Tierschutzverstöße am Aschaffenburger Schlachthof; - Anträge der CSU-Stadtratsfraktion, der SPD-Stadtratsfraktion und der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 21.07.2023 - Anträge von Herrn Stadtrat Jürgen Zahn (KI) vom 23.07.2023 und vom 26.07.2023 - Antrag von Herrn Stadtrat Dr. Erich Henke (SPD) vom 25.07.2023 auf Durchführung einer Sondersitzung am 28.07.2023


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 28.07.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 10. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 28.07.2023 ö Beschließend 1PL/10/1/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Die Stadt Aschaffenburg hat den ehemaligen städtischen Schlachthof an die Firma AB-Schlachthof GmbH & Co KG verpachtet. Aufgrund gesetzlicher Änderungen der Zuständigkeit obliegt seit 2018 die behördliche Veterinär- und Lebensmittelüberwachung für den Schlachthof nicht mehr der Stadt Aschaffenburg in Kombination mit dem staatlichen Veterinäramt beim Landratsamt Aschaffenburg, sondern der neu gegründeten Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (Kontrollbehörde – abgekürzt KBLV) mit Sitz in Kulmbach. Diese Behörde entscheidet selbstständig in allen veterinärrechtlichen und lebensmittelrechtlichen Angelegenheiten des Schlachthofs.

Der Verein SOKO Tierschutz e. V. hat der KBLV Videomaterial übermittelt, aus dem sich der Verdacht ergibt, dass am Schlachthof Aschaffenburg Tierschutzverstöße stattgefunden haben. Die KBLV hat daraufhin in der Nacht vom 18. auf den 19.07. eine Kontrolle am Schlachthof durchführt. Bei der Kontrolle am 19.07.2023 hat die KBLV die in den Videos festgestellten Verstöße nicht beobachtet. Gleichwohl hat die KBLV am 20.07.2023 zunächst fernmündlich den Betrieb gegenüber der Geschäftsführung des Schlachthofes eingestellt. Am 21.07.2023 wurde der entsprechende schriftliche Bescheid zur Post gegeben. Alle veterinärrechtlichen Entscheidungen über den Betrieb des Schlachthofes liegen bei der KBLV. 

Grundsätzlich gilt nach der „Verordnung der EU Nr. 1099/2009 vom 14.09.2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung“, dass der Schlachthofbetreiber geeignete Verfahren zur Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung einzuführen hat.

Nach Art. 17 dieser Verordnung hat der Schlachthofunternehmer für jeden Schlachthof einen bzw. eine Tierschutzbeauftragte(n) zu benennen, der bzw. die ihnen hilft, die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen. Die Tierschutzbeauftragten unterstehen unmittelbar den Unternehmern und erstatten diesen direkt Bericht über Angelegenheiten des Tierschutzes. Sie dürfen das Personal des Schlachthofs erforderlichenfalls anweisen, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass diese Verordnung eingehalten wird.

Die Grundsätzliche Verantwortung für die Einhaltung des Tierschutzes liegt also beim Schlachthofbetreiber, der selbst wiederum der Kontrolle durch die Behörden unterliegt.

Neben der KBLV ist auch die Stadtverwaltung mit ihren amtlichen Tierärzten kontrollzuständig, auch wenn die amtlichen Tierärzte nur die Befugnis haben, Sofortmaßnahmen anzuordnen (Artikel 44 VO (EU) 2019/627). Generell sind die amtlichen Tierärzte zuständig für die Durchführung der amtlichen Fleischuntersuchung, die Durchführung der amtlichen Schlachttieruntersuchung, die Durchführung der Trichinenuntersuchung, die Überwachung der Hygiene im Schlachtbetrieb, die Überwachung des Tierschutzes am Schlachthof, die Probenentnahme und Erfassung und die Hygienekontrollen von EU- Betrieben. Sie werden unterstützt durch Fleischhygienekontrolleure. Zurzeit sind am Schlachthof zwei amtliche Tierärzte und vier Fleischhygienekontrolleure im Einsatz, jeweils in Teilzeit, weil es nur drei Schlachttage gibt. Soweit die amtlichen Tierärzte Überwachungstätigkeiten ausüben, kann dies naturgemäß nur stichprobenartig erfolgen. Auch die KBLV kontrolliert nur stichprobenartig. Größere Beanstandungen gab es dabei bislang nicht.

Das den KBLV-Ermittlungen zugrundeliegende Material liegt der Stadtverwaltung bis heute nicht vor. Der Verein SOKO Tierschutz e. V. hat nach eigenen Aussagen inzwischen eine Strafanzeige gestellt. 

Nach Bekanntwerden des Sachverhalts haben die Stadtratsfraktionen von CSU, SPD und GRÜNEN sowie die KI zahlreichen Anträgen über die Vorfälle im Schlachthof eingereicht. Die Anträge sind unter Aschaffenburg Online abrufbar. Die Stadtverwaltung hat daraufhin alle Mitglieder des Stadtrates der Stadt Aschaffenburg mit Schreiben vom 25.07.2023 über die Rechtslage und den bisher bekannten Sachverhalt informiert.

Herr Stadtrat Dr. Erich Henke beantragte zusätzlich mit E-Mail vom 26.07.2023 die Durchführung einer Sondersitzung des Stadtrates am 28.07.2023, 13:00 Uhr.

Über weitere Entwicklungen wird tagesaktuell in der Sitzung berichtet.

.Beschluss: 1

Das Plenum stimmt zu, dass anwesende Pressevertreterinnen und Pressevertreter Bildaufnahmen und kurze Filmaufnahmen zu Sitzungsbeginn anfertigen dürfen.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 38, Dagegen: 0

.Beschluss: 2

Das Plenum stimmt zu, dass der Tagesordnungspunkt Nr. 11 
„Tierschutzverstöße am Aschaffenburger Schlachthof;
- Anträge der CSU-Stadtratsfraktion, der SPD-Stadtratsfraktion und der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 21.07.2023
- Anträge von Herrn Stadtrat Jürgen Zahn (KI) vom 23.07.2023 und vom 26.07.2023
- Antrag von Herrn Stadtrat Dr. Erich Henke (SPD) vom 25.07.2023 auf Durchführung einer Sondersitzung am 28.07.2023“
wegen Dringlichkeit nachträglich auf die heutige Tagesordnung gesetzt wird.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 38, Dagegen: 0

.Beschluss: 3

Das Plenum nimmt zur Kenntnis, dass die heutige 10. Sitzung des Plenums in zwei Teilen stattfinden wird. Teil 1 der Sitzung erfolgt nun hier im Sitzungssaal und Teil 2 der Sitzung wird wie geplant im Gasthaus „Hohe-Warte-Haus“ stattfinden.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

.Beschluss: 4

1. Der mündliche Bericht der Verwaltung über die festgestellten Tierschutzverstöße im Aschaffenburger Schlachthof und die zu dieser Angelegenheit vorliegenden Stadtratsanträge (Anlage 1) werden zur Kenntnis genommen. Es wird zur Kenntnis genommen, dass Herr Stadtrat Jürgen Zahn (KI) seinen Antrag vom 23.07.2023 zurückgenommen hat.

2. Es wird zur Kenntnis genommen, dass der Oberbürgermeister und die Sprecher aller Fraktionen und Gruppierungen des Stadtrates die Vorgänge im Schlachthof verurteilen, sich vom aktuellen Betreiber des Schlachthofs distanzieren und den Einsatz der Soko Tierschutz würdigen.

3. Fraktions- und parteiübergreifend einigt sich der Stadtrat auf folgende weitere Vorgehensweise:

3.1 Die Verwaltung wird beauftragt, eine „Task-Force“ Schlachthof einzuberufen, welche die weitere Zukunft des Schlachthofs ausloten soll. Dabei soll der Erhalt eines regionalen Schlachthofs im Mittelpunkt der Überlegungen stehen.

3.2 Aufgrund des Vertrauensverlustes mit dem aktuellen Schlachthofbetreiber soll die Verwaltung eine außerordentliche Kündigung des derzeitigen Pachtvertrages prüfen.

3.3 Die von der Verwaltung vorgetragene Notwendigkeit der Ausschreibung einer Vollzeitstelle eines amtsärztlichen Tierarztes (m/w/d) sowie einer entsprechenden Vertretungskraft werden geteilt und zustimmend zur Kenntnis genommen.

3.4 Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass der Pachtvertrag von der Verwaltung allen Stadtratsmitgliedern zur Verfügung gestellt wird.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 10.10.2023 11:01 Uhr