VU/ISEK Innenstadt Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange


Daten angezeigt aus Sitzung:  7. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 05.05.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 4. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 08.04.2025 ö Vorberatend 1
Stadtrat (Plenum) 7. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 05.05.2025 ö Beschließend 5

.Beschlussvorschlag

I.
  1. Der Stadtrat nimmt den Entwurf des Berichts über die Ergebnisse der Vorbereitenden Untersuchungen (VU) mit Integriertem Stadtentwicklungskonzept (ISEK) für den Bereich „Innenstadt“ zur Kenntnis.

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Öffentlichkeit durch öffentliche Auslegung der Planung über den Entwurf zu informieren und den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die von der Planung berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange an der Planung zu beteiligen.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

1. Hintergrund

Der Stadtrat hat am 04.05.2021 im Planungs- und Verkehrssenat beschlossen, für die Sanierungsgebiete der Innenstadt Abschnitte 1 bis 6c ein neues integriertes Stadtentwicklungskonzept aufzustellen.

Hintergrund hierfür ist, dass zum Ende des Jahres 2025 die bestehenden Sanierungsgebiete nach 15 Jahren Laufzeit abgeschlossen und somit aufgehoben werden sollen. Das letzte ISEK zur Innenstadt stammt aus dem Jahr 2010. Gegen Ende der 15 Jahre, in denen einige Projekte zur Sanierung der Innenstadt umgesetzt wurden, zeichnet sich dennoch ab, dass die Ziele aus dem alten ISEK - gerade im Hinblick auf die Barrierefreiheit und die Verkehrsführung in der Innenstadt – noch nicht vollumfänglich umgesetzt werden konnten und daher das ISEK überarbeitet und weiterentwickelt werden musste.

Daher wurde im Frühjahr 2024 das Büro UmbauStadt aus Berlin mit der Durchführung der Vorbereitenden Untersuchungen und der Erstellung eines Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) beauftragt.

Der PVS hat am 08.04.2025 den Bericht vorberaten. Für das Plenum wurde eine ergänzende Gegenüberstellung des einfachen und umfassenden Sanierungsverfahrens gefordert, um entsprechend die für die Innenstadt richtige Verfahrensart zu wählen. Diese Darstellung wurde in der vorliegenden Begründung unter Punkt 3 ergänzt.


2. Analyse und Maßnahmenkatalog

Im Rahmen der Bestandsaufnahme sowie der Ermittlung der städtebaulichen Missstände im Rahmen einer Stärken-Schwächen-Analyse wurden verschiedene Öffentlichkeitsveranstaltungen zur aktiven Bürgerbeteiligung analog und digital organisiert sowie eine Haushaltsbefragung und Interviews mit wichtigen Akteuren im vorgesehenen Sanierungsgebiet durchgeführt. Die Ergebnisse der einzelnen Beteiligungsschritte sind im Bericht dargestellt.

Der nun ausgearbeitete Entwurf der Vorbereitenden Untersuchungen (VU) mit Integriertem Stadtentwicklungskonzept (ISEK) wird vom Planungsbüro in der Sitzung vorgestellt.

Die am Ende des Berichtes aufgezeigten Maßnahmen sind nach den fünf Leitbildern 

  1. Wohnen & soziale Infrastruktur (Innenstadt beleben)
  2. Grünräume und Erholung (Innenstadt genießen)
  3. Mobilität und Vernetzung (Innenstadt anbinden)
  4. Lokale Wirtschaft (Innenstadt erleben)
  5. Tourismus und Kultur (Innenstadt besuchen) kategorisiert.

Sie gliedern sich in übergeordnete Maßnahmen, die als grundlegende Leitplanken für die städtische Entwicklung dienen, konkrete Einzelmaßnahmen in den Teilräumen Maximiliansviertel, Bahnhofsviertel, Untere Stadt und Obere Stadt sowie in strategische Maßnahmen zur Umsetzung des Stadtentwicklungskonzeptes.

Zudem wurden die Maßnahmen mit den Nachhaltigkeitszielen verknüpft, welche sich die Stadt als besonders beachtenswert herausgegriffen hat. Im Bericht werden die Querschnittsthemen dazu dargestellt.

Als Fazit wird im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchung (VU) festgestellt, dass weiterhin städtebaulicher Sanierungsbedarf besteht, um die Innenstadt an die aktuellen Anforderungen an zeitgemäße Nutzung, Nachhaltigkeit und der Energieeffizienz anzupassen.


3. Verfahrenswahl

3.1 Unterschied zwischen umfassendem und vereinfachtem Sanierungsverfahren

Der Hauptunterschied zwischen den beiden Verfahrensarten ist die Erhebung von Ausgleichsleistungen beim umfassenden Verfahren. Ziel und Zweck der Erhebung ist es, die Kosten, welche der öffentlichen Hand (Bund/Land/Kommune) durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen entstehen, durch Ausgleichsbeträge in Teilen gegen zu finanzieren. Zudem wird durch Eintragung im Grundbuch sichergestellt, dass Maßnahmen, die von Eigentümern im Sanierungsgebiet umgesetzt werden sollen, im Sinne der städtebaulichen Sanierungsziele sind (Genehmigung von Vorhaben). 
Allerdings steht die Höhe der anfallenden Ausgleichsbeträge häufig nicht im Verhältnis zu den tatsächlich erbrachten öffentlichen Kosten der Sanierung und dem Verwaltungsaufwand, der zur Erhebung notwendig ist.

Im vereinfachten Verfahren werden keine Ausgleichsleistungen gefordert, stattdessen können aber Erschließungs- und KAG-Beiträge erhoben werden, die sogar höher ausfallen können als Ausgleichsbeträge.
Das Vorkaufsrecht nach §24 BauGB sowie die Enteignung nach §88 BauGB stehen u.a. auch im vereinfachten Verfahren als Instrumente der Gemeinde zur Verfügung.

Das umfassende Verfahren darf im Sinne der Verhältnismäßigkeit aber nur dann gewählt werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Durchführung der Sanierungsmaßnahme erschwert wird und es zu zeitlichen Verzögerungen käme, wenn die besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften (§§152 ff) nicht angewendet werden können (sprich Bodenwertsteigerung, Erhebung von Ausgleichsleistungen, Verkehrswertberechnung zum Anfangswert). 
D.h. auch: wenn die Gefahr nicht besteht, ist das vereinfachte Verfahren zu wählen.


3.2 Zu erwartende Bodenwertsteigerung

Wichtigster Aspekt bei der Verfahrenswahl einer Sanierungsmaßnahme ist die zu erwartende Bodenwertsteigerung. Die Wertsteigerung, welches das Grundstück durch die Sanierungsmaßnahme erfährt, wird im umfassenden Verfahren in den Ausgleichsleistungen berechnet. Diese sind von den Grundstückseigentümern nach Abschluss der Sanierungsmaßnahme zu zahlen.

Bodenwertsteigerungen sind insbesondere dann zu erwarten, wenn eine umfassende Neuordnung eines Gebietes durch die Sanierungsmaßnahme erfolgen soll, z.B. wenn großflächig Gebäude abgerissen und in Grundstücksstrukturen eingegriffen werden soll. Auch wenn störende Anlagen wie z.B. Tankstellen oder Altlasten beseitigt werden, oder die Ausnutzbarkeit von Grundstücken durch die geplanten Maßnahmen erhöht wird (GFZ/GRZ), ist mit einer Bodenwertsteigerung zu rechnen. Sind derartige Maßnahmen geplant, spricht man von einer Funktionssanierung. Hierfür ist ein umfassendes Verfahren zu wählen.

Ist mit der Sanierungsmaßahme z.B. umfangreicher Grunderwerb vorgesehen, bietet das umfassende Verfahren den Vorteil, dass der Verkehrswert zu Beginn der Maßnahme „eingefroren“ wird. Der Grunderwerb wird dann zu dem festgesetzten Anfangswert getätigt und kann zum Neuordnungswert veräußert werden. Die Einnahmen dienen dann der Finanzierung der hohen Sanierungskosten (z.B. Altlastenbeseitigung, Gebäudeabriss, neue Erschließungsanlagen). Wenn bei wesentlichen Teilflächen keine Verkaufsbereitschaft besteht, kann dort die aufgrund der deutlichen Baurechtsmehrung zu erwartende sanierungsbedingte Bodenwertsteigerung nur durch Ausgleichsbeträge abgeschöpft werden.

Solche Funktionssanierungen wurden v.a. in den 70/80er Jahren in alten Stadtquartieren durchgeführt, die aufgrund von fehlenden Funktionen (z.B. fehlende Erschließung, enge Baustrukturen o.ä.) nicht bewohnbar und nutzbar waren.

Ist das Ziel der Sanierungsmaßnahme jedoch in erster Linie der Erhalt der bestehenden Strukturen, d.h. es sind keine Abbrüche und Neubauten im großen Stil geplant, keine Änderung von Grundstückszuschnitten und kein Grundstückserwerb vorgesehen, handelt es sich um eine Substanzsanierung. Hierfür ist das vereinfachte Verfahren zu wählen. Aufgrund der Erhaltung der bestehenden Gesamtstruktur ist mit keiner Bodenwertsteigerung aufgrund der Sanierungsmaßnahme zu rechnen.


3.3 Verfahrenswahl für das Sanierungsgebiet Innenstadt

Der Gutachter führt in seinem Bericht überwiegend Maßnahmen zur Sanierung der Innenstadt auf, welche den Erhalt der bestehenden Strukturen zum Ziel haben und/oder bestehende Strukturen an neue Funktionen anpassen (bspw. Maßnahmen zur Klimaanpassung). Grundlegende Eingriffe und Neuordnungen, wie oben beschrieben (Gebäudeabrisse, Grunderwerb u.ä.), sind, auf das gesamte Gebiet bezogen, nicht oder nur in geringem Umfang vorgesehen.

Der Gutachter beschreibt in seinem Bericht auf S. 192 die Ergebnisse der Vorbereitenden Untersuchungen (VU) wie folgt:

  • Außerordentliche Bodenwertsteigerungen auf Grund der Sanierungsmaßnahmen im öffentlichen Raum sind nicht zu erwarten.
  • Auch ohne Grundstückskäufe durch die Stadt ist der überwiegende Teil der Maßnahmen umsetzbar.
  • Die Gebiets- und Bewohner:innenstruktur soll im Wesentlichen erhalten werden, es ist darüber hinaus keine umfassende Neuordnung von privaten Grundstücken vorgesehen.
  • Für die größeren Schlüsselmaßnahmen an Grundstücken im Privatbesitz besteht der Kontakt zu den Eigentümer:innen bzw. ist eine Kooperation erwartbar.
  • Eine Verbesserung der Zustände und Aktvierung von Leerständen auf sonstigen privaten Grundstücken kann über eine Intensivierung der Anstrengungen im Bereich der Anreizförderung und Kommunikation eingeleitet werden.
  • Die Sanierungsziele können darüber hinaus mit dem im vereinfachten Verfahren geltenden Vorkaufsrecht zugunsten der Stadt, der Anwendung der Genehmigungen gemäß § 144 Abs. 1 und 145 BauGB, sowie durch Anreize, wie dem Einsatz von Städtebauförderungsmitteln oder erhöhte Absetzungen nach §§ 7h, 10f und 11a Einkommensteuergesetz erreicht werden.

Entsprechend § 142 Abs. 4 Satz 1 ist die Anwendung des dritten Abschnitts (§§ 152-156a BauGB – zum umfassenden Verfahren) auszuschließen, da aufgrund der für die Sanierung nicht vorhandenen Erfordernis sowie aufgrund der voraussichtlich nicht vorhandenen Erschwernis bei der Umsetzung der Maßnahme entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel keine Voraussetzung vorliegt. In Folge der beschriebenen Ergebnisse wird das „einfache Verfahren“ gewählt. 

Folgende sanierungsrechtliche Vorschriften kommen damit zur Anwendung:
  • Nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB steht der Stadt beim Verkauf von Grundstücken im Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu, dieses wird durch den Stadtratsbeschluss vom 14.05.2018 ergänzt.
  • § 88 Satz 2 BauGB über die Enteignung aus zwingenden städtebaulichen Gründen.
  • §§ 180 und 181 BauGB über den Sozialplan und den Härteausgleich.
  • §§ 182 bis 186 BauGB über die Aufhebung / Verlängerung von Miet- und Pachtverhältnissen.
  • Grundsätzlich können Ausbau- und Erschließungsbeiträge für Maßnahmen im öffentlichen Raum erhoben werden.




Empfehlungen für die inhaltliche Ausformung der Sanierungssatzung „Innenstadt“:

  • Es wird entsprechend dem „einfachen Verfahren“ empfohlen, in der Sanierungssatzung die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorgaben nach §§ 152-156a BauGB auszuschließen. Dies hat die Folge, dass Ausgleichsbeträge der Eigentümer:innen für sanierungsbedingte Bodenwertsteigerungen nicht erhoben werden können.
  • Es wird weiter empfohlen, in der Sanierungssatzung die Anwendung der in §§ 144 und 145 BauGB aufgeführten Möglichkeiten über die Genehmigung von Vorhaben, Teilungen und Rechtsvorgängen auszuschließen.
  • Nach § 142 Abs. 3 S. 3 BauGB soll die Frist zur Durchführung der Sanierung auf 15 Jahre festgelegt werden.

Ergänzend hierzu ist zu erwähnen, dass auch ein Verfahrenswechsel vom Gesetzgeber nicht ausgeschlossen ist, sollten sich im Laufe der Sanierung die Sanierungsziele ändern.


4. Weiteres Vorgehen

Nach Zustimmung durch den Stadtrat können die Bürgerinnen und Bürger über den Berichtsentwurf (VU/ISEK) informiert und ihnen kann Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Dies soll durch Auslegung der Planunterlagen erfolgen. Auch sind die von der Planung berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Nach Durchführung dieser Verfahrensschritte kann die Sanierungssatzung vom Stadtrat erlassen werden.

Datenstand vom 05.05.2025 08:24 Uhr