Erlass eines Betrauungsaktes zwischen der Stadt Aschaffenburg und dem Eigenbetrieb "Kongress- und Touristikbetriebe der Stadt Aschaffenburg"


Daten angezeigt aus Sitzung:  5. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 20.04.2015

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadthallensenat 1. Sitzung des Stadthallensenates 15.04.2015 ö Vorberatend 2shs/1/2/15
Stadtrat (Plenum) 5. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 20.04.2015 ö Beschließend 2pl/5/2/15

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Nach geltendem Europarecht ist die Gewährung von Beihilfen von kommunaler Seite an Unternehmen grundsätzlich verboten (s. Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)). Für wirtschaftlich tätige Einrichtungen können alle von der öffentlichen Hand – unmittelbar und mittelbar – gewährten geldwerten Vorteile, hier namentlich finanzielle Zuwendungen der Stadt Aschaffenburg an die Kongress- und Touristikbetriebe, beihilfenrechtlich relevante Vorgänge im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts sein. Als solche sind sie nur unter bestimmten Voraussetzungen und Verfahrensvorschriften zulässig und unterliegen grundsätzlich sowohl der Notifizierungspflicht, d. h. die Beihilfen sind vor der Gewährung der EU-Kommission anzumelden, als auch dem Durchführungsverbot, d. h. vor einer abschließenden Entscheidung der EU-Kommission darf eine Beihilfe nicht gewährt werden (s. Art. 108 Abs. 3 AEUV).

Mit dem im November 2005 erstmals von der EU-Kommission veröffentlichten „Monti-Paket“ und dem am 20. Dezember 2011 als Nachfolgeregelung verabschiedeten Reform-Paket für Dienst-leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („Almunia-Paket“), insbesondere dem Freistellungsbeschluss 2012/21/EU, hat die EU-Kommission Kriterien festgelegt, aus denen sich ergibt, wann eine Beihilfe – ohne vorherige Anmeldung (Notifizierung) – als mit dem Europarecht zu vereinbarende Begünstigung und wann sie als anmeldungs- bzw. notifizierungspflichtig und von der EU-Kommission zu genehmigen gilt.

Nach dem Freistellungsbeschluss bedarf eine Ausgleichsleistung (Begünstigung) nicht der Anmeldung (Notifizierung) bei und der Genehmigung durch die EU-Kommission, wenn u.a.:

?        es sich um einen Ausgleich für eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV handelt;
?        das Unternehmen mit der Wahrnehmung dieser Dienstleistungen – für einen Zeitraum von zunächst in der Regel maximal zehn Jahren – betraut wird;
?        der Betrauungsakt u.a. den genauen Gegenstand und die Dauer der Gemeinwohlaufgabe, das betraute Unternehmen und gegebenenfalls das betreffende Gebiet sowie die Beschreibung des Ausgleichsmechanismus und der Parameter für die Berechnung, Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen sowie Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahlungen benennt und einen Verweis auf den Freistellungsbeschluss (2012/21/EU) enthält;
?        die Zuwendung in transparenter Art und Weise erfolgt und
?        die Dokumentation über die Erfüllung der Voraussetzungen auf Anforderung der EU-Kommission ausgehändigt werden kann.
Bedeutsam ist insbesondere, dass die Berechnung der Ausgleichsleistungen (Begünstigungen) nachvollziehbar sein muss und dass die Festlegungen im Vorhinein durch den Betrauungsakt in Verbindung mit dem jeweiligen Wirtschaftsplan oder einem entsprechenden anderen Nachweis der Kongress- und Touristikbetriebe getroffen werden. Im Rahmen des jeweiligen Wirtschaftsplans sind – soweit notwendig – in einer Trennungsrechnung alle Erlöse und Kosten aufzuführen, die zur Erfüllung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlich sind. Sonstige Tätigkeiten der Kongress- und Touristikbetriebe, die nicht von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sind (s. § 2 Abs. 2 des Betrauungsaktes), dürfen ohne vorherige Anmeldung (Notifizierung) bei der EU-Kommission nicht mit staatlichen (kommunalen) Mitteln gefördert werden. Durch die im jeweiligen Wirtschaftsplan ausgewiesenen Überschüsse oder Defizite werden die Vorgaben aus dem „Almunia-Paket“ zur Festlegung der Parameter im Vorhinein erfüllt. Die Verwendung der Mittel muss durch die Kongress- und Touristikbetriebe mit dem jeweiligen Jahresabschluss und ggf. einer entsprechenden Trennungsrechnung nachgewiesen werden.

Der in der Anlage beigefügte Betrauungsakt der Stadt Aschaffenburg betreffend die Kongress- und Touristikbetriebe, der auf einer Musterempfehlung der kommunalen Spitzenverbände, namentlich der Landkreistage Baden-Württemberg und Bayern basiert, erfüllt die Anforderungen des Europäischen Beihilfenrechts, insbesondere des „Almunia-Pakets“ der Europäischen Kommission. Er stellt für die Zukunft sicher, dass – sofern erforderlich – kommunale Ausgleichsleistungen (Begünstigungen) an die Kongress- und Touristikbetriebe ohne eine vorherige Anmeldung (Notifizierung) bei der EU-Kommission geleistet werden dürfen. Damit kann die weitere Tätigkeit der Kongress- und Touristikbetriebe in Übereinstimmung mit dem EU-Beihilfenrecht gewährleistet werden.

Der vorliegende Betrauungsakt wurde gemäß Art. 2 Abs. 2 des Freistellungsbeschlusses auf eine Laufzeit von zunächst grundsätzlich maximal zehn Jahren befristet. Danach kann ein erneuter Beschluss durch den Stadtrat der Stadt Aschaffenburg gefasst werden.

.Beschluss:

I. Der Stadtrat beschließt, dass die im sogenannten „Almunia-Paket“ der Europäischen Kommission aufgeführten Kriterien für kommunale „Ausgleichsleistungen“, d.h. für alle vom Staat oder aus staatlichen (kommunalen) Mitteln jedweder Art gewährten Vorteile, an Unternehmen mit Gemeinwohlaufgaben beachtet werden und dass öffentliche (kommunale) Mittel nach EU-Wettbewerbsrecht nur in dem Umfang an den Eigenbetrieb „Kongress- und Touristikbetriebe der Stadt Aschaffenburg“ (nachfolgend „Kongress- und Touristikbetriebe“) fließen dürfen, wie die Gemeinwohlaufgabe infolge des öffentlichen Betrauungsaktes reicht.
Die Stadt Aschaffenburg betraut die Kongress- und Touristikbetriebe durch den als Anlage 0 beigefügten Akt mit den dort beschriebenen förderfähigen „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ (Gemeinwohlaufgaben nach § 2 Abs. 1 des Betrauungsaktes). In Abgrenzung hierzu werden auch die ohne vorherige Anmeldung (Notifizierung) bei der EU-Kommission nicht förderfähigen sonstigen Dienstleistungen ausdrücklich benannt (§ 2 Abs. 2 des Betrauungsaktes).
Die Betrauung erfolgt für eine Dauer von grundsätzlich zunächst zehn Jahren. Sie ist den Kongress- und Touristikbetrieben bekannt zu machen. Die Betrauung kann durch erneuten Beschluss des Stadtrats jederzeit geändert oder widerrufen werden.
Die Verwaltung wird ermächtigt, redaktionelle Anpassungen vorzunehmen, wenn diese den wesentlichen Inhalt dieses Beschlusses nicht verändern.

II. Angaben zu den Kosten:
                                                                          (bitte ankreuzen)
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja
nein X

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja
nein
Es entstehen Folgekosten
ja
nein

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 37, Dagegen: 0

Datenstand vom 06.07.2015 08:11 Uhr