Die Stadt Aschaffenburg hat die Erarbeitung des Wohnungsmarktkonzeptes an das ALP Institut für Wohnen und Stadtentwicklung GmbH aus Hamburg vergeben. Der offizielle Prozessauftakt fand verwaltungsintern am 10. Oktober 2022 statt. Der Abschluss des Projektes ist für das erste Quartal 2024 vorgesehen.
Der Bearbeitungsprozess durch das Büro ALP ist in neun modulare Phasen gegliedert:
Modul 1 – Wohnungsnachfrage in Aschaffenburg
Modul 2 – Wohnungsangebot in Aschaffenburg
Modul 3 – Sozialer (geförderter) und preisgünstiger Wohnungsbau
Modul 4 – Wohnflächenpotenziale in Aschaffenburg
Modul 5 – Wohnungsmarktprognose qualitativ und quantitativ
Modul 6 – Wohnungsmarkt-Steuerungsinstrumente einer Kommune
Modul 7 – Exkurs Baulandstrategie und Baulandmobilisierung
Modul 8 – Erstellung eines Handlungsprogramms
Modul 9 – Termine, Organisations-/Beteiligungsprozess, Ergebnisse
Zwischenergebnisse
Erste Ergebnisse der Auswertung von Sekundärdaten, u. a. aus dem Melderegister, der erste Entwurf der Wohnungsmarktprognose sowie die Basisauswertung der Haushaltsbefragung, in die 5.000 Aschaffenburger Haushalte einbezogen wurden, liegen vor. Im Folgenden werden zentrale (Zwischen-) Ergebnisse schlaglichtartig dargestellt:
Rahmenbedingungen:
Veränderung des Zinsumfeldes seit Anfang 2022 – Erhebliche Veränderung der Rahmenbedingung für Investierende und private Haushalte | Weiter steigende Kosten für Baumaterial und Bauleistungen | Im Zusammenspiel wird die Eigentumsbildung privater Haushalte, wie auch ein marktgerechter Neubau durch Investoren deutlich erschwert.
Massiv gestiegene Energiekosten seit Mitte 2022 – im Zusammenspiel mit der Mietpreisdynamik und steigenden Nebenkosten steigt die Wohnkostenbelastung der Haushalte
Unterdurchschnittliche Beschäftigungsentwicklung am Arbeitsort (nur sehr moderater Zuwachs an Arbeitsplätzen) | Dynamische Entwicklung der Beschäftigung am Wohnort Aschaffenburg
Steigendes Pendleraufkommen | Verflechtungsintensität mit dem Umland nimmt tendenziell ab | Wachsende Bedeutung als Wohnstandort für andere Arbeitsmarktstandorte
Weitgehend stabile Situation bezogen auf Leistungsbezieher (Arbeitslosenquote von ca. 5,2 %) | Hohes Kaufkraftniveau, aber relativ geringe Dynamik | Teilräumlich sehr heterogene Sozialstrukturen, z. T. Polarisierungs-/ Segregationstendenzen
Stadtstruktur/Angebotsstruktur:
Heterogene Stadtstruktur: Lage, Charakteristik und infrastrukturelle Situation der einzelnen städtischen Teilräume
Struktur Wohnungsbestand: Knapp 39.000 WE (ca. 71 % im Geschosswohnungsbau) | Knapp zwei Drittel der Wohnungen sind Mietwohnraum | Sozialorientierte Vermieter mit ca. 20 % des Mietwohnungsbestandes – wichtige Kooperationspartner der Stadt
42 % des Gebäudebestandes aus den 1950er bis 1970er Jahren – Fokusbestände hinsichtlich Energetik, Barrierearmut und Anpassungen an aktuelle Nachfrage
Fast 4.000 Fertiggestellte Wohnungen seit 2011– Fokus Geschosswohnungsbau (80%) | Hohe Neubauintensität im regionalen Kontext | 86% der zusätzlichen Wohnungen im Neubau; ca. 14 % durch Ausbau/Nutzungsänderung | Räumliche Schwerpunkt des Neubaus in Aschaffenburg Ost (33 % der Neubautätigkeit), Damm (20 %), Innenstadt (16 %) Schwein-heim (13 %)
Demografie:
Dynamische Bevölkerungsentwicklung: Hauptwohnsitze +4.350 Personen (+6,4 %); Nebenwohnsitze: -1.550 Personen (-37 %) | Innenstadt (22 %), Damm (19 %), Schweinheim (17 %) und Aschaffenburg Ost (13 %) Einwohnerschwerpunkte | Heterogene Bevölkerungs-entwicklung: Nebeneinander von dynamisch wachsenden und stagnierenden bis schrumpfenden Stadtteilen; Ursachen: Heterogene Bevölkerungs- und Altersstrukturen sowie Neubautätigkeit
Kontinuierliches Geburtendefizit: Steigende Tendenz bei den Geburten, steigende Zahl von Sterbefällen | Stabile Wanderungsgewinne (Ausnahme 2020 – pandemiebedingt) | Wanderungsgewinne in nahezu allen Ziel- und Altersgruppen: Schwerpunkt 18- bis 30-Jährige | Verluste in den Stadt-Umland-Raum, v. a. Familien, Zuzüge v. a. aus Bayern und Hessen | Fokus Zuziehender auf zentralen Quartieren (Innenstadt, Aschaffenburg Ost) | Binnenwanderungen aus den zentralen Lagen in Richtung periphererer Lagen
Versorgungswirkung durch Neubau: 74 % der Neubaubezieher im Einfamilienhaussegment haben bereits vorher in Aschaffenburg gewohnt, im Geschosswohnungsbau ist es gut die Hälfte, ca. 51 % (Insgesamt 59 %) | Fokus EFH: Schwerpunkt Familien- und Paarhaushalte überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche / Geschosswohnungsbau stärkere Ansprache Älterer (50+) sowie von 18- bis 30-Jährigen
Verschiebung der Altersstruktur: Anzahl Kinder und Jugendlichen steigt (Schul-/ Kitabedarf), jedoch sinkender Anteil an der Gesamtbevölkerung; Sinkender Anteil von Personen im Erwerbsalter (absolut noch wachsend); durchaltern der vier Gruppen; Babyboomer gehen in den nächsten Jahren in Rente; Noch geringer Anteil an Senioren, jedoch deutliche Zuwächse (veränderte Anforderungen und Bedürfnisse) | Heterogene Altersstrukturen auf Stadtteil-/Quartiersebene: Viele Kinder und Jugendliche in Aschaffenburg Ost, Gailbach, Obernau, wenige in der Innenstadt und Leider; Hoher Anteil von Senioren in Leider, Nilkheim Obernauer und Österreicher Kolonie sowie Strietwald
Hohes Potenzial durch Generationenwechsel im Einfamilienhaussegment: ca. 1.010 WE kurz bis mittelfristig; etwa zusätzliche 1.040 WE langfristig | Schwerpunkträume des Generationenwechsels: Schweinheim, Strietwald, Nilkheim, Damm
Wohnungsmarktprognose:
Erwartung der Fortsetzung der dynamischen Bevölkerungsentwicklung bis 2030 und darüber hinaus (+5.080 Einwohner, +6,9 % bis 2040 in der Basisvariante) - entspricht+267 Einwohnern p. a. (Zum Vergleich: 2011 bis 2021: +280 EW p.a.)
Fortsetzung altersstruktureller Verschiebung, Anteil von Kindern und Jugendlichen sowie Haushalten im Erwerbsalter sinkt. Anteil von Senioren steigt deutlich
Zahl der (nachfragerelevanten) Haushalte steigt um ca. 2.970 Haushalte bis 2040 (+8,3 %) +156 Haushalte p. a. | Singularisierung setzt sich infolge des demografischen Wandels fort; insbesondere die Zahl von Seniorenhaushalten wächst
Neubaubedarf von 4.620 WE bis 2040 in der Basisvariante; 243 WE p. a. (2011 bis 2022: 331 WE p. a.)
Haushaltsbefragung:
Hohe Wohnzufriedenheit – Teilräumlich höhere Unzufriedenheit in Stadtmitte und Damm
Heterogene Einkommens- und Sozialstruktur auf kleinräumiger Ebene – Einkommensunterschiede zwischen Mietern und Eigentümern; unterdurchschnittliche Einkommenssituation v. a. bei jüngeren Singlehaushalten (bis 30 Jahre), Alleinerziehenden und Seniorensinglehaushalten
Etwa 51 % der Haushalte in den EOF-Stufen 1 bis 3; nur gut 10 % im Rahmen der städtischen Zusatzförderung förderfähig: Höchste Anteile „förderwürdiger“ Haushalte: Junge Singles, Familien mit minderjährigen Kindern, Alleinerziehende und Senioren
Hohe Wohnkostenbelastung bei Mietern (37 %), moderate bei Eigentümern (20 %); rund 22 % der Mieter mit erhöhter (30 bis 40 %) und 32 % mit hoher Wohnkostenbelastung (40 % u. m.): Höchste Belastung: Singlehaushalte insgesamt, Alleinerziehende, alleinlebende Senioren.
Gut 36 % der Haushalte mit Umzugswunsch – Kaum Veränderungen durch aktuelle Energiesituation | Häufigster Umzugswunsch bei jungen Singlehaushalten, Paarhaushalten, Familien und Alleinerziehenden, geringster bei Senioren
45 % der Umzugswilligen in EOF-Stufen, 9 % in städtischem Förderprogramm
57 % möchten im Eigentum wohnen (davon 43 % im Einfamilienhaus); 43 % möchten nach dem Umzug zur Miete wohnen | Häufigste Umzugsgründe bei Mietern: Erwerb von Wohneigentum, Wohnung ist zu klein, Wunsch nach besserer Ausstattung; Häufigster Umzugswunsch bei Eigentümern: Wohnung ist nicht altersgerecht, Wohnung ist zu klein, Wohnung ist zu groß
Erhebliche Veränderungsbereitschaft der Haushalte bei Wohnungswechsel: Mehrzahl der Haushalte möchte sich vergrößern; v. a. Ältere (50+ und Senioren) sind bereit sich zu verkleinern; Herausforderung „mismatch“ aufzulösen
Fokusgruppe städtisches Förderprogramm: Gut 10 % aller Haushalte; größte Zielgruppe: Singlehaushalte zwischen 30 und 65 Jahre, Familien mit minderjährigen Kindern (25 % Kindern), Paare, Senioren
Etwa 30 % aller Haushalte mit (latentem) Handlungsbedarf aufgrund hoher Wohnkosten-belastung, geringer Wohnzufriedenheit, beengten Wohnverhältnissen oder bestehendem kurzfristigen Umzugswunsch (dominanter Haushaltstyp: Familien mit minderjährigen Kindern) | Rund 65 % der Haushalte mit (latentem) Handlungsbedarf in EOF-Stufen 1 bis 3; knapp 10 % in städtischem Programm
Nächste Schritte
Die Zusammenfassung stellt die Bearbeitungsstand Mitte Februar 2023 dar. Vertiefende und evaluierende Auswertungen zum geförderten Wohnungsbestand/bezahlbaren Wohnen, die Auswertung wohnungswirtschaftlicher Daten sozialorientierter Bestandshalter sowie Analysen zum Thema Zweckentfremdung sowie zu Wohnungsbaupotenzialen erfolgen derzeit. Ferner wird die Befragung vertiefend hinsichtlich der Schwellenhaushalte (städtisches Förderprogramm) sowie der Haushalte mit Handlungsbedarf ausgewertet. Parallel wird ein „Werkzeugkasten“ kommunaler Steuerungsinstrumente aufbereitet.
Als nächste Schritte der Beteiligung sind Expertengespräche mit Wohnungsmarktakteuren und Arbeitsgebern vorgesehen.
Für Mitte Mai ist eine erste Arbeitsgruppe Wohnen vorgesehen, an der Vertreter*innen der Verwaltung, der Politik sowie Wohnungsmarktakteure beteiligt werden. Im Vorfeld der Arbeitsgruppensitzung ist eine Onlinebefragung vorgesehen (Wiederholungsangebot für die Teilnehmer*innen die sich bisher nicht beteiligt haben).