Neubau eines Wohnhauses und Dachgeschossumbau mit insgesamt 6 Wohneinheiten und Tiefgarage auf den Baugrundstücken Fl.-Nrn. xxx, xxx und xxx, Gem. Schweinheim, Bischbergstraße xxx und xxx, 63743 Aschaffenburg durch die Firma Kirchgeßner Immobilien GbR, BV-Nr.: xxx


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates, 07.12.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 10. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates 07.12.2022 ö Beschließend 5UKVS/10/5/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

I.
Mit Bauantrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 28.12.2021 beantragte die Firma Kirchgeßner Immobilien GbR den Neubau eines Wohnhauses und Dachgeschossumbau mit insgesamt 6 Wohneinheiten und Tiefgarage auf den Baugrundstücken Fl.-Nrn. xxx, xxx und xxx, Gem. Schweinheim, Bischbergstraße xxx und xxx, 63743 Aschaffenburg.

Geplant ist die Errichtung eines Kopfbaus an der Einmündung des Sportweges in die Bischbergstraße. Der für den Neubau vorgesehene Bereich des Baugrundstückes ist seit Jahren unbebaut und bildet eine Brachfläche. Das geplante Gebäude soll mit III Geschossen und Satteldach mit ausgebauten Dachgeschoss unmittelbar an das bestehende, grenzständige Gebäude in der Bischbergstraße xxx in gleicher Höhe, Dachform und Dachneigung angebaut werden. Das Dachgeschoss wird als Vollgeschoss ausgebildet, so dass IV Vollgeschosse erreicht werden. Zudem ist im rückwärtigen Gebäudebereich ein gestaffelter Anbau mit III-Geschossen in Richtung Erbsenrainweg geplant.

Der Stellplatznachweis soll in einer Tiefgarage, anfahrbar über den Erbsenrainweg, sowie 3 oberirdische Stellplätze geführt werden. Die Tiefgarage wird begrünt. Es sind 7 Baumpflanzungen und ein ca. 78 m² großer Kinderspielplatz geplant.

Zudem ist ein Umbau des Dachgeschosses des Bestandsgebäudes in der Bischbergstraße xxx vorgesehen.

II.
Verfahren

Bei vorliegendem Bauantrag handelt es sich um ein Wohnbauvorhaben, über welches im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu entscheiden ist und welches der Genehmigungsfiktion, gem. Art. 68 Abs. 2 BayBO unterliegt.

Im Rahmen der Prüfung des Bauantrages wurde festgestellt, dass das geplante Bauvorhaben mehreren Festsetzungen des Baulinienplanes Nr. xxx für ein Gebiet zwischen Rotäckerstraße, Bischbergstraße und Sportweg nicht entspricht. Mit dem Antragsteller wurde dieser Sachverhält in einem Gespräch am 16.02.2022 ausführlich erörtert. Am 25.02.2022 ging die Mitteilung ein, dass an dem Bauantrag in der eingereichten Form festgehalten und eine Entscheidung gewünscht wird. Eine angetragene Rücknahme des Bauantrages wurde abgelehnt.
Das Bauvorhaben sollte daraufhin am 06.04.2022 in der Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates (TOP 4) mit gleichlautendem Beschlussvorschlag behandelt werden. Nachdem hier noch Beratungsbedarf bestand, wurde der Tagesordnungspunkt abgesetzt. Der Bauherr hat am 05.04.2022 schriftlich auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion verzichtet.

Am 25.08.2022 wurden geänderte Planunterlagen mit folgenden geringfügigen Änderungen eingereicht:

  1. Die Gaube im Dachgeschoss an der Einmündung zum Sportweg wurde verkleinert (Ansicht Süd-Ost).
  2. Die Dachterrasse im Dachgeschoss wurde verkleinert, mit einer zusätzlichen Begrünung versehen und die Brüstung verändert, sowie eine Photovoltaikanlage auf der Terrassengaube vorgesehen (Ansicht Süd-West und Süd-Ost).
  3. Ein Fenster im 2. Obergeschoss wurde verschoben (Ansicht Süd-Ost).
  4. Es wurde ein zusätzliches Baufenster am Erbsenrainweg geschaffen (an der Brandwand des Anwesens Erbsenrainweg Nr. xxx) – siehe Grundriss.
Nach Prüfung der Planunterlagen wurde festgestellt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen weiterhin nicht gegeben sind. Mit dem Bauherrn und dessen Planer wurde am 11.10.2022 dieser Sachverhalt erörtert und vorgeschlagen, die Planung, entsprechend den bisherigen Vorschlägen anzupassen. Dies wurde vom Bauherren abgelehnt. Insofern ist nunmehr über die aktuell vorliegenden Planunterlagen zu entscheiden.

III.
Bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Beurteilung

Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des übergeleiteten und qualifizierten Baulinienplans Nr. 02 für ein Gebiet zwischen Rotäckerstraße, Bischbergstraße und Sportweg.

Der übergeleitete Baulinienplan setzt fest:

  • WR – Reines Wohngebiet
  • Offene Bauweise, Gebäudezeilen bis max. 34 m Länge
  • Mindestgebäudeabstand 7 m
  • Mindestgrenzabstand 3,50 m
  • Zahl der Vollgeschosse: max. II; zurückgesetzte Geschosse und Keller, die mehr als 50 % über Terrain ragen, gelten als Vollgeschosse
  • GFZ: 0,5
  • Dachneigung max. 33°, Dachausbau unzulässig
  • Baufenster mit Baulinie unmittelbar an der Bischbergstraße und Baulinie am Erbsenrainweg, im westlichen Verlauf 4 m bzw. 5 m von der Straßenbegrenzungslinie des Erbsenrainwegs zurückgesetzt. Nach innen überspannt das Baufenster das komplette Baugrundstück.

Das Bauvorhaben ist planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO zu beurteilen.

Planungsrechtliche Beurteilung:

Bauplanungsrechtlich ist festzustellen, dass die geringfügigen Änderungen mit Planunterlagen vom 25.08.2022 zu keiner anderen, als bisherigen Beurteilung führt. Insbesondere wurde die Planung des Dachgeschosses nicht so geändert, dass es sich hier kein Vollgeschoss mehr handelt, so dass die zulässige Zahl der Vollgeschosse (II) mit IV weiterhin um 2 Vollgeschosse überschritten wird. Eine Überschreitung um I Vollgeschoss könnte im Wege der Befreiung zugelassen werden.

Weiter ist die zulässige GFZ von 0,5 mit 1,1 weiterhin um 0,6, d.h. um 120 % überschritten. Hierbei ist die im Erbsenrainweg geplante, an das Gebäude Erbsenrainweg xxx angrenzende Doppelhaushälfte in der Berechnung noch nicht berücksichtigt und wird zu einer weiteren Überschreitung der GFZ führen.

In diesem Zuge wurden die beiden angrenzenden Baugrundstücke der Bauzeile, welche ebenfalls die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht vollständig einhalten mit folgenden Feststellungen überprüft:

  • Grundstück Fl.-Nr. xxx und xxx (Teilfläche), Gem. Schweinheim (Bischbergstraße xxx)

    Für das Gebäude wurde eine Befreiung für eine GFZ von 0,993 gewährt. Die zulässige GFZ (0,5) wurde damit um 0,493 (99 %) überschritten. Zudem wurde eine Befreiung von der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse von II auf III gewährt. Außerdem wurde ein Dachgeschossausbau zugelassen.

  • Grundstück Fl.-Nr. xxx, Gem. Schweinheim (Bischbergstraße xxx, xxx)

    Die beiden Gebäude erreichen eine GFZ von 0,72 und überschreiten die zulässige GFZ (0,5) um 0,22 (44 %).

  • Grundstück Fl.-Nr. xxx, gem. Schweinheim (Bischbergstraße xxx, xxx)

Die beiden Gebäude erreichen eine GFZ von 0,787 und überschreiten zu zulässige GFZ (0,5) um 0,287 (57 %).

Ausgehend von diesen Bestandsgebäuden erscheint eine Befreiung von der zulässigen GFZ von 0,5 um max. 0,3 auf 0,8 noch vertretbar. Wie ausgeführt erreicht das Vorhaben allerdings eine GFZ von 1,1, zuzüglich des künftig geplanten Doppelhauses. D.h. bei Zulassung einer GFZ von 0,8 für dieses Vorhaben, würde bei einer späteren Genehmigung des Doppelhauses die GFZ auf dann ca. 1,0, bei einer zulässigen GFZ von 0,5 (ca. +100 %) ansteigen.

Im Übrigen gilt die bisherige planungsrechtliche Beurteilung fort:

In folgenden Punkten weicht das geplante Bauvorhaben von den Vorgaben des übergeleiteten Baulinienplans ab:

  • Abweichung von der Bauweise: Die Gebäudezeile erreicht mit dem Neubau eine Länge von ca. 60 m
  • Nichteinhaltung des Mindestgrenz- und –gebäudeabstands zum Wohnhaus Bischbergstraße 25 infolge Grenzbebauung
  • Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse: IV statt max. II
  • Überschreitung der zulässigen GFZ: 1,1 statt max. 0,5
  • leichte Überschreitung der zulässigen Hauptdachneigung: 34° statt max. 33°
  • Abweichung vom Verbot des Dachausbaus, Errichtung von Dachaufbauten
  • Überschreitung der festgesetzten Baulinie um insgesamt 11,41 m²

In der gegenwärtig vorliegenden Form ist das Bauvorhaben planungsrechtlich unzulässig und kann im Ergebnis nicht befürwortet werden. Besonders schwer wiegt die gravierende Überschreitung der Zahl der Vollgeschosse (IV statt II) und (zum Teil daraus resultierend) die gravierende Überschreitung der GFZ (1,1 statt 0,5). 

Unter der Bedingung, dass der Hauptbaukörper an der Bischbergstraße max. III und der Anbau am Erbsenrainweg max. II Vollgeschosse erreicht und insgesamt eine GFZ von 0,8 eingehalten wird, ist aus planungsrechtlicher Sicht folgender Umgang mit den Abweichungen vom übergeleiteten Baulinienplan denkbar:

  • Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse:

Eine Befreiung des dritten Vollgeschosses im Neubau an der Bischbergstraße ist aufgrund der gleichartigen Fortsetzung der Gebäudezeile städtebaulich vertretbar; ein viertes Vollgeschoss (im Dachgeschoss) ist unzulässig.

Zur Erreichung der Genehmigungsfähigkeit wäre folgende Umplanung erforderlich:

Im „Haupthaus“ darf das Dachgeschoss insgesamt (Bestand und Neubau zusammen) kein Vollgeschoss werden, der Anbau ist nur mit II Vollgeschossen zulässig (EG + 1. OG + ggf. geneigtes Dach als Nicht-Vollgeschoss) 

  • Überschreitung der zulässigen GFZ

Die gravierende und ortsuntypische Überschreitung der GFZ von 0,5 um 0,6 (+ 120 %) auf 1,1, zuzüglich des geplanten Doppelhauses, dessen Maßzahlen noch nicht ermittelt wurden, ist städtebaulich nicht vertretbar. Denkbar ist eine der Typik und Dichte der Umgebungsbebauung nahekommende Befreiung bis zu einer GFZ von 0,8.

Zur Erreichung der Genehmigungsfähigkeit wäre folgende Umplanung erforderlich:

Reduzierung der GFZ auf max. 0,8. Hierbei ist das Doppelhaus zu berücksichtigen.

  • Bauweise: 

Eine Befreiung von der festgesetzten Maximallänge eines Zeilenbaus (die Gebäudezeile erreicht mit dem Neubau eine Länge von ca. 60 m) ist städtebaulich vertretbar. Aufgrund des vorhandenen Grenzanbaus ist eine Fortsetzung der Gebäudezeile durch Anbauen und Verlängerung planerisch konsequent.

  • Unterschreitung des Mindestgrenz- und -gebäudeabstands zum Wohnhaus Bischbergstraße 25 

Eine Befreiung ist städtebaulich vertretbar. Aufgrund des vorhandenen Grenzanbaus macht ein Abrücken des anschließenden Neubaus wenig Sinn.

  • leichte Überschreitung der zulässigen Hauptdachneigung: 34° statt max. 33°

Eine Befreiung dieser sehr geringfügigen Abweichung ist städtebaulich ohne Weiteres vertretbar, zumal eine Anpassung an die vorhandene Dachneigung wünschenswert ist.

  • Dachausbau durch Errichtung von Dachaufbauten

Eine Befreiung ist städtebaulich vertretbar. Der Dachausbau ist in der gesamten näheren Umgebung absolut typisch und zudem stadtplanerisch sinnvoll und gewünscht. Vorliegend steht diese Befreiung allerdings unter der Auflage der Nicht-Vollgeschossigkeit des Dachgeschosses

  • Überschreitung der festgesetzten Baulinie um insgesamt 11,41 m²

Eine Befreiung ist städtebaulich vertretbar, da die Überschreitung insgesamt geringfügig ist und sich auf die Ecksituation beschränkt.

  • Sonstiges:

    • Stellplatznachweis: Durch Reduzierung der GFZ wird sich voraussichtlich auch der Stellplatznachweis verändern.

    • Fahrradabstellplätze sind bisher nicht nachgewiesen. Aufgrund des Fehlens einer Abfahrt bzw. Rampe müssen sie nach Maßgabe des § 8 Abs.4 GaStAbS oberirdisch nachgewiesen werden (85% der erforderlichen Abstellplätze eingehaust für die Bewohner, 15% offen mit Anlehnbügel für Besucher).

    • Entlang des Erbsenrainwegs sind mindestens drei standortgerechte Laubbäume in Reihe zu pflanzen (siehe Freiflächenplan)

    • Die Erdüberdeckung der Tiefgarage soll, wie in den Plänen vermasst, mindestens 80 cm stark sein und muss intensiv begrünt werden.

    • Die Grundstücke Fl.-Nrn. xxx, xxx und xxx, Gem. Schweinheim sind zu verschmelzen oder zu vereinigen.

Zusammenfassung:

Planungsrechtlich ist das Bauvorhaben wegen zu gravierender Abweichungen von den Vorgaben des übergeleiteten, qualifizierten Baulinienplans gem. § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO nicht zulässig.

Bei entsprechender Planänderung, insbesondere hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse und der GFZ kann eine planungsrechtliche Zulässigkeit mit diversen Befreiungen vom Baulinienplan in Aussicht gestellt werden, wenn die beschriebenen Voraussetzungen eingehalten werden.

Dem Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat wird vorgeschlagen, die Zustimmung zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung versagen.

.Beschluss:

I. Dem Antrag der Firma Kirchgeßner Immobilien GbR zum Neubau eines Wohnhauses und Dachgeschossumbau mit insgesamt 6 Wohneinheiten und Tiefgarage auf den Baugrundstücken Fl.-Nrn. xxx, xxx und xxx, Gem. Schweinheim, Bischbergstraße xxx und xxx, 63743 Aschaffenburg kann, wegen Nichteinhaltung der Festsetzungen des übergeleiteten Baulinienplanes Nr. xxx für ein Gebiet zwischen Rotäckerstraße, Bischbergstraße und Sportweg nicht entsprochen werden. Es wird daher beschlossen:

  1. Die Zustimmung zum Bauvorhaben wird versagt. 
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, das Bauvorhaben förmlich abzulehnen.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 15, Dagegen: 2

Datenstand vom 23.01.2023 12:15 Uhr