- Sachstand und Anlass
Am 11.11.2020 wurde dem Planungs- und Verkehrssenat die Vorplanung des Projekts Sanierung des Entwässerungssystems Schloßberg vorgestellt. Der Stadtrat nahm die Vorplanung zur Kenntnis und ermächtigte die Verwaltung die Planung durch Abruf der Leistungsstufe 2 weiterzuführen.
- Projektbeschreibung
Während der vertiefenden Planungen wurden die Baugrunduntersuchungen verfeinert und in Abstimmungen mit der Bayerischen Schlösserverwaltung mehrere Lösungsvarianten betrachtet. Zur Sicherstellung der Beschickung des Schlossgrabens, der zurzeit über die alte Büchelbergleitung quer durch die Innenstadt mit Wasser aus dem Kühruhgraben versorgt wird, wurde eine ergänzende Studie in Auftrag gegeben, welche die Realisierbarkeit einer Beschickung durch maschinelle Förderung von Mainwasser untersucht. Über die Ergebnisse wird die Verwaltung zu einem späteren Zeitpunkt gesondert berichten. Außerdem wurde im Oktober ein Ingenieurvertrag zur Anfertigung einer Studie zum Energieerzeugungspotential im neu zu errichtenden Fallschacht abgeschlossen.
Die grundsätzliche Sanierung des Entwässerungssystems Schloßberg sieht vor, den Regenüberlauf (RÜ) Karlstraße aufzugeben und durch den Neubau des Regenüberlaufs Am Schloßberg zu ersetzen.
Die Sanierungsplanung besteht aus der Planung
- eines neuen Zulaufkanals,
- eines neuen Regenüberlaufs Am Schloßberg,
- eines neuen Qkrit-Kanals mit Anschluss an die bestehende Mischwasserkanalisation und
- eines neuen Auslasskanals mit einem neuen Einleitungsbauwerk in den Main.
Außerdem wird im Zuge der Neuordnung der Entwässerung im Bereich des Schlossbergs der Bestandskanal zwischen Karlstraße und dem Regenüberlauf Schloßberg saniert.
- Variantenuntersuchung
Im Rahmen der Vorplanung wurden zwei Varianten untersucht, die sich durch die Leitungsführung zwischen Karlstraße und RÜ Schloßberg unterschieden. Beiden Varianten war gemeinsam, dass der Auslasskanal die historische Stadtmauer kreuzt. Die Bayerische Schlösserverwaltung wollte der Kreuzung der Mauer nördlich des Theoderichstores nicht zustimmen, solange nicht untersucht worden war, ob eine Leitungsführung durch das Theoderichstor möglich ist. Daraufhin wurden verschiedene Untersuchungen durchgeführt und Schürfen hergestellt, um die Gründungstiefe der Mauer an den potenziellen Kreuzungspunkten festzustellen.
Es stellte sich heraus, dass die Gründungsverhältnisse der Mauer eine Kreuzung sowohl unter der Mauer etwas weiter nördlich als in der Vorplanung vorgesehen (Kreuzungsvariante 1) als auch durch das Theoderichstor (Kreuzungsvariante 2) zuließen. Die Verwaltung entschied, Teile der Vorplanung zu wiederholen, um diese beiden Varianten auf Realisierbarkeit und Kosten näher zu untersuchen.
Kreuzungsvariante 1:
Die Kreuzungsvariante 1 beinhaltet die Kreuzung des Auslasskanals DN 1600 in geschlossener Bauweise mit der nördlichen historischen Stadtmauer.
Kreuzungsvariante 2:
Bei der Kreuzungsvariante 2 wird der Auslasskanal in offener Bauweise durch das Theoderichstor verlegt.
Die beiden Kreuzungsvarianten unterscheiden sich hinsichtlich der Anordnung des Regenüberlaufes, des Anschlusses des Qkrit-Kanals DN 700 an den vorhandenen Mischwasserkanal, der Kreuzungsstelle der historischen Stadtmauer mit dem Auslasskanal DN 1600 und der Weiterführung des Auslasskanals als Rechteckprofil. Der Zulaufkanal mit Fallschacht und Verbindungsbauwerk und das Auslaufbauwerk in den Main aus der Variante 2 der Vorplanung sind in beiden Kreuzungsvarianten gleich. In beiden Kreuzungsvarianten wird eine Drossel des Typs „Alligator“ eingebaut. Ebenso wird in den RÜ ein nachgeschalteter Lamellenrechen installiert, der für beide Kreuzungsvarianten gilt.
Die elektrotechnische Ausrüstung für beide Kreuzungsvarianten unterscheidet sich nicht.
- Vorzugsvariante
Kreuzungsvariante 1 definiert die fachtechnisch einzige realisierbare Ausführung. Die Konstruktion des Regenüberlaufbauwerks erlaubt ein Aufrechthalten der vorhandenen Entwässerung über nahezu die ganze Bauzeit. Der Auslasskanal kann wie in der Vorplanung vorgesehen ohne zusätzliche Bauwerke geführt werden. Aufgrund des Bauverfahrens (Rohrvortrieb) entfallen Kosten für die Grundwasserhaltung während der Herstellung des Auslasskanals und das Risiko durch Grundwasser ist minimiert. Die im Erläuterungsbericht aufgeführten Nachteile werden als handhabbar oder durch die Erkenntnisse aus den Schürfen als kaum relevant eingeschätzt.
Die Vorteile der Kreuzungsvariante 2 können deren Nachteile nicht aufwiegen. Neben erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Standfestigkeit der historischen Mauer während der Bauphase wäre eine aufwändige Wasserhaltung notwendig, weil aufgrund zu geringer Überdeckung für einen Rohrvortrieb nur eine offene Bauweise als Bauverfahren infrage käme. Die Nähe der Baugrube zum vorhandenen nicht tief gegründeten Gebäude Suicardusstraße 1 (Roter Kopf) macht Setzungen und somit Schäden am Gebäude wahrscheinlich. Außerdem müsste ein weiterer Baum gefällt werden. Dass Kreuzungsvariante 2 nicht umsetzbar ist, hat sich bei Überlegungen zur Bauausführung sehr deutlich gezeigt. Der hohe Grundwasserstand, der sich u. a. bei Schürfen unter dem Theoderichstor eingestellt hat, erfordert ein tiefes Einbinden des vorgesehenen Spundwandverbaus. Das bedeutet, dass mehrere Meter lange Spundbohlen eingebracht werden müssten, was eine große Arbeitshöhe erforderlich macht, die im Bereich des Theoderichstores dem Grunde nach nicht gegeben ist. Die Kreuzungsvariante 2 ist nicht umsetzbar.
- Risikobewertung
Für dieses Projekt bedarf es von Seiten der Stadtverwaltung einer klaren Positionierung im Hinblick auf die fachlichen Bedürftigkeiten, die zeitlichen Erfordernisse und die Risikobewertungen im Bauablauf, so dass der Stadtrat den Prozess korrekt einordnen und in den nachfolgenden Haushaltsberatungen die Weichen für eine erfolgreiche Umsetzung richtig stellen kann.
Die Erfordernisse, die Entwässerung im Bereich des Schlossberges neu zu ordnen, ergaben sich aus einer Vielzahl von baulichen, hydraulischen und wasserrechtlichen Defiziten, welche in Summe das Gesamtpaket zu einer der dringlichsten Aufgaben für die Stadtentwässerung machten.
Die vorgefundenen Rahmenbedingungen, wie
- schlechter, streckenweise sehr schlechter, baulicher Zustand der Kanäle im Schloßberg zwischen Kapuzinerplatz und RÜ Schloßberg und des Auslasskanals des RÜ Karlstraße durch den Schloßgraben,
- die hydraulische Überlastung dieser Kanäle,
- sowie Regenüberläufe RÜ Karlstraße und RÜ Schloßberg, die nicht den technischen Anforderungen entsprechen, was dazu führt, dass keine Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnisse mehr erwirkt werden kann,
definieren den Projektrahmen und die hohen Planungsanforderungen für eine Neuordnung des Entwässerungssystems.
Der Kanal zwischen Kapuzinerplatz und RÜ Schloßberg ist besonders im Bereich der Treppenanlage in sehr schlechtem Zustand. Bei der TV-Untersuchung im Jahr 2012 wurden Einstürze festgestellt, die dazu führten, dass die Inspektion von zwei Seiten durchgeführt werden musste, weil die Einsturzstellen den Abfluss stark behindern. Es ist davon auszugehen, dass sich der Zustand seitdem weiter verschlechtert hat. Das gleiche gilt für den Auslasskanal des RÜ Karlsstraße, der ungefähr in der Trasse des Schloßgrabens verläuft.
Es kann zurzeit keine Aussage über den aktuellen Zustand der Kanäle getroffen werden und es muss jederzeit damit gerechnet werden, dass die Kanäle zumindest an einzelnen Stellen komplett zusammenbrechen, woraus sich akuter Handlungsbedarf ergäbe, um die Entwässerung wieder sicherzustellen. Das gilt insbesondere für die steilen Abschnitte unter der Treppenanlage sowie für den Auslasskanal im Schloßgraben, der durch den Bewuchs der Fläche einer äußeren zusätzlichen Belastung ausgesetzt ist.
Sollte der Fall des Versagens einzelner Abschnitte aufgrund von Einstürzen eintreten, so wird sich das Wasser im Kanal zurückstauen und an der nächstmöglichen oberen Öffnung austreten. Das können Kanalschächte oder Straßenabläufe, schlimmstenfalls sogar Keller oder Wohnbereiche sein. Wo das Abwasser austritt, wird es oberflächlich Richtung Main abfließen.
Die Regenüberläufe sind im Gegensatz zu den Regenüberlaufbecken und Stauraumkanälen nicht über die Fernwirktechnik mit der Zentrale im Klärwerk vernetzt, so dass es hier keine Aufzeichnungen über die Aktivität der Regenüberläufe gibt. Beobachtungen aus dem Betrieb und Unterhalt lassen allerdings darauf schließen, dass die Regenüberläufe RÜ Karlstraße und RÜ Schloßberg regelmäßig schon bei kleinen Regenereignissen anspringen und Abwasser in den Main abschlagen. Mangelnde Ausführung im Hinblick auf den Stand der Technik führt dabei zu erhöhtem Großstoffaustrag durch Überstau an Schächten oder direkt in den Main.
In der jetzigen Situation kann von der Unteren Wasserbehörde keine wasserrechtliche Erlaubnis für den weiteren Betrieb der Regenüberläufe erteilt werden, was wiederum bedeutet, dass mit jedem Anspringen der Regenüberläufe dem Grunde nach ein wasserrechtlicher Straftatbestand entsteht.
Jeder der vorgenannten Gründe definiert bereits isoliert betrachtet den dringenden Handlungs-bedarf das Entwässerungssystem neu zu ordnen. In Summe ist kein Handlungsspielraum für einen Weiterbetrieb im Status quo vorhanden, so dass die Verwaltung dem Stadtrat ausdrücklich empfehlen muss, die Umsetzung der Planung zur Sanierung des Entwässerungssystems Schloßberg freizugeben und auch weiterhin den Planungsprozess konstruktiv zu unterstützen, damit die Sanierung des maroden Gesamtsystems verzögerungsfrei erfolgen kann. Sollte sich der Stadtrat als Souverän entscheiden, die bauliche Realisierung des Projektes gem. Punkt 7 grundlegend zu verändern und zeitlich zu verschieben, kann die Verwaltung bei einem Versagen des Systems keine Verantwortung und Haftung übernehmen.
- Kosten
Unter Ansatz der Mehrwertsteuer von 19% liegt die Variante 1 zum aktuellen Stand der Entwurfsplanung bei Gesamtkosten von insgesamt ca. 8,25 Mio Euro brutto. Die Mehrkosten in Höhe von 1,25 Mio Euro brutto gegenüber der ersten Kostenschätzung im Rahmen der Vorplanung begründen sich einerseits in der Verbauplanung, die auf Grundlage der Erkenntnisse aus weiteren Baugrunduntersuchungen und aufgrund der notwendigen anspruchsvollen Wasserhaltung mit höheren Werten in die fortgeschriebenen Kosten einflossen und andererseits in der Inkludierung der Honorare für Zweitgutachter und Projektsteuerer in die Baunebenkosten des Gesamtprojektes. Mit Abschluss der Leistungsphase 3 wird die Verwaltung dem Stadtrat dann in gesonderter Sitzung die finale Kostenberechnung, auf der alle weiteren Kostenstadien aufbauen, vorlegen und die einzelnen Kostenbestandteile detailliert vorstellen.
- Finanzierung
Die für die Umsetzung des Projektes erforderlichen Haushaltsmittel müssen im Haushalt 2023 und in der mittelfristigen Finanzplanung bereitgestellt werden.
- Klimarelevanz
Das Projekt ist nur in geringer Weise klimarelevant.
Bei der technischen Ausrüstung kommen Pump-, Mess- und Drosseleinrichtungen zum Einsatz, die elektrisch betrieben werden. Es wird darauf geachtet, dass energiesparende Ausführungen gewählt werden, soweit die technischen und wasserrechtlichen Vorgaben dies zulassen.
- Weiteres Vorgehen
Die Rahmentermine für die weitere Bearbeitung stellen sich derzeit wie folgt dar:
Entwurfsplanung bis Mitte Januar 2023
Genehmigungsplanung bis Mitte Februar 2023
Ausführungsplanung bis Ende Juni 2023
LV-Erstellung und Ausschreibung bis Ende Juli 2024
Baubeginn September 2024
Bauende August 2026
Diese Roadmap dient der zeitlichen Einordnung des Gesamtprojektes und wird in den nächsten Planungsschritten verfeinert und an die Rahmenbedingungen angepasst, immer mit dem Ziel schnellstmöglich einen sanierten und damit sicheren Zustand des Entwässerungssystems zu erreichen. Die Relevanz dieses Projektes mit Blick auf die zeitliche Umsetzung wurde in den vorherigen Kapiteln ausführlich beschrieben. Auf die Ausführungen wird ausdrücklich verwiesen.