- Vorbemerkung
Der Stadtrat hat sich aufgrund der Notwendigkeit, im Rahmen der Sanierung von Schloss Johannisburg die dort von der Stadt belegten Räume zu räumen, seit 2020 bereits mehrfach mit der Notwendigkeit zur Errichtung eines neuen Zentraldepots für die Aschaffenburger Museen befasst. Beratungstermine waren 17.5.2022 im PVS und am 18.7.2022 im Plenum, am 22.11.2022 im Haupt- und Finanzsenat und ein weiteres Mal am 05.12.2022 im Plenum (hier mit Absetzung der Beschlussfassung), sowie am 19.03.2024 im PVS und am 10.06.2024 mit der Beschlussfassung zur Erstellung eines neuen Museumsdpots in der großen Variante für 13.5 Mio € in den Haushaltsjahren 2025-2028 (Abfinanzierung)
Im PVS am 17.05.2022 wurde beschlossen die vorgestellte Konzeptstudie des Zentraldepots zur Grundlage der weiteren Planung zu machen und dafür eine Bauvoranfrage zu stellen. Eine Bauvoranfrage wurde ausgearbeitet, und beim Bauordnungsamt zur Genehmigung eingereicht. Sie setzt die am 17.5.2022 beschlossene Konzeptstudie um und wurde am 7.12.2022 im UKVS beraten und positiv beschieden.
Zur Realisierung des Depotprojekts muss als Nächstes der konkrete Planungsprozess für die Entwurfs- und Ausführungsplanung eingeleitet werden und hierfür ein qualifiziertes, leistungsfähiges Büro gefunden werden. Dafür empfiehlt sich das Instrument eines Generalplaners anzuwenden, da bei dem Projekt besondere architektonische, statische und haustechnische Anforderungen vorliegen. Zumal das neue Museumsdepot, energetisch optimiert über Bauteilaktivierung betrieben werden soll und keine aktive Klimatisierung das notwendige geeignete Raumklima gewährleisten soll.
Es findet das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gemäß § 17 VgV, 74 VgV Anwendung.
Grundsätzlich sieht § 97 Abs. 4 GWB eine Vergabe nach Fachlosen (bezogen auf Planungsleistungen) vor. Allerdings dürfen mehrere Fachlose zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Der Auftraggeber kann von einer losweisen Vergabe absehen, wenn sich eine Gesamtvergabe nach umfassender, sorgfältiger und dokumentierter Interessenabwägung zwischen den Vor- und Nachteilen einer Fachlosvergabe im Vergleich zur Gesamtvergabe als technisch und wirtschaftlich vorteilhaft erweist (vgl. etwa OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.05.2018 - 11 Verg 4/18).
Vorliegend möchte die Stadt Aschaffenburg abweichend davon alle o.g. Leistungsbilder an nur einen Planer vergeben.
Das Museumsdepot ist in Herstellung und Betrieb ein sehr komplexes und hochtechnisches Projekt. Deshalb können gem. § 97 Abs. 4 GWB mehrere Fachlose zusammen vergeben werden, weil wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Betrachtet man die Aufgabenbereiche der Planung, so stellt man fest, dass abweichend von herkömmlichen Projekten nicht nur die Leistung des Architekten für die Gestaltung des Gebäudes hinsichtlich der Nutzerfreundlichkeit und Nutzeranforderungen im Mittelpunkt steht, sondern maßgeblich auch die einzelnen sehr komplexen Fachplanungsleistungen und die Koordination derselben eine besondere Herausforderung darstellen, die intensiv die intensiv zu koordinieren sind, um das problemlose Zusammenwirken der verschiedenen Fachbereiche zu gewährleisten.
Aufgrund dieser Situation wird daher vorgeschlagen, die o.g. Planungsleistungen gem. § 97 Abs. 4 GWB zusammen auszuschreiben und somit die Planungsleistung von Leistungsphase 1-4 und Teile der Leistungsphase 5, sowie die anteiligen Leistungsphasen 6, 7 und 8 (soweit für eine Generalunternehmervergabe erforderlich) an einen Generalplaner zu vergeben.
Dieser Vorschlag deckt sich mit den mit der Regierung von Unterfranken im Vorfeld diskutierten und getroffenen Absprachen zur Vergabe. Die Planung eines Museumsdepots ist eine Planungsaufgabe, die besondere planerische Spezialkenntnisse erfordert, insbesondere dann, wenn ein energieeffizientes Gebäude ohne Klimatisierung errichtet werden soll und wenn die Lagertechnik Bestandteil des Planungsprozesses sein soll und im Rahmen der Bauerstellung integraler Bestandteil des Bauprozesses sein muss. Es gibt hierfür in Europa nur sehr wenige qualifizierte Planer und Fachingenieure, da das Auftragsvolumen hierfür in der Vergangenheit nur sehr gering war und Energieeffizienz kaum beachtet wurde. Die Zahl der in den vergangenen fünf Jahren errichteten Depotneubauten liegt im unteren zweistelligen Bereich, in Veröffentlichungen spielt diese Bauaufgabe auch keine nennenswerte Rolle.
Die technischen Gründe für eine Vergabe an einen Generalplaner liegen darin, dass die ganzheitliche und einheitlich planerische Bearbeitung der o.g. Planungsgewerke erhebliche Vorteile zur Gewährleistung einer qualitätsvollen und termingerechten Planung des Neubaus Museumsdepot bietet, bei der alle Planungsleistungen inhaltlich aufeinander und miteinander abgestimmt und koordiniert sind. Insbesondere wird ein Anreiz geschaffen, dass der Generalplaner die einzelnen Planungsschritte zügig durchführt, um bei den jeweils anderen Planungsgewerken keine Behinderungen zu erleiden.
Bereits in der Planungsphase sind umfangreiche und intensive Koordinationsleistungen mit speziellen Fachplanern zu erbringen und im Hinblick die auf Erfüllung der funktionalen Voraussetzungen zu kontrollieren. Besonders zu nennen ist hier:
- die Konzipierung der Lagertechnik für die verschiedenen Objekte, das sind beispielsweise Sicherheitsräume für Waffen, abgeschottete Kontaminationsbereiche für Güter, deren Konservierung nur mit chemischen Mitteln zu gewährleisten ist, Ausziehanlagen für die platzsparende Einlagerung von Gemälden, Integration und Anpassungen für schadstoffhaltige Ausstellungsgüter, Integration von Klimaboxen in das Lagersystem für besonders empfindliche Objekte, in den Rohbetonboden über ein Schienensystem eingebaute Fahrregalanlagen zur räumlichen Optimierung (Flächensparen) von Objekten, die in Regalen gestapelt werden können und nicht zuletzt auch Bereiche, in denen besonders schwere Objekte dauerhaft gelagert werden können
- die Abstimmung der verschiedenen Einlagerungsbereiche auf die baukonstruktive Gebäudeplanung, damit das Tagwerk des Gebäudes die statischen Anforderungen der Lagerbereiche ohne zusätzlichen Flächenbedarf erfüllen kann, d. h. Wände, Stützen und Unterzüge müssen auf die Lagertechnik abgestimmt sein.
- Die Abstimmung von Lagertechnik und Lagerbereichen auf das System der Raumklimatisierung und Entrauchung, um die Zahl und Größe der Öffnungen gering zu halten und damit eine Bauteilaktivierung zur Gewährleistung eines ausgeglichenen und konstanten Raumklimas mit nur einem begrenzten Temperatur- und Feuchtkorridor der Raumluft zu gewährleisten.
- Die Abstimmung der Technik der Raumklimatisierung und nicht zuletzt auch auf die Art der Baukonstruktion und Baumaterialien, Bauteilaktivierung und intelligenter Steuerung von Heizung und Lüftung in Verbindung mit solarer Energienutzung für einen dauerhaft klimaeffizienten, nachhaltigen und kostenoptimierten Betrieb.
- Die komplexe Planung der Räume für die Dekontaminierung von Objekten, für Klimaanpassung und Reinluftbetrieb in enger Abstimmung zwischen Objektplanung und Fachplanung TGA, um konstante klimatische Raumluft- und Feuchtigkeitsumgebungen zu schaffen und diese besonderen Funktionsräume mit den üblichen haustechnischen Anlagen zu verbinden, um möglichst viele technische und kosteneffiziente Synergien möglich zu machen.
Aus diesen technischen Gründen erscheint es zwingend erforderlich, alle o.g. Planungsleistungen einem Generalplaner zu übertragen, damit der gesamte Planungsprozess und sein Ergebnis in einer Verantwortung liegen und dadurch ein kosten- und klimaeffizientes Gebäude errichtet wird.
- Formale Grundsätze zur Festlegung des Vergabeverfahrens
Das Vergabeverfahren für die erforderlichen Planungs- und Überwachungsleistungen ist europaweit durchzuführen. Die in nationales Vergaberecht umgesetzten Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft sehen vor, dass Vergaben von Leistungen und Lieferungen dann europaweit auszuschreiben sind, wenn der voraussichtliche Auftragswert bestimmte Schwellen-werte erreicht oder übersteigt.
Bei der Vergabe von Planungsleistungen beträgt der Schwellenwert seit dem 01.01.2024 221.000,00 EUR netto; § 106 GWB, § 3 VgV. Der voraussichtliche Auftragswert der Honorare für Planungs- und Überwachungsleistungen für die Erstellung des Museumsdepots wird diesen Schwellenwert beträchtlich übersteigen. Die genauen Honorare werden innerhalb des Verfahrens dezidiert ermittelt und werden Bestandteil des abzuschließenden Generalplanervertrages.
Ziel dieses Verfahrens ist es, den Planer bzw. das Ingenieurbüro zu finden, der/das im Hinblick auf die gestellte Aufgabe die bestmögliche Leistung erfüllt sowie am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet.
- Aufgliederung des Vergabeverfahrens
Das Vergabeverfahren gliedert sich in zwei Phasen: Die erste Phase ist das sog. Auswahl-verfahren. Formalisierte Teilnahmeanträge sind innerhalb einer Frist von 30 Kalendertagen nach Absendung der EU-weiten Bekanntmachung von interessierten Planern/Ingenieurbüros vorzulegen. Nach den in der Bekanntmachung bekanntgemachten Eignungskriterien werden maximal 5 Bewerber für die zweite Phase ausgewählt und zur Teilnahme an dem Verhandlungsverfahren eingeladen.
In der zweiten Phase, dem Verhandlungsverfahren, wird der endgültige Auftragnehmer ermittelt; sie endet mit dessen Beauftragung. Üblicherweise beträgt die Angebotsfrist nach § 16 Abs. 5 VgV 30 Kalendertage, aufgrund der Komplexität der Planungsaufgabe soll diese Angebotsfrist auf 45 Kalendertage erstreckt werden. Die Auswahl erfolgt durch Verhandlungen mit den ausgewählten und eingeladenen Bewerbern. Es wird der Bewerber ermittelt, der nach § 58 VgV i.V. mit § 127 GWB das wirtschaftlichste Angebot unter Berücksichtigung der bekanntgemachten Zuschlagskriterien abgegeben hat. Das Ergebnis findet seinen Niederschlag in einer „Vergabeempfehlung“, die dem zuständigen Gremium der Stadt zur Entscheidung vorgelegt wird. Die Verfahrensdauer von der Veröffentlichung bis zur Vergabe beträgt ca. 75 Tage und ist von der formalen und fachlich-inhaltlichen Komplexität abhängig. Die Auftragsvergabe soll im Jahr 2025 erfolgen.
- Durchführung des Vergabeverfahrens mit Unterstützung einer RA-Kanzlei
Die Durchführung des Verfahrens ist geprägt von einer Vielzahl von formalen Erfordernissen, wobei Detailregelungen sich nicht notwendigerweise aus dem Wortlaut der Gesetze und Verordnungen, sondern aus der Spruchpraxis der Vergabekammern und der Vergabesenate bei den Oberlandesgerichten ergeben. Die Berücksichtigung vergaberechtlicher Besonderheiten ist jedoch ebenso erforderlich wie die umfassende (administrative) Dokumentation des Verfahrens und seiner Einzelschritte. Für ein so umfangreiches und komplexes Verfahren stehen dem Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft keine ausreichenden Personalressourcen zur Durchführung des Verfahrens zur Verfügung.
Aufgrund der komplexen Rechtsmaterie in diesen Bereichen ist eine gezielte juristische Vorbereitung und Begleitung erforderlich. Daher wird – vergleichbar mit anderen von der Stadt bereits durchgeführten formalisierten VgV-Verfahren – eine Begleitung und Betreuung durch einen externen Berater/ Rechtsanwalt vorgenommen.
Die Stadtverwaltung empfiehlt daher die Kanzlei Blauertz, welche bereits das Vergabeverfahren „Erschließung Baugebiet Rotäcker“ sowie „Schlossberg Entwässerung“, beides Verfahren des Tiefbauamtes, erfolgreich begleitet hat, zu beauftragen. Die Kanzlei verfügt über langjährige und fundierte Erfahrungen in der Mitwirkung und Beratung bei dem vorliegend erforderlichen Vergabeverfahren.
Die Betreuung und Begleitung unter formalen und vergaberechtlichen sowie technischen und administrativen Gesichtspunkten und die Beratung bei der Auftragserteilung an freiberuflich Tätige erfolgt unter Federführung und Ergebnisverantwortlichkeit des Amts für Hochbau und Gebäudewirtschaft
- Empfehlung Stadtrat
Das Vergabeverfahren soll, nach Beschlussfassung durch den Stadtrat, durch Absendung des Textes zur Bekanntmachung im EU-Supplement (ggf. durch vorgeschaltete Vorinformation vor der eigentlichen Auftragsbekanntmachung) eingeleitet werden. Die Planung sieht vor, dies unmittelbar in die Wege zu leiten. Diese Einleitung entfaltet selbstverständlich keine präjudizierende Wirkung für die Vergabeentscheidung. Sie ist lediglich die Grundlage für eine am Verfahrensende stehende begründete und nachvollziehbare Vergabeempfehlung für den Stadtrat.