Vorbemerkung
Anlass des Aufhebungsverfahrens:
In seiner gegenwärtigen Form ist der rechtsverbindliche Bebauungsplan Nr. 17/05 aus dem Jahr 1990 mit seinen Festsetzungen aufgrund sich verändernder Rahmenbedingungen und Entwicklungsziele überholt.
Da die Überschwemmungsgebietsgrenzen der Aschaff neu überrechnet wurden, weicht die nachrichtliche Übernahme dieser Grenze der Aschaff im rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 17/05 von den Ergebnissen der Neuüberrechnung ab. Sie trifft so nicht mehr zu und bedarf zur Vermeidung von Rechtsunklarheiten der Korrektur bzw. Aktualisierung im Bebauungsplan.
Damit wird auch das aus Gründen des Hochwasserschutzes im rechtsverbindlichen Bebauungsplan festgesetzte Regenrückhaltebecken an der Strietwaldstraße nicht mehr benötigt.
An dieser Stelle ist aus stadtplanerischer Sicht eine bauliche Entwicklung sinnvoll und gewünscht. Dies spiegelt sich auch in einer Bauvoranfrage vom 20.06.2018 wider: der aktuell in der Mühlstraße 102 bestehende Lebensmittelmarkt soll an die Stelle des festgesetzten Regenrückhaltebeckens an der Strietwaldstraße verlagert und neu errichtet werden. Gleichzeitig beabsichtigt der Grundstückseigentümer, ein Mehrfamilienhaus mit Parkdeck an der Stelle des ehem. Lebensmittelmarktes zu errichten.
Am 06.11.2018 wurde ein positiver Bauvorbescheid für den Neubau des Lebensmittelmark-tes (Penny) erteilt. Für das Wohnbauvorhaben wurde allerdings kein positiver Bauvorbescheid erteilt, da eine Wohnnutzung im festgesetzten Gewerbegebiet „GE“ planungsrechtlich unzulässig ist.
Eine planungsrechtliche Zulässigkeit für eine Wohnnutzung kann nur durch Änderung des Bebauungsplanes in ein Mischgebiet oder durch Aufhebung des Bebauungsplans und einer dadurch bedingten Zulässigkeit der Wohnbebauung nach § 34 BauGB (Einfügungsgebot in die Eigenart der näheren Umgebung) erzielt werden: Der Gebietscharakter nach § 34 BauGB entspräche einem Mischgebiet, in dem Wohngebäude allgemein zulässig sind (gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO).
Die Genehmigungsfähigkeit für eine Wohnnutzung ist vom Ausgang des gewählten Aufhebungsverfahrens zur Teilaufhebung des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes abhängig.
Erläuterung zum bisherigen Verfahrensverlauf der Teilaufhebung bis zur öffentlichen Auslegung
Der Stadtrat hat am 08.10.2018 den Billigungsbeschluss zum Vorentwurf zur Teilaufhebung vom 03.09.2018 und den Beschluss zur Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 1 BauGB und der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB gefasst.
Diese wurde durch öffentlichen Aushang des vom Stadtrat gebilligten Vorentwurfs im Zeitraum vom 03.12.2018 bis 21.12.2018 bzw. bis 11.01.2019 durchgeführt. Während der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit sind keine Stellungnahmen eingegangen.
Während der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sind 22 Stellungnahmen eingegangen.
Aus den Ergebnissen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und der frühzeitigen Behördenbeteiligung konnte der Vorentwurf zur Teilaufhebung vom 03.09.2018 unverändert beibehalten werden.
Folglich hat der Stadtrat am 06.05.2019 den Billigungsbeschluss zum unveränderten Entwurf zur Teilaufhebung des Bebauungsplanes vom 03.09.2018 und den Beschluss zur Durchführung der öffentlichen Auslegung gem. § 3 Abs. 2 BauGB gefasst.
Diese wurde durch öffentlichen Aushang des vom Stadtrat gebilligten Entwurfs im Zeitraum vom 27.05.2019 bis 19.07.2019 durchgeführt.
Während dieser öffentlichen Auslegung haben sich zum Teil massive Einwendungen aus der Öffentlichkeit und der ansässigen Gewerbetreibenden sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange oder städtischen Dienststellen gegen die Teilaufhebung ergeben.
Nach der Auswertung der so nicht erwarteten Einwendungen aus der Öffentlichkeit ist die Weiterführung des Teilaufhebungsverfahrens unter Berücksichtigung der bisherigen Vorstellungen sehr fraglich: Die Fortführung des Teilaufhebungsverfahrens birgt das Risiko, dass Klage gegen den Bebauungsplan erhoben wird.
Dies könnte ein langwieriges Normenkontrollverfahren mit einem evt. Ergebnis einer unwirk-samen Teilaufhebung nach sich ziehen.
Aus diesem Grund empfiehlt die Stadtverwaltung die Einstellung des Verfahrens.
Gleichzeitig empfiehlt die Stadtverwaltung, den Teilbereich, der von der Aufhebung des Bebauungsplans betroffen ist, erneut positiv zu überplanen. Hierzu ist ein Stadtratsbeschluss zur Änderung des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Aschaff, östlicher Begrenzung, Mühlstraße und Strietwaldstraße (Nr. 17/05) im Bereich zwischen Mühlstraße, Strietwaldstraße und festgesetzter nördlicher und östlicher öffentlicher Grünfläche erforderlich.
Dieser Beschluss soll ebenfalls in der heutigen Sitzung des PVS gefasst werden.
Information des Investors zur Abhängigkeit der Realisierung des Neubaus des Lebensmittelmarktes mit der geplanten Wohnbebauung
Der Investor teilte dem Stadtplanungsamt am 04.08.2020 schriftlich mit, dass der neue Lebensmittelmarkt Penny aus wirtschaftlichen Gründen nur neu gebaut werden kann, wenn auf dem Standort des alten Marktes die vorgesehene Wohnbebauung genehmigt wird.
Wie eingangs erwähnt, besteht die Problematik einer Realisierung dieser vorgesehenen Wohnbebauung darin, dass eine Wohnnutzung im festgesetzten Gewerbegebiet „GE“ planungsrechtlich unzulässig ist.
Eine planungsrechtliche Zulässigkeit für eine Wohnnutzung kann nur durch Änderung des Bebauungsplanes in ein Mischgebiet oder durch Aufhebung des Bebauungsplans und einer dadurch bedingten Beurteilung der Wohnbebauung nach § 34 BauGB (Einfügungsgebot in die Eigenart der näheren Umgebung) erzielt werden.
Zu 1: Bericht über das Ergebnis der öffentlichen Auslegung, der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange und der Bürgeranhörung während der öffentlichen Auslegung
Während der öffentlichen Auslegung der Teilaufhebung des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Aschaff, östlicher Begrenzung, Mühlstraße und Strietwaldstraße (Nr. 17/05) im Bereich zwischen Mühlstraße, Strietwaldstraße und festgesetzter nördlicher und östlicher öffentlicher Grünfläche im Zeitraum vom 27.05.2019 bis 19.07.2019 und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sind insgesamt 45 schriftliche Stellungnahmen eingegangen. Hiervon wurden in insgesamt 32 schriftlichen Stellungnahmen Anregungen und Hinweise zur Teilaufhebung vorgebracht.
22 Stellungnahmen mit Anregungen und Hinweise stammen aus der Öffentlichkeit. 10 der insgesamt 23 Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange oder städtischen Dienststellen beinhalten Anregungen und Hinweise.
Wie aus der Tabelle zu den eingegangenen Stellungnahmen der Öffentlichkeit hervorgeht, beziehen sich die Einwendungen der Öffentlichkeit vor allem auf eine gewünschte zukünftige Wohnbebauung eines Eigentümers in einem von der Teilaufhebung betroffenen Gebietsteil. Sie befürchten, dass durch die bestehende Wohnbebauung im Umfeld i.V.m. der zukünftigen Wohnbebauung eine unerträgliche Verkehrsbelastung der stark belasteten Verkehrssituation der angrenzenden Straßen entsteht. Weiterhin befürchten sie aufgrund der Lärmimmissionen durch das erwartete, höhere Verkehrsaufkommen i.V.m. dem Schwerlastverkehr der bestehenden gewerblichen Nutzungen gesundheitliche Schäden und die Gefahr für Leib und Leben.
Wie aus der Tabelle zu den eingegangenen Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange oder städtischen Dienststellen hervorgeht, handelt es sich bei den 10 Stellungnahmen mit Anregungen und Hinweisen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange oder städtischen Dienststellen um Anregungen und Hinweise des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Aschaffenburg (Stand des Kartenmaterials, Ungenauigkeit Grundstücksgrenzen im Bereich der Aschaff), der AVG (keine Versorgungsleitungen im inneren Bereich der Teilaufhebungsfläche), des Garten- und Friedhofsamtes (Erhalt bzw. Ausgleich für Begrünung), des Handelsverbandes Bayern e.V.-Bezirk Unterfranken (Unterstützung der Erhaltung der Nahversorgung), der Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH § Co KG (Telekommunikationsanlagen im Plangebiet), der Unteren Naturschutzbehörde (Zustimmung der Regelung der Auflagen der UNB im Umweltbericht), der Unteren Wasserbehörde und des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg (Beachtung des Wasserhaushaltsgesetzes), der Handwerkskammer für Unterfranken, der IHK und des Büros des Oberbürgermeisters-Wirtschaftsförderung.
Die Einwendungen der Handwerkskammer für Unterfranken, der IHK, des Büros des Oberbürgermeisters-Wirtschaftsförderung und von ansässigen Gewerbetreibenden stellen die Befürchtungen zur Diskussion, dass das ansässige Gewerbe im Laufe der Jahre durch Wohnungsbau verdrängt werden könnte. Dies zum einen, weil durch die Planersatzvorschrift des § 34 BauGB Wohnbebauung ermöglicht wird, die eine höhere Wirtschaftlichkeit verspricht als die aktuellen Erträge aus der Vermietung an Gewerbetreibende, was zu einer Mieterhöhung oder einer Kündigung der Vermietung führt.
Zum anderen, weil die Gewerbetreibenden Gebietskonflikte auftreten sehen, wenn sich die Bewohner einer heranrückenden Wohnbebauung über Lärmimmissionen oder einen „Verkehrskollaps“ beschweren.
Nach der Auswertung der so nicht erwarteten, zum Teil massiven Einwendungen aus der Öffentlichkeit und der ansässigen Gewerbetreibenden sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange oder städtischen Dienststellen ist die Weiterführung des Teilaufhebungsverfahrens unter Berücksichtigung der bisherigen Vorstellungen sehr fraglich.
Zu 2: Beschluss zur Einstellung des Verfahrens
Bauleitpläne werden aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben, „sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“ (§ 1 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 8 BauGB).
Dieses Erforderlichkeitsprinzip enthält die Verpflichtung, auf der einen Seite, Bauleitpläne aufzuheben, wenn dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; auf der anderen Seite jedoch die Verpflichtung zur planerischen Zurückhaltung, sofern die Aufhebung eines Bauleitplans die städtebauliche Ordnung nicht herstellen kann, die erwünscht ist.
Im Fall der Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 17/5 wird das Ziel, durch städteplane-rische Maßnahmen die unterschiedlichen privaten und öffentlichen Interessen aufeinander abzustimmen, aufgrund der unter Punkt 1 genannten Einwendungen der Öffentlichkeit, der Behörden und ansässigen Gewerbetreibenden, die in diesem Umfang für die Stadt AB nicht vorhersehbar waren, nicht erreicht. Der Regelungsrahmen der planersetzenden Vorschrift des § 34 BauGB (Einfügungsgebot in die Eigenart der näheren Umgebung) würde damit offenbar überschritten.
Gem. den o.g. Ausführungen birgt die Fortführung des Teilaufhebungsverfahrens des Bebauungsplans Nr. 17/5 das Risiko, dass Klage gegen den Bebauungsplan erhoben wird.
Dies könnte ein langwieriges Normenkontrollverfahren mit einem evt. Ergebnis einer unwirk-samen Teilaufhebung nach sich ziehen.
Aus diesem Grund empfiehlt die Stadtverwaltung die Einstellung des Verfahrens zur Teilaufhebung des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Aschaff, östlicher Begrenzung, Mühlstraße und Strietwaldstraße (Nr. 17/05) im Bereich zwischen Mühlstraße, Strietwaldstraße und festgesetzter nördlicher und östlicher öffentlicher Grünfläche.
Gleichzeitig ergibt sich daraus das Erfordernis, den Teilbereich, der von der Aufhebung des Bebauungsplans betroffen ist, erneut positiv zu überplanen. Hierzu ist ein Stadtratsbeschluss zur Änderung des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Aschaff, östlicher Begrenzung, Mühlstraße und Strietwaldstraße (Nr. 17/05) im Bereich zwischen Mühlstraße, Strietwaldstraße und festgesetzter nördlicher und östlicher öffentlicher Grünfläche erforderlich.
Dieser Beschluss soll ebenfalls in der heutigen Sitzung des PVS gefasst werden.