Klärwerk; Filtratwasserbehandlung Vorstellung der Entwurfsplanung


Daten angezeigt aus Sitzung:  5. Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates, 24.06.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt- und Verwaltungssenat 5. Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates 24.06.2020 ö Beschließend 2UVS/5/2/20

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Im biologischen Reinigungsprozess werden neben den Nährstoffen vor allem Stickstoff­ver­bind­ungen abgebaut. Ca. 75% der Stickstoffverbindungen gelangen über den täglichen Zufluss zur Kläranlage, 25% stammen aus der Schlammbehandlung.

Diesem prozentualen Stickstoffverhältnis stehen Abwassermengen von 25.000 m³/d aus dem Zulauf zu 250 m³/d aus der Schlamment­wässerung gegenüber. Damit werden Verfahren, die eine große Stickstoffreduzierung in kleiner Abwassermenge erreichen, interessant.

Projektbeschreibung

Dass, aus der Schlammentwässerung anfallende Filtrat wird in einem Verfahren, Deammonifi­ka­tion genannt, besteht aus der Kombination von zwei Teilprozessen oxidiert.
In dem ersten Prozessschritt wird partiell nitritiert: es findet eine unvollständige Oxidation des Ammoniums zu Nitrit statt. Die Nitritation wird so durchgeführt, dass eine nahezu hälftige Mischung aus Nitrit und Ammonium entsteht.
In einem zweiten Schritt wird das gebildete Nitrit zusammen mit dem verbliebenen Ammonium unter anoxischen Bedingungen (ohne gelöst vorliegenden Sauerstoff) direkt zu molekularem Stick­stoff (N2) umgesetzt.

Im Vergleich zu den klassischen Verfahrensschritten der Nitrifikation und Denitrifikation kann der Energieverbrauch für die Belüftung entscheidend (um ca. 60%) verringert werden, da:
1. nur bis zum Nitrit oxidiert werden muss (Einsparung von ca. 25% gegenüber einer Oxidation zum Nitrat)
2. nur die Hälfte der Ammoniumfracht zu Nitrit oxidiert werden muss.
Aufgrund der sich autotroph ernährenden Planctomyceten entfällt die Bereitstellung von Nähr­stoffen in Form von organi­schen Kohlenstoffquellen.

Ergebnis der Vorplanung

Im Rahmen der Vorplanung wurden Verfahrensvarianten der Deammonifikation untersucht. Ziel war es, die vorhandene Bausubstanz zu nutzen und die Prozesswasserbehandlungsanlage in dem bestehenden Nitrifikationsbecken X unterzubringen.
Im Rahmen der Vorplanung wurden drei Verfahrensvarianten untersucht:
Variante 1: einstufige, zweistraßige Deammonifikation
Variante 1 ist ein einstufiges Verfahren mit vorgeschaltetem Speichervolumen. Diese Vari­ante besteht aus 2 biologischen Reaktoren, die parallel arbeiten und die Deammoni­fikation durchführen. Die einstufige Deammonifikation, bei der die Nitritation und die anaerobe A-mmoniumoxidation in einem Schlammsystem stattfinden, kann im Betrieb anfällig sein für das Einwachsen von Nitrit oxidierenden Bakterien (NOB), weswegen bei der Inbetrieb­nahme und ggf. auch für den Regelbetrieb ein zweistufiger Betrieb mit getrennten Schlamm­system vorteilhaft sein kann.


Variante 2: zweistufige, einstraßige Deammonifikation
Variante 2 ist eine zweistufige Verfahrensvariante. Es werden ebenfalls zwei biologische Reak­toren betrieben. In der ersten Stufe wird die Teil-Nitritation durchgeführt, in der zweiten Stufe die Anaerobe Ammoniumoxidation. Ein Speicher ist vorgeschaltet.  Bei den zweitstufigen Verfahren (Varianten 2 + 3) ist es möglich, die vorhandene Verdichterstation des Hauptstromes zu nutzen. Dieses ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber der Variante 1. Falls einer der beiden biologischen Reaktoren außer Betrieb genommen werden muss, kann die Anlage weiter betrieben werden (ggf. muss dazu vorher Schlamm umgepumpt werden). Durch diese Maßnahme kann auch bei der zweistufigen, einstraßigen Deammonifikation eine Teilausfallsicherheit geschaffen werden.
Variante 3: zweistufige, zweistraßige Deammonifikation
Bei Variante 3 wird das biologische Volumen auf 4 Becken aufgeteilt. Es werden 2 parallele Straßen betrieben, die jeweils eine Nitritations-Stufe und eine Anammox-Stufe umfasst. Im Hinblick auf Flexibilität und Ausfallsicherheit ist diese die beste Variante. In Bezug auf die Anlagenkomplexität, die Betreuung der Anlagentechnik und Messtechnik erhöht sich der Aufwand jedoch wesentlich. Ebenso sind die Investitionen am höchsten.
Empfohlen wurde in der Vorplanung, dass ein flexibler Anlagenbetrieb umgesetzt wird und sowohl eine einstufige, zweistraßige (Variante 1) als auch eine zweistufige, einstraßige (Variante 2) Be­triebs­weise der Deammonif­ikation möglich ist.
Die Vorplanung wurde im Stadtrat am 20.3.2019 vorgestellt. Im Nachgang dazu wurde festgelegt, dass im Zuge von LP3 auch die zweistufige, zweistraßige Deammonifikation vor dem Hintergrund der Redundanz noch einmal betrachtet wird.

Ergebnis der Entwurfsplanung

Im Rahmen der Entwurfsplanung wurde Variante 2 weiter betrachtet. Ausschlaggebend war, dass das zweistufige System im Vergleich zum einstufigen System weniger anfällig für das Einwachsen der NOB ist und angenommen wird, dass sowohl die Inbetriebnahme (IBN) als auch der Regel­betrieb stabiler erfolgen kann als beim einstufigen System. Durch den Erhalt des Belüftersystems im vorgeschalteten Speicher wird erreicht, dass auch bei dieser Verfahrensvariante eine Teil­aus­fallsicherheit erreicht wird. Im Vergleich zu den Varianten 1 und 3 liegen die Investitionen niedriger.

Das nachfolgende Fließschema zeigt die Schlammbehandlung auf dem Klärwerk Aschaffenburg mit der Schlammentwässerung mittels Zentrifuge (Abbildung 6), die seit November 2018 in Betrieb ist.
 


In der Entwurfsplanung wurden die in der Vorplanung angesetzten Auslegungsdaten und Para­meter überprüft.

Die Stickstoffkonzentrationen (Abbildung 7) aus dem Jahr 2019 (Bilanzzeitraum 1) liegen bei 812 mg NH4-N/l und 918 mg TNb und bestätigen die in der Vorplanung als maßgeblich gewählten Konzentrationen von 829 mg/l NH4-N und 926 mg/l TNb.
Die Säurekapazität ist ausreichend.
Für die Prozesswasserbehandlungsanlage ist es wichtig, dass das Zentrat zukünftig möglichst feststofffrei ist. Eine Möglichkeit stark feststoffhaltiges Zentrat in die Vorklärung abzuschlagen ist bereits vorhanden und kann genutzt werden.

Vorgesehene Maßnahmen:

  1. Das vorhandene Becken wird genutzt. Die darin enthaltenen Zwischenwände werden verstärkt, damit sie dem einseitigen Wasserdruck standhalten können. Die Statik dazu liegt bereits vor.
  2. Die im zukünftigen Speicherbecken vorhandene Belüftung wird gereinigt und bleibt erhal­ten.
  3. Die beiden Reaktionsbecken werden mit Belüfterplatten und Rührwerken ausgestattet. Die Belüfterplatten werden an die bestehende Luftzuführung angeschlossen.
  4. Das Speicherbecken und beide Reaktionsbecken werden zur Steuerung der Prozesse und zur Bewirtschaftung mit Pumpen ausgestattet, die umpumpen und abpumpen ermöglichen.
  5. Die Abwärme aus den BHKWs, die bisher über Notkühler entsorgt wurde, wird zur Be­heiz­ung des Speicherbeckens und der Reaktionsbecken verwendet. Dazu werden Rohrver­bin­dungen vom Maschinenhaus zum Becken geschaffen.
  6. Damit die vorhandene Wärme nicht verloren geht, werden sowohl die Nacheindicker als auch die gesamte Filtratwasserbehandlungsanlage abgedeckt.
  7. Die notwendige Steuerungstechnik wird am Rand der Anlage installiert und an das Maschinen­haus angeschlossen.

Kosten nach Kostenberechnung:


Netto
MwSt
Brutto
Bautechnik
256.522,00 €
48.739,18 €
305.261,08 €
Maschinentechnik
331.180,00 €
62.924,20 €
394.104,20 €
EMSR-Technik
299.322,00 €
56.871,18 €
356.193,18 €


Summe:
1.055.558,50 €


Weiteres Vorgehen

Nach Freigabe der Entwurfsplanung durch den Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Aus­führungs­planung beauftragt und auf der Grundlage eines bepreisten Leistungsverzeichnis der Bau- und Finan­zierungs­beschluss zur Umsetzung der Entwurfsplanung dem Stadtrat zur Beschluss­fassung vorgelegt. Im derzeitigen Haushalt sind dazu 1.050.000 Euro eingestellt.

.Beschluss:

I.
1.        Der Entwurfsplanung zur Filtratwasserbehandlung wird zugestimmt.

2.        Die Verwaltung wird ermächtigt, auf Grundlage der Entwurfsplanung die Ausführungsplanung zu beauftragen,  um den Bau- und Finanzierungsbeschluss für das Bauvorhaben herbei¬zu¬führen.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:        ja [ x ]        nein [   ]

Sofern Kosten entstehen:
Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt        ja [ x ]        nein [   ]
Es entstehen Folgekosten        ja [   ]        nein [ x ]
Häufigkeit der Folgekosten        einmalig
[  ]        wiederkehrend
[   ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 13.11.2020 07:56 Uhr