Petition "Fahrradfreie Fußgängerzone"


Daten angezeigt aus Sitzung:  11. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 05.11.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 11. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 05.11.2019 ö Beschließend 4PVS/11/4/19

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Vorbemerkung
Die Miteinanderzone der Stadt Aschaffenburg wurde 2012 eingeführt. Die Maßnahme beinhaltete die Freigabe der Fußgängerzonen für Radverkehr in Schritttempo in der Herstallstraße, in der Steingasse, im vorderen Bereich der Sandgasse, im nordwestlichen Teil des Rossmarktes sowie in der Goldbacher Straße zwischen Weißenburger Straße und Heinsestraße. Ausgenommen ist nur der Weg vom Herstallturm zur City-Galerie.
Die Ausgangssituation und der Hauptgrund zur Einführung dieser Regelung war, dass auf der nahräumigen Umfahrung der Innenstadt auf den Straßenzügen Landingstraße, Wermbachstraße, Alexandrastraße, Innere Würzburger Straße, Hofgartenstraße, Platanenallee, Friedrich bzw. Weißenburger Straße sowie Luitpoldstraße derzeit nur unzureichende Fahrradinfrastruktur vorhanden war. Diese Situation hat sich bereits in einzelnen Abschnitten verbessert, durchgängige Radverkehrsanlagen sind aber noch nicht vorhanden.
Auf die Einführung der Miteinanderzone hat es sehr viele positive Rückmeldungen gegeben. Sie ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Auszeichnung als „fahrradfreundliche Stadt“ durch die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK) gewesen. Insbesondere in der Herstallstraße ist die Regelung aber nicht unumstritten. Bürgerinnen und Bürger fühlen sich als Fußgänger gestört und beeinträchtigt, weil das vorgeschriebene Schritttempo von einzelnen Radfahrenden nicht immer eingehalten wird.
 Aufgrund der anhaltenden Diskussionen wurde 2019 die Begleitkampagne zur Miteinanderzone wiederholt, um an die Einhaltungen der Regelungen zu appellieren. Eine Pressebeteiligung, Plakate, Bodenaufkleber, ein Kurzfilm in den Kinos und auch stärkere Kontrollen durch die Polizei und den Verkehrsüberwachungsdienst des Ordnungsamtes waren Bestandteil der Kampagne.

Petition fahrradfreie Fußgängerzone, Auswertung der Unterschriftenliste
Die Bürgerinitiative „PRO FUSSGÄNGERZONE“ hat an vier Infoständen insgesamt 859 Unterschriften für eine fahrradfreie Fußgängerzone gesammelt und im September an Herrn Oberbürgermeister Herzog übergeben. Der Wortlaut der Petition auf den Unterschriftenlisten lautet: „Ich unterstütze die Petition mit meiner Unterschrift: Fahrradfreie Zone für Herstallstraße/Rossmarkt/Sandgasse“.
Die Verwaltung hat diese Unterschriften nach ihrer Herkunft ausgewertet:

  • Von den 859 Unterschriften stammen 571 und damit genau 2/3 der Petenten aus der Stadt Aschaffenburg.

  • Von diesen städtischen Unterschriften stammen
    - 58 % (= 39 % aller Petenten) aus der Innenstadt und Aschaffenburg Ost (PLZ 63739),
    - 21 % (= 14 % aller Petenten) aus Damm, Strietwald, Leider und Nilkheim (PLZ 63741)
    - 21 % (= 39 % aller Petenten) aus Schweinheim, Obernau und Gailbach (PLZ 63743)

  • 288 Unterschriften und damit genau 1/3 der Petenten stammen nicht aus der Stadt Aschaffenburg.

  • Von diesen auswärtigen Unterschriften stammen 42 % aus den direkt angrenzenden Kommunen. Weitere 31 % aus dem Landkreise Aschaffenburg, 8 % aus dem Landkreis Miltenberg und 19 % aus anderen Städten und Gemeinden außerhalb der genannten Gebiete

Auswertung der Unfalldaten und Ergebnisse der Polizeikontrollen 2019
Die Polizeiinspektion Aschaffenburg hat die Daten der letzten Jahre ausgewertet. Von 2015 bis 2018 gab es nur einen einzigen polizeilich aufgenommenen Unfall zwischen einem Radfahrenden und einem Fußgänger. Die Polizeiinspektion Aschaffenburg schätzt das fahrradbedingte Unfallgeschehen seit 2012 als absolut unauffällig ein.
Die Polizei hat im Sommerhalbjahr 2019 an 7 Kontrolltagen insgesamt 570 Radfahrenden kontrolliert und zumeist präventive Gespräche ohne konkreten Beanstandungsgrund geführt. Von diesen 570 Radfahrenden wurden insgesamt 25 wegen überhöhter Geschwindigkeit verwarnt. Dies entspricht einer Quote von 4,4 %.
Diese Quote deckt sich auch mit der Zählung des Stadtplanungsamtes bezüglich Geschwindigkeitsübertretungen bei den Gruppen der 20-60-Jährigen und der Gruppe der über 60-Jährigen. Nur bei der Gruppe der Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren wurden in deutlich höherem Maß Geschwindigkeitsübertretungen in Bezug auf die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit festgestellt. Im Gegensatz zum Alter hatte es aber keinen Einfluss auf das Verhalten, ob die Radfahrenden ein Pedelec fahren oder in welcher Fahrtrichtung sie unterwegs sind. Nach den Vergleichszählungen 2012-2019 hat sich die Gesamtzahl der Radfahrenden in der Herstallstraße seit der Einführung der Miteinanderzone stark erhöht.

Maßnahmen und Stellungnahme zu den Forderungen der Bürgerinitiative
Die Stadtverwaltung und die Polizeiinspektion Aschaffenburg haben die Petition „fahrradfreie Fußgängerzone“, die Erfahrungen aus den verschiedenen Dienststellen und die Regelungen der Miteinanderzone intensiv diskutiert. Da sich die Ausgangslage zur Einführung der Miteinanderzone nicht entscheidend geändert hat, wird unter Abwägung aller Interessenslagen die Rückkehr zu einer „fahrradfreien Fußgängerzone“ von Stadt und Polizei nicht befürwortet. Im Wesentlichen funktioniert die Miteinanderzone und der Großteil der Radfahrenden hält sich an die Regelungen. Ein Verbot würde zudem ausschließlich diejenigen bestrafen, die sich korrekt und vorbildlich verhalten.
Deshalb halten die Stadtverwaltung und die Polizeiinspektion Aschaffenburg eine Ausweitung der Kontrollen für geboten. Die gemeinsamen Kontrollen von Verkehrsüberwachungsdienst und Polizei sollen ab sofort weiter intensiviert werden. Polizei und Stadtverwaltung werden im Rahmen der gemeinsamen Planungen im Wochenrhythmus gezielte Kontrollen durchführen. Konkret wird sich die Polizeiinspektion Aschaffenburg beteiligen, indem 1 x alle 14 Tage zu unregelmäßigen Zeiten (ungerade Kalenderwochen) eine Fußstreife für 2-3 Stunden für Fahrradkontrollen in den Fußgängerzonen abgestellt wird. Darüber hinaus werden seitens der Polizei im Rahmen des allgemeinen Streifendienstes je nach vorhandenen Kapazitäten auch zusätzliche Kontrollen durchgeführt. Das Ziel ist es in diesem Kontext, im Rahmen des Opportunitätsprinzips solche Fahrradfahrer, die die Schrittgeschwindigkeit augenscheinlich deutlich überschreiten, grundsätzlich gebührenpflichtig mit 15,- EUR zu verwarnen. In den geraden Kalenderwochen wird der Verkehrsüberwachungsdienst des Ordnungsamtes Kontrollen nach ebendiesem Muster durchführen.
Zusätzlich soll die Beschilderung an allen Zufahrten zur Fußgängerzone nochmals verbessert werden. Die Aussagen „Fußgängerzone“ und damit Vorrang für den Fußverkehr sowie das verbindliche „Schritttempo für den Radverkehr“ müssen an allen Zufahrten klar und deutlich erkennbar sein. Hierfür soll ein neues Schild entwickelt und an allen Zufahrten gut sichtbar angebracht werden.

Bezugnehmend auf die Forderung im Übergabeschreiben vom 18.09.2019 (Anlage 2) zur Installierung eines Fußgängervertreters im Rathaus vertritt die Stadtverwaltung die Auffassung, dass der Sicherung und Förderung des Fußverkehrs bei allen Planungen und Umgestaltungsmaßnahmen eine sehr hohe Priorität beigemessen wird. Der Fußverkehr ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Umweltverbundes und besonders bei der Mobilität in der Innenstadt äußerst wichtig. Alle Verkehrsteilnehmer sind am Anfang und Ende der Wegekette Fußgänger. Eine Beteiligung der Behindertenbeauftragten für die Umsetzung barrierefreier Verbindungen ist ebenso selbstverständlich wie die Beteiligung von Interessensverbänden, die sich ebenfalls für eine Stärkung der Belange des Fußverkehrs als Bestandteil des Umweltverbundes einsetzen.

.Beschluss:

I.
1. Der Bericht der Verwaltung über das Fahrradfahren in der Fußgängerzone wird zur Kenntnis genommen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Ergänzungen an der Beschilderung vorzunehmen und die Kontrollen des Ordnungsdienstes in Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion Aschaffenburg zu verstärken.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:        ja [   ]        nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 15, Dagegen: 1

Datenstand vom 22.01.2020 08:58 Uhr