Das bayerische Sozialministerium hat die Gründung von Kinderschutzgruppen als dezentrale, interne Struktur in Kinderkliniken mit kompetenten Ansprechpartnern in Kinderschutzfragen für die weitere Optimierung des bereits tätigen Kinderschutzsystems in Bayern angeregt.
Generelle Zielsetzungen sind dabei gemeinsame interdisziplinäre Kooperationsvereinbarungen,
die eine verbindliche und verlässliche Zusammenarbeit personenunabhängig sicherstellen.
Dies soll mit der Gründung einer Kinderschutzgruppe am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau
sichergestellt werden.
Konzept der interdisziplinären Kinderschutzgruppe
Polizei und Justiz gehen im Bereich der Gewalt gegenüber Kindern in Form von Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer aus. Kindesmisshandlung wird jedoch selten diagnostiziert, weil Sensibilisierung und standardisierte Verfahrenswege im medizinischen bzw. klinischen Bereich häufig noch fehlen.
Mit Kinderschutzambulanzen bzw. Kinderschutzgruppen soll diesen Kindern gezielt und strukturiert geholfen werden. In München, Augsburg, Fürth und Nürnberg beispielsweise gibt es diese seit Jahren. In den USA bewähren sie sich seit 40 Jahren, in Österreich und der Schweiz gehören sie verpflichtend zu den Instrumentarien einer Kinderklinik.
Auch für die Bayerische Staatsregierung sind diese Einrichtungen äußerst wirksame und notwendige Schritte im Gesamtkonzept Kinderschutz. Deshalb wurden in den vergangenen Jahren Fortbildungsangebote für Ärzte an Kliniken zum Umgang mit Verdacht auf Kindeswohlgefährdung gemacht, um das Bewusstsein und die dazu notwendigen Basiskompetenzen zu stärken.
Im Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen „Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Erkennen und Handeln“ für Ärzte heißt es im Kapitel Fallmanagement in Kliniken bereits 2011, „Zunächst sollte eine Kinderschutzgruppe etabliert werden, die aus verschiedenen klinikinternen Fachdisziplinen besteht…In vielen Kinderschutzgruppen hat sich eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit bewährt..“, S. 129.
Grundsätze und Zielsetzung
Zum Schutz von Kindern vor Misshandlung, sexuellem Missbrauch und Vernachlässigung soll es als fachlichen Standard an Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin ein den lokalen Gegebenheiten angepasstes Vorgehen in Verdachtsfällen geben. Dieses dient dem Erkennen von Gewalt, der Behandlung aber auch der Prävention.
Sogenannte Klinikpfade strukturieren sehr konkret und verbindlich nachvollziehbare und verifizierbare Abläufe interdisziplinärer Kooperation. Dazu gehören Diagnostik und Dokumentation, interdisziplinäre Fallkonferenzen von Ärzten, Sozialen Diensten, Therapeuten, u.U. Polizei und Justiz oder anderen Fachstellen. Sie sind für die weitere Hilfeplanung mit den Eltern oder auch für notwendige Interventionen der Jugendämter und der Gerichte zum Schutz des Kindes äußerst hilfreich. Diese interne Leitlinie hat auch zum Ziel, in Drucksituationen überstürztes Handeln zu vermeiden, fachliche Unsicherheit abzubauen und den professionellen Umgang mit hochemotionalen Inhalten qualitativ zu sichern.
Die Kosten werden für eine Halbtagsstelle inklusive Sachkosten mit 30.000 €/Jahr veranschlagt.
Die Stelle soll am Sozialpädiatrischem Zentrum (SPZ) im Klinikum Aschaffenburg-Alzenau eingerichtet werden und durch die drei beteiligten Gebietskörperschaften (Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg, Stadt Aschaffenburg) zu je einem Drittel finanziert werden.