Die Kommunale Initiative (KI) stellte am 07.10.2023 den Antrag, ein Konzept für einen wirkungsvollen Schutz der Bäume und zur Durchsetzung der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen vorzulegen.
Des Weiteren beantragte die KI über die Fällung einer Eiche im geschützten Landschaftsbestandteil „Unterer Kühruhgraben“ sowie die Entfernung von Bäumen, Hecken und Gehölzen durch die Bayernhafen GmbH & Co. KG am Bahndamm im Bereich des Obernauer Mainbogens zu berichten.
- Fällung einer Eiche im geschützten Landschaftsbestandteil „Unterer Kühruhgraben“
Am 02.10.2023 wurde die Untere Naturschutzbehörde von Anwohnern telefonisch darüber informiert, dass im geschützten Landschaftsbestandteil (gLB) „Unterer Kühruhgraben“ eine große Eiche gefällt wird.
Bei einer umgehenden Ortseinsicht wurde festgestellt, dass auf einem Grundstück im Schutzgebiet Fällarbeiten an einer Eiche durchgeführt worden waren. Die Fällarbeiten waren beim Eintreffen der Unteren Naturschutzbehörde bereits durch die Polizei (ebenfalls durch Anwohner informiert) unterbrochen worden.
Für das Grundstück hatte die Stadt Aschaffenburg im Jahr 2022 aufgrund der Lage im geschützten Landschaftsbestandteil versucht, das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Art. 39 Abs. 2 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) auszuüben. Der Bescheid zur Ausübung des Vorkaufsrechts wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht in Würzburg aufgehoben. Gegen das Urteil hat die Stadt Aschaffenburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gestellt.
Die betroffene Eiche war zum Zeitpunkt des Eintreffens der Unteren Naturschutzbehörde bereits so umfangreich eingekürzt worden, dass sie in diesem Zustand nicht mehr standsicher war. Daher wurde vor Ort vereinbart, dass die Eiche oberhalb des Efeubewuchses am Stamm eingekürzt wird und der restliche Stamm mit einer Höhe von ca. 6-8 Meter stehen bleibt.
Seitens der Firma, welche die Fällung durchgeführt hatte, wurde vor Ort geäußert, dass die Eiche nicht mehr verkehrssicher gewesen sei und daher die gesamte Eiche gefällt werden müsste.
Am 04.10.2023 wurde die Untere Naturschutzbehörde zudem darüber informiert, dass nach der Fällung der Eiche noch eine kleinere fast abgestorbene Fichte an der Grundstückgrenze zur Straße gefällt wurde. Die Fällung der Fichte aus Gründen der Verkehrssicherheit kann seitens der Unteren Naturschutzbehörde nachvollzogen werden.
Die gefällte Stieleiche mit einem Alter von etwa 90 bis 120 Jahren hatte eine geschätzte Höhe von ca. 25 Metern, einen Stammumfang von 3,95 Meter und einen geschätzten Kronendurchmesser von 18 Metern. Zur Überprüfung, ob die Fällung der Eiche aus Verkehrssicherheitsgründen notwendig war, wurde mit Datum vom 20.10.2023 ein Gutachten durch eine Baumsachverständige eingeholt.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Baum eine sehr gute Vitalität zeigte.
Es sind keine Schadmerkmale am Stamm, der Wurzel oder im Baumumfeld vorhanden. Eine durchgeführte Bohrwiderstandsmessung kommt zu dem Ergebnis, dass der Stammfuß völlig unbedenklich und frei von relevanten Fäulen ist, die sich auf die Standsicherheit des Baumes hätten auswirken können.
Vor Ort und am Baum zeigten sich keine Merkmale einer Beeinträchtigung der Stand- oder Bruchsicherheit. Das vorhandene Totholz im Kronenbereich ist arttypisch für Eichen in diesem Alter.
Nicht mehr beurteilt werden kann, ob ggf. Schnittmaßnahmen im Kronenbereich wegen einer evtl. Unausgewogenheit im Kronenbild erforderlich waren. Baumpflegerische Maßnahmen wären dann vollkommen ausreichend gewesen und hätten keine Fällung gerechtfertigt.
Aus sachverständiger Sicht war die Eiche uneingeschränkt erhaltungswürdig und erhaltungsfähig.
Mit der Fällung der Eiche wurde gegen verschiedene Rechtsvorschriften verstoßen.
So stellt die Fällung einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil „Unterer Kühruhgraben“ dar.
Darüber hinaus wurde durch die Fällung ein Eingriff in Natur und Landschaft i. S. d. § 14 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verwirklicht.
Zudem liegt ein Verstoß gegen § 39 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG wegen der Entnahme einer wild lebenden Pflanze sowie der Zerstörung von Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund vor.
Aufgrund der dargestellten Verstöße beabsichtigt die Stadt Aschaffenburg, die Durchführung von Ausgleichspflanzungen sowie deren entsprechende Pflege gegenüber dem Grundstücksbesitzer anzuordnen. Der Erhalt der Ausgleichspflanzungen ist durch entsprechende Maßnahmen zur Entwicklungs- und Unterhaltungspflege sicherzustellen.
Unter Berücksichtigung der Endgröße eines Eichenbaumes im Verhältnis zur Grundstücksfläche ist nur die Pflanzung eines Baumes als Ausgleich auf dem Grundstück möglich. Daher sind zusätzlich 15 Sträucher an der Grundstücksgrenze zu pflanzen, um eine optische Einbindung des Grundstücks in den Gehölzbereich des geschützten Landschaftsbestandteils zu erreichen.
Darüber hinaus wird der Sachverhalt zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Grundstücksbesitzer und die Firma, welche die Fällung durchgeführt hat, an die zentrale Bußgeldstelle des städtischen Ordnungs- und Straßenverkehrsamtes abgegeben.
- Entfernung von Bäumen, Hecken und Gehölzen am Bahndamm im Obernauer Mainbogen
Im Dezember 2021 wurde auf dem Bahndamm im Obernauer Mainbogen fast der komplette Bewuchs in Form von Bäumen, Hecken und Gehölzen entfernt. Daraufhin hat die Stadt Aschaffenburg als Untere Naturschutzbehörde einen Bescheid erlassen, mit welchem die Bayernhafen GmbH & Co. KG (nachfolgend Bayernhafen) verpflichtet wurde, für die beseitigten Gehölze außerhalb eines Bereichs von sechs Metern beidseits der Gleisachse im Bereich oberhalb des Gleisniveaus Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorzunehmen. Zur Ermittlung des Kompensationsumfangs wurde der Bayernhafen zur Vorlage eines Maßnahmenplans mit Bilanzierung nach der Bayerischen Kompensationsverordnung verpflichtet.
Gegen den Bescheid hat der Bayernhafen Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht in Würzburg erhoben.
Mit Datum vom 24.02.2022 war eine erste Bilanzierung seitens des Bayernhafen vorgelegt worden, welche jedoch nicht den fachlichen Anforderungen entsprach.
Im Gerichtsverfahren wurde zudem ein Fachgutachten von einem Sachverständigen des Eisenbahnwesens eingeholt mit dem Ziel, offene Fragen bezüglich der Notwendigkeit der durchgeführten Maßnahmen aus Gründen der Verkehrssicherheit zu klären.
Im Gutachten wurde festgestellt, dass ein Instandhaltungsrückstand vorlag und Maßnahmen aus Verkehrssicherheitsgründen erforderlich waren. Zum genauen Umfang der notwendigen Maßnahmen werden im Gutachten keine Angaben gemacht.
Aufgrund der Bearbeitungszeit des Gutachtens hat sich das Gerichtsverfahren entsprechend verzögert.
Im Oktober 2023 fand ein Vor-Ort-Termin zwischen dem Verwaltungsgericht, der Klägerin und der Beklagten statt.
Auch aufgrund des wenig aussagekräftigen Sachverständigengutachtens und um auf das Einholen weiterer Gutachten, die ggf. auch zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, zu verzichten, legte der zuständige Richter und Präsident des Verwaltungsgerichts Würzburg den Beteiligten nahe, sich auf eine einvernehmliche Lösung zu einigen.
Im Rahmen des Ortstermins wurde seitens des Bayernhafen zugesichert, der Stadt Aschaffenburg binnen einer Frist von zwei Monaten eine Bilanzierung nach der Bayerischen Kompensationsverordnung vorzulegen. Der Ausgleich soll nach Möglichkeit vor Ort erfolgen. Da Ausgleichsmaßnahmen am Damm selbst nach Aussage des Bayernhafens jedoch nicht möglich sind, sicherte der Bayernhafen zudem zu, eine entsprechende Begründung innerhalb von 2 Monaten vorzulegen.
Neben der erneuten Bilanzierung und Durchführung der entsprechenden Kompensationsmaßnahmen soll auch das zukünftige Pflegemanagement am Bahndamm zwischen Bayernhafen und Stadt Aschaffenburg abgestimmt werden.
Bis zum Abschluss einer einvernehmlichen Lösung werden die Klageverfahren ruhend gestellt.
Gegen den Bayernhafen wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, wogegen der Bayernhafen Rechtsmittel eingelegt hat. Aufgrund des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ruht bis zu dessen Abschluss das Bußgeldverfahren.
In Gesprächen mit dem Bayernhafen wurde vereinbart, dass die Untere Naturschutzbehörde zukünftig vor der Durchführung von Pflege- oder Verkehrssicherungsmaßnahmen frühzeitig vorab in Kenntnis gesetzt und der Zeitpunkt der Ausführung der geplanten Maßnahmen mitgeteilt wird.
- Konzept für einen wirkungsvollen Schutz der Bäume und zur Durchsetzung der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen
Bezüglich der beiden im Antrag der KI angeführten Vorfälle ist vorab anzumerken, dass es sich hierbei um illegale Fällungen handelt, bei denen sich die Verursacher über geltendes Recht hinweggesetzt haben.
Die Eiche im geschützten Landschaftsbestandteil „Unterer Kühruhgraben“ war über die Schutzgebietsverordnung geschützt, die Baumhecken am Obernauer Bahndamm waren als Landschaftsbestandteil nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG gesetzlich geschützt. Zudem galt in beiden Fällen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung aus §§ 13 ff. BNatSchG.
Auch mit einer Baumschutzverordnung wäre kein weitreichenderer Schutz für diese Bäume gegeben, zumal Bäume im Außenbereich im Regelfall nicht vom Geltungsbereich einer Baumschutzverordnung umfasst sind.
Mit der Anordnung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie der Ahndung der Ordnungswidrigkeiten hat die Stadt Aschaffenburg ihre rechtlichen Möglichkeiten vollständig ausgeschöpft.
Die geltenden rechtlichen Bestimmungen zum Baumschutz werden konsequent durchgesetzt.
Die Stadt Aschaffenburg setzt zudem bereits zahlreiche Maßnahmen um, um einen größtmöglichen Schutz von Bäumen zu erreichen.
Bei geplanten Baumaßnahmen (Bauberatung) stellt der/die zuständige Sachbearbeiter/in im Stadtplanungsamt bereits vor Abgabe eines Bauantrages im Rahmen der Vorgespräche fest, ob sich auf den Baugrundstücken erhaltenswerte Bäume befinden. Im Rahmen der Vorgespräche wird darauf hingewirkt, erhaltenswerte Bäume durch entsprechende Planungen des Bauvorhabens nach Möglichkeit zu erhalten. Dies ist insbesondere wichtig bei genehmigungsfreien Bauvorhaben.
Ergänzend hierzu werden vom Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz (Untere Naturschutzbehörde) nach Eingang der wöchentlich erstellten Bauantragsliste die Baugrundstücke zunächst anhand der Luftbilder überprüft. Falls größere Bäume oder Baumbestände erkennbar sind, wird in der von der Unteren Naturschutzbehörde erstellten Kurzdokumentation zu den jeweiligen Bauvorhaben das Bauordnungsamt darauf hingewiesen und bei Bedarf um Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde im Genehmigungsverfahren gebeten. Die Hinweise werden der jeweiligen Bauakte beigelegt. Durch diese Vorgehensweise hat die Untere Naturschutzbehörde die Möglichkeit, bereits vor der Durchführung von Baumaßnahmen durch die Hinweise an das Bauordnungsamt bzw. die Beteiligung im Genehmigungsverfahren Einfluss auf die Ausführung des geplanten Bauvorhabens zu nehmen und zu Maßnahmen zum Baumschutz zu beraten bzw. notwendige Maßnahmen anzuordnen.
Auch innerhalb der Verwaltung hat diese Vorgehensweise zu einer größeren Sensibilität für den Baumschutz geführt.
Zudem wird betont, dass die Stadt Aschaffenburg den Baumbestand auch über Bebauungspläne schützt. Beim Erlass von Bebauungsplänen werden erhaltenswerte Bäume als zu erhaltend festgesetzt. Diese Bäume dürfen grundsätzlich nicht beseitigt werden. Bei einer Beseitigung wird der Verursacher bauordnungsrechtlich zu einer Ersatzpflanzung verpflichtet.
So wurden beispielsweise in den Bebauungsplänen am Godelsberg für die Gebiete „Südlich Bismarckallee-West“ (Nr. 3/27), „Südlich Bismarckallee–Mitte“ (Nr.3/28) und „Südlich Bismarckallee–Ost“ (Nr.3/29) alle vorhandenen standortgerechten Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 50 cm auf den festgesetzten nicht überbaubaren Flächen (mit Ausnahme der Flächen, die sich zwischen der Straßenbegrenzungslinie und der jeweiligen vorderen Baugrenze bzw. Baulinie sowie deren seitlicher Verlängerung befinden) als dauerhaft zu erhaltend festgesetzt.
Darüber hinaus wird der städtische Baumberater bei Problemen in privaten Gärten hinzugezogen. Typische Fälle sind Bäume, die zu nah am benachbarten Grundstück stehen und durch Laub- und Fruchtfall z. T. erhebliche Probleme verursachen.
Auch die Untere Naturschutzbehörde im Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz berät Bürgerinnen und Bürger bei Anfragen zur Fällung von Bäumen.
Durch die Beratungstätigkeit, bspw. auch durch die Vermittlungsarbeit bei Nachbarschaftsstreitigkeiten konnten immer wieder Bäume vor der Fällung bewahrt und erhalten werden.
Zudem werden besonders erhaltenswerte Bäume im Stadtgebiet als Naturdenkmal unter Schutz gestellt. In den letzten elf Jahren erfolgte die Unterschutzstellung von insgesamt 46 Bäumen als Naturdenkmal. Derzeit wird für einen weiteren Baum eine Ausweisung als Naturdenkmal geprüft.
Des Weiteren übt die Stadt Aschaffenburg das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht u.a. für Grundstücke aus, auf denen sich erhaltenswerte Baumbestände befinden, sofern die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorliegen. Sofern eine Ausübung des Vorkaufsrechts nicht möglich ist, sich jedoch bspw. ein Biotop auf dem betroffenen Grundstück befindet, erfolgt ein entsprechendes Hinweisschreiben an die Erwerber des Grundstücks, in welchem auf die naturschutzfachliche Wertigkeit des Grundstücks und die rechtlichen Vorgaben hingewiesen wird.
Unabhängig davon beabsichtigt die Untere Naturschutzbehörde, demnächst Baumfäll- und –pflegefirmen in und um die Stadt Aschaffenburg über die gesetzlichen Regelungen und deren Handhabung in der Stadt Aschaffenburg sowie vorhandene Schutzgebiete und –objekte zu informieren.
Das oben dargestellte bewährte Konzept zum Schutz der Bäume soll fortgeführt werden.