Errichtung einer Gedenktafel zur Erinnerung an den Aschaffenburger Widerstandskämpfer Peter Gingold - Antrag der KI vom 25.03.2016


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Kultursenates, 19.10.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Kultursenat 2. Sitzung des Kultursenates 19.10.2022 ö Beschließend 2KS/2/2/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Seit Beginn der Fünfzigerjahre zeichnete sich allmählich eine politische Anerkennung des Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime ab, als 1952 im Berliner Bendlerblock der Grundstein für die Errichtung eines Ehrenmals gelegt wurde, das den hingerichteten Offizieren des Attentats vom 20. Juli 1944 galt. Die bekannte Rede von Bundespräsident Theodor Heuss am 19. Juli 1954 leitete eine Wende im öffentlichen Umgang mit dem historischen Erbe des Widerstands ein; fortan bildete das Attentat vom 20. Juli 1944 ein zentrales Ereignis in der Erinnerungspolitik der Bundesrepublik, und in vielen (west-)deutschen Städten wurde der ermordeten Attentäter gedacht. Zudem führten intensive Zeitgeschichtsforschungen zur öffentlichen und gesellschaftlichen Würdigung weiterer Widerstandsgruppen, -akteure und -milieus, wie zum Beispiel der Studentengruppe “Weiße Rose”.

Problematisch hingegen gestaltete sich die Erinnerung an den kommunistischen Widerstand beziehungsweise an Kommunisten, die das nationalsozialistische Regime aktiv bekämpft hatten. Im Kontext des Kalten Krieges und der Auseinandersetzung mit der DDR über den ideologisch “richtigen” Widerstand fand eine angemessene Würdigung kommunistischer Widerstandskämpfer in der Bundesrepublik zunächst nicht statt. Das Ende des Kalten Krieges und die Wiedervereinigung schufen eine neue Ausgangslage, die auch der deutlichen und sichtbaren Anerkennung des kommunistischen Widerstands den Weg ebnete. Die Zeitgeschichtsforschung leistete hierzu erneut einen wichtigen Beitrag: Es setzte sich nämlich die Einsicht durch, dass, wer das NS-Regime bekämpft und dabei sein eigenes Leben riskiert hatte, für diesen Kampf - unabhängig von seiner politischen Einstellung - unbedingt gewürdigt werden sollte.

Peter Gingold, der am 8. März 1916 in Aschaffenburg geboren wurde und seit 1929 in Frankfurt am Main lebte, erfüllt zweifellos dieses Kriterium. 1931, als die Zusammenstöße zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten auf deutschen Straßen zunahmen, trat er in den “Kommunistischen Jugendverband Deutschlands” ein. Zwei Jahre später emigrierte seine jüdische Familie nach Frankreich. Er selbst blieb in Deutschland und nahm an Widerstandsaktivitäten teil. Im Frühjahr 1933 wurde er verhaftet, später floh er nach Frankreich. Dort beteiligte er sich an Aktivitäten der Résistance und wurde 1943 in Dijon erneut verhaftet. Nach gelungenem Fluchtversuch fand er wieder den Weg zur Résistance. Anschließend verschlug es ihn zu den antifaschistischen Partisanen in Italien, wo er das Kriegsende erlebte.

Gingold verkörpert somit das Ideal des unbeugsamen antifaschistischen Kämpfers, der seine freiheitliche Gesinnung - trotz Verfolgung und wiederholter Verhaftung - in drei europäischen Ländern mehrmals unter Beweis gestellt hat. Seine Erlebnisse schilderte er bis ins hohe Alter hinein eindrucksvoll in Interviews und vor Schulklassen; seine 2009 veröffentlichten Erinnerungen und weitere Publikationen geben Aufschluss über seine Widerstandstätigkeit in der NS-Zeit. Auch die im Frühjahr 2022 in Aschaffenburg gezeigte Ausstellungsreihe “Trotz alledem” berichtete über Peter Gingolds Leben und Wirken.

Hiermit wird vorgeschlagen, eine Gedenktafel zur Erinnerung an den Aschaffenburger Widerstandskämpfer Peter Gingold zu errichten, die folgenden Text enthalten kann: “Zur Erinnerung an den mutigen Widerstand von Peter Gingold gegen den Nationalsozialismus 1933-1945”. Bezüglich des genauen Standorts der Gedenktafel werden die Mitglieder des Stadtrats gesondert vorab informiert.

.Beschluss:

I. Der Bericht der Verwaltung über den Widerstandskämpfer Peter Gingold, wird zustimmend zur Kenntnis genommen (Anlage 2).

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ x ]
nein [  ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [  ]
nein [ x ]
Es entstehen Folgekosten
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 24.03.2023 11:00 Uhr