Umstrukturierung der Filialen der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau in Aschaffenburg; - Antrag der KI vom 27.12.2015 - Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 11.01.2016 - fraktionsübergreifender Antrag vom 04.02.2016 - Antrag von Herrn Stadtrat Walter Roth vom 05.02.2016


Daten angezeigt aus Sitzung:  5. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 09.05.2016

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 5. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 09.05.2016 ö Beschließend 14pl/5/14/16

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

A.        Allgemeines
Im Rahmen eines Pressegespräches am 21.12.2015 hat der Vorstand der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau bekannt gegeben, dass die Sparkasse 10 ihrer bislang 60 Filialen bis Mitte 2018 schließen will. Es wurde damals mitgeteilt, dass in Aschaffenburg die Filiale im Landratsamt Aschaffenburg im April 2016 aufgegeben werden soll. Bis Mitte 2018 sollen die Filialen in der Altholstraße 1, in der Schweinheimer Straße 22a, in der Schwindstraße 1 (Würzburger Straße) und im Röderweg 29 geschlossen werden. Stattdessen soll eine neu Filiale an der Ecke Würzburger Straße/Rhönstraße eröffnet und die Filiale Schweinheimer Straße 98 (Schweinheimer Höhe) „weiterentwickelt“ werden.

In der Folgezeit wurden nachfolgende Anträge zu diesem Themenkomplex von Parteien und Gruppierungen, die im Stadtrat vertreten sind gestellt:

1.        KI-Antrag vom 27.12.2015
Mit Schreiben vom 27.12.2015 hat die KI 2 Hauptanträge mit mehreren Unteranträgen gestellt. Nach dem 1. Hauptantrag soll der Sparkassenvorstand aufgefordert werden, zu fünf Fragen über die Thematik der Filialschließungen Stellung zu nehmen. Nach dem 2. Hauptantrag soll der Verwaltungsrat der Sparkasse aufgefordert werden, gegenüber dem Sparkassenvorstand darauf zu drängen, die vorhandenen Filialstrukturen zu erhalten.
Soweit im 2. Hauptantrag verlangt wird, zu prüfen, wie ein Ensembleschutz für das Sparkassengebäude auf der Schweinheimer Höhe gewährleistet werden kann, dürfte es sich hierbei wohl nicht um einen Antrag an den Verwaltungsrat der Sparkasse sondern richtigerweise um einen Antrag an die Verwaltung der Stadt handeln.
Über diese Anträge ist bislang noch nicht förmlich beraten und abgestimmt worden.

2.        CSU-Antrag vom 11.1.2016
Mit diesem Antrag hat die CSU-Fraktion den Oberbürgermeister aufgefordert, über die geplanten Filialänderungen zu berichten und hierzu Stellung zu nehmen. Mit Mail vom 26.2.2016 hat die CSU-Fraktion beantragt, dass dieser Antrag in der Sitzung des Plenums vom 29.2.2016 als Nachtrag mit aufgenommen wird. Diesem Antrag wurde entsprochen. Der Oberbürgermeister hat in der Sitzung vom 29.2.2016 das entsprechende Statement abgegeben.

3.        Fraktionsübergreifenden Antrag vom 4.2.2016
Mit Ziffer 2 des Antrages vom 04.02.2016 beantragten daher die Stadträte Johannes Büttner (KI), Dr. Lothar Blatt (UBV), Theo Bubenzer (SPD), Martina Fehlner (SPD), Willi Hart (UBV), Leonie Kapperer (SPD), Moritz Mütze (GRÜNE), Thomas Mütze (GRÜNE) und Bernhard Schmitt (ÖDP) die Einberufung einer Bürgerversammlung, die die geplanten Maßnahmen zum Thema hat und zu der der Vorstand der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau eingeladen werden soll. In der Sitzung vom 29.2.2016 hat der Oberbürgermeister angekündigt, dass eine entsprechende Bürgerversammlung stattfinden soll. Diese fand am 20.4.2016 statt.
Über Ziffer 1 des Antrages (Missbilligung der Filialschließung in der Ortsmitte von Schweinheim und Abriss der Filiale auf der Schweinheimer Höhe) vom 6.2.2016 ist bislang noch nicht förmlich beraten und abgestimmt worden.

4.        Antrag von Stadtrat Walter Roth (SPD) vom 5.2.2016
Mit Mail vom 5.2.2016 hat Stadtrat Roth beantragt, dass in Schweinheim eine Bürgerversammlung zum Thema „Sparkasse, Versorgung, Infrastruktur“ stattfindet, zu der der Vorstand der Sparkasse eingeladen werden soll. In der Sitzung vom 29.2.2016 hat der Oberbürgermeister angekündigt, dass eine entsprechende Bürgerversammlung stattfinden soll. Diese fand am 20.4.2016 statt.

Noch nicht behandelt worden sind also die KI-Anträge vom 27.12.2015 und Ziffer 1 des fraktionsübergreifenden Antrages vom 4.2.2016.

Am 7.4.2016 hat die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau mitgeteilt, dass die Geschäftsstelle in der Altholstraße bestehen bleibt und stattdessen die Geschäftsstelle in der Schweinheimer Straße 98 (Schweinheimer Höhe) in eine SB-Geschäftsstelle umgewandelt wird (vgl. Main-Echo vom 8.4.2016). Die Kunden der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau in Schweinheim wurden in einem persönlichen Anschreiben informiert.

B.        Befassungskompetenz des Stadtrates

1.        Sparkassenangelegenheiten
Im Zusammenhang mit der beantragten Beschlussfassung über die Gewinnabführung der Sparkasse wurde bereits in der Beschlussvorlage für die Sitzung zum 22.9.2014 auf Folgendes hingewiesen:
„ … Beispielsweise hat der VGH Mannheim (Urteil v. 12.3.2001 – Az. 1 S 785/00) zum dem bayerischen Recht ähnlichen Sparkassenrecht des Landes Baden-Württemberg entschieden, dass Sparkassenangelegenheiten grundsätzlich nicht in die kommunale Befassungskompetenz des Gemeinderates gehören. Im Einzelnen heißt es dort:
„Der Senat hat bereits im Urteil vom 25.09.1989 (1 S 3239/88, VBlBW 1990, 20, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 20.12.1989 - 7 B 181/89 -, WM 1990, 1018) entschieden, dass Auskunftsansprüche einzelner Gemeinderatsmitglieder im Geltungsbereich des Sparkassengesetzes grundsätzlich nicht bestehen, weil es sich bei den Sparkassen um rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, die das Recht der Selbstverwaltung besitzen (Art. 71 Abs. 1 Satz 3 LV) und die ihr durch das Sparkassengesetz (§ 6 SpG) und ihre Satzung zugewiesenen Aufgaben in eigener Verantwortung durch ihre Organe Verwaltungsrat, Kreditausschuss und Vorstand (§ 10 SpG) erfüllen und deshalb ihre Angelegenheiten keine Gemeindeangelegenheiten im Sinne des § 24 GemO sind.“
Mangels Befassungskompetenz des Stadtrates wäre der Antrag schon als unzulässig abzulehnen. …“
Der Text der Beschlussvorlage war damals im Vorfeld mit der Regierung von Unterfranken vorgelegt worden mit der Bitte um Prüfung, ob die von der Verwaltung vertretene Rechtsauffassung von der Regierung geteilt wird. Dies hat die Regierung bestätigt. Die Regierung hat auch bestätigt, dass es keinen Unterschied macht, ob in einem Stadtratsbeschluss eine „Beauftragung“ gegenüber Verwaltungsräten erfolgt oder ob lediglich eine „Empfehlung“ abgegeben wird.

Gleichwohl ist die Verwaltung der Auffassung, dass eine Befassung des Stadtrates mit Fragen der Filialstruktur der örtlichen Sparkasse möglich ist. Nach § 1 SparkO haben Sparkassen u. a. den Auftrag, „für ihren Geschäftsbezirk … die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, … mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen“. Sie unterstützen damit die Aufgabenerfüllung der Kommunen (§ 1 S. 2 SparkO). Der BayVerfGH hat im Urteil vom 23.9.1985 – Vf. 8-VII-82 – im Zusammenhang mit Regelungen zur Filialstruktur von Sparkassen Folgendes ausgeführt:
„Die Bayerische Verfassung erwähnt zwar weder in Artikel 83 Absatz 1 und Artikel 83 Absatz 2 BV noch in anderen Vorschriften die Errichtung und den Betrieb von Sparkassen bei der Aufzählung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden. Das schließt aber die Annahme nicht aus, das Sparkassenwesen zu den Angelegenheiten der Gemeinden zu rechnen, die sie im Rahmen der Gesetze in Selbstverwaltung wahrnehmen dürfen. Das Sparkassenrecht hebt sich allerdings vom allgemeinen Kommunalrecht durch seine nicht unerhebliche Eigenständigkeit ab. Die Sparkassen sind selbständige juristische Personen mit eigenen Organen. Die Gemeindeordnung bestimmt in Art.89 Abs.3 Satz 2 ausdrücklich, daß es hinsichtlich des öffentlichen Sparkassenwesens bei den besonderen Vorschriften verbleibe. Diese Vorschrift grenzt einmal das öffentliche Sparkassenwesen vom Verbot der Errichtung von Bankunternehmen in Art.89 Abs.3 Satz 1 GO ab; zum anderen bewirkt sie auch, daß sich die Betätigung der Gemeinden im Sparkassenwesen ausschließlich nach den besonderen sparkassenrechtlichen Bestimmungen zu richten hat und daß die kommunalrechtlichen Vorschriften im 4. Abschnitt der Gemeindeordnung auch nicht ergänzend heranzuziehen sind (VGH n.F. 34, 31; Widtmann, Bayer. Gemeindeordnung, 4.Aufl., Art.89, Exkurs über das Sparkassenrecht, Anm.1). Gleichwohl handelt es sich unter dem Blickwinkel von Art.11 Abs.2 BV auch bei sparkassenrechtlichen Regelungen um Gesetze, die Inhalt und Umfang des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts bestimmen. Trotz einer gewissen Verselbständigung des Sparkassenrechts geht es um eine Betätigung der Gemeinden, wenn sie als Gewährträger Sparkassen errichten und betreiben (VGH n.F. 26, 177/ 180).“
Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof geht deshalb davon aus, dass die Errichtung und der Betrieb von Sparkassen trotz der Verselbständigung des Sparkassenrechts grundsätzlich zum gemeindlichen Aufgabenkreis und damit zur Daseinsvorsorge gehören. Im Grundsatz ist daher die Situation vergleichbar zu der bei der Diskussion im Stadtrat um den Standort von Poststationen oder Lebensmittelläden. Die Beratung über die Auswirkungen der Schließung einer Bankfiliale auf die örtliche Versorgungsstruktur gehört daher zur Befassungskompetenz des Stadtrates.

C.        Inhaltliche Behandlung der Stadtratsanträge

I.        Schließung der Sparkassenfiliale im Zentrum von Schweinheim
Am 7.4.2016 hat die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau mitgeteilt, dass die Filiale im Zentrum von Schweinheim (Altholstraße 1) erhalten bleibt. Ziffer 1 des fraktionsübergreifenden Antrags vom 4.2.2016 und die Anträge der KI vom 27.12.2015 haben sich damit erledigt,  soweit diese die Schließung dieser Filiale betrafen.

II.        Schließung der Sparkassenfiliale auf der Schweinheimer Höhe
Am 7.4.2016 hat die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau mitgeteilt, dass anstelle der Filiale im Zentrum von Schweinheim (Altholstraße 1) die Filiale auf der Schweinheimer Höhe (Schweinheimer Straße 98) geschlossen und in eine SB-Geschäftsstelle umgewandelt werden soll.

III.        Abriss des „Sparkassengebäudes“ Schweinheimer Straße 98
In Ziffer 1 des fraktionsübergreifenden Antrages vom 4.2.2016 wird gefordert, den geplanten Abriss des Gebäudes, in dem sich die Sparkassenfiliale, ein Lebensmittelladen und eine Bäckerei befinden, zu missbilligen.

In der Bürgerversammlung vom 20.4.2016 hat die Sparkasse hierzu ausgeführt, dass die Entscheidung, sich vom Objekt Schweinheimer Höhe zu trennen, bereits gefallen sei. Die Sparkasse wies darauf hin, dass auf Grund eines Bausachverständigengutachtens feststehe, dass eine Investition in den Bestand nicht wirtschaftlich darstellbar sei. Das Objekt sei früher ein Kinosaal gewesen und verfüge daher über hohe Decken. Umbauten im Grundriss seien nur eingeschränkt denkbar. Über die die Entscheidung zur Veräußerung seien keine weiteren Entscheidungen gefallen. Insbesondere sind noch keine konkreten Veräußerungsverhandlungen geführt worden. Letztendlich entscheidet über die Frage des Abrisses und der Weiternutzung des Gebäudes für Lebensmittelzwecke der zukünftige Erwerber. Die Sparkasse werde sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für den Erhalt der Nahversorgung einsetzen.

IV.        Anträge der KI vom 27.12.2015
Die KI hat zunächst in einem ersten Antrag beantragt, dass der Vorstand der Sparkasse vor dem Stadtrat bestimmten Fragen Stellung nimmt. Die Fragen wurden dem Sparkassenvorstand zugeleitet. Im Rahmen der Bürgerversammlung am 20.4.2016 hat er zu diesen Fragen weitgehend Stellung genommen. Mangels konkreter Bauabsichten am Standort Schweinheimer Straße 98 gibt es auch keine Abstimmungsgespräche mit Stadtrat oder Stadtplanung.

Im zweiten Antrag vom 27.12.2015 beantragt die KI, dass der Stadtrat die Verwaltungsratsmitglieder und den stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Sparkasse auffordert, dem Sparkassenvorstand den Abbruch des Gebäudes Schweinheimer Straße 98 und die Schließung vorhandener Filialen im Stadtgebiet zu untersagen. Der Sparkassenvorstand hat in der Bürgerversammlung dargelegt, dass die flächendeckende Versorgung mit Bankdienstleistungen durch die Sparkasse auch nach den geplanten Filialschließungen gewährleistet bleibt. Für Personen, deren Mobilität eingeschränkt ist, bietet die Sparkasse neben den üblichen Onlineangeboten Beratungsleistungen in deren Privaträumen und sogar einmal im Monat einen Bargeldbringservice nach Vereinbarung an.

.Beschluss: 1

1. Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

.Beschluss: 2

2. Der Stadtrat appelliert an die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau darauf zu achten, dass bei einer Veräußerung des Anwesens Schweinheimer Straße 98 eine SB-Geschäftsstelle der Sparkasse geschaffen wird und eine Nutzung des Objektes für Zwecke der Lebensmittelversorgung des Ortsteils Schweinheim möglichst gewahrt wird.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 38, Dagegen: 0

.Beschluss: 3

3. Der Sparkassenvorstand hat in der Bürgerversammlung vom 20.04.2016 zu den von der KI aufgeworfenen Fragen weitgehend Stellung genommen. Der Antrag 1 der KI vom 27.12.2015 (Anlage 7) auf zusätzliche Stellungnahme durch den Sparkassenvorstand oder den Verwaltungsratsvorsitzenden vor dem Stadtrat wird abgelehnt.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 37, Dagegen: 1

.Beschluss: 4

4. Der Antrag 2 der KI vom 27.12.2015 (Anlage 7) wird abgelehnt.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 36, Dagegen: 2

.Beschluss: 5

5. Der Stadtrat appelliert an die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau, dass die fünf zur Schließung vorgesehenen Filialen zwar verkleinert, aber in der Nähe erhalten werden (auch als SB-Stelle).

Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich abgelehnt

Datenstand vom 29.09.2016 14:38 Uhr