In der Sitzung des Werksenats am 20.09.2012 SPNr. WS/6/6/12 wurden unter TOP 5 fünf Punkte beschlossen, die als Auftrag an die Verwaltung definiert, in der jeweiligen Straßenreinigungssatzung bzw. Gebührensatzung für die Straßenreinigung umgesetzt werden sollten. Einer von diesen 5 Punkten betraf die Festlegung, dass ab 01.01.2013 alle Straßen in den Stadtteilen Gailbach und Obernau in das Anschlussgebiet der Straßenreinigungsatzung aufgenommen und in die Reinigungsklasse 1 eingeordnet werden sollen. Die Verwaltung hat in der Sitzung des Werksenates am 08.11.2012 unter TOP 9 SPNr. WS/7/11/12 öffentlich vier von den zuvor genannten Punkten der Sitzung aus dem September durch eine entsprechende Änderung der Gebührensatzung für die Straßenreinigung vorberatend umgesetzt. Dieser Beschluss wurde einstimmig gefasst. Die entsprechende Bestätigung dieses Beschlusses fand dann ebenfalls einstimmig in der öffentlichen Sitzung des Stadtrates, Plenum SPNr. PL/15/12/12 am 19.11.2012 unter TOP 12 Änderung der Gebührensatzung für die Straßenreinigung – Erlass einer Änderungssatzung statt. Mittlerweile wurde der Beschluss umgesetzt. Der noch offene Beschlusspunkt – Anschluss der Stadtteile Gailbach und Obernau in das Anschlussgebiet der Straßenreinigungssatzung wurde in der 7. Sitzung des Werksenates vom 08.11.2012 unter TOP 8 Änderung der Straßenreinigungssatzung – Erlass einer Änderungssatzung (vorberatend) SPNr. WS/7/10/12 nicht behandelt. Ausweislich der Niederschrift wurde in der Begründung darauf hingewiesen, dass die Straßen der Stadtteile Obernau und Gailbach weiterhin nicht in den Geltungsbereich der Straßenreinigungssatzung aufgenommen sind. Eine Beschlussfassung im Plenum ist hinsichtlich dieses Punktes ebenfalls nicht erfolgt.
Die Grüne Stadtratsfraktion hat am 01.03.2013 die rechtliche Überprüfung des Geltungsbereiches der Straßenreinigungssatzung und der Herausnahme der Stadtteile Gailbach und Obernau beantragt.
Zu diesem Zweck wurde die Regierung von Unterfranken zu einer diesbezüglichen Stellungnahme aufgefordert. Den Ausführungen ist im Wesentlichen folgendes zu entnehmen:
Die Begrenzung des räumlichen Geltungsbereichs der Straßenreinigungssatzung der Stadt Aschaffenburg auf bestimmte Teile des Stadtgebietes ist trotz des bestehenden Anschluss- und
Benutzungszwangs der Straßenreinigungsanstalt gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO grundsätzlich möglich. Der Stadt Aschaffenburg steht diesbezüglich ein weiter Ermessensspielraum zu. Das Ermessen ist unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes und innerhalb der Grenzen der bestehenden Ermächtigungsgrundlagen auszuüben. Die Abwägung muss daher nach sachlichen Gesichtspunkten, unter Berücksichtigung der Gründe des öffentlichen Wohls, dem Interesse der Allgemeinheit und den Aufgaben und Zielsetzungen der Straßenreinigungsanstalt erfolgen.
Nach Auffassung der Regierung von Unterfranken ist zur konkreten Entscheidung der Frage, ob die Stadtteile Gailbach und Obernau weiterhin aus dem Geltungsbereich der Straßenreinigungssatzung ausgenommen bleiben können, eine aktuelle Abwägung anhand der genannten Kriterien vorzunehmen.
Hierzu lässt sich an sachlichen Gründen zunächst folgendes feststellen:
Die Einwohnerdichte der bebauten Bereiche (in EW/km²) ist in den beiden Stadtteilen Obernau und Gailbach bezogen auf das gesamte Stadtgebiet am geringsten (ca. 4508 / 4144). Am nächsten kommen dem die Stadtteile Strietwald (ca. 4883), Aschaffenburg-Ost (ca. 5013) und Schweinheim (ca. 5544). Die höchste Einwohnerdichte weist die Österreicher Kolonie auf (ca. 7560). Der Gebietscharakter der beiden Stadtteile Obernau und Gailbach ist hauptsächlich durch Wohnbauflächen geprägt. Entlang der Ortsdurchgangsstraßen befinden sich gemischte Bauflächen. Die Anfahrtstrecke zu den Stadtteilen Obernau und Gailbach ist vergleichsweise lang. In den Stadtteilen besteht eine jahrelange, aus Reinigungsgesichtspunkten zufriedenstellend gelebte Praxis der Eigenreinigung durch die Bürger, die auch dem dörflichen Charakter der Stadtteile zuzurechnen ist. Von der Zumutbarkeit der Straßenreinigung durch die Bürger ist im Hinblick auf die Gefährlichkeit ihrer Durchführung sowohl in Obernau als auch in Gailbach auszugehen. Durch die Umgehungsstraße von Obernau ist nunmehr auch dort die Verkehrsbelastung gesunken.
Hinsichtlich der Kapazität der Reinigungsanstalt ist festzuhalten, dass es mit einer kurzen Anlaufphase möglich wäre die beiden Ortsteile mit einzuplanen. Hierfür müssen eine Fahrbahn-Kehrmaschine und eine Kleinkehrmaschine im Zwei-Schichtbetrieb fahren. Sprungkosten durch zusätzliche Kehrmaschinen sind nicht zu erwarten. Erforderlich wäre aber die Einstellung und Einarbeitung eines weiteren Fahrers. Mit der derzeitigen Personalstärke ist die Straßenreinigung in den Stadtteilen Gailbach und Obernau nicht durchführbar.
Im Übrigen lassen sich weder aus den Aufgaben noch aus den Zielen der Straßenreinigungsanstalt Gründe gegen die Einbeziehung der beiden Stadtteile herleiten. In anderen Aschaffenburger Stadtteilen sind Straßen mit vergleichbarer Verkehrsbelastung an die Straßenreinigungsanstalt angeschlossen. Es ist zu berücksichtigen, dass eine Gleichbehandlung aller Bürger der Stadt Aschaffenburg im Hinblick darauf zu gewährleisten ist, dass Straßenkehricht in jedem Stadtteil anfällt.
Weiterhin stellen nach den Ausführungen der Regierung von Unterfranken private Interessen einer Bevölkerungsgruppe, die z.B. durch Befragung der Anwohner eines Ortsteils ermittelt werden, kein ausschlaggebendes Kriterium für die erforderliche Ermessensentscheidung dar. Die zeitweise Fortgeltung alten Ortsrechts im Zuge der Eingemeindung kann jedenfalls nicht mehr als Entscheidungskriterium herangezogen werden. Für Gailbach gilt seit 01.01.1976 und für Obernau seit 14.12.1979 hinsichtlich der Straßenreinigung das Ortsrecht der Stadt Aschaffenburg. Getroffene Festlegungen in Eingemeindungsverhandlungen dürften nach Auffassung der Regierung keine Wirkung mehr entfalten. Selbst etwaige Eingemeindungsverträge hätten lediglich den Charakter von Übergangsregelungen, so dass nach einem Zeitraum von ca. 25 Jahren regelmäßig keine Verpflichtung mehr bestehe daran festzuhalten.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sowohl sachliche Gründe für, als auch gegen den Anschluss der beiden Stadtteile an die Straßenreinigung sprechen. Da lt. Auskunft der Regierung von Unterfranken diesbezüglich ein weiter Ermessungsspielraum der Gemeinde besteht, wird vorgeschlagen, den Beschluss Nr. 1 aus der Sitzung des Werksenats vom 20.09.2012 SPNr. WS/6/6/12 unter TOP 5 formell aufzuheben.