Verlängerung der Jagdpachtverträge für die städtischen Eigenjagdreviere


Daten angezeigt aus Sitzung:  14. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 06.11.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 14. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 06.11.2023 ö Beschließend 8PL/14/8/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

A.        Istsituation

Die Stadt Aschaffenburg ist als Eigentümerin zusammenhängender land-, forst- oder fischereiwirt-schaftlicher Flächen Inhaberin des Jagdrechtes über insgesamt sechs sogenannte Eigenjagdbezirke. Fünf davon befinden sich im Stadtgebiet. Einer (Hohe Warte) liegt auf außermärkischem Gebiet. Ein weiterer Eigenjagdbezirk im Bereich des Wasserwerks steht im Eigentum der Aschaffenburger Versorgungs GmbH und wird demzufolge durch die AVG verwaltet.
Die städtischen Eigenjagdreviere weisen nachfolgende Größen auf:

Revier
Fläche
Hohe Warte
468 ha
Aschaffenburg-Nord (Strietwald)
260 ha
Schweinheim
382 ha
Aschaffenburg-Ost (Büchelberg)
190 ha
Obernau
318 ha
Gailbach
378 ha

Das Eigenjagdrevier Gailbach befindet sich nur etwa zu einem Drittel in städtischem Eigentum. Die übrigen Flächen sind in privatem Streubesitz und dem städtischen Revier angegliedert. In drei der sechs Eigenjagdbezirke hat die Stadt zurzeit das Jagdausübungsrecht im Wege der Jagdpacht an Dritte übertragen. 

In den übrigen drei Jagdreviere (Hohe Warte, Obernau, Aschaffenburg-Nord) hat die Stadt – vertreten durch ihre drei Försterinnen und Förster – das Jagdrecht selbst wahrgenommen. Die tatsächliche Jagdausübung erfolgt überwiegend durch Jäger, die nicht städtische Förster sind. Hierfür gibt das Forstamt sogenannte Begehungsscheine aus. Die Vergütung für die Begehungsscheine orientiert sich an den staatlichen Vergütungsregelungen. Das Wild ist gesondert zu bezahlen.

Die bestehenden Jagdpachtverträge laufen zum 31.03.2024 aus. Für alle Jagdpachtverträge wurde ein Antrag auf Wiederverpachtung für die gesetzlich vorgesehene Laufzeit von neun Jahren gestellt.


B.        Rechtslage

I.        Inhalt des Jagdrechts

Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist auch die Pflicht zur Hege verbunden (§ 1 Abs. 1 BJagdG).

II.        Entscheidungsmöglichkeiten der Stadt

Nach § 7 BJagdG ist in einem Eigenjagdbezirk der Grundstückseigentümer jagdausübungsberechtigt. Das Jagdrecht ist untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden (§ 3 Abs. 1 S. 2 BJagdG). In Bayern wurde durch Art. 7 Abs. 1 BayJG festgelegt, dass derjenige, der jagdausübungsberechtigt ist, auch zur Ausübung der Jagd verpflichtet ist. Handelt es sich beim Grundstückseigentümer um eine juristische Person, so hat diese juristische Person eine oder mehrere jagdpachtfähige Personen zu benennen, wenn die Jagd nicht durch Verpachtung ausgeübt werden soll (Art. 7 Abs. 2 S. 1 BayJG). Benannt werden müssen jagdpachtfähige Personen, d. h. grundsätzlich nur natürliche Personen, die einen Jagdschein besitzen (§ 11 Abs. 5 BJagdG). Aufgrund von Art. 14 Abs. 3 BayJG muss jedoch juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Jagdpachtfähigkeit zuerkannt werden, soweit sie Inhaber von Eigenjagdrevieren sind. Die Stadt Aschaffenburg hat demzufolge zwei Möglichkeiten ihrer Jagdausübungspflicht gerecht zu werden:

       durch angestellte Jäger (sogenannte Regiejagd) oder
       durch Verpachtung im Sinne des § 11 BJagdG i. V. m. Art. 14 ff. BayJG

In dem Fall, in dem die Stadt Aschaffenburg selbst das Jagdrecht ausübt, bedient sie sich der städtischen Förster. Sie benötigen keinen Jagderlaubnisschein. Ausreichend ist der Anstellungsvertrag (Art. 17 Abs. 5 BayJG). Nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 BayJG ist auf diesen Flächen die Stadt Aschaffenburg der nach außen verantwortliche Revierinhaber. Ist das Jagdrevier verpachtet, liegt die Verantwortung beim Pächter als Revierinhaber. Neben ihm kann der Verpächter nicht verantwortlich gemacht werden. Das Jagdausübungsrecht ist gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 BJagdG nicht teilbar. Ein Verstoß gegen den Grundsatz führt zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages (BGH, Urt. v. 4.7.1991, Az. III ZR 101/90). Ein Jagdrevier kann also nur ganz oder gar nicht verpachtet werden.


C.        Alternativen Verpachtung oder Regiejagd

Die Frage, ob die Bejagung einer Eigenjagdfläche im Wege der Verpachtung oder der Regiejagd sinnvoller ist, löst regelmäßig größere Diskussionen aus. Üblicherweise werden für den jeweiligen Standpunkt die nachfolgenden Argumente verwendet:

Der Vorteil der Regiejagd soll darin liegen, dass 

       der Grundstückseigentümer dabei in vollem Umfang die Kontrolle über die
            ordnungsgemäße Jagdausübung hat,

       über Begehungsscheine – je nach Handhabung - einer größeren Anzahl von Bürgern eine 
           Jagdausübungsmöglichkeit gegeben wird,

       und dass bei der so genannten Regiejagd durch eigenes Personal der Wildschaden durch
           Verbiss faktisch geringer ist als bei Verpachtungsfällen.

Der Vorteil der Verpachtung soll darin liegen, dass der Grundstückseigentümer 

       für die ordnungsgemäße Jagdausübung nicht mehr in der Verantwortung nach außen steht,
       er nicht für Wildschäden bei Dritten einzustehen hat bzw. Wildschäden an eigenen Vermö-
           gensgegenständen ersetzt bekommt (wird bei Waldschäden aufgrund von
           Berechnungsproblemen allerdings normalerweise nicht geltend gemacht) und

       dass Personalkapazitäten nicht für Jagdangelegenheiten gebunden sind.

Der Freistaat Bayern hat rund 12 % seiner Waldflächen verpachtet (homepage Bayerische Staatsforsten Stand 10.10.2023). Die Bayerischen Staatsforsten verpachten grundsätzlich nur Flächen, die waldbaulich unproblematisch sind. Waldbaulich sensible Bereiche oder Schutzwaldlagen sind grundsätzlich von einer Verpachtung ausgeschlossen. In den „Grundsätzen für die Jagd im bayerischen Staatswald“ (Stand 1.11.2011) ist u. a. Folgendes ausgeführt: 
„Der Wald schützt uns vor Lawinen, Hochwasser und Erosion; zudem reinigt er Luft und Wasser, ist CO2-Speicher und dient den Menschen zur Erholung. Der nachhaltig produzierte Rohstoff Holz wird von der Gesellschaft in steigendem Maße nachgefragt. Gemischte, strukturreiche und damit stabile Wälder können die vielfältigen Schutz- und Nutzfunktionen bei gleichzeitig geringem Schadensrisiko langfristig am besten erfüllen. Zu einem naturnahen Waldbau, der auf Naturverjüngung sowie gemischte und stabile Waldbestände mit standortgemäßen Baumarten setzt, besteht keine Alternative. Angesichts des Klimawandels kommt hierbei den Baumarten Buche, Eiche, Edellaubholz sowie Tanne und Douglasie eine zentrale Bedeutung zu. 

Diese Zielsetzungen lassen sich nur erreichen, wenn wir die Jagd als wesentliches Element des Waldbaus betrachten. Die Bejagung soll sicherstellen, dass standortgemäße Verjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufwachsen kann. Die Gesellschaft räumt diesem Ziel eine hohe Bedeutung ein, was letztlich auch durch den im Waldgesetz für Bayern festgeschriebenen Grundsatz „Wald vor Wild“ zum Ausdruck kommt. 

Sowohl in ökologischer (bessere Wurzelentwicklung, höhere Stabilität) wie auch ökonomischer (geringere Pflanzen-, Pflanzungs- und ggf. Wildschutzkosten) Hinsicht stellt Naturverjüngung das waldbauliche Mittel der Wahl dar. Die Jagd hat deshalb im Bayerischen Staatswald eine eindeutig den naturnahen Waldbau unterstützende Funktion. Im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie sowie von Wald, Wild und Gesellschaft geben sich die Bayerischen Staatsforsten klare Rahmenbedingungen, wie die Jagd ausgeübt werden soll.
Die Bayerischen Staatsforsten binden eine Vielzahl privater Jägerinnen und Jäger intensiv in die Regiejagd ein. So liegt zwischenzeitlich der Anteil des von privaten Jägerinnen und Jägern erlegten Schalenwildes bei etwa 75 Prozent. Insgesamt über 4.400 Jägerinnen und Jäger sind im Besitz einer Jagderlaubnis (Pirschbezirk) im Staatsforst. Rund 20 Prozent der Gesamtjagdfläche sind an private Jagdpächter verpachtet; waldbaulich sensible Gebiete und Schutzwälder sind dabei grundsätzlich von einer Verpachtung ausgenommen. Über die Pirschbezirke sowie die überwiegend unentgeltliche Teilnahme an Bewegungsjagden und Sammelansitzen im Staatswald beteiligen sich jährlich über 8.000 Jägerinnen und Jäger an der Jagd in den Bayerischen Staatsforsten. Dies sind knapp 20 Prozent aller bayerischen Jägerinnen und Jäger. Angesichts eines Flächenanteils des Staatswaldes von zehn Prozent an der Gesamtfläche Bayerns ein stolzer Wert.“

Die Stadtverwaltung hält das Konzept des Freistaates Bayern für überzeugend. Sie hat vor dem Hintergrund, dass auch der Stadtwald in erheblichem Umfang einer Verpflichtung zum Waldumbau unterliegt, die Eigenjagdreviere 2013 daraufhin untersucht, welche Reviere in besonderem Maße vom Waldumbau betroffen sind und damit waldbaulich sensibel sind. Im städtischen Forst waren und sind die Eigenjagdreviere Hohe Warte, Obernau und Strietwald in besonderem Maße vom Waldumbau betroffen und sollten deshalb aus Sicht der Verwaltung auch weiterhin nicht verpachtet werden. Unproblematisch sind die Reviere Gailbach und Aschaffenburg-Ost. Das Eigenjagdrevier Schweinheim ist lediglich im Bereich um den Erbig vom Waldumbau betroffen. Hier wurde anlässlich der Neuverpachtung der Jagdreviere im Jahr 2013 eine Anpassung der Jagdreviergrenzen in der Form vorgenommen, dass die entsprechenden Flächen aus dem Eigenjagdrevier Schweinheim herausgelöst und dem Eigenjagdrevier Obernau angegliedert wurden. Die verpachtete Fläche hat sich dadurch um 68 ha verringert.

Vor dem Hintergrund der Neuverpachtung hat das Forstamt die Eigenjagdreviere einer erneuten Überprüfung unterzogen. Dabei ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass die Flächenbewertung aus dem Jahr 2013 nach wie vor sachgerecht ist. Lediglich aus dem Eigenjagdrevier Schweinheim soll nochmals eine Teilfläche mir rund 115 ha herausgelöst und dem nichtverpachteten Eigenjagdrevier Obernau zugeschlagen werden, da in diesem Bereich bereits jetzt Waldumbaumaßnahmen vorgenommen wurden und auch weiterhin vorgenommen werden. Die entsprechende Fläche ist im beigefügten Lageplan gelb markiert. Der aktuelle Pächter wäre mit der entsprechenden Herauslösung einverstanden.

Das Forstamt sieht für die Umstellung der verpachteten Jagdreviere auf Regiejagd keine fachliche Notwendigkeit. Die Pächter haben ihre Verpflichtungen stets zuverlässig erfüllt. Die Zusammenarbeit mit dem Forstamt war gut. Das Forstamt wäre unabhängig hiervon auch unter dem Gesichtspunkt der zur Verfügung stehenden Personalkapazitäten nicht in der Lage, die Übernahme der restlichen Reviere in Regiejagd abzuwickeln.

Die Verwaltung schlägt daher vor, die bisher verpachteten Reviere wieder zu verpachten mit der Maßgabe, dass das Eigenjagdrevier Schweinheim um die genannte Fläche reduziert wird.

Unter der Voraussetzung, dass der Stadtrat diesem Vorschlag zustimmt, wird die Verwaltung als laufende Angelegenheit neue Pachtverträge mit den bisherigen Pächtern abschließen.

Abweichend von der bisherigen Praxis wird die Möglichkeit eröffnet, einen zweiten Pächter in den Pachtvertrag aufzunehmen, um bei Ausfall eines Pächters die Verantwortlichkeit für das Jagdrevier im Sinne des Art. 7 BayJagdG weiter sicherzustellen ohne dass die Jagdbehörde gezwungen ist, eine verantwortliche Person zu bestellen bzw. im Todesfall des Pächters (Art. 20 BayJagdG i. V. m. § 11 Nr. 2 des Jagdpachtvertrages) das Forstamt selbst wieder für die Jagdausübung verantwortlich wird. 

Pächter kann wie bisher nur jemand werden, der noch über kein eigenes Jagdrevier verfügt. Von diesem Grundsatz wird die Verwaltung bei der Verpachtung des Eigenjagdrevieres Aschaffenburg-Ost abweichen. Hier ist angedacht, das Eigenjagdrevier an den Pächter des Genossenschaftsjagdreviers zu verpachten.

Um eine ordnungsgemäße Bejagung des Eigenjagdrevier Aschaffenburg-Ost zu gewährleisten ist es fachlich erforderlich, dass es gemeinsam mit dem Gemeinschaftsjagdrevier Aschaffenburg-Ost bejagt wird. Innerhalb des Eigenjagdreviers befindet sich die Fasanerie aber auch der Büchelberg, die aufgrund der sehr starken Frequentierung durch Erholungssuchende eine ordnungsgemäße Jagd so gut wie unmöglich machen. Nur durch die gemeinsame Bejagung beider Jagdreviere, die vom selben Jagdpächter gepachtet sind, ist eine zuverlässige Abschusserfüllung gewährleistet. Zudem sind Bereiche in der Gemeinschaftsjagd vorhanden, die aufgrund ihrer Lage nur in Verbindung mit der Eigenjagd bejagt werden können. Die Bejagung des EJR in Verbindung mit dem GJR hat sich über die letzten Jahrzehnte bewährt.

.Beschluss:

I. 
1. Die Verwaltung wird ermächtigt, die städtischen Eigenjagdreviere Gailbach, Aschaffenburg- 
  Ost und Schweinheim ab dem 01.04.2024 für neun Jahre weiter zu verpachten.
2. Aus dem Eigenjagdrevier Schweinheim wird keine Teilfläche herausgelöst.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich angenommen

Datenstand vom 16.01.2024 10:34 Uhr