Letztmalig wurde für die laufende Neuaufstellung des Flächennutzungsplans eine Bevölkerungsprognose für die Stadt Aschaffenburg erstellt. Diese hatte das Ausgangsjahr 2010 und den Endhorizont 2030. Vor dem Hintergrund der aktuellen Zuwanderungsströme ist es sinnvoll die Bevölkerungsentwicklung nochmals genauer zu betrachten und die Ergebnisse in eine neue Einwohnerprognose einfließen zu lassen.
Da die Geburtenentwicklung (2014: 597) seit Jahren deutlich unter der Anzahl der Sterbefälle liegt (2014: 781), kann eine Bevölkerungszunahme nur über Zuzüge entstehen. In der nachfolgenden Tabelle sind die Zu- und Wegzüge der letzten fünf Jahre dargestellt – wobei sie im Jahr 2015 nur bis zum 30.10. ausgewertet werden konnten.
Zu- und Wegzüge
Aus Unterfranken und dem Land Bayern gewinnt Aschaffenburg jährlich Einwohner hinzu. Die Entwicklung ist sehr konstant. Dagegen verliert die Stadt Bürgerinnen und Bürger an andere Bundesländer. Dieser Saldo ist immer negativ und liegt teilweise bei einem Minus von fast 300.
Der Wanderungssaldo mit dem Ausland ist immer positiv und hat sich 2014 und 2015 deutlich gesteigert und dürfte bis zum 31.12.2015 noch weiter zunehmen. In diesem und im letzten Jahr haben diese Zuzüge erstmal die Anzahl von 1.000 überschritten.
Wanderungsbewegungen der Jahre 2010-2015
|
|
Reg. Bezirk
|
Land Bayern
|
Übrige BRD
|
Ausland
|
Saldo
Deutschland
|
Saldo
Ausland
|
Saldo
gesamt
|
2010
|
Zuzüge
|
1.971
|
433
|
1.328
|
516
|
142
|
88
|
230
|
|
Wegzüge
|
1.870
|
256
|
1.464
|
428
|
|
|
|
2011
|
Zuzüge
|
2.105
|
439
|
1.501
|
639
|
255
|
225
|
480
|
|
Wegzüge
|
2.001
|
281
|
1.508
|
414
|
|
|
|
2012
|
Zuzüge
|
2.189
|
374
|
1.363
|
735
|
17
|
347
|
364
|
|
Wegzüge
|
2.121
|
289
|
1.499
|
388
|
|
|
|
2013
|
Zuzüge
|
2.191
|
427
|
1.358
|
784
|
-130
|
345
|
215
|
|
Wegzüge
|
2.125
|
332
|
1.649
|
439
|
|
|
|
2014
|
Zuzüge
|
2.212
|
514
|
1.375
|
1.039
|
17
|
535
|
552
|
|
Wegzüge
|
2.150
|
289
|
1.645
|
504
|
|
|
|
2015 (bis 30.10.)
|
Zuzüge
|
1.788
|
313
|
1.210
|
1.393
|
-158
|
923
|
765
|
|
Wegzüge
|
1.711
|
309
|
1.449
|
470
|
|
|
|
(Quelle: Einwohnermeldedatenbank der Stadt Aschaffenburg)
Zuwanderung aus dem Ausland
Jedoch ist diese Entwicklung nicht nur auf die bekannten Fluchtländer wie Syrien oder Afghanistan zurückzuführen. Hinzu kommt vor allem noch die Zuwanderung aus Ost- und Südeuropa. Die zwölf Länder mit der größten Zunahme sind im nachfolgenden Diagramm dargestellt.
Die Zunahme aus den Ländern Afghanistan (207 auf 248), Irak (155 auf 189) und Iran (116 auf 159) fällt zwischen 2010 und 2015 geringer aus.
Hinsichtlich der Türkei ist ein negativer Saldo feststellbar. Ende 2010 lebten 3.345 Einwohner mit türkischen Zuwanderungshintergrund in Aschaffenburg; im Oktober 2015 waren es nur noch 3.093.
Die Migrantengruppen mit den größten Zunahmen
zwischen 2010 und 2015
Schaut man nur auf die bisherige Entwicklung im Jahr 2015, so haben die Nationalitäten italienisch (+64), polnisch (+81), rumänisch (+72), ukrainisch (+71) und syrisch mit fast 200 am deutlichsten zugenommen.
Diese Zahlen haben natürlich Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerungszahl und verändern die Bevölkerungsstruktur.
Altersstruktur
Das nachfolgende Diagramm vergleicht den ‚Einwohnerbestand‘ am 31.12.2014 mit dem am 30.09.2015, zu 10-Jahres-Gruppen zusammengefasst. Die Veränderungen bzw. das Wachstum findet hauptsächlich bei den Altersgruppen unter 40 Jahren statt. Das Minus in den Altersgruppen 61 und älter entsteht durch die Todesfälle, die durch die geringeren Zuzüge in diesen Altersjahrgängen nicht ausgeglichen werden.
Bevölkerungsprognose bis ins Jahr 2030
Auf der Basis all dieser Daten lassen sich nun neue Parameter generieren, um die Bevölkerung in die Zukunft fortzuschreiben. In dem unten stehenden Diagramm sind vier Szenarien abgebildet. Alle Szenarien beinhalten eine gleichbleibende Geburtenrate. Sie unterscheiden sich jedoch bei den Wanderungsannahmen.
- Szenario A: Hierbei handelt es sich um ein rein theoretisches Szenario, das davon ausgeht, dass der Wanderungssaldo ab sofort bei null liegt. Das führt dazu, dass die Bevölkerung jedes Jahr abnimmt und im Jahr 2030 4.656 Einwohner weniger in Aschaffenburg leben würden.
- Szenario B: Der Wanderungssaldo bei dieser Berechnung liegt jährlich bei einem Plus von zirka 350. Diese Annahme ergibt sich aus dem Durchschnitt der Jahre 2010-2014. In diesem Szenario ist die Bevölkerungszahl im Jahr 2030 fast identisch mit der heutigen. Sie erreicht aber ein zwischenzeitliches Hoch von 70.300 in den Jahren 2023/2024.
- Szenario C: Auch dieses ist ein eher theoretisches. Es schreibt die Einwohner auf der Basis der Zuwanderung aus dem Jahr 2015 fort. Rechnet man die vorliegenden Daten hoch kommt man auf ein jährliches Plus von zirka 700. Das würde dazu führen, dass die Einwohnerzahl in den kommenden Jahren auf fast 74.000 steigt.
- Szenario D: Dieses Szenario dürfte nach aktuellem Kenntnisstand das realistischste sein. Es geht davon aus, dass in den nächsten drei Jahren weiterhin mit einem erhöhten Zustrom aus dem Ausland zu rechnen ist und der Wanderungssaldo danach wieder auf den ‚Normalstand‘ zurückgeht. Durch die Zuwanderung wird die Bevölkerungsstruktur aber verjüngt und der demografische Wandel – nicht aufgehalten – aber gebremst. So klettert die Einwohnerzahl Mitte des Prognosehorizonts auf über 71.200 und geht dann in kleinen Schritten wieder nach unten.
Schaut man sich dieses letzte Szenario genauer an, so sind folgende Veränderungen auffällig. Bei den Kindern unter 6 Jahren ist eine Zunahme von 200-300 feststellbar. Im Schulkindalter (6-15 Jahre) wächst die Zahl von 5.500 auf 5.950. Gegen Ende des Prognosezeitraums sind sie aber beide wieder rückläufig. Hohes Wachstum verzeichnet auch die Altersgruppe 30-40 Jahre. Von 9.400 im Ausgangsjahr steigt sie bis 2021 auf 10.600, um schließlich bis 2030 wieder auf dem Ausgangswert zu landen. Relativ unabhängig von der Zuwanderung und wesentlich signifikanter vollziehen sich die Entwicklungen in den höheren Altersgruppen. Insgesamt bekommt die Gruppe 60 Jahre und älter bis 2030 4.500 neu Mitglieder hinzu: 60-69jährigen 7.680 auf 10.558, 70-79jährigen 6.641 auf 7.520, ab 80jährige 3.430 auf 4.155.
Vergleich Prognose 2010 und aktuell – Konsequenzen für den FNP
Vergleicht man nun diese Ergebnisse mit der Prognose 2010 lassen sich einige Unterschiede bemerken.
Die damaligen Szenarien mit deutlich geringeren Zuzügen hatten für das Jahr 2030 Ergebnisse zwischen 64.500 und 70.000 Einwohnern. Für den Flächennutzungsplan wurde daraufhin als Entwicklungsziel eine Bevölkerungszahl von 68.000 +/- 1.000 festgelegt. Das untere Szenario ist auch heute noch zutreffend. Beide Berechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Stadt unter 65.000 Einwohner haben wird, wenn kein positiver Wanderungssaldo erreicht wird. Das damals obere Szenario mit 70.000 Einwohnern wird mit dem aktuellen Szenario D um zirka 1.200 Einwohner übertroffen. Das Szenario C, das von dauerhaften Flüchtlingsströmen ausgeht, würde im Jahr 2030 mit 3.700 Einwohnern über der Prognose von 2010 liegen. Dies erscheint zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht als realistische Annahme.
Die errechneten Daten fließen in die städtischen Planungen hinsichtlich der Schaffung neuer Wohneinheiten ein. Hierbei wird speziell auf die Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen wie Familien, Bedürftige, Menschen mit Zuwanderungshintergrund und Studierende eingegangen. Im Flächennutzungsplan muss zudem überprüft werden, ob diese errechneten neuen Bewohner sich in den Bauflächen abbilden lassen.
Da die Entwicklung der Zuwanderung in den kommenden Jahren schwer abschätzbar ist, sollte die Prognose im nächsten Jahr erneut überprüft werden.
Die Prognoseergebnisse werden im Planungs- und Verkehrssenat detailliert vorgestellt.