Hintergrund
Die Linienfahrzeiten der Stadtbuslinien wurden seit einigen Jahren nicht mehr angepasst. Aufgrund verschiedenster Einflussfaktoren hat sich die Fahrzeit auf den Linien verlängert. Die Fahrpläne bilden jedoch noch den Stand der Vergangenheit ab. Gerade in den Spitzenzeiten können die Fahrzeiten nicht eingehalten werden und es kommt zu Verspätungen.
Folgende Faktoren haben Einfluss auf die Verlängerung der Fahrzeit und die Fahrplanstabilität:
- Ausweitung Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 30 und weitere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung (z.B. Fahrbahnverengungen)
- Anpassung der Linienwege zugunsten einer besseren Erschließung (z.B. Anwandeweg, Gäßpfad, City Galerie)
- Ausbau der Fahrradinfrastruktur, insbesondere: gemeinsame Nutzung der Busspur durch Fahrräder und Busse (keine Überholung von Fahrrädern möglich), Umwidmung von Fahrspuren zu Fahrradspuren (Bus steht mit dem übrigen Verkehr auf der verbleibenden Fahrspur im Stau)
- Demografischer Wandel: Bei älteren und mobilitätseingeschränkten Fahrgästen dauert der Ein- und Ausstieg länger. Die verlängerten Haltestellenaufenthaltszeiten sind bisher im Fahrplan nicht berücksichtigt
Aufgrund dieser Faktoren ist es notwendig, die Fahrzeit auf den Linien zu überprüfen und anzupassen. Insgesamt sinkt die Durchschnittsgeschwindigkeit der Busse.
Damit wird der Bus gegenüber anderen Verkehrsmitteln (gerade dem Fahrrad) unattraktiver. Die Reisezeit mit dem Bus ist unter Umständen länger als mit dem Fahrrad.
Durch die verlängerten Umlaufzeiten (Zeit von Abfahrt am ROB bis Ankunft am ROB) werden einige Umläufe nicht mehr fahrbar sein. Dies führt zu einem Mehrbedarf an Fahrzeugen und Personal bei gleichbleibendem Fahrtenangebot.
Die Wirtschaftlichkeit des Stadtbusverkehrs sinkt.
Vorgehensweise
Geprüft wurden alle Linienstrecken auf ihre Fahrzeit. Aus den Durchschnittsgeschwindigkeiten, Verspätungsdaten aus dem Fahrgastzählsystem sowie Fahrzeiten aus der Google-Routenplanung wurden Vorschläge erarbeitet. Diese Ergebnisse wurden mit den Erfahrungen der Personalvertretung abgestimmt.
Für alle Linien wurden sogenannte Fahrzeitprofile für die Hauptverkehrszeit (HVZ) und die Schwachverkehrszeit (SVZ) festgelegt. Die Erfahrung zeigt, dass in der HVZ aufgrund des höheren Fahrgast- und Verkehrsaufkommens eine längere Fahrzeit notwendig ist als in der SVZ. Bisher wird dies in den Fahrplänen nicht berücksichtigt.
Lediglich bei der Linie 3 und der Sammellinie 9 (Glattbach/Damm) existieren verschiedene Fahrzeitprofile.
Verschiedene Fahrzeitprofile haben zwar den Nachteil, dass sich die Abfahrtsminuten an einer Haltestelle über den Tag unterscheiden, die Abfahrtszeiten sind dann jedoch verlässlicher.
Ein HVZ-Fahrzeitprofil über den gesamten Tag ist nicht sinnvoll, weil dies zu unproduktiven Wartezeiten auf der Linie führt und ein hohes Risiko für Verfrühungen birgt, wenn nicht gewartet wird.
Die HVZ wird definiert von Mo-Fr von ca. 7 bis 19 Uhr und an Samstagen von ca. 9 bis 16 Uhr. Alle übrigen Zeiten gelten als SVZ. Die Definition von HVZ und SVZ für die Fahrzeitprofile unterscheidet sich geringfügig von der Definition der Verkehrszeiten aus dem Nahverkehrsplan (NVP). Die Fahrzeitprofile zielen auf den tatsächlichen Fahrzeitbedarf ab, während es im NVP um das Angebot (Takt, Fahrtenhäufigkeit) geht.
Beispiele für Fahrzeitverlängerungen
Die nachfolgende Tabelle 1 zeigt ausgewählte Strecken mit Fahrzeitverlängerungen. Die Fahrzeitverlängerungen sind in den meisten Fällen durch Tempo 30 und Zeitverlust an Lichtsignalanlagen (LSAs) begründet.
Die Priorisierung der Stadtbusse an den LSAs ist ausgereizt, ein weiterer Zeitgewinn ist kaum möglich.
Im Stadtgebiet sind alle LSAs bis auf die Obernauer Umgehungsstraße (Ortseingang Obernau Maintalstraße und Tschoepestraße) priorisiert.
Linie
|
Strecke
|
Änderung
|
Grund
|
1, 4, 10
|
ROB-Stadthalle (aw)
|
+1 Minute (HVZ)
|
Lange Strecke (Umfahrung südliche Insel ROB), 6 LSAs
|
1
|
Obernau Waldrand-Altenbachstr./Niedernberger Str. (aw)
|
+1 Minute (HVZ)
|
LSA Umgehungsstraße (bisher ohne Priorisierung), lange Strecke
|
1
|
Südbahnhof-Lamprechtstr. (ew)
|
+1 Minute (HVZ)
|
Tempo 30, LSA Südbahnhofstr./Schweinheimer Str.
|
2, 8, 9, 11
|
Stadtpalais-ROB (ew)
|
+1 Minute (HVZ)
|
Stau vor dem Hbf, LSA Ludwigstraße/Duccastr.
|
3
|
Papierfabrik-Carl-Wirth-Str. (aw)
|
+1 Minute (HVZ)
|
Puffer (u.a. B26, Bahnübergang)
|
3
|
Waldfriedhof-Schönbusch-Hafenbrücke (ew)
|
+2 Minuten (HVZ)
|
Stau B26, nach Ausbau ggf. verschieben/streichen
|
4
|
Lamprechtstr.-Südbahnbrücke (aw)
|
+1 Minute
|
Tempo 30, LSA Schweinheimer Str./Ring
|
5, 7, 15, 16
|
Herstallturm-Platanenallee (aw)
|
+1 Minute (HVZ)
|
Innenstadt, Einsteiger
|
9
|
Grauer Stein-Dämmer Tor (aw)
|
+1 Minute
|
Lange Strecke, LSAs
|
Tabelle 1: Ausgewählte Strecken mit Fahrzeitverlängerung
Fahrzeiten HVZ
Linie
|
Linienvariante
|
Umlaufzeit Bestand
|
Umlaufzeit neu
|
Veränderung
|
1
|
Obernau/ Sulzbach
|
58
|
63
|
+5
|
2
|
Strietwald
|
35
|
37
|
+2
|
2
|
Strietwald üb. Nordfriedhof
|
40
|
42
|
+2
|
3
|
Leider
|
33
|
34
|
+1
|
3
|
Stockstadt
|
63
|
66
|
+3
|
4
|
Schweinheim
|
40
|
42
|
+2
|
5
|
Dörrmorsbach
|
56
|
60
|
+4
|
6
|
Nilkheim
|
33
|
35
|
+2
|
7/21
|
Unterafferbach
|
65
|
68
|
+3
|
8
|
Damm
|
29
|
30
|
+1
|
9
|
Glattbach
|
37
|
39
|
+2
|
10/15
|
üb. Gäßpfad
|
48
|
51
|
+3
|
10/15
|
üb. Schw. Höhe
|
43
|
46
|
+3
|
11
|
Handwerkskammer
|
42
|
43
|
+1
|
12
|
Klinikum
|
33
|
33
|
0
|
14
|
Mainaschaff
|
50
|
51
|
+1
|
14
|
Mainaschaff ü. Friedhof
|
35
|
36
|
+1
|
15/10
|
üb. Gäßpfad
|
45
|
47
|
+2
|
15/10
|
üb. Schw. Höhe
|
40
|
42
|
+2
|
16
|
Grünmorsbach
|
55
|
56
|
+1
|
Tabelle 2: Linienfahrzeiten HVZ
Bis auf die Linie 12 (Klinikum) wird in der HVZ auf jeder Linie Fahrzeit hinzugegeben (vgl. Tabelle 2). Den größten Zuschlag erhält die Linie 1 (Obernau/Sulzbach) mit 5 Minuten.
Bei der Linie 7/21 (Ringlinie) ist eine Abstimmung mit der KVG Schöllkrippen notwendig, da diese die Konzession ab Goldbach besitzt. Ein Teil der Fahrten wird von den Stadtwerken gefahren, der andere von der KVG. Die KVG hat ihre Bereitschaft signalisiert, die Fahrzeiten auf der Linie 7/21 analog zu den Stadtwerken anzupassen.
Bei der Linie 3 ist zu beachten, dass sich stadteinwärts der saubere 15-Minuten-Takt in Leider zu einem Fahrtenabstand 13/17/13/17 verschiebt. Grund hierfür ist die unterschiedliche Fahrzeitzugabe für die Leiderer und die Stockstädter Linienvariante.
Fahrzeiten SVZ
Linie
|
Linienvariante
|
Umlaufzeit Bestand
|
Umlaufzeit neu
|
Veränderung
|
1
|
Obernau
|
58
|
58
|
0
|
1
|
Sulzbach
|
58
|
58
|
0
|
2
|
Strietwald
|
35
|
35
|
0
|
2
|
Strietwald üb. Nordfriedhof
|
40
|
40
|
0
|
3
|
Leider
|
31
|
32
|
+1
|
3
|
Stockstadt
|
56
|
57
|
+1
|
4
|
Schweinheim
|
40
|
40
|
0
|
5
|
Dörrmorsbach
|
56
|
56
|
0
|
6
|
Nilkheim
|
33
|
33
|
0
|
7/21
|
Unterafferbach
|
65
|
65
|
0
|
8
|
Damm
|
29
|
29
|
0
|
9
|
Glattbach
|
37
|
37
|
0
|
9
|
Sammellinie
|
42
|
45
|
+3
|
10/15
|
üb. Gäßpfad
|
48
|
48
|
0
|
10/15
|
üb. Schw. Höhe
|
43
|
43
|
0
|
11
|
Handwerkskammer
|
42
|
42
|
0
|
12
|
Klinikum
|
33
|
33
|
0
|
14
|
Mainaschaff
|
50
|
50
|
0
|
14
|
Mainaschaff ü. Friedhof
|
35
|
35
|
0
|
15/10
|
üb. Gäßpfad
|
45
|
45
|
0
|
15/10
|
üb. Schw. Höhe
|
40
|
40
|
0
|
16
|
Grünmorsbach
|
55
|
55
|
0
|
Tabelle 3: Linienfahrzeiten SVZ
Die Fahrzeit in der SVZ wird bis auf die Linien 3 und Sammellinie 9 beibehalten (vgl. Tabelle 3). Bei beiden Linien gab es bereits in der Vergangenheit verschiedene Fahrzeitprofile. Bei der Linie 3 wird die Fahrzeit in der SVZ an die übrigen Linien angeglichen.
Auf der Sammellinie 9 gibt es in der SVZ die größte Änderung. Die Fahrzeit verlängert sich um 3 Minuten. Die Linie hat trotz SVZ regelmäßig eine hohe Verspätung. Grund dafür sind mehrere Teilstrecken, die mit einer Fahrzeit von 0 Minuten eingeplant sind. Teilstrecken mit einer Fahrzeit von 0 Minuten können bei kurzen Strecken und in der SVZ durchaus sinnvoll sein, wenn die Fahrzeit sonst zu lang wäre und man hiermit Standzeiten und Verfrühungen vermeiden kann. Streckenfahrzeiten können systembedingt nur in ganzen Minuten angegeben werden.
Auswirkungen
Die verlängerten Fahrzeiten der einzelnen Linien wirken sich auf die Umlaufzeiten (Zeit von Abfahrt am ROB bis Ankunft am ROB) aus. Die Anschlussfahrten können vielfach nicht mehr erreicht werden. Dadurch sind Verschiebungen bei den Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie eine vollständige Überplanung der Fahrzeugumläufe und Dienste notwendig. Die Zusammenhänge zwischen Umlaufzeiten der Linien und den Fahrzeugumläufen werden in einem gesonderten Bericht vorgestellt.
Zur Abdeckung der zusätzlichen Dienste und Dienststunden werden vier zusätzliche Fahrer (Mehrkosten pro Jahr: ca. 200.000 €) benötigt. Diese Fahrer müssen noch eingestellt werden. Der Fahrzeugbedarf in der Morgenspitze steigt um zwei, in der Mittagsspitze um drei Fahrzeuge.
Der zusätzliche Fahrzeugbedarf lässt sich aktuell mit den neuen Wasserstoffbussen kompensieren, da diese aufgrund der neuen Technologie zunächst als zusätzliche Neu- und nicht als Ersatzbeschaffung vorgesehen sind. Zu beachten ist, dass in den Mehrkosten keinerlei Leistungserweiterungen enthalten sind. Es handelt sich um das aktuelle Fahrtenangebot.
Zeitplan
Vorgesehen ist die Umsetzung der Änderungen zum nächsten Fahrplanwechsel am 01.01.2025. Im Jahr 2025 sollen die Anpassungen evaluiert werden. Dafür stehen dann auch die Echtzeitdaten aus dem neuen ITCS-System zur Verfügung. Ggf. sind in 2026 weitere Anpassungen notwendig.