Gestaltung und Markierung von Fahrradstraßen


Daten angezeigt aus Sitzung:  4. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 23.04.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 4. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 23.04.2024 ö Beschließend 4

.Beschlussvorschlag

I. 
  1. Der Bericht der Verwaltung zur Gestaltung und Markierung von Fahrradstraßen wird zur Kenntnis genommen.
  2. Das Musterblatt zur Gestaltung von Fahrradstraßen in Bayern wird zur Anwendung in Aschaffenburg beschlossen (Anlage 1).
  3. Die Brentanoachse soll entsprechend der vorliegenden Planung umgestaltet werden (Anlage 2).
  4. Die Glattbacher Straße soll entsprechend der vorliegenden Planung umgestaltet werden (Anlage 3 und 4).
    Die Radschnellverbindung Aschafftal in der Fahrradstraße Deschstr.  / Deutsche Straße soll entsprechend der vorliegenden Planung umgestaltet werden (Anlage 5). Eine Umsetzung wird jedoch vorerst zurückstellt.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[ x ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ x ]
nein [  ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [ x ]
nein [  ]
Es entstehen Folgekosten
ja [  ]
nein [ x ]

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Musterblatt zur Gestaltung von Fahrradstraßen in Bayern

Seit September 2023 gibt es ein Musterblatt zur Gestaltung von Fahrradstraßen in Bayern. Dieses wurde in Auftrag der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) erstellt, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern erarbeitet und mit den zuständigen Staatsministerien abgestimmt. Die Anwendung des Musterblattes wird dementsprechend empfohlen. Inhaltlich ist es nahezu übereinstimmend mit den bereits bestehenden Empfehlungen aus Baden-Württemberg und Hessen.

Die bedeutsamen Gestaltungsmerkmale sind:
 
  • Durchgängige Erkennbarkeit im gesamten Verlauf durch eine Begleitlinie zum Fahrbahnrand bzw. als Sicherheitstrennstreifen zum Parken
  • Eine vorfahrtsberechtigte Führung mit Rotfärbung an den Einmündungen und mit Pfeil- und Bodenmarkierungen
  • Kfz-Verkehr ist nur in Ausnahmen zugelassen (Anlieger frei), Modalsperren zur Unterbindung von Durchgangsverkehr werden empfohlen.

Die Breite der Fahrgasse ist vom Ausbaustand und der Bedeutung der Radroute sowie dem Kfz-Aufkommen abhängig. Da eine Freigabe des Kfz-Verkehrs durch die bestehenden Anlieger praktisch immer notwendig ist, ergibt sich daraus die Mindestbreite der Fahrgasse von 3,50 m. Diese Breite gewährleistet im Begegnungsverkehr von Fahrrad und Pkw gerade noch ein sicheres Passieren. Ein Überholen in gleicher Fahrtrichtung ist bei dieser Breite durch den erforderlichen Mindestüberholabstand von 1,5 m nicht möglich oder erlaubt.

Die Verwaltung empfiehlt die Anwendung des Musterblattes in Aschaffenburg. Die Gestaltungsmerkmale bewirken eine deutliche Aufwertung und mehr Fahrkomfort durch die Vorfahrtsregelung, mehr Verkehrssicherheit durch die Markierungen und Mindestbreiten sowie eine optische Erkennbarkeit des Verlaufs der Radroute. Es sollen nur ausgewählte und bedeutsame Radhauptrouten 1. oder 2. Ordnung nach dem Radverkehrskonzept zu Fahrradstraßen aufgewertet werden. In der städtischen Gesamtbetrachtung werden im Verhältnis zur Gesamtzahl nur sehr wenige Straßen umgestaltet und eine flächenhafte Anwendung ist nicht vorgesehen. Eine konsequente Anwendung der Mindestmaße ist deshalb angemessen und wichtig, um einen sicht- und spürbaren Unterschied zum normalen Straßennetz zu haben.

Das Musterblatt zur Gestaltung von Fahrradstraßen in Bayern sowie die vorliegenden Planungen wurden bereits im Fahrradforum vorgestellt und dort zur Umsetzung empfohlen.


Brentanoachse
Die Brentanoachse wurde als erste längere Fahrradstraße in Aschaffenburg entlang einer Radhauptroute 1. Ordnung eingerichtet. Die Gestaltung war als Pilotprojekt wesentlich zurückhaltender und die Umsetzung geschah ohne eindeutige Vorlagen und Empfehlungen der bayerischen Ministerien. Insbesondere die Vorfahrtsregelung und die deutliche Erkennbarkeit der Trasse durch Markierung sind deshalb in der Brentanoachse noch nicht gegeben. Dementsprechend wird die Neugestaltung und Verlängerung der Fahrradstraße eine sehr hohe Wirkung haben und soll deshalb zeitnah umgesetzt werden.

Vorbildlich sind die bereits bestehenden „Modalsperren“ durch die Unterbrechung der Trasse für den Durchgangsverkehr von Kraftfahrzeugen (Poller an der Schweinheimer Straße, Grünbrücke Ringstraße, Geh- und Radwege am Rosensee). Im Rahmen der Umsetzung der Neugestaltung soll noch eine wichtige Modalsperre ergänzt werden, um die aus dem häufigen Kfz-Durchfahrten von Pendlern aus Obernau und Sulzbach durch die Lamprechtstraße auf den inneren Ring zu verhindern. Ein Einfahrtsverbot für Kraftfahrzeuge unten am Main am Beginn der Achse (Kreisverkehr Lamprechtstraße / Obernauer Straße) sowie ein Einfahrtsverbot für Kraftfahrzeuge oben am Jukuz (Lamprechtstraße / Kirchhofweg / Nelseestraße) kann mit einfachen Mitteln ein Durchfahren der Fahrradachse mit Kraftfahrzeugen unterbinden und auch die Verkehrs- und Lärmbelastung für die Anwohner reduzieren. Eine Kfz-Zufahrt in den unteren Bereich der Lamprechtstraße ist dann allerdings nur noch über die Dunzerstraße möglich.

Im Bereich der oberen Lamprechtstraße und in der Brentanostraße bis zur Grünbrücke sind die Markierung der Begleitlinien und die Änderung der Vorfahrtsregelung die bedeutsamen Änderungen. Im Bereich der Maria-Ward-Schule wurde die Parkregelung bereits angepasst. Auf der Seite der Schule gibt es keine Parkstände mehr, weshalb nun auch dort eine Umsetzung der Fahrradstraße durchgeführt werden kann. Seit der dortigen Freigabe der Einbahnstraße für den Radverkehr nutzen ohnehin fast alle Radfahrenden stadteinwärts diese Seite des Brentanoplatzes.

Bei der Querung der Spessartstraße soll die Fahrradstraße in der Mattstraße zukünftig bevorrechtigt werden. Die bestehende, aber als unklar empfundene „rechts vor links-Regelung“ wird dann zugunsten der Brentanoachse geändert. Die mittlerweile deutlich reduzierte Kfz-Belastung in der Spessartstraße ermöglicht dies und macht die Spessartstraße zudem noch unattraktiver für den unerwünschten Durchgangsverkehr. In den Kreuzungszufahrten werden im Vergleich zur heutige Parkpraxis einige Parkstände entfallen. Dies ist für die gegenseitigen Sichtverhältnisse und für die Einhaltung der Mindestbreite in der Fahrradstraße unverzichtbar.

Die Querrinnen der Entwässerung im Bereich des gemeinsamen Geh/Radwege am Rosensee bleiben zunächst bestehen. Ein Ausbau ist kostenaufwendig und insbesondere bergab bewirken die Querrinnen eine Geschwindigkeitsverringerung. Dies bedeutet eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, weil zwischen den großen Wohngebäuden auch viele Fußgänger und vor allem kleine Kinder unterwegs sind. Auch wenn der Fahrkomfort für die Radfahrenden durch die Rinnen eingeschränkt wird, ist die Verkehrssicherheit der Fußgänger in der Abwägung höher einzuschätzen. 

An der Hockstraße und an der Rhönstraße soll die Brentanoachse zukünftig verlängert und vor allem bevorrechtigt werden. Auch hier soll die bestehende, von vielen als unklare empfundene „rechts vor links-Regelung“ geändert werden. Mit einer abknickenden Vorfahrtsregelung soll die Brentanoachse die Rhönstraße zukünftig queren. Die Kfz-Belastung der Rhönstraße ist zwar im Vergleich zu früher geringer geworden, aber Gewohnheiten und die Nähe zum großen Einzelhandelszentrum bewirken weiterhin einen hohen Anteil an Durchgangsverkehr. Dieser soll durch die neue Reglung gebremst und dadurch unattraktiver werden. Zusammen mit dem in den nächsten Jahren anstehenden Umbau der Einmündung am Sälzer Weg wird sich dann eine weitere Reduzierung der Kfz-Belastung in der Rhönstraße ergeben.

Im Zuge der jetzigen Umgestaltung soll die Brentanoachse auch durch die Rotwasserstraße bis an den Anschluss zur Gailbacher Straße verlängert werden. Denn hier sind die wesentlichen Zubringer bzw. weiterführenden Anschlüsse. In der Rotwasserstraße wird die bestehende beidseitige Parkregelung nicht beibehalten werden können, da die Fahrgasse sonst deutlich zu schmal wird und innerhalb der Markierung kein sicherer Begegnungsverkehr mehr stattfinden kann. Dies ist schon heute daran erkennbar, dass sich viele nicht an die markierten Parkstände halten, sondern unerlaubt den Gehweg halbseitig beparken. Eine Freigabe der Gehwege zum Parken scheidet wegen zu geringer Restbreiten aus, durch einmaliges Verschwenken der Führung können aber viele Parkplätze erhalten werden. Nächtliche Zählungen und Beobachtungen, aber auch zahlreiche Baustellen in naher Vergangenheit mit einseitigen Parkverboten haben bewiesen, dass genügend Parkraum auf den privaten Höfen und Grundstücken besteht und zudem in der Rhönstraße auch Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen.


Glattbacher Straße
Die Glattbacher Straße ist als Radhauptroute 1. Ordnung in die Innenstadt und zum Hauptbahnhof ebenfalls als Fahrradstraße vorgesehen und gut geeignet. Sie hat eine geringe Verkehrsbelastung, jedoch stellt der ruhende Verkehr ein großes Problem dar. Der Wunsch nach einer zeitnahen Umgestaltung wurde deshalb auch in einem Schreiben der Verkehrsbetriebe formuliert. Denn in der aktuellen Form mit eingeschränkten Haltverbotszonen ist vielfach kein Durchkommen für den Bus möglich bzw. es treten häufig große Verspätungen auf. Deshalb sollen zukünftig die Parkstände beschildert und die freizuhaltenden Bereiche mit absolutem Haltverbot angeordnet werden. Dies ist eine einfachere Regelung und der Verkehrsüberwachungsdienst kann rechtssicher und schneller handeln. Zusammen mit der neuen Markierung wird ein positiver Einfluss auf die schlechte Parkmoral in der Glattbacher Straße erwartet. Sofern gegenüber den markierten Parkständen weiterhin regelmäßiges Falschparken halb auf dem Gehweg stattfinden sollte, wird die Montage von „Frankfurter Hüten“ auf dem Bordstein in Betracht gezogen. Diese Einbauten sichern dann den Gehweg ab und verhindern jegliches Halten und Parken auf der Fahrbahn, da es ein Passieren aller Kraftfahrzeuge sonst ausschließen würde.

Die Anzahl der Parkstände verringert sich lediglich im Bereich der Hausnummer 22 hinter dem Imbiss in der Hausnummer 20 um einen einzeln markierten Stellplatz. Denn dieser behindert den Busbetrieb in der Abfahrt von der Haltestelle in hohem Maße und soll deshalb zur Förderung des Umweltverbundes entfallen. Nördlich der Schillerstraße vor der Hausnummer 43 werden die bestehenden Parkstände geringfügig verkürzt, um damit den erforderlichen Mindestabstand des Parkens von 15 m vor Bushaltestellen einhalten zu können. Hier ist die Montage von Fahrradbügeln längs zur Fahrbahn vorgesehen, um ein Falschparken zu verhindern einen kleinen Bereich zum Ausweichen im Begegnungsverkehr mit dem Bus zu bekommen. Zudem können die Fahrradbügel an der Haltestelle auch zum Umsteigen genutzt werden.


Radschnellverbindung Aschafftal, Deutsche Straße und Deschstraße
Die Umsetzung der Fahrradstraße in der Deschstraße und Deutschen Straße entspricht der Gestaltungsempfehlung des Musterblattes schon weitestgehend. Die vorfahrtsberechtigte Führung und die Rotmarkierung der bedeutsameren Einmündungen wurde bereits umgesetzt. Lediglich die Begleitlinie bzw. den markierten Sicherheitstrennstreifen zum Fahrbahnrand oder zu den Parkständen gibt es dort noch nicht.

Die Verwaltung empfiehlt jedoch, den letzten Umsetzungsschritt der Markierung auf dieser Achse vorerst zurückzustellen. Denn eine Markierung der Radschnellverbindung Aschafftal auf der Fahrradstraße durch die Deschstraße / Deutsche Straße ist aktuell aus den folgenden Gründen noch nicht sinnvoll:

  • In der Deschstraße sind durch das bestehende Kopfsteinpflaster keine Rotfärbungen oder Markierungen der Begleitlinie sinnvoll oder dauerhaft möglich.

  • Durch den Neubau des Stauraumkanals in der Elsässer Straße und nachfolgend durch den Neubau des Goldbacher Viaduktes mit dem neuen Schienenhaltepunkt wird es eine baustellenbedingte Sperrung der Elsässer Straße geben. Der Buslinienverkehr muss dann über einen längeren Zeitraum mit einer Einbahnstraßenführung (Radverkehr frei) durch die Deutsche Straße umgeleitet werden. Die Deutsche Straße ist teilweise sehr schmal und der Begegnungsverkehr zwischen Bus und Rad wäre innerhalb der Markierung nicht möglich.

  • In der Deutsche Straßen gibt es im Bereich zwischen Tiroler Straße und Lohringer Straße bereits heute auf ca. 270 m umfangreiche Straßenschäden. Diese werden voraussichtlich durch den regelmäßigen Busbetrieb deutlich verstärkt werden, so dass nach dem Ende der Busumleitung eine Sanierung des Bereichs notwendig sein wird.

  • Der Gestaltungsvorschlag für Fahrradstraßen wirkt besonders durch die durchgängige Erkennbarkeit. Eine Markierung sollte deshalb vollständig und durchgängig erfolgen.

  • Da die Route der Radschnellverbindung bereits etabliert ist und es eine bevorrechtigte Vorfahrtsregelung gibt, besteht kein akuter Handlungsbedarf. 


Klimawirkungsprüfung
Die Maßnahmen und Projekte zur Umsetzung des Radverkehrskonzeptes sind grundsätzlich klimarelevant. Durch die Elektrifizierung des Radverkehrs und die Verbreitung von Pedelecs sind Entfernungen bis zu 10 km im regionalen alltäglichen Pendelverkehr problemlos zu bewältigen. Sofern gute und sichere regionale Radverkehrsverbindungen vorliegen, kann der Radverkehr als klimaneutrale Mobilitätsform in hohen Maße klimaschädliche Emissionen vermeiden.


Anhang 1: Musterblatt zur Gestaltung von Fahrradstraßen in Bayern

Anhang 2: Planung Fahrradstraße Brentanoachse

Anhang 3: Planung Fahrradstraße Glattbacher Straße

Anhang 4: Verkehrsbetriebe zur Behinderung des ÖPNV in der Glattbacher Straße

Anhang 5: Planung Radschnellverbindung Aschafftal, Fahrradstraße Deschstr. / Deutsche Straße

Datenstand vom 19.04.2024 08:11 Uhr