Weitere Steigerung der Solarenergienutzung Kommunales Förderprogramm für PV-Anlagen - Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 09.08.2022 (hier zu Punkt 9) - Antrag der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 15.09.2022 - Antrag der ÖDP und KI vom 25.10.2022


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates, 07.12.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 10. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates 07.12.2022 ö Beschließend 3UKVS/10/3/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

I. Bei der aktuellen Zubau-Rate von PV-Anlagen (PV: Solarstrom mittel Photovoltaik) wird die Stadt Aschaffenburg ihre territorialen Klimaschutzziele weiterhin weit verfehlen und die erforderliche Klimaneutralität bis 2040 nicht einmal annähernd erreichen.


Stand der Solarstrom-Erzeugung in Aschaffenburg:
Bislang haben sich PV-Anlagen fast ausschließlich wirtschaftlich gerechnet – wenn auch nur langfristig.  
Die Stadt Aschaffenburg war in den vergangenen Jahren im Bereich Beratung/Aufklärung besonders aktiv. Im Ranking der Städte schneidet Aschaffenburg darum auch gut ab - und dies, obwohl Städte mit einem hohen Anteil an Mehrfamilienhäusern (MFH) meist eine geringe PV-Rate haben. Auch Aschaffenburg hat einen hohen Anteil an MFH. Trotz den beachtlichen Aschaffenburger Werten (über 270 kWp/Einwohner) gibt es aber Städte in Deutschland, die größer sind und trotzdem einen höheren Anteil an Solarstromerzeugung pro Einwohner haben – das sind immerhin ca. zwanzig Kommunen (nach einer nichtamtlichen Liste einer NRO – Stand 2022-10-20). Betrachtet man diese zwanzig Kommunen mit hohen Solarstrom-Anteil oder hohem PV-Zubau, findet man dort überwiegend auch große PV-Freiflächenanlagen. Nach der Territorial-Betrachtung wird die Stadt Aschaffenburg aber gerade bei Freiflächen-Anlagen weiterhin nicht in den vordersten Reihen mithalten können. Somit wird klar: 
Aschaffenburg muss sich auf andere Weise mehr anstrengen – zumindest im gleichen Maße wie andere Vorbildstädte.


Kommunale Förderprogramme für PV-Anlagen:
Aufgrund der Klimaschutz-Ziele und den aktuellen Ereignissen (kriegsbedingtes Energie-Embargo) soll der Ausbau von gebäudegebundenen PV-Anlagen durch ein städtisches Förderprogramm zusätzlich gestärkt werden (ergänzend zu dem im Januar gestarteten Förderprogramm für Kindereinrichtungen). Eine allgemeine PV-Förderung wurde nicht nur in unserer Nachbarstadt Darmstadt – sondern auch in Würzburg und vielen weiteren Kommunen bereits erfolgreich gestartet.

Die Verwaltung wird Förderrichtlinien ausarbeiten in denen neben den üblichen Gebäudeanlagen auch Klein- bzw. Balkonanlagen gefördert werden. Letztere stellen eine besonders im sozialen Bereich wichtige Komponente der Energiewende dar und haben entgegen einiger Kritiken sehr wohl ein hohes Potential den Stromverbrauch und die –erzeugung zusammenzubringen. Angedacht sind dazu Sonder-Boni für einkommensschwache Haushalte. Hierzu laufen Abstimmungen mit Diakonie, Caritas und Amt für soziale Leistungen.
Nach einem bestehenden Vorschlag des Solarvereins-Aschaffenburg hat die Stadtverwaltung bereits begonnen diese Förderidee zusammen mit der AVG und der Stadtbau zu „harmonisieren“, denn beide Gesellschaften haben eigene Interessen bei der Form der Umsetzung bzgl. Standards für Optik, Sicherheit, Messtechnik, Meldeverfahren, Aufklärung etc..
Für das PV-Förderprogramm sollen im Haushalt folgende Gelder bereitgestellt werden:
- für das Jahr 2023:                   80.000 € 
- für die weiteren Jahre:         100.000 €
jeweils vorbehaltlich der abschließenden Haushaltsbeschlüsse
Davon unbenommen sollten die Haushaltsmittel für das im Jahr 2022 gestartete PV-Förderprogramm für Kindereinrichtungen bleiben:  je  20.000 € für die Jahre 2023 und 2024). 


Betrachtung der PV-Potentiale:
Der Bereich Gewerbebauten: Hier sieht die Verwaltung aktuell nicht den wichtigsten Förderbedarf. Aktuell kommt eine bereits begonnene Beratungskampagne zusammen mit der IHK und der Hochschule gut voran – unter Einbindung von Vorzeigeunternehmen im Stadtgebiet.
Der Bereich Wohngebäude: Für die Stimulierung von Energieeinspar-Investitionen bei Privathaushalten hat die Stadt bereits in den Jahren 2000 bis 2005 gute Erfahrung gemacht: Förderprogramm für vorbildliche Wärmedämmung. Kleine und begrenzte Fördergelder waren (auch zeitlich befristet) nicht nur ein Impuls für große Investitionen – sie blieben nach Ende der vierjährigen Förderung eine Keimzelle für viele weitere Bauprojekt nach diesem vorbildlichen Standard. Ähnliche Erfahrungen machten nun Kommunen mit der Förderung von PV-Anlagen.
Eine Förderung ist dabei auch ein starker Hebel, für eine fruchtreiche Neuberatung. Ein typischer Fall sind Bürger, die bei einer Beratung vor 10-15 Jahren gesagt bekamen, sie hätten ein ungeeignetes Dach ohne Süd-Fläche, und die diese Information nun für Dauergültig halten – ohne zu wissen, dass man heute selbst bei Flachdächern die Ost-West-Ausrichtung bevorzugt obschon hier auch eine Südausrichtung möglich ist. 


Aktivitäten / Beratung / Status Quo:
PV bei Neubau von Industrie und Gewerbebauten: 
Seit 2021 ist der Klimaschutzmanager bei Baugesuchen von Industrie- und Gewerbebauten beratend einbezogen. Neben neuen Optimierungs- und Brandschutz-Regelsystemen geht es auch um die Vermittlung von Pachtmodellen.

PV im Bestand von Industrie und Gewerbe: 
Das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz baut seine Zusammenarbeit mit der Hochschule aus. Im Pilotprojekt (erste Gruppen-Beratungsrunde 2018-2019) wurden alle drei Muster-Groß-Projekte umgesetzt (2020 bis 2022). Im Zusammenhang mit einer Studenteninitiative unter der Leitung des Dekans der Ingenieurswissenschaften wurden weitere Betriebe eingeladen und sollen durch die Hochschule beraten werden.

PV für Kirchengemeinden: 
In Anlehnung an das Beratungsmodell für Gewerbe und Industrie wurden auch Kirchengemeinden eingeladen und sollen von der Hochschule beraten werden.
Diese Studentenprojekte für Bestandsgebäude werden durch den Dekan der Ingenieurswissenschaften und seinem Studiengang "Erneuerbare Energien und Energiemanagement" der technischen Hochschule Aschaffenburg betreut und von der Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg finanziell unterstützt. 

Förderung von PV-Anlagen für Kindereinrichtungen:
Stand des Aschaffenburger Förderprogramms „Photovoltaik-Anlagen für alle Kindereinrichtungen im Stadtgebiet“. 
Jan. 2022:        Start des Förderprogrammes Kraft Stadtratsbeschluss. Beginn intensiver Beratungsgespräche in den Einrichtungen durch den Klimaschutzmanager und einer Studentin. 
März 2022: Erster Förderantrag inkl. Angebot.
Juni  2022:  Erste Inbetriebnahme mit komplett laufender Anlage (Obernau).
Okt.  2022:  Zweite Inbetriebnahme:  Kinderhort St. Vinzenz.
Nov. 2022:          3.+4. Förderantrag mit entsprechenden Angeboten in Prüfung.
Haushaltsmittel 2022 werden komplett genutzt für voraussichtlich insgesamt drei Anlagen.
Haushaltsmittel für 2023 sind weitere 20.000 € eingeplant.


PV für Privatgebäude: 
Das Solarkataster ist unverändert ein ausgezeichnetes Instrument zur Beratung von Bürgern und Gewerbe für ihre Gebäude. Erweitert wurde dieses „tool“ für die Nutzung von Solarspeichern – und nun neu durch den Bereich „E-Mobilität“ – mit verschiedenen Nutzungsoptimierungen. Dieses „tool“ soll weiter beworben werden (Messe, Beratungstermine, telefonische online-Beratung, vhs-Vorträge). 
Für die kommunale Förderung von Klein- bzw. Balkonanlagen laufen Abstimmungen mit der AVG, der Stadtbau und Sozialverbänden.
Der Solarverein-Aschaffenburg empfiehlt für „Balkon-Anlagen“  eine erste online-tool Wirtschaftlichkeitsprüfung:   https://solar.htw-berlin.de/rechner/stecker-solar-simulator/
Quelle: Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW-Berlin / Gruppe Prof. Dr. Quaschning:  Energieversorgungskonzepte und Forschung zu Photovoltaiksystemen / 2022.
PV für gemeinnützige Vereine:
Viele Vereine trifft das aktuelle, kriegsbedingte Energie-Embargo besonders hart. In Aschaffenbug gibt es nur wenige Vereinsheime mit vorbildlicher PV-Ausrüstung. Es haben allerdings auch weitere Vereinsheime ein PV-Nutzungspotential.

Personalaufwand:
Die Verwaltung wird prüfen müssen, wie ein neues Förderprogramm verlässlich und zusätzlich in einen Verwaltungsablauf eingefügt werden kann, bei dem schon weitere neue Klima-Projekte beschlossen und den Weg gebracht sind (klimaneutrale Verwaltung, klimaneutrale Stadt, Förderverfahren für Klima-Anpassung, fünf Klima-Quartiere – und deren Umsetzungen…. u.v.w.m.). Selbst bei einem sehr vereinfachten Förderablauf wie (Beispiel Darmstadt) liegt der Aufwand pro Projekt bei mind.  2-3 h.  Bei einem Ansatz von nur 20 Aufdachanlagen und 40 Balkonanlagen im ersten Anlaufjahr wären das zusätzlich rund 120-180 Arbeitsstunden pro Jahr, d.h. 3  bis 5 Arbeitswochen. In den Klima-Quartieren könnte dieser Aufwand z.T. durch Klima-Quartiersmanager aufgefangen werden. 

Zusammenfassung: 
Weil im Bereich Photovoltaik die Zubau-Raten nicht ausreichen und sich im Bereich Technik viel verändert hat, sollte die Stadt Aschaffenburg zusammen mit einem ergänzenden, kommunalen Förderprogramm die Beratung neu verstärken. Dies gilt auch für nun durch technische Normen legalisierten Mini-Anlagen (Balkon-Anlagen). Ein Förderprogramm muss dabei keine großen Kostenanteile übernehmen, auch kleine Förderraten führen meist zu einer großen Beratungsnachfrage (neudeutsch „nudging“ = anstoßen).  Dies ist das Hauptziel des für Aschaffenburg angedachten Förderprogrammes.
Um eine Überförderung auszuschließen, soll der Fördersatz 10% vom Kauf- und Installationspreis nicht überschreiten. Im Falle von Klein-Anlagen (z.B. Balkon) kann die Förderung auch darüber gehen, insbesondere im Zusammenhang mit Sonder-Boni für einkommensschwache Haushalte.


Erläuterungen zur Klimarelevanz-Einstufung
Eine mittelfristige zusätzliche PV-Leistung von 340kWp ist in der Einstufung die Grenze  zwischen den Einteilungen „teilweise klimarelevant“  oder  „sehr klimarelevant“ .
(Quelle:  Klimarelevanz-Kategorie in kommunalen Beschlüssen / IFEU-Heidelberg).   
Es ist aber zu erwarten, dass dieses kommunale Förderprogramm langfristig deutlich mehr als 340 kWp initiiert. Denn solche kleinen Förderprogramme für die Privat-Dächer und Kindergärten haben im Wesentlichen einen Initial-Charakter -  sogenannte „Keimzellen“ – und haben sich in diesem Bereich schon lange als wichtig bewiesen. 
Darum wird das Projekt eindeutig als „sehr klimarelevant“ eingestuft.


Weitere Details werden mündlich vorgetragen.

.Beschluss:

I. Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung ein zweckgebundenes Förderprogramm für PV-Anlagen aufzulegen. 
Im Haushalt sollen dazu folgende Gelder bereitgestellt werden:
- für das Jahr 2023:                   80.000 € 
- für die weiteren Jahre:         100.000 €
jeweils vorbehaltlich der abschließenden Haushaltsbeschlüsse.        

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[ x ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ x ]
nein [  ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [  ]
nein [ x ]
Es entstehen Folgekosten
ja [ x ]
nein [  ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 13, Dagegen: 2

Datenstand vom 23.01.2023 12:15 Uhr