Einrichtung einer Mediathek zum Abruf von Livestreams vergangener Stadtratssitzungen - Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 01.05.2022


Daten angezeigt aus Sitzung:  15. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 20.11.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 15. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 20.11.2023 ö Beschließend 6PL/15/6/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Die öffentlichen Plenarsitzungen des Stadtrates werden seit dem 18.10.2021 live im Internet übertragen. Der Stadtrat fasste dazu am 20.09.2021 und am 02.05.2022 die erforderlichen Beschlüsse. Bisher willigten 37 Stadtratsmitglieder und zahlreiche Beschäftigte ein, dass sie während einer öffentlichen Plenarsitzung in Bild und Ton live gefilmt und ins Internet übertragen werden dürfen.

Die Stadtverwaltung führt das Livestreaming seit 2022 in Eigenregie selbst durch. Die Verwaltung schuf dazu die notwendigen technischen und personellen Ressourcen. Zudem wurde die Technik des Sitzungssaalgebäudes des Rathauses für das Livestreaming erneuert.

Mit Schreiben vom 01.05.2022 beantragte die SPD-Stadtratsfraktion, dass die Livestreams der Sitzungen zusätzlich für eine gewisse Dauer in einer Mediathek gespeichert und so im Internet zum Abruf durch jedermann bereitgestellt werden sollen.

Nach Auffassung des Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz in Ziffer 6.10.1 seines 27. Tätigkeitsberichts fehlte es in Bayern bisher an einer gesetzlichen Rechtsgrundlage für den rechtssicheren Betrieb einer Mediathek. Diese Auffassung wurde mit Schreiben der Regierung von Unterfranken vom 18.05.2022 (Anlage) bestätigt.

Im Sommer 2022 wurde mit Zustimmung der Antragsstellerin eine Weiterbehandlung des Antrags zurückgestellt, da bekannt geworden war, dass die Bayerische Staatsregierung im Rahmen der Kommunalrechtsnovelle 2023 beabsichtigt, die notwendige Rechtsgrundlage in der Gemeindeordnung für den Betrieb einer Mediathek zu schaffen. 

Am 31.07.2023 wurde das Änderungsgesetz zur Änderung der Gemeindeordnung veröffentlicht. 

Demnach tritt mit Wirkung zum 01.01.2024 die erforderliche Rechtsgrundlage zur Einrichtung und Betrieb einer Mediathek in Kraft. Diese lautet:

Art. 52 GO

(4) Ergänzend kann die Gemeinde eine Echtzeitübertragung der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats in Ton und Bild über das Internet zulassen und die Aufzeichnungen in einer Sammlung audiovisueller Medien für die Dauer von sechs Wochen zum Abruf für jedermann bereitstellen. Findet die nächste Sitzung nicht innerhalb von sechs Wochen statt, können die Aufzeichnungen bis zum Ende der nächsten Sitzung zum Abruf für jedermann bereitgestellt werden. Danach sind die Aufzeichnungen jeweils zu löschen. Die Beschlüsse nach Satz 2 bedürfen jeweils einer Zweidrittelmehrheit der abstimmenden Mitglieder des Gemeinderats. Mit Ausnahme der oder des Vorsitzenden dürfen Ton und Bild von an der Sitzung teilnehmenden Personen nur mit deren Einwilligung übertragen, aufgezeichnet und gespeichert werden. Eine Übertragung, Aufzeichnung und Speicherung des Bildes einer unbeteiligten Person ist nur im Rahmen von Übersichts- oder Hintergrundaufnahmen zulässig und dies auch nur, falls die räumlichen Verhältnisse Aufnahmen ohne unbeteiligte Personen nicht zulassen.

Demnach liegt die Entscheidung zum Betrieb einer Mediathek im Ermessen des Stadtrates. Der Beschluss bedarf dabei einer Zweidrittelmehrheit der abstimmenden Mitglieder des Stadtrates.

Für die Einführung einer Mediathek spricht, dass das bisherige Livestreaming als großer Erfolg zur Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit und der Transparenz im Verwaltungshandeln gewertet werden kann. Das Livestreaming hat das Interesse an kommunalpolitischen Entscheidungen erheblich gesteigert. Die Bürgerinnen und Bürger können die demokratische Willensbildung nicht nur von der Zuschauertribüne des Sitzungssaals sondern auch von zu Hause aus oder von unterwegs mitverfolgen. Diese Tatsache wird durch die Klicks auf die Livestreams belegt. Bisher nahmen in 2023 durchschnittlich 75 Personen pro Sitzung das Angebot des Livestreamings an. Bei besonders aktuellen kommunalen Themen, wie z. B. der Sondersitzung zum Thema Schlachthof, konnten sogar 1730(!) Personen zusätzlich zu den Zuschauern im Sitzungssaal erreicht werden. Es wird erwartet, dass durch eine Mediathek noch weitere Bürgerinnen und Bürger informativ erreicht werden können. Es besteht daher die Chance, dass durch den Betrieb einer Mediathek die Transparenz und das Interesse an der demokratischen Willensbildung im Stadtrat noch mehr gefördert werden können.

Allerdings dürfen die Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der Stadtratsmitglieder und der sonstigen Sitzungsteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht unerwähnt bleiben. 
Im Vergleich zum "Livestream" stellt die vorübergehende Speicherung des Livestreams in der Mediathek verbunden mit der Möglichkeit des jederzeitigen weltweiten Abrufs durch jedermann noch einmal eine besondere Qualität der Datenübermittlung dar. Hierzu verweisen wir auf die Ausführungen des Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz in Ziffer 6.10.1 seines 27. Tätigkeitsberichts. Dieser führt zum Betrieb einer Mediathek aus, dass „alle gegebenenfalls auch spontanen oder möglicherweise "ungeschickten" Verhaltensweisen oder Äußerungen der Sitzungsteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht nur im Moment der Übertragung in Bild und Ton, sondern sogar für längeren Zeitraum oder dauerhaft weltweit abrufbar und auswertbar sind. Die nachträgliche Auswertung der so entstandenen Bild- und Tondokumente ist hier noch weniger kontrollier- und steuerbar, als das bei einem "Livestream" der Fall ist. Je nach Beratungsgegenstand können die damit verbundenen Einschüchterungseffekte und die deshalb schwindende Unbefangenheit sich nicht nur auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen auswirken, sondern auch die Arbeit des Gremiums und auf lange Sicht sogar die Funktionsfähigkeit eines Gremiums beeinträchtigen.

Der Gesetzgeber hat diesen Bedenken zwar in Teilen bereits Rechnung getragen, in dem er in Art. 52 Abs. 4 Satz 5 GO den Vorbehalt einer datenschutzrechtlichen Einwilligung aller von einer Aufzeichnung und Speicherung betroffenen Personen eingeführt hat. Lässt der Stadtrat heute den Betrieb einer Mediathek zu, so müssen im Nachgang alle Stadtratsmitglieder und alle Beschäftigten noch einmal um schriftliche Einwilligung zur vorübergehenden Archivierung ihres aufgenommenen Bildes oder Redebeitrages in einer Mediathek gebeten werden. 

Aus praktikablen Gründen ist eine nachträgliche Überarbeitung des Livestreams nicht möglich. 
Die Einwilligung kann daher nur zum Livestreaming und gleichzeitig zur vorübergehenden Archivierung in der Mediathek verbunden mit der Abrufmöglichkeit im Internet abgegeben werden. Willigt eine Person nicht ein, so wird diese nicht frontal gefilmt. 

Die Einrichtung und Einbindung der Mediathek kann aus technischer Sicht zudem zeitnah erfolgen. Die einmaligen Kosten hierfür werden auf ca. 2.000 EUR beziffert. Die monatlichen Mehrkosten werden mit rund 50 EUR veranschlagt. Stimmt der Stadtrat der aufgezeigten Vorgehensweis zu, so kann der Mehraufwand zum Betrieb der Mediathek auch durch die vorhandenen Personalkapazitäten aufgefangen werden. 

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sollen neue Informationsangebote allerdings nur dauerhaft geschaffen werden, wenn es einen Bedarf hierzu gibt. Zwar ist im vorliegenden Fall der Aufwand zum Betrieb einer Mediathek in der erläuterten Form verhältnismäßig gering, dennoch bindet unstrittig jede neue Aufgabe auch Ressourcen. 

Nach Abwägung der Pro- und Contra-Argumente wird dem Stadtrat empfohlen, eine Mediathek zunächst auf Probe zu betreiben und nach Ende des Probetriebs anhand der in dieser Zeit gewonnenen Erfahrungen eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass die SPD-Stadtratsfraktion ihr Antragsanliegen zur Ausweitung des Livestreamings auf alle öffentlichen Senatssitzungen zurückgenommen hat. 

Im Übrigen konnte inzwischen durch Einblendung der Namen und der Fraktionszugehörigkeit der aktuellen Rednerinnen und Redner der Livestream für die Zuschauer aufgewertet werden. 
Aufgrund der Änderung des Art. 52 GO werden sich weitere Optimierungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kameraführung ergeben. Die Verwaltung wird z. B. die Möglichkeit eines Kameraschwenks für eine Übersichtsaufnahme des Plenums prüfen und diese ggf. zukünftig anbieten.

.Beschluss: 1

I. 
1. Der Stadtrat stimmt zu, dass die Livestreams der öffentlichen Plenarsitzungen ab dem 01.01.2024 und zunächst bis zum 31.07.2024 in einer Mediathek für die Dauer der gesetzlich höchstmöglichen Aufbewahrungszeit zum Abruf für jedermann im Internet bereitgestellt werden. Nach Ablauf der Frist sind die Aufzeichnungen zu löschen.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 36, Dagegen: 1

.Beschluss: 2

2. Der Stadtrat lehnte es ab, dass zusätzlich auch alle öffentlichen Senats- bzw. Ausschusssitzungen live gestreamt werden.

Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich angenommen

.Beschluss: 3

3. Die Forderung eine weitere Kamera zu installieren, welche die Sitzungen mit Blick in den
  Stadtrat aufnimmt, wird abgelehnt.

Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich angenommen

.Beschluss: 4

4. Es wird zur Kenntnis genommen, dass die Verwaltung in Abhängigkeit von den erteilten datenschutzrechtlichen Einwilligungen der vom live Streaming betroffenen Personen prüfen wird, ob sich die jetzige Kameraführung optimiert werden kann.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

.Beschluss: 5

5. Die Verwaltung wird beauftragt, nach Ablauf des Probebetriebs der Mediathek dem Stadtrat über die gewonnenen Erfahrungen zu berichten und dem Stadtrat eine Entscheidungsvorlage zur weiteren Vorgehensweise vorzulegen.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ x ]
nein [   ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [ x ]
nein [  ]
Es entstehen Folgekosten
ja [ x ]
nein [  ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[ x ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 21.02.2024 10:05 Uhr