenraum        540
    davon 37% auf Kundenparkplätzen        370
    davon 3,8% an Lade-Hubs innerorts        38
    davon 5,2% an Lade-Hubs auf der Strecke        52

Die Studie untersucht insgesamt sechs Szenarien. Die Schwankungsbreite der Anzahl öffentlicher Ladepunkte würde sich für Aschaffenburg zwischen 520 und 1.200 bewegen.


Ladeinfrastrukturkonzept

Das Stadtplanungsamt hat Fördermittel für die Erstellung eines Ladeinfrastrukturkonzepts beantragt und zwischenzeitlich auch bewilligt bekommen. Die Ausschreibung befindet sich in Vorbereitung. Ziel des Konzepts ist die Quantifizierung des Bedarfs an Ladepunkten im öffentlichen Raum mit einer Rasterweite von z. B. 300 m. Der Bedarf ist im Anschluss mit den Potenzialflächen nach Lage und Quantität abzugleichen.


Ladeinfrastruktur für Fahrräder

Im Rahmen des Projekts "Wald erFahren" sind in Aschaffenburg 5 Standorte mit touristischem Bezug aufgebaut worden. Einen flächenhaften Ausbau hält die Verwaltung nicht für erforderlich, weil die Reichweiten der Akkus ein Laden zu Hause oder ggf. am Arbeitsplatz immer ermöglichen.


Anmerkung zur Klimawirksamkeit des Beschlusses:

Bei der Beschlussvorlage handelt es sich zunächst um ein Konzept, und nicht um eine Baumaßnahme. Trotzdem ist die Vorlage klimarelevant,
  • da der beschleunigte Ausbau der E-Mobilität eine große Klimaschutzwirkung hat
  • weil damit herkömmliche Verbrennungsmotoren verdrängt werden
  • und die E-Mobilität mit reinem „Öko-Strom“ einen Klimaschutzvorteil hat von mittlerweile bis zu Faktor sieben.

Geförderte öffentliche Ladeinfrastruktur wird immer ausschließlich nur mit „Öko-Strom“ betrieben.



Bezeichnung aller Anlagen (Pläne, Anträge, Sonstiges):
Anlage 1        Liste der bestehenden E-Ladestellen
Anlage 2        Karte der bestehenden und in Planung befindlichen Ladestellen
Anlage 3        Liste der in Planung befindlichen Ladepunkte
Anlage 4        Karte der Potenzialflächen für E-Ladestellen
Anlage 5        Liste der Potenzialflächen für E-Ladestellen

Antrag der GRÜNE Stadtratsfraktion vom 28.02.2021
Antrag der CSU-Stadtratsfraktion und Jungen Union vom 08.02.2022

.Beschluss:

I.
  1. Der Bericht über den Stand der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge wird zur Kenntnis genommen.
  2. Der Vorgehensweise zur Bereitstellung von E-Ladeinfrastruktur im öffentlichen Straßenraum wird zugestimmt.

Der Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 08.02.2022 und der Antrag der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 28.02.2022 werden zur Kenntnis genommen (Anlage 4).

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[ x ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 21.09.2022 08:28 Uhr