Der „Weinberg am Stiftsberg“ ist seit Februar 2019 an die Geschwister Katrin und Dieter Orth zum Anlegen eines Weinbergs verpachtet. Die Terrassenflächen waren zuvor an verschiedene Pächter mit der Zielgebung verpachtet, einen Weinberg anzulegen und zu bewirtschaften. Dies ist u. a. wegen des hohen Arbeitsaufwandes gescheitert.
Die Geschwister „Orth“ beabsichtigen die Nutzung und Wiederanlage der ehemaligen Rebflächen auf den Grünflächen (Flur-Nr. 687 (Teilfläche), 957 (Teilfläche) Nr. 22, Nr. 25/1. Diese Grundstücksflächen liegen im Außenbereich im historischen Stadtzentrum am Steilhang zwischen der Stiftskirche und dem Löhergraben (Löherstraße). Sie sind Teil des sog. Stiftsberges. Die Hangterrassen zwischen Stiftsgasse und der Löherstraße haben daher neben ihrer ökologischen Funktion eine große Bedeutung für das Stadtbild und die Stadtgeschichte. Der Stiftsberg ist als Kulturdenkmal geschützt. Durch sporadische Pflegemaßnahmen vor der Verpachtung hat sich der anfangs spärlich vorhandene Götterbaumbestand auf den Grünflächen der Hangterrassen massiv ausgebreitet. Deshalb beantragen die Pächter die Fällung von 3 Götterbäumen. Zwei Bäume stehen auf der angrenzenden Grundstücksfläche, ein Baum steht auf dem Flurstück Nr. 687 oberhalb des Fußweges an der Löherstraße. Nach Pächtereinschätzung ist eine Anlage der Weinrebenpflanzung sowie die Grundstücksbewirtschaftung aufgrund der starken Vermehrung und Ausbreitung der Götterbäume durch die weitreichenden Wurzelwerke, zahlreicher starkwüchsiger Sämlinge und Wurzelsprosse sehr stark beeinträchtigt. „Nachgewiesen ist, dass sich das Wurzelsystem eines Baumes in einem Umkreis von 45m ausbreiten kann. Nach Rodung des Mutterbaums können in einem Umkreis von 20 m zahlreiche Stockausschläge auftreten. Das Wurzelsystem kann an Bauten Schäden anrichten“, Dr. Beate Wende, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Derzeit sei daher eine Weinrebenbepflanzung auf einigen Flächen nicht möglich und nur durch die Fällung der Bäume könne ein weiterer Aufwuchs von Götterbäumen unterbunden werden. Zudem seien bereits erste Schädigungen an den Weinbergmauern durch Wurzelsprosse bzw. Jungpflanzen sichtbar. „Langfristig ist unbedingt darauf zu achten, dass die baulichen Anlagen von größerem Bewuchs freigehalten werden“, Dipl. Ing. B. Wombacher, 11.03.2016. Die toxischen Wurzelausscheidungen dieser Baumart unterdrückten zudem das Aufkommen bzw. das Wachstum anderer Pflanzenarten im Umfeld. Das würde dem Ziel der geplanten Anlage des Weinberges sowie eines artenreichen Unterwuchses auf der Weinanbaufläche entgegenstehen. Bei Berührungen der Rinde, Blätter sowie durch den Blütenstaub kann es auch bei Menschen zu allergischen Reaktionen kommen die u. a. Hautreizungen hervorrufen können.
Die drei Götterbäume sind imposante, teils mehrstämmige Großbäume mit ausladendenden Baumkronen, die am Stiftsberg auf der Freifläche sehr markant das Stadtbild prägen. Die Blütenstände und die auffälligen Fruchtstände bis in den Winter hinein bewirken eine optische Aufwertung im Jahresverlauf im ansonsten dicht bebauten Umfeld. Deshalb könnte die Fällung dieser Bäume zu einer negativen Veränderung des Stadtbildes (Ausräumungseffekt) führen, weshalb eine sorgsame Abwägung mit Hilfe der Fachämter vorgenommen wurde.
Das Garten- und Friedhofsamt empfiehlt für eine weinbauliche Bewirtschaftung die Entfernung der Götterbäume im „Weinberg am Stiftsberg“.
Der Schatten- und Wurzeldruck sei für die Weinreben auf Dauer schädlich. Eine Anpflanzung der Reben erweise sich als schwierig. Auch wird durch die Samenbildung und die dadurch entstehende Naturverjüngung die Bewirtschaftung des Weinbergs deutlich erschwert, weshalb eine ständige manuelle Bekämpfung der Austriebe erforderlich sei.
Der Götterbaum auf der ersten Terrasse hat jedoch ein stadtprägendes Bild und ist für das Stadtklima von Bedeutung.
Nach einer aktuellen Begutachtung seien die Götterbäume standsicher, aber bei Sturmereignissen sehr anfällig und in der Regel nicht sehr alterungsbeständig.
Auch das Amt für Hochbau- und Gebäudewirtschaft empfiehlt die zeitnahe Fällung der Bäume.
Bereits bei Sanierungsarbeiten der Natursteinmauern am Weinberg Ende 2017 wurden viele Wurzeln von Bäumen aus den Mauern entfernt. Die Baumwurzeln waren in die Mauerfugen hinein- und weitergewachsen. Durch das Wachstum der Wurzeln wurden Mauersteine in Teilbereichen aus ihrer ursprünglichen Position geschoben, den Fugen Mineralstoffe entzogen und haben zu einer Instabilität an Bereichen der Stützmauer geführt, welche aufwendige Sanierungsarbeiten zur Folge hatten. Mit diesem Vorgang ist durch dauerndes Eindringen von Wurzeln in neuester Zeit wieder zu rechnen.
Obwohl die naturfachliche Beurteilung durchaus auch positive Aspekte im Belassen der Götterbäume sieht, würde auch das Amt für Umwelt und Verbraucherschutz der Baumfällung zustimmen.
Der Götterbaum (Ailanthus altissima) zählt zu den nicht heimischen Bäumen, sondern zu den eingeführten/eingewanderten schnellwüchsigen und vermehrungsstarken Laubbaumarten. Er wurde 2019 auf die Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung gesetzt (EU-VO Nr. 1143/2014, Ergänzung. 2019). Das bedeutet, dass eine weitere Ausbreitung dieser Baumart unterbunden werden soll, was sich aufgrund der arttypischen Eigenschaft durch die starke Vermehrung über ein weitverzweigtes Wurzelwerk, Samen und Wurzelsprosse als schwierig erweist.
Die genannten Götterbäume jedoch leisten gerade im Innenbereich durch ihre Anpassung an die durch den Klimawandel hervorgerufenen Veränderungen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Diese Laubbäume haben u.a. positiven Einfluss auf das Mikroklima durch ihre Staubfilterfunktion im Bereich der stark verkehrsfrequentierten Löherstraße, sowie durch die Beschattung und die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit durch eine hohe Verdunstungsrate durch die Belaubung.
Durch die relativ späte Blütezeit im Juni und Juli stellen die Götterbäume zudem eine wichtige Nahrungsgrundlage bevorzugt für Bienen dar.
Für die beantragte Fällung der 3 Bäume wäre eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG erforderlich, da die Fällung innerhalb des Verbotszeitraums von März bis September nach § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG erfolgen würde. Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG kann die Befreiung erteilt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist.
Die Fällung der Götterbäume habe einerseits Vorteile für die Realisierung des Weinbauprojektes und die Bewirtschaftung der Weinbergterrassen, andererseits aber auch negative Auswirkungen auf das Stadtbild und die öffentliche Wahrnehmung der Bäume (durch die stadtbildprägende Wirkung der Bäume), das Kleinklima im Umfeld sowie auf die Fauna durch den Verlust des attraktiven Nahrungsangebotes für Bienen. Es dauere viele Jahre bis eine entsprechende (vom Bestand ausgehende) ökologische Funktionalität durch eine Neuanpflanzung von Bäumen erreicht werde. Sollte einer Fällung durch den Stadtrat zugestimmt werden, kann eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG für die Fällung außerhalb des gesetzlich erlaubten Fällzeitraumes in Aussicht gestellt werden. Bei einer Fällung sind die artenschutzrechtlichen Belange zu berücksichtigen. Vorab sei deshalb eine Prüfung auf Vogelnester/Brutaktivitäten sowie Höhlungen und Spalten als potentielle Lebensräume für Fledermäuse zu prüfen. Als Ersatz für die gefällten Bäume wären darüber hinaus in Absprache mit der unteren Naturschutzbehörde und dem städtischen Gartenamt - zusätzlich zu den geplanten Obstbaumpflanzungen - mindestens 3 neue Laubbäume (Hochstamm, STU 16 -20 cm) mit einer hohen ökologischen Wertigkeit auf der Pachtfläche zu pflanzen und zu pflegen. Nach einer Fällung seien außerdem Wurzelrodungsmaßnahmen notwendig, um eine weitere vegetative Vermehrung über Wurzelausläufer zu unterbinden. Die ausgegrabenen Wurzeln sollten anschließend verbrannt werden.