- Sachstand und Anlass
Die Björnsen Beratende Ingenieure GmbH (BCE) wurde im August 2021 von der Stadt Aschaffenburg mit den Planungsleistungen für die Anpassung der Hochwasserschutzanlage für das Klärwerk Aschaffenburg beauftragt. Die Planungen befinden sich derzeit in der Leistungsphase (LP) 3 bis 4 (Entwurfs- bzw. Genehmigungsplanung). Die Entwurfsplanung soll im Juli 2023 bei der Genehmigungsbehörde eingereicht werden. Der Genehmigungsprozess wird voraussichtlich 4 bis 5 Monate betragen.
- Projektbeschreibung
Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg hat als Mindestschutzziel ein Hochwasserereignis der Kategorie HQ100+15 %-Klimazuschlag empfohlen. Die bestehende Hochwasserschutzanlage, dessen Schutzniveau derzeit unter einem 100-jährlichen Hochwasserereignis liegt, ist daher an den heutigen Standard für das Schutzniveau sowie im Sinne einer langfristigen Anpassungsstrategie an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen.
Die Schutzzielhöhe wird dabei auf die jeweiligen Wasserspiegellagen entlang des Perimeters der Anlage ausgelegt, wobei die Wasserspiegellagen an den jeweiligen Main-km Stützstellen bilden, zwischen denen die entsprechenden Höhen linear interpoliert werden. Es wird zusätzlich ein Freibord von 20 cm berücksichtigt. Im Osten des Planungsgebiets bei Fluss-km 85+000 beträgt das Schutzziel 113,20 m NN zzgl. 20 cm Freibord und liegt in Summe auf 113,40 m NN. Im Westen bei Fluss-km 84+400 liegt die Bemessungshöhe auf 112,71 zzgl. 20 cm Freibord und somit insgesamt bei 112,91 m NN.
Es wurden zusätzliche Leistungen der Landschaftsplanung sowie der Vermessung an den AN beauftragt. Die Vermessungen wurden im Dezember 2021 durchgeführt. Aufgrund von Lastbeschränkungen auf den Verkehrs- und Betriebswegen der Kläranlage ist das Vermessungskonzept auch auf die Wasserseite des Deiches ausgedehnt worden. Im Rahmen der Ausführungsplanung wird eine ergänzende Vermessung in Abschnitt 4 der HWS-Anlage erforderlich.
Ergänzende Leistungen der Landschaftsplanung zur Vogel- und Reptilienerfassung wurden von April bis Juni 2022 ausgeführt.
Zusätzlich fand eine verdichtende Baugrunduntersuchung in den Deichabschnitten 1 und 2 sowie eine ergänzende Untersuchung im Abschnitt 4 östlich des Klärwerksgeländes im Juni und Juli 2022 statt. Durch die ergänzenden Erkenntnisse konnte eine wirtschaftliche und DIN-konforme Bemessung der Hochwasserschutzanlage ermöglicht werden.
Im Vorfeld der Baumaßnahme sind eine Kampfmittelsuche bzw. -räumung sowie Bauwerks- und Leitungserkundungen durchzuführen. Besonders die Erkenntnisse aus den Bauwerks- und Leitungserkundungen sind für die weitere Planung und die Festlegung des genauen Trassenverlaufs essentiell. Die Bearbeitung eines Erkundungskonzepts wird derzeit von der Stadt Aschaffenburg an einen Dritten vergeben. Die Aufstellung des Konzepts sowie die Durchführung der Erkundungsarbeiten sollen bis Ende September 2023 abgeschlossen sein.
Grundkonzept
Die Ertüchtigung des Hochwasserschutzes (HWS) für die Kläranlage Aschaffenburg ist eine wesentliche Grundlage für die Genehmigung des Weiterbetriebes der Kläranlage und deren technisch erforderliche bzw. gewünschte Erweiterung.
Das Ertüchtigungskonzept geht grundsätzlich davon aus, dass unter Berücksichtigung von Restriktionen wie die Vermeidung von Retentionsraumverlust im Vorland, die Sicherstellung ausreichender Flächen landseitig des Deiches (KA-Ausbau) sowie die Reduktion des Eingriffs in ökologisch relevante Strukturen und Flächen lediglich eine Deicherhöhung und -stabilisierung mittels einer in der Deichtrasse angeordneten Spundwand als tragendes Element des HWS sinnvoll ist.
Im Rahmen der Vorplanung wurde ein Alternativkonzept zur Trassenführung der HWS-Anlage ausgearbeitet und durch die Stadt Aschaffenburg als Vorzugsvariante ausgewählt. Anstelle der Ertüchtigung des gesamten bisherigen Ringdeichs der Kläranlage (Abschnitte 1 bis 3) wird der Abschnitt 3 des Deichs (Osten des Klärwerks) durch den Abschnitt 4 ersetzt. Dieser Abschnitt erstreckt sich vom östlichen Anschlusspunkts des Abschnitts 1 (Osten des Klärwerks) bis rund 210 m östlich des Klärwerks und verläuft damit unterhalb des bestehenden Parkplatzes sowie der Mörswiesenstraße. Die in der Vorplanung vorgesehene HWS-Mauer aus Stahlbeton entlang der Mörswiesenstraße in Abschnitt 4 ist aufgrund der Baugrundverhältnisse, die nur wenig tragfähige Böden aufzeigen, durch eine Spundwand zu ersetzen.
Die aktuell gültige Ausweisung des Überschwemmungsgebiets bei HQ100 macht deutlich, dass nordöstlich der Kläranlage bereits vor einigen Jahren bebaute Flächen (Gewerbe- und Privatgelände) von Hochwasser betroffen sind. Durch die Herstellung des Abschnitts 4 können diese Flächen sowie der Parkplatz, welcher zukünftig als Erweiterungsfläche für das Klärwerk dienen soll, ebenfalls vor Hochwasser geschützt werden. Hierbei wird gleichzeitig sichergestellt, dass das Wasser im Hochwasserfall nicht über die Mörswiesenstraße in die Kläranlage strömt (Wegfall des Abschnitts 3). Die heutige Zufahrt zur Kläranlage kann daher auch im Hochwasserfall ohne aufwendige, mobile Elemente geschützt werden.
Durch die Ertüchtigung des Abschnitts 4 werden zwar Retentionsflächen abgeschnitten, jedoch sind die daraus resultierenden Wasserstandsänderungen äußerst gering und befinden sich im Bereich natürlicher Schwankungen eines Fließgewässers. Da es sich bei den abgeschnittenen Ü-Gebietsflächen um keine natürlichen Rückhalteflächen handelt und keine wesentliche Veränderung des Abflussverhaltens nach WHG bewirkt wird, ist nach Aussage der Regierung Unterfranken kein Retentionsraumausgleich für diese Flächen erforderlich.
Im Rahmen der Entwurfsplanung wurden eine Tragwerksplanung für die HWS-Anlage ausgearbeitet. Zudem wurden eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, ein Landschaftspflegerischer Begleitplan und eine allgemeine Vorprüfung nach UVPG aufgestellt.
- Kosten
Die Kostenschätzung der Vorplanung vom März 2022 lag bei Gesamtkosten von rund 4,8 Mio. € (brutto). Nach einer ersten Aufstellung der Kostenberechnung (LP 3 bis 4) werden nun Gesamtkosten von rund 6,6 Mio. € (brutto) prognostiziert. Der Kostenanstieg kann insbesondere durch zusätzliche erforderliche Maßnahmen, die sich durch die erweiterte geotechnische Erkundung ergeben haben, begründet werden. So wurden u.a. nur gering tragfähige Böden festgestellt.
Kostenanstieg der Baukosten gegenüber Vorplanung:
Rückversetzte Spundwand HW-Pumpwerk/Zwischenhebewerk
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124.662,51 EUR
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Abschnitt 4
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204.705,11 EUR
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Geotechnik Abschnitt 1/2
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593.585,56 EUR
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in der Vorplanung noch nicht berücksichtigt
-Kampfmittelsondierung/-räumung
-Ausgleichsmaßnahmen Landschaftsplanung
-Grundstückskosten
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272.952,24 EUR
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Gesamtbetrag netto
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1.195.905,41 EUR
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Gesamtbetrag brutto
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1.423.127,44 EUR
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weitere zusätzliche sonstige Kosten brutto
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79.944,88 EUR
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gesamt
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1.503.072,32 EUR
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Die im Rahmen der Entwurfsplanung ermittelten Kosten für das Alternativkonzept betragen:
Projekt
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Baukosten
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Bau-
nebenkosten 20%
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Gesamtkosten
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HWS Klärwerk
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5.492.791,61 €
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1.098.558,32 €
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6.591.349,93 €
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Die Kosten (brutto) sind nach derzeitigem Preis- und Verfahrensstand ermittelt. Diese Kosten sind gemäß Index - und Marktpreisveränderungen fortzuführen. Es wird darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten von der Kostenberechnung abweichen können.
- Finanzierung
Auf der Haushaltsstelle „Kläranlage, Hochwasserschutzdamm“ (1.7181.9623) ist für 2023 eine Verfügungsermächtigung von 4.000.000,00 € berücksichtigt. Die neuen Kostenansätze sind im Rahmen der Aufstellung des Nachtragshaushalts 2023 bzw. Haushalts 2024 zu berücksichtigen.
- Weiteres Vorgehen
Es ist geplant, im Dezember 2023/Januar 2024 den Bau- und Finanzierungsbeschluss zu erlangen. Eine Vergabe der Bauleistungen ist im April 2024 vorgesehen. Die Bauausführung folgt im Anschluss (ab Mai 2024). Es wird mit einer Bauzeit von rund 1,75 Jahren kalkuliert (Ende Januar 2026).