Zur Einleitung und Erläuterung wird zu Beginn kurz die rechtliche Grundlage beschrieben und später auf die bestehende Situation in Aschaffenburg eingegangen.
Rechtliche Grundlagen
Am 25. Juni 2002 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und die Bekämpfung von Umgebungslärm (EU-Umgebungslärmrichtlinie – EU-ULR). Die Richtlinie wurde mit dem „Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm“ vom 24.06.2005 mit den §§ 47 a-f Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) umgesetzt in deutsches Recht.
Ziel der Richtlinie ist es, ein europaweites Konzept zur Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm festzulegen. Dadurch sollen vorzugsweise schädliche Auswirkungen durch Umgebungslärm verhindert, vermieden oder vermindert werden. Sie verpflichtet daher die Mitgliedstaaten in einem vorgegebenen Zeitrahmen
- zur Erfassung der Lärmbelastung durch Lärmkarten,
- zur Information der Öffentlichkeit über die Lärmkarten,
- zur Aufstellung von Aktionsplänen bei problematischen Lärmsituationen unter Mitwirkung der Öffentlichkeit und
- zur Information der EU-Kommission über die Ergebnisse der Kartierung und Aktionsplanung in ihrem Hoheitsgebiet.
Nach der EG-Umgebungslärmrichtlinie waren bis 30.06.2007 Lärmkarten für große Ballungsräume sowie für die am stärksten befahrenen Hauptverkehrswege und für die Großflughäfen auszuarbeiten. Nach fünf Jahren, in einer 2. Stufe, mussten die Lärmkarten zusätzlich für weitere Ballungsräume sowie für sämtliche Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken ausgearbeitet bzw. aktualisiert werden (siehe Tabelle). Aktionspläne sind jeweils ein Jahr später zu erstellen. Danach ist mindestens alle fünf Jahre eine Überprüfung und bei Bedarf eine Überarbeitung erforderlich.
Kartierung / Aktionspläne für
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Stufe 1:
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Stufe 2:
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Ballungsräume
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> 250.000 Einwohner
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> 100.000 Einwohner
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Hauptverkehrsstraßen
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> 6 Mio. Kfz/a (16.400 Kfz/24 h)
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> 3 Mio. Kfz/a (8.200 Kfz/24 h)
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Haupteisenbahnstrecken
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> 60.000 Züge/a (164 Züge/24 h)
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> 30.000 Züge/a (82 Züge/24 h)
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Großflughäfen
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> 50.000 Bewegungen/a
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> 50.000 Bewegungen/a
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Zur Erläuterung:
? Ein Ballungsraum ist ein Gebiet mit einer Einwohnerzahl von über 100.000 und einer Bevölkerungsdichte von mehr als 1000 Einwohnern pro Quadratkilometer
? Eine Hauptverkehrsstraße ist eine Bundesfernstraße, Landesstraße oder auch sonstige grenzüberschreitende Straße
? Eine Haupteisenbahnstrecke ist ein Schienenweg von Eisenbahnen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz
Lärmkarten sind graphische und zahlenmäßige Darstellungen der Lärmbelastung in einem Gebiet. Diese sind getrennt für jede Lärmart, d.h. für Straßen-, Schienen- und Flugverkehr aufzustellen. In Ballungsräumen ist zusätzlich der Lärm zu kartieren, der von großen Industrieanlagen ausgeht. Lärmkarten beinhalten z.B. neben einer grafischen Darstellung der Lärmsituation eine zahlenmäßige Wiedergabe der Lärmbelastung, sowie tabellarische Angaben über die geschätzte Zahl von Menschen, die in diesen Gebieten wohnen und einer bestimmten Lärmbelastung ausgesetzt sind. Lärmaktionspläne sind Pläne zur Regelung von Lärmproblemen und Lärmauswirkungen, erforderlichenfalls einschließlich der Lärmminderung. Die Umsetzung der in einem Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen sollen sich nach den hierfür verfügbaren Haushaltsmitteln und nach Maßgabe der festgestellten Prioritäten richten.
Mit der Umgebungslärmrichtlinie wurden für Lärmkarten und – aktionspläne auch neue Lärmindizes LDEN und LNIGHT eingeführt. Diese werden als Maß für die allgemeine Belästigung bzw. als Maß für die Störungen des Schlafes verwendet. Der Level (Pegel) LDEN ist ein über 24 Stunden gemittelter Lärmindex, der aus den Pegeln LDay, LEvening und LNight für die Beurteilungszeiten Tag (06:00 – 18:00 Uhr), Abend (18:00 – 22:00 Uhr) und Nacht (22:00 – 06:00 Uhr) ermittelt wird. Die deutsche Gesetzgebung unterscheidet weiterhin nur die verschiedenen Lärmpegel zwischen Tag (06:00 – 22:00 Uhr) und Nacht (22:00 – 06:00 Uhr).
Zuständigkeiten in Bayern
Die Zuständigkeiten für die Ausarbeitung von Lärmkarten und –aktionsplänen sind u.a. im Bayerischen Immissionsschutzgesetz geregelt. Bei Bundes- und Staatsstraßen ist das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) für die Aufstellung und die Veröffentlichung von Lärmkarten verantwortlich. Die Ausarbeitung der Lärmaktionspläne hingegen ist Sache der Gemeinden: Die Stadt Aschaffenburg ist damit zuständig für die Erstellung der Lärmaktionspläne an Bundes- und Staatsstraßen im Stadtgebiet.
Für Hauptschienenstrecken ist die Ausarbeitung und Veröffentlichung sowohl von Lärmkarten als auch von Lärmaktionsplänen (seit 01.01.2015) dem Eisenbahn-Bundesamt zugewiesen.
Situation in Aschaffenburg
Die Stadt Aschaffenburg hat im Juli 2008 die Aufstellung eines Lärmaktionsplanes für staatliche und kommunale Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 6 Mio Kfz/Jahr beschlossen, der Lärmaktionsplan ist seit Oktober 2011 in Kraft und die Maßnahmen werden sukzessive umgesetzt. Damit ist die 1. Stufe der Lärmaktionsplanung in Aschaffenburg abgeschlossen.
Für die 2. Stufe der Lärmaktionsplanung wurden durch das Bayerische Landesamt für Umwelt Ende 2013 die Lärmkarten für die Bundes- und Staatsstraßen mit einer jährlichen Verkehrsbelastung von größer 3 Mio. Kfz im Internet veröffentlicht (http://www.lfu.bayern.de/laerm/eg_umgebungslaermrichtlinie/kartierung/index.htm). Verbindliche Auslösewerte für eine Lärmaktionsplanung bestehen nicht, seitens des LfU werden fachlich Straßenlärmpegel LDEN > 67 dB(A) oder LNIGHT > 57 dB(A) genannt. Gemäß den Lärmkarten wären in Aschaffenburg von diesen Pegeln 1000 bzw. 1.200 Personen betroffen.
In den Lärmkarten des LfU ist jedoch noch nicht die geänderte Verkehrssituation in Aschaffenburg abgebildet, die den Berechnungen zugrundeliegenden Verkehrszahlen stammen aus der staatlichen Verkehrszählung 2010. Alle nach dieser Zählung auf den untersuchten Straßenabschnitten stattgefundenen Änderungen der Verkehrsbelastungen sind somit nicht in den Lärmkarten berücksichtigt, so z.B. die aufgetretenen Verlagerungseffekte durch den 2013 fertiggestellten Ringschluss Ost. Eine Lärmaktionsplanung, durchgeführt auf dieser Datenbasis, hätte somit zu falschen Ergebnissen geführt. Nachdem aber jetzt die neuen verkehrlichen Belastungen mit der im Februar 2015 im Stadtrat vorgestellte Bestandsanalyse vorliegen, kann die 2. Stufe der Lärmaktionsplanung angegangen werden.
Als nächster Schritt zur Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie ist daher die Aufstellung eines Lärmaktionsplanes für Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 3 Mio Kfz/Jahr (= 8.200 Kfz/24 h) vorgesehen. Analog der bisherigen Vorgehensweise sollen auch jetzt neben den Bundes- und Staatsstraßen (Pflichtaufgabe) auf freiwilliger Basis erneut die kommunalen Straßenabschnitte mit entsprechender Verkehrsbelastung betrachtet werden. Grundlage für die Straßenauswahl und die Aufnahme in den Lärmaktionsplan ist die schon erwähnte Bestandsanalyse 2014 der Stadt Aschaffenburg. In Anlage 1 sind die Straßenabschnitte dargestellt, welche nach dieser Analyseumlegung eine DTV größer/gleich 8.200 Kfz/24h aufweisen.
Für drei gekennzeichnete Straßenabschnitte kann aber schon jetzt eine fehlende Betroffenheit von Anwohnern festgestellt werden. Die Stadtverwaltung schlägt daher vor, diese Abschnitte nicht weiter zu untersuchen. Diese wären:
- Neue Glattbacher Straße (zwischen Inselstraße und Schönbornstraße)
- Alois-Alzheimer-Allee (zwischen Am Krämersgrund und Am Hasenkopf) und
- Großostheimer Straße (zwischen Willigisbrücke und Adenauerbrücke)
Aufgrund der Komplexität der Aufgabe soll die Aufstellung des Lärmaktionsplanes durch ein Gutachterbüro begleitet werden, welches die Stadtverwaltung sowohl bei den benötigten Lärmberechnungen, bei der Ausarbeitung der Planung und der Öffentlichkeitsbeteiligung unterstützen kann. Angebote werden nach der Zustimmung des UVS eingeholt. Im Haushalt 2015 sind hierzu unter der Hhst. 0.1141.6551 bereits 30.000 € eingeplant. Aufgrund der voraussichtlichen Dauer der Entwurfsaufstellung ist jedoch wahrscheinlich, dass in 2015 nicht die kompletten Mittel beansprucht werden. Im Haushalt 2016 müssen daher die entsprechenden Mittel neu beantragt und bereitgestellt werden.
Mit der Aufstellung eines Lärmaktionsplanes werden i.d.R. Maßnahmen zur Lärmminderung beschlossen. Da sich die Maßnahmen jedoch erst im eigentlichen Aufstellungsverfahren ergeben, können zur Höhe der Folgekosten zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen getroffen werden.
Von der Stadtverwaltung wird daher folgendes weiteres Vorgehen vorgeschlagen:
- Ausarbeitung eines Lärmaktionsplanentwurfes für die Orte in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen i.S.d. EU-Umgebungslärmrichtlinie (Bundes- und Staatsstraßen mit mehr als 3 Mio Kfz/Jahr) und Erweiterung des Lärmaktionsplanes auf freiwilliger Basis um die kommunalen Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 3 Mio Kfz/Jahr gemäß Anlage 1. Ausgenommen sind hierbei folgende Straßenabschnitte
- der Neuen Glattbacher Straße (zwischen Inselstraße und Schönbornstraße),
- der Alois-Alzheimer-Allee (zwischen Am Krämersgrund und Am Hasenkopf) und
- der Großostheimer Straße (zwischen Willigisbrücke und Adenauerbrücke).
- Einbeziehung eines Beratungsbüros, welches die Stadtverwaltung bei der Ausarbeitung des Lärmaktionsplanes sowohl fachlich als auch bei der Einbindung der Öffentlichkeit unterstützt
Bei der Erarbeitung eines Lärmaktionsplanes sind die jeweiligen Ämter und Behörden zu beteiligen. Die Federführung für die Ausarbeitung des Lärmaktionsplanes liegt beim Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Stadt Aschaffenburg. Nach Ausarbeitung des Aktionsplanentwurfes und vor der benötigten Beteiligung der Öffentlichkeit wird der Stadtrat erneut eingebunden.