Die Schlammentwässerung und Entsorgung stellt mit über 500.000 € den größten Kostenfaktor in der Abwasserbehandlung dar. Umso genauer wird der Markt auf Neuerungen, die zu einer Kostensenkung beitragen können, beobachtet.
Im Frühjahr dieses Jahres wurde eine solche Neuerung durch das Consulting-Büro GoetzPartners aus München vorgestellt. Es handelt sich dabei um ein Verfahren, das von der französischen Firma Orége entwickelt worden ist und in Frankreich und Großbritannien schon länger mit Erfolg eingesetzt wird. Dieses Verfahren soll nun in Deutschland eingeführt werden.
Firma Orége ist auf dem Markt vor allem in den Geschäftsbereichen Öl-Gas, Chemie, Nahrungsmittel und Getränke sowie im kommunalen Bereich tätig und will mit diesem Verfahren einen um 3 – 5% höherer Entwässerungsgrad erzielen.
Aufgrund der vorgefundenen örtlichen Bedingungen (2 Nacheindicker und 2 Kammerfilterpressen, die getrennt voneinander betrieben werden können) hat die Firma Orége angefragt, ob eine kostenlose Teststellung in Aschaffenburg möglich ist. Als weiterer Teststellungsort ist Ingolstadt vorgesehen.
Im Zeitraum Juni bis Ende Oktober wurde die Teststellung mit unterschiedlichen Aufbauten auf dem Klärwerk betrieben.
Verfahrensbeschreibung bestehende Schlammentwässerung
Der ausgefaulte Schlamm wird in den Nacheindickern zwischengespeichert und mit Exzenterschnecken- und Hochdruckpumpen unter Polymerzugabe über unsere Kammerfilterpressen unter Druck mit bis zu 16 bar entwässert. Bei diesem Entwässerungsverfahren werden derzeit ca. 13,5 kg Polymer pro Tonne Klärschlammtrockenrückstand (TR) zugesetzt und ein Entwässerungsgrad von ~ 26 % erreicht.
Verfahrensbeschreibung Test Orége
Das von Firma Orége eingesetzte Verfahren, SLG genannt, wird zwischen dem Nacheindicker und dem Entwässerungsaggregat geschaltet. Im SLG wird dem Schlamm-Wassergemisch Luft unter Druck (bis zu 2,5 bar) zugesetzt. Mit diesem Lufteintrag wird die Schlammstruktur zunächst zerstört, so dass sich das in der Schlammflocke enthaltene Wasser besser vom Schlamm trennen kann (soweit die Theorie von Orége). Nach dieser Vorbehandlung wird unter Zugabe von Polymer die Entwässerung durchgeführt. Die Entwässerung erfolgt in der Teststellung nicht über unsere Kammerfilterpressen sondern über eine Zentrifuge, die von Firma Hiller im Auftrag von Orége zur Verfügung gestellt worden ist.
Testergebnisse
Die Versuche mit dem SLG von Orége zeigen folgende Ergebnisse:
Zentrifuge ohne SLG
|
Zentrifuge mit SLG
|
Polyverbrauch (kg/t TR)
|
TR (%)
|
Polyverbrauch (kg/t TR)
|
TR (%)
|
9,6
|
27,7
|
nicht versucht
|
8,7
|
27,2
|
8,5
|
28,8
|
7,7
|
25,4
|
7,4
|
28,1
|
6,6
|
24,4
|
6,8
|
26,0
|
Der Vergleich zwischen dem Einsatz einer Zentrifuge mit SLG und einer Zentrifuge ohne SLG zeigt Einsparungen beim Polymer und bei der Entsorgung.
Dem gegenüber stehen Investitionskosten im 6stelligen Bereich (genauer Betrag ist nicht bekannt) sowie Betriebskosten, vor allem für Strom (ca. 60.000 kWh/a), so dass sich die Wirtschaftlichkeit im Moment nicht darstellen lässt.
Die Teststellung der Firma Orége hat auch gezeigt, dass eine Erneuerung unserer Entwässerungsaggregate dringend notwendig ist.
Derzeit setzen wir zur Entwässerung des ausgefaulten Schlamms 2 Kammerfilterpressen, Baujahr 1990, ein. Bedingt durch Verschleiß erfordern diese Kammerfilterpressen einen immer höher werdenden Unterhaltsaufwand. In den letzten Jahren wurden Unterhaltskosten von über 20.000 €/a notwendig um den Betrieb weiter zu gewährleisten.
So unterliegen die Filtertücher mittlerweile einem höheren Verschleiß und sind spätestens im kommenden Jahr zu erneuern. Die Trogkettenförderer müssen in immer kürzeren Abständen repariert und Trogketten ersetzt werden. Ursache hierfür sind die vom Hersteller aus Kostengründen eingesetzten Materialien. Damit einhergehen schlechter werdende Entwässerungsgrade, die auf die verschlissene Exzenterschnecken- und Hochdruckpumpen zurück zu führen sind und höhere Entsorgungskosten zur Folge haben.
Der Personalaufwand in der Schlammentwässerung ist mit 3 Personen sehr hoch. Dies ist dadurch begründet, dass während des Entleervorgangs, der ca. 30 Minuten pro Presse und Charge dauert, ein Mitarbeiter an der Kammerfilterpresse gebunden ist, um den an den Filtertüchern klebenden entwässerten Schlamm zu lösen und ein Mitarbeiter den in Container gesammelten Schlamm zum Schlammlagerplatz (ca. 200 m) fahren muss.
Während der Versuchsphase mit dem SLG der Firma Orége hatten wir die Möglichkeit die Zentrifuge ohne SLG zu betreiben. Wir haben auf diesem Wege Ergebnisse für den Betrieb mit Zentrifugen anstelle von Kammerfilterpressen erhalten.
Ergebnisse:
Zentrifuge
|
Kammerfilterpresse
|
Polyverbrauch (kg/t TR)
|
TR (%)
|
Polyverbrauch (kg/t TR)
|
TR (%)
|
9,6
|
27,7
|
13,5
|
26
|
8,7
|
27,2
|
|
|
7,7
|
25,4
|
|
|
6,6
|
24,4
|
|
|
Wie der Vergleich zwischen Kammerfilterpresse und Zentrifuge zeigt, können wir mit dem Einsatz von Zentrifugen erhebliche Mengen an Polymer einsparen und zugleich den Entwässerungsgrad erhöhen und damit die Entsorgungskosten reduzieren.
Umsetzung der Testergebnisse für den künftigen Betrieb und Investitionen
Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse, die mit der Entwässerung durch Zentrifugen erzielt werden können, wollen wir in den kommenden beiden Jahren die Kammerfilterpressen durch Zentrifugen ersetzen. Damit wird ein 24 Std.-Betrieb möglich.
Dies ermöglicht zugleich einen verbesserten Betrieb einer Filtratwasserbehandlung, die nun für 2019 geplant ist.
Umfang der geplanten Maßnahmen:
- Ersetzen beider Kammerfilterpressen durch Zentrifugen
- Ersetzen der Trogkettenförderer durch Schneckenförderer
- Bau eines Stapelraums (3 Alternativen) für den entwässerten Schlamm
- Lagerplatz
- Schlammsilo
- Großcontainer
Die Kostenschätzung geht von ~900.000 €, verteilt auf 2 Jahre aus.
Die Erneuerung der Kammerfilterpressen war bisher in der mittelfristigen Finanzplanung für 2018/2019 mit insgesamt 800.000 € vorgesehen. Die eigentlich für 2016 geplante Filtratwasserbehandlung und in 2017 geplante Erneuerung eines BHKWs werden auf die Folgejahre verschoben.
Folgekosten
Mit dem Wechsel von Kammerfilterpressen auf Zentrifugen sind folgende jährliche Kostenminderungen zu erwarten:
Einsparung von Polymer
statt 13,5 kg/t TR werden 9,6 kg/ t TR verbraucht
Einsparung pro kg/a ~ 4.000 € 15.000,- €/a
Einsparung Entsorgungskosten
Verbesserung des Entwässerungsgrades von 26% auf 27,7%
Einsparung ~ 500 t/a Entsorgungskosten 30.000,- €/a
Einsparung Personal
Mit der Umstellung auf Zentrifugen wird ein 24 Std.-Betrieb möglich. Damit entfällt der Personalaufwand für die Entleerung der Kammerfilterpressen und den Transport bis zum Schlammlagerplatz auf dem Klärwerk. Die Zahl der Mitarbeiter in der Schlammentwässerung kann damit von 3 auf 2 Personen reduziert werden.
Um Zustimmung zum Beschlussvorschlag wird gebeten.