I. Rechtslage
Der Bayerische Landtag hat am 13.12.2022 die Einfügung des neuen Art. 44a in die Bayerische Bauordnung (BayBO) und damit die Einführung einer Photovoltaikanlagenpflicht in Bayern beschlossen. Der Gesetzestext ist in der Anlage beigefügt.
Die neue Vorschrift ist im Wesentlichen dreistufig aufgebaut:
- Seit 01.01.2023 besteht eine Photovoltaikanlagenpflicht für geeignete Dachflächen auf Gebäuden des Freistaates Bayern. Die Pflicht gilt auch für Bestandsgebäude, einschließlich Wohngebäude, steht allerdings unter Haushaltsvorbehalt.
- Ab 01.03.2023 besteht eine Photovoltaikanlagenpflicht für den Neubau von Gebäuden, die ausschließlich gewerblich oder industriell genutzt werden. Ab 01.07.2023 gilt diese Pflicht auch für alle sonstigen Nichtwohngebäude. Entscheidend ist der Tag der Bauantragstellung. Ab 01.01.2025 wird die Verpflichtung auf eine vollständige Erneuerung der Dachhaut des Gebäudes ausgedehnt.
- Ab 01.01.2025 tritt eine „Empfehlung (Soll-Vorschrift)“ für die Eigentümer vom Wohngebäuden in Kraft. Diese gilt für Neubauten und bei einer vollständigen Erneuerung der Dachhaut des Gebäudes. Entscheidend ist auch hier der Tag der Bauantragstellung.
Die Verpflichtung besteht ausschließlich für Dachflächen, d.h. nicht für Wandflächen, Balkone oder andere Bauteilen des Gebäudes. Die in Art. 44a Abs. 3 BayBO genannten baulichen Anlagen (insb. kleine Anlagen oder vorübergehend aufgestellte Gebäude) sind von der Verpflichtung ausgenommen. Die Flächen müssen für eine Photovoltaiknutzung geeignet sein. Eine Verpflichtung besteht nicht, soweit eine Ausstattung mit einer Photovoltaikanlage aus praktischen oder technischen Gründen ausscheidet (z.B. massive Verschattung, etc.).
Es sind Photovoltaikanlagen in „angemessener Auslegung“ zu errichten. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wird in Art. 44a Abs. 1 Satz 2 BayBO so konkretisiert, dass die Modulfläche mindestens einem Drittel der an sich geeigneten Dachfläche entsprechen muss.
Soweit nach den Vorschriften des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) solarthermische Anlagen nach § 35 GEG oder Anlagen für Strom aus erneuerbaren Energien nach § 36 GEG errichtet oder betrieben werden, gilt die v.g. Photovoltaikanlagenpflicht als erfüllt.
II. Praktischer Vollzug im Baugenehmigungsverfahren
Bei künftigen Bauanträgen wird geprüft, ob eine Photovoltaikanlagenpflicht, gem. Art. 44a BayBO besteht. In diesem Fall ist die zu errichtende Solaranlage in den Planunterlagen darzustellen und wird Gegenstand der Baugenehmigung. Die bestehende Verpflichtung wird als Auflage in den Bescheid aufgenommen.
III. Praktischer Vollzug bei künftigen städtischen Bauprojekten
Die baulichen Anlagen, die durch das Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft derzeit erstellt werden und kürzlich fertig gestellt wurden und deren Bauantragstellung in der Vergangenheit lagen, werden bereits mit Photovoltaikanlagen ausgestattet.
Folgende Projekte werden in den nächsten 2 Jahren mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sein:
Kindertagesstätten:
- Ottostrasse
- Regerstrasse
- Anwandeweg
Schulen:
- Grünewaldschule
- Schönbergschule
- Kronberg-Gymnasium
Derzeit laufen die Planungen und teilweise Ausschreibungen für Photovoltaikanlagen auf den Dächern der folgenden Bestandsgebäude:
- Turnhalle Pfaffengasse
- Karlsplatz 2
- Pfaffengasse 11
die in 2023 errichtet werden sollen.
Gemeinsam mit dem Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz werden derzeit weitere Liegenschaften untersucht, die mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet werden können. Die AVG wurde in die Abstimmungen einbezogen.
Dem Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat wird der Bericht der Verwaltung über die Novellierung der Bayerischen Bauordnung zur Kenntnisnahme gegeben.
Anlage
Art. 44a BayBO
Solaranlagen
(1) 1Auf geeigneten Dachflächen von im Eigentum des Freistaates Bayern stehenden Gebäuden sind im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel in angemessener Auslegung Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zu errichten und betreiben. 2Eine angemessene Auslegung nach Satz 1 liegt vor, wenn die Modulfläche mindestens einem Drittel der geeigneten Dachfläche entspricht. 3Dachflächen sind insbesondere nicht geeignet, soweit sie der Belichtung oder Be- und Entlüftung dienen. 4Bei geneigten Dachflächen müssen die Module dachparallel errichtet werden oder in die Dachfläche integriert sein.
(2) 1Die Eigentümer von Nichtwohngebäuden, deren Antrag auf Baugenehmigung oder deren vollständige Bauvorlagen
1. ab dem 1. März 2023 für Gebäude, die ausschließlich gewerblicher oder industrieller Nutzung zu
dienen bestimmt sind, oder
2. ab dem 1. Juli 2023 für sonstige Nichtwohngebäude
eingehen, haben sicherzustellen, dass Anlagen in angemessener Auslegung zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf den hierfür geeigneten Dachflächen errichtet und betrieben werden. 2Die Pflichten nach Satz 1 gelten auch bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes, die ab dem 1. Januar 2025 begonnen wird. 3Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(3) Die Abs. 1 und 2 sind nicht anzuwenden auf
1. Gebäude mit einer Dachfläche bis zu 50 m2,
2. Wohngebäuden dienende Gebäude oder Gebäudeteile wie Garagen, Carports oder Schuppen,
3. unterirdische Bauten,
4. Gewächshäuser,
5. Traglufthallen und Zelte,
6. vorübergehend aufgestellte oder benutzbare Gebäude.
(4) 1Die Eigentümer von Wohngebäuden, deren Antrag auf Baugenehmigung oder deren vollständige Bauvorlagen ab dem 1. Januar 2025 eingehen, sollen sicherstellen, dass Anlagen in angemessener Auslegung zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf den hierfür geeigneten Dachflächen errichtet und betrieben werden. 2Dies gilt auch bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes, die ab dem 1. Januar 2025 begonnen wird. 3Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. 4Die Abs. 5 und 6 gelten entsprechend.
(5) 1 Die Pflichten nach Abs. 1 und 2 entfallen, soweit ihre Erfüllung
1. anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten, insbesondere solchen aus einer städtebaulichen Satzung
oder einer Satzung nach Art. 81, widerspricht, oder
2. im Einzelfall
a) technisch unmöglich ist oder
b) wegen besonderer Umstände, durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger
Weise zu einer unbilligen Härte führen würde, insbesondere wenn glaubhaft gemacht wird, dass die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer nicht erwirtschaftet werden können.
(6) Die Pflichten nach den Abs. 1 und 2 gelten für Gebäude, die der Nutzungspflicht erneuerbarer Energien nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) oder § 52 Abs. 1 GEG unterfallen, als erfüllt, wenn solarthermische Anlagen nach § 35 GEG oder Anlagen für Strom aus erneuerbaren Energien nach § 36 GEG errichtet und betrieben werden.