Behandlung des Antrages der Kommunalen Initiative, Herrn Stadtrates Johannes Büttner vom 10.01.2014 - Steigerung der Busnutzer durch Einführung des fahrscheinlosen Nahverkehrs in Verbindung mit Parkraumbewirtschaftung


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Werksenates, 19.03.2015

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Werksenat 2. Sitzung des Werksenates 19.03.2015 ö Beschließend 4ws/2/4/15

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

In den nachfolgenden Ausführungen werden die Parkverhältnisse im öffentlichen Straßenraum, in den Parkhäusern der Stadtwerke und die Qualität des ÖPNV, jeweils im Innenstadtbereich dargestellt.

Parkraumbewirtschaftung
Mit Stand vom Januar 2015 ist das gesamte Gebiet innerhalb der Ringstraße und der Schillerstraße mit einer Parkraumbewirtschaftung versehen. Es bestehen 8 Bewohnerparkgebiete. Grundlage hierfür war der Beschluss des Stadtrates vom 20.3.1995, die Parkraumbewirtschaftung nach dem Konzept des Ingenieurbüros Dorsch Consult einzuführen. Die Zuständigkeit für das Bewohnerparken liegt beim Stadtplanungsamt. Die Parkraumbewirtschaftung umfasst die Bereitstellung von Bewohner-, Kurzzeit-, Misch- und Langzeitparkständen. Die Anzahl und Verteilung richtet sich nach dem festgestellten Bedarf und variiert je Gebietsstruktur. Der Festlegung der Bewohnerparkregelung geht ein aufwendiges Verfahren voraus. Die Bürger werden an der Planung intensiv beteiligt.

Die Einführung von Bewohnerparkregelungen ist kein Selbstzweck, sondern zielt darauf ab, die innerstädtische Wohnqualität zu erhalten und zu stärken. Von der Gesetzgebung her darf die Bewohnerparkregelung nur dort eingeführt werden, "wo mangels privater Stellflächen und auf Grund eines erheblichen allgemeinen Parkdrucks die Bewohner des städtischen Quartiers regelmäßig keine ausreichende Möglichkeit haben, in ortsüblich fußläufig zumutbarer Entfernung von ihrer Wohnung einen Stellplatz für ihr Kraftfahrzeug zu finden." (StVO-VwV zu § 45). Der Gesetzgeber verlangt aber auch, dass in einem Bewohnerparkgebiet weiterhin Parkplätze für Kunden und Besucher vorgehalten werden. In allen Bewohnerparkgebieten Aschaffenburgs ist dies berücksichtigt. Die Bewohnerparkregelung findet eine sehr hohe Akzeptanz. Sie hat auch zu einer Verringerung des Parksuchverkehrs in den Quartieren und damit zur Erhöhung der Wohnqualität geführt.
Die kostenpflichtige Bewirtschaftung aller Parkstände innerhalb der Ringstraße und dem Gürtel östlich der Miltenberger Bahn, die keine Bewohnerparkstände sind, kann nicht empfohlen werden, da einzelne Bevölkerungs- und Berufsgruppen auf ein Kontingent unbewirtschafteter Stellplätze im öffentlichen Straßenraum angewiesen sind. Diese Parkplätze sind in der Regel an den Rändern der jeweiligen Bewohnerparkgebiete angeordnet. Die Stadtverwaltung sieht dies als eine Aufgabe der Daseinsvorsorge an. Nur in den Gebieten Innenstadt und Altstadt (Oberstadt) sind alle Stellplätze bewirtschaftet was einerseits auf den hohen Parkdruck und andererseits auf das sehr gute Angebot an Parkplätzen in öffentlichen Parkhäusern zurückzuführen ist. Die Gebührensätze der öffentlichen Parkplätze im Straßenraum sind dabei regelmäßig höher als die Gebührensätze in den Stadtwerkeparkhäusern.
Parkhausangebote der Stadtwerke
Die Stadtwerke Aschaffenburg – Parkhausbetriebe – bewirtschaften in Zentrumsnähe des Stadtgebietes sechs eigene Parkhäuser und Tiefgaragen.
Insgesamt verfügen die Stadtwerke über 2000 Stellplätze in den öffentlich genutzten Parkgaragen. Diese werden von der Parkhausleitstelle in der Werkstrasse, 24 Stunden an 365 Tagen, betreut.
Die prozentuale Auslastung der 6 Parkanlagen liegt bei durchschnittlich 35 Prozent. (Grundlage: alle Stellplätze in 24 Stunden) und kann damit als gut beurteilt werden. Hier zeigt sich, dass Aschaffenburg in der Innenstadt von der Ringstraße aus gesehen sehr gut mit Parkkapazitäten ausgestattet ist, die zu Spitzenzeiten nahezu vollständig belegt sind und zu Schwachlastzeiten noch erhebliches Potential aufweisen. Die Besonderheit dabei ist, dass die Parkhäuser der Stadtwerke und diejenigen der privaten Betreiber sehr gut vom Ringstraßennetz aus erreichbar sind. Aschaffenburg ist mit dem Parkplatzangebot der Stadtwerkeparkhäuser und dem privaten Betreiber in Innenstadtnähe sehr gut versorgt und weist im Rhein-Main Preisvergleich ein attraktives Gebührenniveau auf.
Verteilung und Erreichbarkeit der Parkhäuser:




ÖPNV
Der öffentliche Personennahverkehr nimmt eine bedeutende Aufgabe für eine positive Innenstadtentwicklung in Aschaffenburg wahr. Dies dient der Umwelt und der Erreichbarkeit der Innenstadt.
An einem normalen Werktag werden in der Stadt Aschaffenburg ca. 460.000 Wege zurückgelegt, jeweils zur Hälfte von Einheimischen und Auswärtigen. Davon nutzen insgesamt 25.000 Einsteiger/-innen je Tag die Buslinien der Stadtwerke. Der ÖPNV bietet den Menschen im Oberzentrum am Bayerischen Untermain eine hohe Mobilität und ist damit ein wichtiger Standortfaktor für ein wirtschaftlich erfolgreiches Aschaffenburg mit seinen zahlreichen Kultur- und Freizeiteinrichtungen.
Im aktuellen Fahrplan sind 15 Buslinien ausgewiesen:
Linie 1                Obernau und Sulzbach
Linie 2        Strietwald
Linie 3        Leider/Stockstadt
Linie 4        Schweinheim
Linie 5                Gailbach – Dörrmorsbach
Linie 6                Nilkheim
Linie 7                Goldbach-Unterafferbach
Linie 8                Damm
Linie 9                Glattbach
Linie 10        Schweinheim Steubenstr.
Linie 11        Strietwald/Industriegebiet
Linie 12        Klinikum
Linie 14        Mainaschaff
Linie 15        Schweinheim Steubenstraße
Linie 16        Haibach Klinikum Grünmorsbach

Leistungsdaten (Jahr 2014):
50 Omnibusse (Durchschnittsalter 10,52 Jahre)
2,4 Millionen Leistungskilometer im Jahr
8,3 Millionen Fahrgäste im Jahr
9,7 Millionen EUR Kosten
6,7 Millionen EUR Erlöse
3,0 Millionen EUR Fehlbetrag
Liniennetz der Stadtwerke Aschaffenburg:

Die Qualität des ÖPNV lässt sich beschreiben durch die Bedienungsqualität, die Erschließungsqualität und die Beförderungsqualität. Gemeint ist hiermit die räumliche und zeitliche Bedienung unter Berücksichtigung der Anschlussplanung und –sicherung, die Ausstattung der Busse, Haltestellen, Fahrgastinformationen usw. und nicht zuletzt die Einzugsradien um die Haltestellen herum. Diese Qualitätsstandards sind im Nahverkehrsplan als „ausreichende Verkehrsbedienung“ festgelegt und werden von den städtischen Verkehrsbetrieben als Leistungserbringer umgesetzt.
Für rund 95 Prozent der Aschaffenburgerinnen und Aschaffenburger steht mindestens einen 30 Minuten-Takt zur Verfügung.
Mehr als die Hälfte der Einwohner, nämlich 54 Prozent, kann sogar einen 15 Minuten-Takt nutzen. Eine gute Vertaktung ist jedoch nur so gut, wie sie auch eingehalten werden kann. Das Busbeschleunigungskonzept in Aschaffenburg wurde in 2014 zum Abschluss gebracht, mit dem Ergebnis, dass die Beförderungszeiten im öffentlichen Personennahverkehr um durchschnittlich 10 Prozent gesunken sind oder anders ausgedrückt, die Pünktlichkeit auch in Hauptverkehrszeiten deutlich angestiegen ist.
Als Grundlage für die Erschließungsqualität im Stadtbusbereich dienen die Einzugsbereiche der Haltestellen.
94 Prozent der Einwohner/-innen werden durch die Stadtbuslinien im 300 m Einzugsbereich der Haltestellen erschlossen. Unter Einbeziehung der Regionalbuslinien, die im Stadtbereich zusätzliche Erschließungsfunktionen erfüllen, wird ein Grad von über 96 Prozent erreicht.
Der ÖPNV in Aschaffenburg erreicht damit eine überdurchschnittlich hohe Erschließungsqualität.
Auch beim Vergleich der Haltestellen im Stadtgebiet, die mit einer Fahrgastwartehalle ausgestattet sind, liegt der Wert mit 67 Prozent Ausstattungsgrad im Städtevergleich im oberen Bereich.
Aschaffenburg verfügt über einen erfolgreichen und gut funktionierenden ÖPNV. Die Einführung eines kostenlosen Nahverkehrs würde allerdings nur Sinn machen, wenn
?        die Stadtgröße überschaubar ist;
?        kein oder nur ein schlecht ausgebauter ÖPNV vorhanden ist;
?        der Kostendeckungsgrad gering ist;
?        ausreichende freie Kapazitäten in Spitzenzeiten vorhanden sind;
?        die sozioökonomischen Voraussetzungen gegeben sind;
?        eine Verlagerung vom MIV auf den ÖPNV tatsächlich möglich ist;
?        und die Kommune es sich leisten kann.
Bereits hier werden die Grenzen eines kostenlosen Nahverkehrs für Aschaffenburg deutlich sichtbar.
Da der Beförderungsleistung dann keine entgeltliche Gegenleistung mehr gegenüber stehen würde, müsste die Stadt Aschaffenburg nicht nur das bisherige Betriebskostendefizit von rund 3 Mio. € schultern, sondern die kompletten betrieblichen Kosten inklusive der wegfallenden Erstattungs- und Ausgleichzahlungen nach §45a PBefG.
Hierbei noch unberücksichtigt ist die Kostenentwicklung durch eine notwendige Kapazitätssteigerung in den Spitzenlastzeiten.
Da jedes Verkehrsunternehmen und somit auch die Stadtwerke Aschaffenburg die vorgehaltenen Kapazitäten immer an den Spitzenbedarfen ausrichten muss, würde eine entsprechende Kapazitätsausweitung und damit der kapitalintensive Kauf zusätzlicher Fahrzeuge in Verbindung mit einer Anpassung der Personalstruktur, recht schnell notwendig werden.
Die Möglichkeiten einer Gegenfinanzierung der Einnahmeausfälle bei den Verkehrsunternehmen haben die Stadtwerke bereits in der Sitzung des Werksenates am 21.02.2013 dargestellt.  Demnach besteht weder im Bayerischen Kommunalabgabengesetz (KAG), noch im bundesrechtlichen Straßenverkehrsrecht (StVO) oder im Landesrecht eine Rechtsgrundlage zur Gegenfinanzierung einer kostenlosen ÖPNV-Nutzung.
Fazit:
Die Parkräume in Aschaffenburg innerhalb der Ringstraße und der Schillerstraße sind mit Stand Januar 2015 alle bewirtschaftet. In vielen Bereichen konnte durch die Einführung von Bewohnerparkregelungen die innerstädtische Wohnqualität erhalten bzw. verbessert werden. Sämtliche städtischen Parkhäuser sind ohne Durchquerung der Innenstadt direkt über den Ring zu erreichen und somit in der Lage die Innenstadt weiter zu entlasten.
Der in Aschaffenburg sehr gut ausgebaute ÖPNV erschließt fast lückenlos das gesamte Bedienungsgebiet und bietet eine hervorragende Vertaktung. Die in den vergangenen Jahren durchgeführten, kontinuierlichen Verbesserungen des ÖPNV haben dazu geführt, dass die Fahrgastzahlen stabil gehalten werden konnten.
Weitere Bestrebungen Fahrgastzuwächse in den Spitzenlastzeiten durch Verlagerung des MIV auf den ÖPNV zu generieren, haben eine deutliche Kostensteigerung zur Folge und sind daher nicht unbedingt wünschenswert.
Entlastung könnte hier die Entzerrung der Schulanfangszeiten mit sich bringen. Nur dies würde die enorme Peakbelastung des Buseinsatzes in den Morgenstunden reduzieren und Raum bieten, mit dem vorhandenen Fahrzeugbestand komfortablere und attraktivere Busverbindungen zu gestalten.
Auch ein sinnvoller Steuerungseffekt für den Innenstadtverkehr oder die Steigerung der Innenstadtattraktivität durch eine drastische Erhöhung der Parkgebühren oder eine drastische Reduzierung der ÖPNV Nutzungsentgelte kann nicht erkannt werden. Aschaffenburg ist sowohl mit dem ÖPNV als auch dem MIV gut versorgt und erreichbar. Ein gegenseitiges „Ausspielen“ der beiden Angebote würde sich lediglich negativ auf die Attraktivität der Innenstadt auswirken.

.Beschluss:

1.        Der Bericht der Stadtwerke zum Antrag der KI vom 10.01.2014 „Steigerung der Busnutzer durch Einführung des fahrscheinlosen Nahverkehrs in Verbindung mit Parkraumbewirtschaftung“ wird zur Kenntnis genommen.
2.        Mit Verweis auf die Beschlusslage im Rahmen der Haushaltsberatungen (Eckpunkte) soll eine weitere Beratung über die finanziellen Auswirkungen zunächst im Haupt- und Finanzsenat erfolgen. Der Antragsteller regt an, über die Thematik weiter nachzudenken und verzichtet auf eine konkrete Abstimmung, auch nicht im Haupt- und Finanzsenat.
3.        Aus den Reihen des Stadtrates wird in der Diskussion und den Stellungnahmen der Fraktionen der Wunsch geäußert, die Themen „fahrscheinloser Nahverkehr bzw. kostenfreie P&R-Linie, Parkraumbewirtschaftung und Busneubeschaffungen“ strategisch und grundsätzlich im Planungs- und Verkehrssenat zu diskutieren.
4.        Mit Stimmenmehrheit wird der Antrag von Stadtrat Rainer Kunkel auf Ende der Debatte angenommen.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 30.06.2015 12:09 Uhr