Antrag von Herrn Stadtrat Johannes Büttner (KI) und von Herrn Stadtrat Jürgen Zahn (KI) vom 29.11.2022 wegen „Resolution gegen Kriminalisierung der Proteste von Klima-Aktivisten:innen“


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 16.01.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 1. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 16.01.2023 ö Beschließend 20PL/1/20/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

1. Antrag

Mit Schreiben vom 29.11.2022 - eingegangen bei der Stadt am 29.11.2022 - haben die Stadträte Zahn (KI) und Büttner (KI) beantragt, eine Resolution gegen die Kriminalisierung der Proteste von Klima-Aktivisten:innen für den Stadtrat Aschaffenburg mit folgendem Inhalt zu fassen:
Die Stadt Aschaffenburg setzt sich gegenüber der Regierung von Bayern schriftlich gegen die Inhaftierung und Kriminalisierung von Klima-aktivist:innen ein. Die Stadt Aschaffenburg fordert die sofortige Freilassung der ohne Urteil inhaftierten Klimaaktivisten:innen bzw. die Unterlassung der Präventivhaft.


2. Rechtslage

Den bayerischen Gemeinden obliegen – als Ausfluss des im Kernbereich verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts – „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ (Art. 28 Abs.2 Satz 1 GG, Art. 7 Abs.1 GO), die Erfüllung ihrer „eigenen Angelegenheiten“ (Art. 11 Abs.2 Satz 2 BV) bzw. der „örtlichen Angelegenheiten“ (Art. 1 Satz 1 GO). Diese Vorschriften meinen trotz ihres voneinander abweichenden Wortlautes alle das gleiche. Die Gemeinden haben demnach die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind, ohne besondere Kompetenztitel anzunehmen (BVerfGE 79, 127, 146).

Voraussetzung einer auf dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht gründenden hoheitlichen Befassung ist, dass sie die der Gemeindevertretung gezogenen Grenzen des Betätigungsfeldes wahrt, die durch den Tatbestand der „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ vorgegeben sind. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs.2 Satz 1 GG sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen der Gemeinde betreffen (s. BVerwG vom 14.12.1990, Az. 7 C 37/89 mit Verweis auf BVerfGE 79, 127 151; ferner BVerGE 8, 122, 134; 50, 195, 201; 52, 95, 120). Die Stellungnahme muss demnach auch und gerade, wenn sie den Kompetenz- und Zuständigkeitsbereich sonstiger Stellen der vollziehenden Gewalt betrifft, in spezifischer Weise ortsbezogen sein. Der bloße Umstand, dass die Gemeindevertretung nur für die eigene Gemeinde spricht, genügt dem Anspruch spezifischer Ortsbezogenheit schon deshalb nicht, weil sie sonst unter Berufung auf die im Selbstverwaltungsrecht wurzelnde Allzuständigkeit der Gemeinde auch allgemeinpolitische Fragen zum Gegenstand ihrer Tätigkeit machen könnte. Die Gemeinde erlangt jedoch aus Art. GG Artikel 28 GG Artikel 28 Absatz II 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat (BVerfGE 79, BVERFGE Jahr 79 Seite 127 (BVERFGE Jahr 79 Seite 147) = NVwZ 1989, NVWZ Jahr 1989 Seite 347 = NJW 1989, NJW Jahr 1989 Seite 179 ; ferner BVerfGE 8, BVERFGE Jahr 8 Seite 122 (BVERFGE Jahr 8 Seite 134) = NJW 1958, NJW Jahr 1958 Seite 1341, NJW Jahr 1958 Seite 1771 ), ebenso wie sie selbst weder Inhaberin grundrechtsgeschützter politischer Freiheit noch Sachwalterin der grundrechtlichen Belange ihrer Bürger ist (BVerGE 61, 82 (102 f.) = NJW 1982, NJW Jahr 1982 Seite 2173 = NVwZ 1982, NVWZ Jahr 1982 Seite 554 ). Die von der Gemeindevertretung gefassten Beschlüsse ergehen vielmehr, auch soweit die Vertretung sich in der Form “appellativer” oder “symbolischer” Entschließungen äußert, in Ausübung gesetzlich gebundener öffentlicher Gewalt und bedürfen daher der - hier durch Art. GG Artikel 28 GG Artikel 28 Absatz II 1 GG vermittelten - Rechtsgrundlage.

Die beabsichtigte Resolution soll zwar eine Solidaritätsbekundung und Positionierung der Stadt Aschaffenburg gegenüber dem Bündnis „Letzte Generation“ darstellen und die Freilassung der möglicherweise zu Unrecht inhaftierten Klimaaktivist:innen bewirken. Jedoch beinhaltet die beantragte Resolution nicht das Zusammenleben der Gemeindebewohner innerhalb der örtlichen Gemeinschaft. Es handelt sich bei der beabsichtigten Resolution um eine übergreifende allgemeinpolitische Problematik, woraus sich die Ortsbezogenheit allein aus der Solidaritätsbekundung und der Aufforderung der Freilassung gegenüber der Regierung von Bayern nicht ergibt.

Der Antrag scheitert demnach an der Voraussetzung der „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft“.

.Beschluss:

I. Der Antrag von Herrn Stadtrat Johannes Büttner (KI) und von Herrn Stadtrat Jürgen Zahn (KI) vom 29.11.2022 zur Verabschiedung einer Resolution gegen die Kriminalisierung der Proteste von Klima-Aktivisten:innen wird mangels kommunaler Befassungskompetenz abgelehnt.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich angenommen

Abstimmungsbemerkung:
Der Antrag ist damit abgelehnt.

Datenstand vom 22.03.2023 09:50 Uhr