1. Sachstand und Anlass
Die sogenannte Röderbachleitung im Innenstadtgebiet stellt die zentrale Wasserversorgung der in diesem Bereich vorhandenen Gewässer dar.
Sie speist mit dem Teilarm „Röderbachableitung“ den See in der Fasanerie, mit dem Teilarm „Kühruhgrabenverrohrung“ den Hannewackeldudelsee auf der Großmutterwiese. Westlich des Hannewackeldudelsees vereinen sich die beiden Arme zur eigentlichen Röderbachleitung.
In der Hofgartenstraße zweigt dann sofort wieder die Feuerbachverrohrung ab. Diese speist mit einem kleinen Teilstrom, verlaufend durch die Plataneneallee, die Goldbacher Straße, die Elisenstraße, die Ludwigstraße sowie die Kolpingstraße den Wasserlauf im Graben zwischen Kapuzinerkirche und dem Pompejanum, inklusive des hier vorhandenen kleinen Sees. Diese Leitung wurde erst vor wenigen Jahren vom Tiefbauamt saniert und wieder in Gang gesetzt.
Der Hauptteil des Wassers fließt aber durch das Schöntal, speist die dort vorhandenen drei Seen und wird dann in einer Verrohrung über die Alexandrastraße, die Betgasse und die Brennofengasse in die historische Verrohrung der Löherstraße geführt. Von dort aus fließt das Wasser in den Main. Die Röderbachleitung stellt also die einzige Wasserversorgung der genannten innerstädtischen Seen dar. Allerdings befindet sich die Leitung, die zu wesentlichen Teilen schon mehrere Jahrzehnte alt ist, in Teilbereichen in einem sehr schlechten Zustand. Dies führt zu Verlusten bei dem sowieso vor allem in den Sommermonaten sehr geringen Wasserangebot.
Ziel des Tiefbauamtes ist es daher dieses Wasserangebot zu verbessern. Sei es durch bauliche Maßnahmen an den Zuleitungen und / oder durch Vergrößerung des Wasseran-gebotes (Anlage von Trennsystemen, wie z. B. im Klinikum gerade in der Realisierung und an der Ludwigsallee / Haibacher Straße geplant – diese Trennsysteme bieten gleichzeitig Vorteile bei der laufenden Sanierung und Ertüchtigung des Mischwassernetzes, außerdem werden die Forderungen des WHG und der EuWRRL umgesetzt).
Die vorhandenen Verrohrungen des Röderbaches und des Kühruhgrabens bringen ein weiteres Problem mit sich. Sie wurden vor Jahrzehnten (offensichtlich ohne wasserrechtliche Genehmigungen) errichtet, die Röderbachleitung offensichtlich (gem. alten Längsschnitten) um 1950. Eine Sanierung der Leitung fand 1979 im Bereich der Deutschen Straße statt, in der Deschstraße ist die Leitung noch im Originalzustand und somit ca. 65 Jahre alt. Die Düker im Bereich der Querung der Bahnlinie Aschaffenburg – Miltenberg sind aber wesentlich älter, sie wurden um 1900 mit dem Bau dieser Bahnlinie errichtet.
Die Situation in der Deschstraße ist besonders prekär. Die Röderbachleitung verläuft hier im Gehweg, die Leitung ist in einem sehr schlechten Zustand (es gibt bereits mehrere Einbrüche, die nur provisorisch wieder gangbar gemacht wurden, die Leitung konnte auch nicht zur Zustandskontrolle befahren werden, da sie für die Kamera unpassierbar ist). Derzeit existiert ein Notabschlag von der Leitung in das öffentliche Kanalnetz, der auf Grund der stark eingeschränkten Durchlässigkeit der Röderbachleitung permanent abschlägt und im Prinzip Fremdwasser in das Kanalsystem einführt. Auch wird vermutet, dass aus der Leitung permanent Wasser in den Untergrund einfiltriert, das dann in den Schöntalseen fehlt.
Zum prekären baulichen Zustand der Leitung kommen bautechnische Probleme. Die Leitung ist im Gehweg sehr flach verlegt, da im gesamten Verlauf der Leitung ein Gefälleproblem vorhanden ist. Vorhanden sind Betonrohre wechselnden Durchmessers (DN 300 bis DN 450), die teilweise eine Sohltiefe von weniger als einem Meter unter der Gehwegoberkante besitzen, die Überdeckung der Leitung geht in Teilabschnitten bis auf 40 cm herunter. Das bedeutet, dass eine Neuverlegung in der Deschstraße technisch kaum machbar ist, die neue Leitung müsste in den Straßenkörper (da die derzeitige Leitung während der Bauzeit weiterbetrieben werden müsste) verlegt werden und hätte dort nur eine minimale Überdeckung, über der in Teilabschnitten nicht einmal mehr der Straßenmindestregelaufbau von 50 cm möglich wäre.
Hinzu kommen die derzeit geltenden wasserbaurechtlichen Vorschriften, die folgendes fordern. Eine neue Leitung müsste wasserrechtlich genehmigt werden, da bislang keine Genehmigung vorliegt. Allerdings verbietet das WHG die Verrohrung von Gewässern grundsätzlich und fordert, wo machbar, deren Offenlegung. Eine Genehmigung zu einer Neuverrohrung der Röderbachleitung wäre, da es offensichtlich Alternativen gibt, unabhängig von den technischen Problemen im Straßenkörper, wohl kaum zu bekommen.
Die möglichen Alternativen hat die Stadt in unmittelbarer Nachbarschaft, durch die teilweise Öffnung der Verrohrung des Kühruhgrabens im Bereich des Wäldchens auf der Großmutterwiese, selbst aufgezeigt.
2. Projektbeschreibung:
Das Tiefbauamt hat angesichts der vorstehend geschilderten Problematik in einer Bachelor-arbeit (TU Darmstadt 2014, Frau xxx) die Möglichkeit der Öffnung der Röderbach-verrohrung auf einer neuen Trasse in der Großmutterwiese grundsätzlich überprüft.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass eine Öffnung machbar ist. Sinn macht sie vor allem im Bereich zwischen dem Zusammenfluss der beiden Teilleitungen unmittelbar westlich des Hannewackedudelsees bis zum Ende der Großmutterwiese an der Deschstraße / Lindenallee.
Die angeführte Arbeit konzentrierte sich gem. der Aufgabenstellung auf den genannten Bereich der Großmutterwiese selbst. Nach umfangreichen Voruntersuchungen (Vermessung der Fläche, Aufnahme der vorh. Bäume und Hecken, etc.) wurde eine Trasse erarbeitet, auf der die Öffnung möglich ist. Die Trasse besteht aus einer Vorzugsvariante im Randbereich der Großmutterwiese im vorhandenen Baumbestand und einer Untervariante, die im östlichen Teil in die Wiesenfläche hinausschwenkt.
Die Vorzugsvariante verbleibt im oder am Gehölzsaum am nördlichen Rand der Großmutter-wiese. Sie bedingt den Aushub eines Grabens, der, mit einer vorgeschlagenen Uferneigung von 1 : 1,5 (entspricht einer Neigung von 33 °) bis zu 1,5 Meter, abhängig von der anstehenden Geländehöhe, tief gestaltet ist. Die Breite des künftigen Bachbettes beträgt damit ca. 3,5 Meter. Der sich einstellende Wasserspiegel (bei durchschnittlichem Durchfluss) beträgt 15 – 20 cm, bei Maximalabfluss bis zu 35 cm. Das Gewässer erhält ein Längsgefälle von 1 %. Die Länge des Ausbauabschnittes beträgt ca. 200 Meter, dabei können ca. 150 Meter offen geführt werden. Am Beginn der Ausbaustrecke wie auch am Ende sind längere neue Rohrstrecken vorgesehen. Ein kreuzender Weg soll mit einer Brücke gequert werden.
Für die Maßnahme müssen, in Abstimmung mit dem Gartenamt, vier bis sechs Bäume gefällt werden (zwei Bäume sind ausführungsabhängig noch genauer zu betrachten, vier müssen auf jeden Fall gefällt werden). Außerdem muss eine vorhandene Hecke gekürzt werden. Die genannte Untervariante erfordert die Fällung von lediglich ein bis zwei Bäumen, greift aber tief in die Wiesenstruktur der Großmutterwiese ein, was dortige immer wiederkehrende Nutzungen verhindern würde (Nutzung als Bolzplatz, für Zirkusgastspiele, etc.). Die Variante wurde deshalb verworfen.
Das Bachufer soll, anders als bei der offengelegten Strecke im Waldbereich der Großmutter-wiese, sichtbar nur geringfügig mit Wasserbausteinen verbaut werden. Es ist vorgesehen im neuen Profil große Wasserbausteine in die Böschungen (zu deren Stabilisierung) einzubauen und diese Steine dann mit Muttererde zu überziehen, so dass sich letztendlich ein begrüntes Böschungsbild ergibt. Die neue Bachsohle wird technisch abgedichtet.
Dies ist möglich, da im Ausbauabschnitt keine Hochwassergefahr droht. Die vorgelagerten Düker der beiden Gebietsteilzuflüsse sind in ihrer Leistungsfähigkeit begrenzt, Hochwässer werden am Röderbach bereits vor dem Zufluss in die Fasanerie abgeschlagen (hier wirkt zudem der dortige See als großer Puffer), am Kühruhgraben letztendlich in die Fasanerie und das dortige Muldensystem. Das neue Bachbett ist groß genug um die maximal mögliche Zuflusssituation problemlos abzuführen.
3. Kosten:
Die Durchführung des Projektes möchte das Tiefbauamt mit seinem Bauhof und dort vorhandenen Bachunterhaltungsgruppe selbst durchführen, u. a. auch als Lehrbaustelle für die dortigen Azubis. Die Maßnahme wäre auch sehr schwierig auszuschreiben, da vor Ort immer wieder auf die vorhandenen Situationen reagiert werden muss.
Es ist vorgesehen dazu im Bauhof nicht vorhandene Großgeräte (wie Kettenbagger, große Lkw, etc.) anzumieten. Zu diesen Mitkosten kommen die Kosten für den Abtransport des Erdaushubes (ca. 400 m³), der Verdämmung des alten Kanales, der vorgesehenen Kunststoff-leitungen, etc.
Eine genaue Kostenberechnung wird im Zusammenhang mit der noch zu erstellenden Ausführungsplanung durchgeführt und mit dieser dann erneut im Stadtrat vorgestellt.
4. Finanzierung
Die Maßnahme ist bisher nicht im Haushalt 2015 und dem mittelfristigen Investitionsbedarf 2016 – 2018 der Stadt Aschaffenburg enthalten. Das Tiefbauamt wird die Baukosten (Geräte- u. Materialkosten) zur Fortschreibung des Mehrjahresinvestitionsprogramms nach vorheriger Freigabe des Projektes durch den Hauptsenat, für den Haushalt 2016 anmelden.
Die Stadtkämmerei ist mit der Sachbehandlung einverstanden.
Hinweis: Das Tiefbauamt bearbeitet gerade den naturrechtlichen Ausgleich für den „Ringschluss Ost“. Hier gibt es im Bereich der Großmutterwiese durch den Verzicht auf die Überpflanzung dieser Fläche Defizite bei den Ausgleichsmaßnahmen. Das Tiefbauamt möchte daher die Offenlegung der Röderbachleitung auf der Großmutterwiese, wie bereits die Öffnung der Kühruhgrabenleitung, als Ersatzmaßnahme in die Planfeststellung „Ringschluss Ost“ einbringen.
Voraussetzung hierfür ist die grundsätzliche Zustimmung des Stadtrates zu dieser Maßnahme. Wenn die Maßnahme als Ausgleichsmaßnahme in die Planfeststellung „Ringschluss Ost“ von der Planfeststellungsbehörde akzeptiert wird und in die Umsetzungsplanung einfließt, sind die baulichen Umsetzungsmaßnahmen teilweise auch förderfähig.
Bildanlagen
1) Gewässersystem Röderbach und Kühruhgraben
2) Planausschnitt zu 1)
3) Systemskizze Großmutterwiese Bestand
4) Projektgebiet mit untersuchten Trassen und Baumstandorten
5) Fotos, Skizzen zur Ausführung