Das Gebiet zwischen Frühlingstraße, Heimstraße, Fußweg, Odenwaldstraße, Böhmerwaldstraße und Bergstraße ist praktisch durchgängig wohnbaulich genutzt und mit Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern hauptsächlich aus der Epoche ab den 1950er Jahren bebaut. Die Wohnhäuser sind in offener Bauweise straßenbegleitend aufgereiht, teils stehen sie unmittelbar an der Straßenbegrenzungslinie, teils weisen sie einen Abstand zur Straße auf.
Im Abschnitt beidseits der Schweinheimer Straße zwischen dem Kreisel Rhönstraße / Schweinheimer Straße und der Bergstraße bildet die teils villenartig anmutende Bebauung mit Häusern von der Gründer- bis zur Neuzeit den nördlichen Beginn der Ortslage von Schweinheim.
Für das Gebiet existiert kein Bebauungsplan, planungsrechtlich zählt es zu einem „im Zusammenhang bebauten Ortsteil“ im Sinne des § 34 Baugesetzbuch.
Bauvorhaben im Plangebiet unterliegen gemäß § 34 BauGB dem sogenannten „Einfügungsgebot“ – sie müssen sich also „nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung“ einfügen. Insgesamt ist die Situation auch als stabil einzuschätzen und planungsrechtlich über die Beurteilungskriterien des § 34 BauGB beherrschbar, allerdings hat ein kürzlich beantragtes Bauvorhaben auf dem Grundstück Schweinheimer Straße 60 nachbarliche und bodenrechtliche Spannungen verursacht, weil es aufgrund seines Volumens, seiner Gebäudebreite, -tiefe und -gestalt und aufgrund der Zahl der geplanten Wohnungen den baulichen Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Das Bauvorhaben wird in der vorliegenden Form folglich im Sinne des § 34 BauGB als nicht genehmigungsfähig beurteilt, das gemeindliche Einvernehmen soll daher nicht erteilt werden (Behandlung des Baugesuchs im UVS am 20.02.2013).
Der vorliegende Fall zeigt, dass die interpretations- und auslegungsbedürftigen Beurteilungsmaßstäbe des § 34 BauGB rechtliche Unsicherheiten auf Seiten des Bauwerbers und der Nachbarschaft nicht vollständig ausräumen können und somit Interessenskonflikte zwischen allen Beteiligten (Bauherr / Nachbar / Genehmigungsbehörde) verbleiben.
Durch Aufstellung eines Bebauungsplans können die zukünftigen Möglichkeiten zur baulichen Ausnutzung der Grundstücke abschließend geregelt werden, allerdings erlauben die abstrakten Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht die Konservierung des Gebäudebestands.
Den Anträgen von Stadtrat Johannes Büttner vom 21.01.2013 und der SPD-Fraktion vom 25.01.2013 zur Aufstellung eines Bebauungsplans kann gefolgt werden.
Der Bebauungsplan soll mit seinen künftigen Festsetzungen im Wesentlichen folgende Planungsziele verfolgen:
- Erhalt der Grundstruktur des vorhandenen Gebietes mit seiner offenen Bauweise und dem Bestand entsprechenden Gebäudebreiten, Bautiefen und Grundstücksausnutzungen.
- Erhalt des Charakters eines Allgemeinen Wohngebietes mit aufgelockerter Bebauung
- Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung (GRZ, GFZ, Geschosszahl) in Orientierung am Bestand, Zulässigkeit von maximal 3 Vollgeschossen, Begrenzung der Wohnungsanzahl
- Gestalterische Einpassung von Neubauvorhaben durch Wahrung der vorherrschenden Dachlandschaft
Da der Bebauungsplan in enger Orientierung an der baulichen Ausprägung und Typik des Gebietsumgriff erfolgt und der sich aktuell aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert werden soll, kann für die Aufstellung des Bebauungsplanes das vereinfachte Verfahren gemäß § 13 BauGB angewendet werden.
Auf die Erstellung des für Bebauungspläne im vereinfachten Verfahren nicht notwendigen „Umweltberichtes“ nach § 2a Nr.2 BauGB kann verzichtet werden; gleichwohl sind Belange von Natur und Landschaft in der planerischen Abwägung entsprechend zu würdigen.
Eine Veränderungssperre ist aus stadtplanerischer Sicht zur Sicherung der Bauleitplanung aktuell nicht geboten, sie würde vielmehr für eine unnötige Behinderung der kontinuierlich auftretenden kleineren baulichen Maßnahmen im Plangebiet zur Anpassung des Baubestandes an die heutigen Wohnbedürfnisse sorgen. Bauvorhaben, die den Planungszielen widersprechen, können auf Basis des § 15 BauNVO für den Zeitraum eines Jahres zurück gestellt werden. Sollte sich im Verlauf des Bebauungsplanverfahrens zeigen, dass im Gebiet verstärkt eine unverträgliche und den Planungszielen widersprechende Neubautätigkeit einsetzt, kann das Instrument der Veränderungssperre zu einem späteren Zeitpunkt immer noch beschlossen werden.