Baulückenkataster Gewerbeflächen - Fortschreibung


Daten angezeigt aus Sitzung:  3. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 02.03.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 3. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 02.03.2021 ö Beschließend 2PVS/3/2/21

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

1. Ausgangssituation

In wachsenden Städten ist laut dem Deutschen Städtetag in den letzten zehn Jahren bei den kurz- bis mittelfristig verfügbaren und marktfähigen Gewerbeflächen ein Rückgang zu verzeichnen. Ansiedlungsanfragen können in der Folge nur unzureichend bedient werden und Nutzungskonkurrenzen steigen. Diese Entwicklung ist auch für die Stadt Aschaffenburg zu beobachten, wo ein städtisches Gewerbeflächenangebot aktuell nicht vorhanden ist.

Im Rahmen der Fortschreibung des Baulückenkatasters durch das Büro Baader Konzept wurden neben den Wohnbauflächen auch die gewerblichen Flächen erfasst und eine neue Einteilung der einzelnen Flächenkategorien vorgenommen. Im Baulückenkataster werden die gewerblichen Flächen in die Kategorien „Gewerbebrache mit Restnutzung“, „Gewerbeflächenpotenzial“ und „Konversionsfläche“ unterschieden.

Die „Gewerbebrache mit Restnutzung“ stellt ein noch teilweise gewerblich genutztes Grundstück mit wesentlicher Restnutzung (Leerstand in Gebäudeteilen oder auf Teilflächen) dar.

Unter der Kategorie „Gewerbeflächenpotenzial“ sind ehemals gewerblich genutzte Grundstücke mit oder ohne Gebäudebestand zu verstehen, auf dem keine Nutzung oder nur wesentliche Restnutzung mehr stattfindet und damit ein zukünftig nutzbares Gewerbeflächenpotential darstellt. Darunter zählen auch Grundstücke mit bestehender Gewerbenutzung, die aktuell untergenutzt sind.

Die Konversionsflächen sind eine Sonderform der Gewerbebrache. Darunter werden ehemals militärisch oder verkehrsinfrastrukturell genutzte Flächen z. B. Kasernengelände oder Bahnhofsanlagen, vorwiegend mit größeren Grundstücken oder Grundstücke in größerem Verbund. Diese Sonderform der Gewerbebrache spielt in Aschaffenburg keine Rolle mehr in der Entwicklung der Gewerbeflächen, nachdem die großen Kasernenflächen in den 1990er und 2000er Jahren mit ziviler Nachnutzung aufgesiedelt wurden.

2. Ergebnisse

In den Jahren 2011 bis 2020 veräußerte die Stadt Gewerbeflächen in einer Größenordnung von 7,1 ha. Damit konnten Bestandsunternehmen Entwicklungsmöglichkeiten gegeben und Neuansiedlungen ermöglicht werden. Drei städtische Flächen wurden auf dem Gelände der benachbarten Gemeinde Mainaschaff veräußert. Im betrachteten Zeitraum haben zudem ortsansässige Unternehmen ihre vorhandenen Reserveflächen für ihre Erweiterungszwecke genutzt. Flächenumnutzungen boten ebenfalls Entwicklungsmöglich­keiten, beispielswiese im Hafen. Es mussten aber auch Standortverkleinerungen verkraftet werden, die in der Konsequenz für andere Betrieben räumliche Entwicklungsoptionen bedeuten.

Es wurden zum Stichtag 01.01.2020 im gesamten Stadtgebiet von Aschaffenburg insgesamt 76 gewerbliche Brachflächen bzw. Gewerbepotenziale sowie 41 Brachflächen mit einer Restnutzung auf einer Gesamtfläche von 26,2 ha erfasst. Fast alle Flächen befinden sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Aus dem Kataster lässt sich aber auch erkennen, dass Aschaffenburg über keine großen zusammenhängenden Gewerbeflächen mehr verfügt. Es handelt sich bei den Flächen um kleinere Restflächen.

Die wirtschaftliche Entwicklung am Standort Aschaffenburg ist seit dem Konjunktureinbruch 2009 positiv verlaufen. Als Oberzentrum der Region Bayerischer Untermain und als Teil der Metropolregion FrankfurtRheinMain hat Aschaffenburg weiterhin beste Zukunftsvoraus­setzungen, wie der Zukunftsatlas der Prognos AG (2019) erneut bestätigte. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten entwickelte sich positiv und hat ihren vorläufigen Höchststand mit 42.029 Beschäftigten (2019) erreicht. Dabei konnte der Dienstleistungsbereich am deutlichsten Beschäftigte aufbauen. Er stellt bei einer sektoralen Betrachtung mittlerweile 72% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten; der produzierende Sektor 27%. Der Anstieg der Dienstleistungstätigkeiten in den produzierenden Betrieben scheint damit weiter anzuhalten.

Bei den Gewerbemeldungen, die im Betrachtungszeitraum 2010/2020 einen positiven Saldo von rund 800 Meldungen aufwiesen, verzeichneten das Baugewerbe und der Dienstleistungsbereich die größte Dynamik. Bei der ZENTEC, bei der schwerpunktmäßig technologieorientierte Gründungsideen betreut werden, ist eine Tendenz Richtung Gründungsideen mit Dienstleistungshintergrund erkennbar.

In den vergangenen Jahren ist in den Umlandgemeinden eine erhebliche Dynamik bei der Neuausweisung von Gewerbeflächen zu beobachten. Zu den größeren Gebieten zählen das Gewerbegebiet Kreuzäcker der Gemeinde Mainaschaff (ab 2017, 18 ha) und die Erweiterungsflächen im Industriegebiet der Gemeinde Stockstadt (ab Mitte 2019, ca. 13 ha). Dieses Gewerbeflächenangebot der Umlandgemeinden birgt die Möglichkeit von sogenannten „Nah-Wanderungen“ zum Beispiel im Rahmen von betrieblichen Standorterweiterungen oder Standortoptimierungen. Im Einzelfall ist dies zu beobachten. Auch externe Standortinteressenten, die über die Jahre am Standort Aschaffenburg interessiert waren, sind augenscheinlich vereinzelt in den Umlandgemeinden fündig geworden.

Das eingeschränkte Gewerbeflächenangebot im Stadtgebiet ist vor dem Hintergrund veränderter Anforderungen an einen Betriebsstandort durch den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel zu sehen. Der Deutsche Städtetag plädiert daher dafür, von Wirtschaftsflächen zu sprechen. Denn die Erfordernisse der Wirtschaft und Wissenschaft an Flächen geht weit über die Bereitstellung von klassischen Industrie- und Gewerbegebieten hinaus. Die Qualität der Flächen rückt damit in den Fokus. Die positive Entwicklung der Technischen Hochschule Aschaffenburg mit nunmehr 3.300 Studierenden, wachsendem Campus und neuen Studiengängen sowie die Gründung des Digitalen Gründungszentrums sind in diesem Kontext zu sehen. Sie stellen wichtige und aktive Elemente der Wirtschafts- und Strukturentwicklung für die ansässigen Betriebe dar und sind, genauso wie mögliche weitere Transfereinrichtungen alias dem Zewis in Obernburg, auch zukünftig direkt in der Stadt zu halten und zu fördern.

3. Bewertung und Ausblick

Die Anfragesituation nach Gewerbeflächen im Büro des Oberbürgermeisters, Wirtschaftsförderung, ist dynamisch. Sowohl Anfragen angesiedelter Unternehmen mit Erweiterungsabsichten als auch externe Anfragen nach Gewerbeflächen sind kontinuierlich zu verzeichnen. Darunter sind wiederkehrende Anfragen nach großflächigen Logistikflächen oder nach großflächigen Einzelhandelsstandorten mit Nutzungen, die üblicherweise nicht in Innenstadtlage angesiedelt werden. Unterm Strich werden die Gewerbeflächenanfragen von Betrieben des örtlichen Mittelstands für Kapazitätserweiterungen dominiert. Auch Gewerbeflächen, die die Verbindung von Arbeiten und Wohnen ermöglichen, werden gelegentlich angefragt. Die Zahl der Anfragen für Eventflächen ist zudem recht groß. Neben sporadisch über die Jahre immer wieder vorkommenden Anfragen nach Flächenpotentialen für großflächige Freizeitanlagen hat auch die Systemgastronomie mit verschiedenen Konzepten wiederholt am Standort Aschaffenburg Interesse gezeigt. In jüngster Zeit werden auch vereinzelt Flächenanfragen für großflächige Rechenzentren verzeichnet.

Die Ausführungen zeigen, dass die Gewerbeflächensituation bis dato die wirtschaftliche Entwicklung am Standort Aschaffenburg nicht negativ beeinflusst hat. Gleichzeitig ist aber festzustellen, dass die Nachfragesituation nach Gewerbeflächen das Angebot übersteigt.

Die Erarbeitung eines Wirtschaftsförderungs-Konzepts mit zukünftigen Entwicklungszielen wird daher empfohlen. Auch die Entwicklung von Vergabekriterien für zukünftige städtische Gewerbeflächen ist richtig und angebracht, um Flächen entsprechend den städtischen Entwicklungsvorstellungen vergeben zu können. Die Vergabekriterien sollten dann entwickelt und verabschiedet werden, wenn die Verfügbarkeit städtischer Flächen absehbar ist. Eine Annäherung an die Thematik erfolgt im kommenden Wirtschaftsförderungsausschuss (17.03.2021) durch einen Expertenvortrag. Entsprechende Anträge aus dem Stadtrat liegen bereits vor.

Die zukünftigen Mobilisierungsinitiativen, aufbauend auf dem vorliegenden Innenentwicklungs-kataster werden systematisiert und wiederkehrend zwischen Stadtplanungsamt und dem Büro des Oberbürgermeisters abgestimmt. Dabei wird die Bestandspflege und Förderung der bestehenden Gewerbegebiete ein wichtiger Teil sein und soll die Priorität der kommenden Jahre darstellen.

Diese zweite Stufe der Analyse erfolgt im Kontext der gesamten Wohnungsbauentwicklung. Dabei sollen weitere Analysedaten des Wohnstandortes Aschaffenburg ausgewertet und auch der in den letzten Jahren verstärkt geförderte preiswerte Wohnungsbau evaluiert werden. Es ist vorgesehen ein Gesamtergebnis der Analyse Ende des Jahres dem Stadtrat vorzustellen.

.Beschluss:

Der Stadtrat nimmt den Bericht der Verwaltung über die Gewerbeflächensituation und die Fortschreibung des Baulückenkatasters zur Kenntnis (Anlage 2).

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 05.05.2021 08:04 Uhr