I.
Mit Antrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 15.09.2020 reichte die Firma Petersboden Projekt GmbH & Co.KG eine Bauvoranfrage zum Neubau eines Pflegeheims, einer Kindertagesstätte und einer Service-Wohnanlage mit Tiefgarage auf den Baugrundstücken Fl.-Nrn. xxx, xxx, xxx und xxx, Gem. Aschaffenburg, Clemensstraße xxx, 63743 Aschaffenburg ein.
Für das Gesamtgrundstück ist eine Neukonzeption bestehend aus vier Gebäuden mit einer gemischten Nutzung, welche sich in einem ausgewogenen Verhältnis auf soziale Einrichtungen und Wohnnutzungen verteilt vorgesehen.
Das Bauvorhaben stellt Nutzungseinheiten für den Gemeinbedarf zur Verfügung. Neben einem Neubau für die Pflege (Clemensstraße/ Emilienstraße) ist eine Appartement-Etage im Staffelgeschoss des Gebäudes für die Pflegerinnen und Pfleger und eine Kindertagesstätte mit drei Gruppen im Erdgeschoss des Service-Gebäudes C vorgesehen. Die geplanten Wohnnutzungen sind für die Generation 50+ (Servicewohnen in den Gebäude A, B, C) vorgesehen, wobei das Pflegeangebot des dort ansässigen Ordens mitgenutzt werden kann.
Die Kapelle mit Foyer und Andachtsraum sowie das Schwesternwohnheim bleiben bestehen. Das bestehende Clemensheim (dreigeschossiger Atriumbau an der Clemensstraße) und die bestehende Kindertagesstätte (an der Bertastraße) werden abgebrochen.
Die Stellung der Baukörper am äußeren Rand des Areals, das durch die Straßen Emilienstraße, Clemensstraße und Bertastraße begrenzt wird, soll eine klare stadträumliche Fassung vermitteln.
Durch die Stellung der Baukörper zueinander und ihren räumlichen Verbindungen soll ein spürbarer Zusammenhang aller Nutzungen erfolgen. Es entsteht ein zusammenhängendes und offenes Freiraumsystem mit Quartiersplätzen, Höfen, Gärten und Spielplätzen. Bindeglied ist der zusammenhängende Freiraum als eine Art Nutzerboulevard, der die Gebäude miteinander verbinden soll und sich nach Süden hin öffnet. Die Gliederung und Gruppierung erfolgt im 4-Klang, Bestandsgebäude, Pflegeeinrichtung, südwestliche Service-Wohnblöcke und der südöstliche Abschluss mit Wohnblock und im Erdgeschoss integrierter Kindertageseinrichtung.
Der zentrale Vegetationskorridor mit den abgehenden Höfen und Erschließungen bildet neben der äußeren Fassung des Areals durch die Gebäude die innere stadträumliche Beziehung. Die Grün- und Freiräume verbinden die unterschiedlichen Nutzungen und Gebäudestrukturen. Die Gebäude sollen Gärten, Höfe, Plätze und Spielflächen mit hoher Aufenthaltsqualität umschließen.
Das Baugrundstück verfügt über eine Größe von 8.012 m². Die geplante überbaute Grundfläche liegt bei 3.175 m².
Die Stellplätze der Gemeinnutzungen werden weitgehend oberirdisch, im nördlichen Bereich der Emilienstraße und Clemensstraße, sowie im Bereich der Kindertagesstätte in der Bertastraße nachgewiesen.
Die erforderlichen Stellplätze der Service-Wohnnutzung sollen überwiegend in der Tiefgarage hergestellt werden.
Oberirdisch geparkt wird vorwiegend straßenbegleitend. Von den Parkplätzen bestehen kurze Wege zu den Einrichtungen.
Die erforderlichen Fahrradabstellplätze sollen auf dem Grundstück an geeigneten Standorten nachgewiesen werden.
Im Rahmend der Bauvoranfrage werden zu dem Bauvorhaben folgende Fragen gestellt:
- Nutzungsmischung
Kann der Nutzungsmischung Wohnen und Pflege in der vorliegenden Form zugestimmt werden?
- Geschossflächenzahl GFZ
Kann einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes im vorliegenden Umfang zugestimmt werden?
- Anzahl der Vollgeschosse
Kann der Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes im vorliegenden Umfang zugestimmt werden?
- Abstandsflächen auf eigenem Grundstück
Kann der zum Teil auftretenden Unterschreitung der Abstandsflächen auf eigenem Grundstück auf 0,4 H abweichend zugestimmt werden?
- Ausbau der Anbindung an den Bahnweg
Kann die Stadt Aschaffenburg einer verkehrstechnischen Erschließung an den Bahnweg zustimmmen?
II.
Die Bauvoranfrage beschränkt sich auf die Fragestellung und entfaltet auch nur insoweit Bindungswirkung. Darüberhinausgehende Frage- oder Problemstellungen werden nicht erörtert und sind nicht Gegenstand der Entscheidung.
Das Bauvorhaben befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 06/04 für den Bereich zwischen dem Bahnweg, der Bahnlinie Aschaffenburg-Miltenberg, Adelenstraße, Katharinenstraße, Obernauer Straße und Südbahnhofstraße. Für die Beurteilung gilt die BauNVO 1968. Der Bebauungsplan enthält für das Baugrundstück die folgenden Festsetzungen:
Mischgebiet - MI
bis zu III Vollgeschosse
GRZ 0,4
GFZ 1,0
Art der baulichen Nutzung
Der Bebauungsplan Nr. 06/04 setzt für den Bereich des geplanten Vorhabens ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO 1968 fest. Die angestrebte Nutzungsmischung aus sozialen Einrichtungen, Schwesternwohnheim und Service-Wohnen ist planungsrechtlich zulässig und ist mit den städtebaulichen Zielen vereinbar. Für die Wohnnutzung mit dem Titel „Service Wohnen 50+“ ist eine Wohnform vorgesehen, welche es ermöglicht, das Pflegeangebot des angrenzenden Pflegeheimes je nach individuellem Bedarf mit zu nutzen.
Darüber hinaus sollen die, in der Appartement-Etage im Staffelgeschoss des Pflegeheim-Gebäudes für die Pflegerinnen und Pfleger vorgesehenen Wohnungen als mietpreisgebundene Wohnungen ausgestaltet werden.
Das Entwicklungsziel, auf dem Areal Gemeinbedarfseinrichtungen zu schaffen, wird durch die vorliegende Planung erfüllt. Insofern wird der Nutzungsmischung zugestimmt.
Maß der baulichen Nutzung
Das Baugrundstück verfügt über eine Größe von 8.012 m². Die geplante überbaute Grundfläche liegt bei 3.175 m². Hieraus errechnet sich eine GRZ von 0,4, welche genau den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht.
Der Bebauungsplan Nr. 06/04 legt eine maximal zulässige Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,0 fest. Das Bauvorhaben überschreitet diesen Wert um 0,23. Eine Befreiung von der Überschreitung der GFZ ist städtebaulich vertretbar, da eine behutsame Nachverdichtung im Bereich des Bauvorhabens mit den Interessen einer geordneten Stadtentwicklung vereinbar ist. Die GRZ von 0,4 wird eingehalten. Durch die Platzierung der oberirdischen Stellplätze im Randbereich des Bauvorhabens und im Übrigen in der Tiefgarage wird eine ausreichende Durchgrünung des Baugrundstückes sichergestellt und Gemeinschaftsflächen im inneren Bereich des Grundstückes geschaffen. Unter der Bedingung, dass eine Begrünung der Flachdächer und eine Begrünung des Baugrundstückes, wie in den, der Voranfrage zugrundeliegenden Planunterlagen dargestellt erfolgt, wird einer Befreiung von der GFZ um 0,23 wird zugestimmt.
Der Bebauungsplan Nr. 06/04 enthält eine Festsetzung von max. III zulässigen Vollgeschossen. Das Bauvorhaben hält mit den Baukörpern „Servicewohnen A, B, C“ im Süden des Grundstücks diese Festsetzung ein. Lediglich der Baukörper für das Pflegeheim überschreitet mit dem Staffelgeschoss die Vorgabe um I Geschoss. Eine Befreiung um I Vollgeschoss, beschränkt auf das Staffelgeschoss dieses Baukörpers kann zugelassen werden. Der Bebauungsplan schreibt eine bestimmte Dachform nicht vor, so dass auch Pult- oder Satteldächer zulässig wären. Das geplante Staffelgeschoss überschreitet zwar die fiktive Hüllfläche eines solchermaßen zulässigen Dachgeschosses, allerdings tritt dieses Geschoss in der Höhe deutlich geringer in Erscheinung als ein geneigtes Dach. Der Bebauungsplan enthält im Norden Festsetzungen für größere Baukörper mit bis zu III Vollgeschossen und einer GFZ bis 1,0, welche sich in Richtung Süden des Bebauungsplangebietes auf II Vollgeschosse und eine GFZ bis 0,8 reduzieren. Die Platzierung eines IV-geschossigen Baukörpers an der nördlichen Bebauungsrandgrenze dieses Baugebietes hält sich innerhalb der Grundintention dieser Planung, einer nach Süden hin gestaffelt abfallenden Bebauungshöhe. Sofern die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten werden kann daher eine Befreiung gewährt werden. Unter dieser Voraussetzung sind auch die Belange der Nachbarn gewahrt. Grundzüge der Planung werden nicht berührt.
Abstandsflächen:
Die Gewährung von Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächen bedarf grundsätzlich einer Beurteilung im Einzelfall. Hierbei ist der Zweckbestimmung der Abstandsflächen, eine ausreichende Belichtung, den Brandschutz, sowie eine ausreichende Belüftung sicherzustellen Rechnung zu tragen. Unterschreitungen der gesetzlichen Abstandsflächen treten hier
- zwischen dem Pflegeheim und dem Gebäude A auf einer Länge von ca. 17 m
- bei Gebäude B im Verhältnis zu Gebäude A auf einer Länge von ca. 16 m und
- im Verhältnis zu Gebäude C auf einer Länge von ca. 13 m auf.
Das Pflegeheim ist mit III Geschossen zuzüglich Staffelgeschoss zur Emilienstraße hin geplant. Das Staffelgeschoss des Pflegeheims liegt auf der Nordseite des Gebäudes A und kann daher bei der Betrachtung der Belichtungssituation außer Betracht bleiben. Die drei anderen Baukörper (Servicewohnen A, B, C) sollen über jeweils III Geschosse verfügen. Die vorliegende Planung geht von einer Geschosshöhe von ca. 3 m bei den Wohngebäuden und von ca. 3,5 m bei der Pflegeeinrichtung aus. Insofern ist hier jeweils von einer Gesamthöhe von ca. 9 m, bzw. 10,5 m bei der Pflegeeinrichtung auszugehen. Die Abstandsfläche (= 1 H) beträgt daher vorliegend jeweils 9 m, bzw. 10,5 m (Pflegeeinrichtung) vor jedem Gebäude. Die Abstandsflächen dürfen sich grundsätzlich nicht überdecken, demzufolge sind diese hier zu addieren. Hieraus ergibt sich eine Abstandsflächentiefe von insgesamt 18 m, bzw. 19,5 m (Pflegeeinrichtung) zwischen den Gebäuden.
Zwischen den Gebäuden Pflegeheim und Gebäude A ist eine Abstandsflächentiefe von 19,5 m nachzuweisen. Es verbleibt auf einer Länge von ca. 17 m ein Abstand von ca. 11,5 m. Die Abstandsflächenüberdeckung liegt daher bei ca. 136 m² (8 m x 17 m).
Zwischen den Gebäuden A und B (Servicewohnen) ist eine Abstandsflächentiefe von 18 m nachzuweisen. Es verbleibt auf einer Länge von ca. 16 m ein Abstand von ca. 13 m. Die Abstandsflächenüberdeckung liegt daher bei ca. 80 m² (5 m x 16 m).
Zwischen den Gebäuden B und C (Servicewohnen) ist eine Abstandsflächentiefe von 18 m nachzuweisen. Es verbleibt auf einer Länge von ca. 13 m ein Abstand von ca. 10,5 m. Die Abstandsflächenüberdeckung liegt daher bei ca. 97,5 m² (7,5 m x 13 m).
Die Belüftung und der Brandschutz sind hier gewährleistet.
Eine Abweichung von den Abstandsflächen kann hier unter der Auflage erteilt werden, dass die Aufenthaltsräume so angeordnet werden, dass eine ausreichende Belichtung sichergestellt ist. Dies ist im Baugenehmigungsverfahren nachzuweisen.
Stellplatznachweis
Der Stellplatznachweis ist nicht Gegenstand der Bauvoranfrage, sondern im späteren Baugenehmigungsverfahren zu führen.
Nachrichtlich wurde für die Pflegeeinrichtung und die Kindertageseinrichtung ein Bedarf von 28 PKW-Stellplätzen und die Gebäude Service-Wohnen 56 PKW-Stellplätze ermittelt. Für die Bestandsgebäude (Kapelle, Schwesternwohnheim) liegt der Bedarf bei 13 PKW-Stellplätzen. Insgesamt muss der Nachweis über 97 PKW-Stellplätze geführt werden. Hiervon werden in der vorgelegten Planung 29 Stellplätze oberirdisch und 68 Stellplätze in der Tiefgarage errichtet.
Die erforderlichen 95 Fahrradabstellplätze werden oberirdisch im Bereich der Anlage geschaffen.
Ausbau der Anbindung an den Bahnweg
Diese Fragestellung ist nicht Gegenstand eines Baugenehmigungsverfahrens und kann damit auch nicht im Rahmen einer Bauvoranfrage verbindlich entschieden werden.
Eine verkehrliche Anbindung an den Bahnweg ist, unter dem Vorbehalt einer näheren verkehrsplanerischen Untersuchung, einer entsprechenden Entwurfsplanung und technischen Prüfung durch den Straßenbaulastträger, einer gesicherten Finanzierung, sowie den notwendigen Beschlussfassungen durch die zuständigen Gremien des Stadtrates denkbar.
Sonstige öffentlich-rechtliche Anforderungen
Im späteren Baugenehmigungsverfahren ist die Einhaltung der weiteren gesetzlichen Anforderungen nachzuweisen, insbesondere sind Nachweise zu erbringen über die Abstandsflächen, den Stellplatznachweis, die Begrünung, notwendige Baumpflanzungen und einen Kinderspielplatz.
Dem Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheides mit den im Beschlusstext ausgeführten Antwortformulierungen vorgeschlagen.