Soziale Energieberatung - Empfehlung des Nachhaltigkeitsbeirates vom 27.07.2022 (Agenda21-Beirat) - Anträge von Herrn Stadtrat Dr. Lothar Blatt (UBV) vom 27.07.2022 und 08.04.2023 - Antrag von der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 01.03.2023


Daten angezeigt aus Sitzung:  4. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates, 19.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 4. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates 19.04.2023 ö Beschließend 1UKVS/4/1/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Hintergrund / Geschichte der Sozialen Energieberater

Das von der Bundesregierung geförderte Projekt zur „Sozialen Energieberatung“ hat seinen Ursprung bei der Caritas Frankfurt am Main. Dieses Pilotprojekt war sehr bald erfolgreich und wurde bereits 2007 vom Bundespräsidenten als Vorzeigeprojekt ausgezeichnet und danach 2008 als Bundes-förderprogramm aufgelegt. Schon zu Beginn war es eine Beratungshilfe für die größte Not (z.T. wegen Stromabschaltungen bei unbezahlten Stromrechnungen). 
       
Noch heute heißt das Projekt „Stromspar-Check“, obschon die Beratungen zusätzlich auf die Bereiche Heizung, Wasser und neuerdings auch auf Abfall ausgedehnt wurden.
Karte: 2022/12/29  https://www.stromspar-check.de/standorte/standorte-karte
blaue Nadeln:  Beratungsstandorte inkl. Heizungsberatung,
rote Nadeln:  Beratungsstandorte „nur“ mit Stromberatung (noch).
  

Rückblick: In der Stadt Aschaffenburg wurde bereits vor 10 Jahren eine geförderte Soziale Energieberatung durchgeführt. Diese erfolgte nicht von der bundesweit erfahrenen Caritas, sondern von dem kleinen Verein „Café-Oase“ – zwar mit nachweislich, beachtlichen Einspar-Ergebnissen und mit hohem Engagement der AVG, allerdings nur wenige Jahre. Nach dem Scheitern wurde das Projekt von „Grenzenlos e.V. „aufgefangen“ und dann eingestellt.

Der Aschaffenburger Projekt-Neustart 2022 / 2023:  
Die nun neuen Impulse kamen - nach dem Beginn des Ukraine-Krieges - gleichzeitig von der Diakonie-Aschaffenburg und vom neuen und bereits projekterfahrenen Geschäftsführer der „Caritas-Aschaffenburg“ (Caritasverband Aschaffenburg – Stadt und Landkreis e.V.). 
Das neu angedachte Projektgebiet entspricht dem gesamte Wirkungsbereich des Caritas-Verbandes Aschaffenburg = Stadt & Landkreis Aschaffenburg.


Klimaschutz - die neue bayerische Gesetzesgrundlage: 
Die dringend gebotene Ernsthaftigkeit für den Klimaschutz ist nun auch im Bayerischen Klimaschutzgesetz angekommen (BayKlimaG: Änderungen verabschiedet am 23.12.2022 – in Kraft: 01.01.2023). Im Wesentlichen geht es nunmehr nicht nur um das Gesamtziel der vollständigen Klimaneutralität (2040 anstatt 2050), sondern auch um strengere und überwachbare Zwischenschritte: unter 5 Tonnen CO2-Äquivalent/Ew*a bis 2030. Um das zu erreichen, bedarf es in der gesamten Handlungsbreite der Gesellschaft sofortige Maßnahmen!
Die Soziale Energieberatung ist Klimaschutz par exellence. Das Bundes-Förderprogramm ist schon seit dem Jahr 2008 Teil der NKI  („Nationalen Klimaschutz Initiative“).





Der Fünffach-Gewinn:        1. Klimaschutz (in den Bereichen Strom / Gas / Mülltrennung)
       2. finanzielle Entlastung von Haushalten mit sehr wenig Geld
       3. Zugelassen Beratung bei drohender Stromsperre
       4. Schulung und Rückholung von Langzeitarbeitslosen für 3 Jahre
       5. Starthilfe für Langzeitarbeitslose in den vollen Arbeitsmarkt.

Ablauf-Kurzbeschreibung / Erfolgskonzept der Sozialen Energieberatung:
  • Beratungsberechtigte:   
    Menschen mit Bezug von „Bürgergeld“ (seit 31.12. 2022 Nachfolge von Arbeitslosengeld II), Menschen mit Grenzenlos- oder Kulturpass.

  • Ablauf = drei Hausbesuche:
      -Erster Hausbesuch:   Ein Berater-Team (zwei Berater) besucht Beratungsberechtigte. Gemeinsam wird der Energieverbrauch erfasst (Strom – und meist auch Wärme). Dauer: ca. 1 Stunde. Es gibt dabei bereits erste Tipps.
      -Zweiter Hausbesuch:  Besprechung des ausgearbeiteten, individuellen Fahrplanes zum Energie-Sparen, weitere vertiefte und quantifizierte Tipps und als Geschenke kleine Stromspar-Utensilien: LED-Lampen, schaltbare Steckdosenleisten, TV-Standby-Abschalter, Zeitschaltuhren und Strahlregler für Wasserhähne, die nach Bedarf auch sofort montiert werden.
      -Dritter Hausbesuch (nur bei Bedarf):   Vertiefung der Anwendung, Klärung von Fragen.

  • Wer berät:
    Die Berater-Teams sind für diese Beratung in einem bewährten Verfahren in über 100 Stunden für die tägliche Arbeitspraxis umfassend qualifiziert. Sie kennen als ehemalige Langzeitarbeitslose die Alltagsprobleme von Haushalten mit geringem Einkommen aus eigener Erfahrung – und können somit „auf Augenhöhe“ beraten. 
    Ein wichtiger „Nebeneffekt“ ist, dass ein großer Teil der geschulten und erfahrenen Berater nach einiger Zeit zurück in den „ersten Arbeitsmarkt“ findet.

  • Neu im Erfolgskonzept: Beratung für „Ergänzende Ressourcenschonung“:
    Als ergänzender Klimaschutz werden die neuen Teams seit 2020 auch für die Beratung zum ressourcenschonenden Verhalten geschult: Tipps zu Abfallvermeidung und Mülltrennung: Wie spart man Verpackungsmüll? Was gehört in welche Tonne? Kann man das Leitungswasser trinken? Hinweise zum Lagern von Lebensmittel. 
    Verständliche Informationen und Soforthilfen wie Wasserkaraffen aus Glas, Gemüsenetze und Einkaufstaschen erhält der Haushalt kostenlos.
Quelle mit weiteren Details:  www.stromspar-check.de/stromspar-check/im-ueberblick

Vorgesehene Projektpartner am Standort Aschaffenburg:
Die Stadt Aschaffenburg unterstützt den Neustart der „Sozialen Energieberatung“
    • unter der Leitung des Caritasverbands Aschaffenburg

      und in enger Zusammenarbeit mit:
  • Diakonie Untermain – Sozialberatung
  • Job-Center-Stadt Aschaffenburg

    sowie in regionaler Zusammenarbeit mit
  • dem Landratsamt Aschaffenburg sowie den Landkreisgemeinden
  • dem Job-Center Landkreis Aschaffenburg
  • mehreren Stadtwerken bzw. Gemeindewerken
  • Aschaffenburger NGO und Unternehmen als „Charity-Projekt-Partner“;

und die NKI-Bundesförderung:
Die Förderabwicklung & Projektleitung hat der Caritas-Verband Aschaffenburg übernommen. Die Beratungsleistungen sollen gemeinschaftlich mit der ebenfalls erfahrenen Diakonie (z.B. Bereich Sozial- und Schuldnerberatung) als Gemeinschaftsprojekt durchgeführt werden. 
Der Antrag wurde 2022 bereits fristgerecht eingereicht und auch schon bewilligt: Aschaffenburg ist somit als Standort in das Bundesprojekt aufgenommen. Bewilligung ab 04/2023 - auf 3 Jahre.

Projektfinanzierung: 
Von allen Akteuren ist auch eine finanzielle Beteiligung erforderlich und größtenteils zugesagt. Die Caritas hat Mitte Dezember den Finanzierungsplan vorgestellt. Zusätzlich sind weitere Drittmittel erforderlich. Bereits zugesagt haben die Herbert-Neumeyer-Stiftung und die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau. 
Der Landkreis Aschaffenburg - als Projektpartner zusammen mit der kreisfreien Stadt Aschaffenburg - will jährlich 15.000 [€/a] aus dem Haushalt „Energieberatung“ des Landratsamtes beitragen. Im März 2023 sollen bei einer Bürgermeisterkonferenz zusätzlich allen Gemeinden eine Beteiligung vorgeschlagen werden (nochmal 32x 500 € = 16.000 €).
Stadt Aschaffenburg / Erläuterung: Die Beschluss-Formulierung für den Agenda21-Beirat über 5.000[€/a] stammt noch aus einer Zeit (Ende Juni 2022), als es noch keine Förderzusage des Bundes gab – und darum auch noch keinen Gesamt-Projektfinanzierungsplan. 

Die AVG hat eine zusätzliche Projektunterstützung von 10.000 [€/a] zugesagt.

Zwischenzeitlich gibt es zusätzlich von regionale NGOs sowie Aschaffenburger Unternehmen Zusagen für eine „Charity-Projekt-Partnerschaft“.

Wirksamkeit / Erfahrungen der bestehenden Projekte in Deutschland:
  • rd. 150 Beratungsstandorte bundesweit
  • rd. 390.000 bislang beratene Haushalte
  • 20% Vermittlung der geschulten Energieberater in den ersten Arbeitsmarkt
  • 187 €/a  durchschnittliche Energieeinsparung allein im ersten Beratungs-Jahr
    (Bundes-Projekt-Monitoring mit den niedrigen, alten Energiepreisen bis 2021)

Zusammenfassung: 
Energiekosten explodieren - alle Preise steigen. Menschen mit geringem Einkommen, niedriger Rente oder Bezug von Bürgergeld trifft dies besonders hart. Der kostenfreier Stromspar-Check hilft sofort. Nachgewiesen sind Einsparungen von 100 bis 300 [€/a]. Kostenlose Soforthilfen und z.T. ein Zuschuss von 100 Euro zum Austausch von Kühlschrank oder Gefriertruhe helfen zusätzlich.

Erläuterungen zur Klimarelevanz-Einstufung der Beschlussvorlage
Kraft Stadtratsbeschluss wird die Einstufung der Klimarelevanz aller relevanten Stadtratbeschlusvorlagen nach einem standardisierten Schema vorgenommen (Verfahrens-Grundlage: „Klimarelevanz-Kategorie in kommunalen Beschlüssen / IFEU-Heidelberg & Klima-Bündnis“).  Das in dieser Beschlussvorlage vorgeschlagene Projekt ist entsprechend - spätestens bei Vollbesetzung der geförderten Berater-Teams (Drittes Quartal 2023) - in der höchsten Klima-Relevanz-Stufe: „Sehr klimarelevant“.
Rechengrundlage ist das bestehende, jahrelange Projekt-Monitoring des Bundes und der darin nachgewiesenen durchschnittlichen CO2-Einsparungen durch das Beratungsprojekt.

Die Klima-Relevanz-Stufen:

Empfehlung des Nachhaltigkeitsbeirates Agenda21 Juli 2022:
Obschon es schon vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine seit dem 24.02.2022 einen großen Bedarf an „Sozialer Energieberatung“ gab, hat sich durch den aufkommenden „Energie-Krieg“ die Not - besonders am sogenannten „unteren Ende des sozialen Spektrums“ - verstärkt. 

Der Klimaschutzmanager stellte zusammen mit den Vertretern der Caritas und der Diakonie in einer turnusgemäßen Sitzung des „Agenda21-Beirates“ im Juli 2022 den Bedarf und den Wunsch nach einer neuen Sozialen Energieberatung vor. 

Empfehlungsbeschluss des Agenda21-Beirates vom 27.07.2022 an den Stadtrat:

.Beschluss:

I. Der Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Stadt Aschaffenburg den Neustart der „Sozialen Energieberatung“ unter der Leitung des Caritasverbands Aschaffenburg und in enger Zusammenarbeit mit der Diakonie Untermain, den Job-Centern, dem Landkreis Aschaffenburg und weiteren regionalen Partnern unterstützt.

Basis ist das erfolgreiche Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Projektträger Zukunft - Umwelt - Gesellschaft (ZUG) gGmbH.

Die Stadt Aschaffenburg stellt zur Unterstützung des Projektes aus eigenen Haushaltsmitteln 5.000 €/Jahr bereit.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[ x ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ x ]
nein [  ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [ x ]
nein [  ]
Es entstehen Folgekosten
ja [ x ]
nein [  ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[ x ]
Die gemäß Agenda21-Beirat empfohlenen Mittel über 5.000 € wurden angemeldet unter: 
HHSt. 0.1141.7170 (Zuschüsse für laufende Zwecke – Förderprogramme).

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 22.06.2023 09:45 Uhr