Baulückenkataster - Bericht


Daten angezeigt aus Sitzung:  4. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 21.04.2015

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 4. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 21.04.2015 ö Beschließend 3pvs/4/3/15

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

1. Ausgangssituation:
In Deutschland wird laut Bundesumweltministerium täglich eine Fläche von rund 73 Hektar für Siedlungs- und Verkehrsflächen neu in Anspruch genommen. Bis zum Jahr 2020 hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, diesen täglichen Flächenverbrauch auf 30ha zu reduzieren. Wegen der stetig anwachsenden Flächengrößen für Wohnflächen pro Person und der kleiner werdenden Haushalte steigt der Wohnraumbedarf pro Einwohner in den Metropolregionen kontinuierlich an. Demzufolge entsteht zunehmend Baulandknappheit insbesondere für Wohnbauland. Hier können nur die Kommunen für Abhilfe sorgen, um Bauwilligen, darunter vor allem jungen Familien, die Schaffung von eigenem Wohnraum zu ermöglichen.
Ein sinnvolles Flächenmanagement gibt dabei der Kommune die Möglichkeit, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Flächenmanagement meint den rücksichtsvollen und ressourcenschonenden Umgang mit Freifläche und Boden, ohne Wachstum und Entwicklung der Stadt zu beeinträchtigen.
Ein Leitziel, welches in diesem Zusammenhang bei der Stadtplanung Aschaffenburgs seit Jahren verfolgt wird und welches zudem auch gesetzlich verankert ist, stellt die „Innen- vor Außenentwicklung“ dar. Dazu gehören, die Aktivierung von Baulücken, Vermeidung von Brachen und Leerstand und die bedarfsgerechte Ausweisung von Neubaugebieten. Im Zuge dessen wurden in Aschaffenburg in den letzten Jahrzehnten auch Konversionsflächen reaktiviert und wieder neuen Nutzungen zugeführt. Ein Beispiel dazu ist das Gebiet Rosensee. Hier entstand auf dem ehemaligen militärisch genutzten Gelände ein neues Wohnquartier im Innenbereich der Stadt.
Auch in der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans ist dieses Planungsfeld Thema. Hier heißt es in der Präambel, Außenbereiche sollen erst dann entwickelt werden, wenn sonstige vorhandene Flächenpotenziale im Innenbereich erschöpft oder ihre Entwicklung größeren Hemmnissen begegnet und in absehbarer Zeit nicht möglich erscheint.
Ebenso beschäftigte sich der Expertenworkshop Wohnen in Aschaffenburg 2030 im Rahmen der Demografiewerkstatt 2030 mit dem Thema Ressourcenknappheit im Wohnbereich. Das Strategiepapier Wohnen 2030, welches aus dem Expertenworkshop hervor ging, wurde im November 2014 im PVS vorgestellt und beschlossen.  Damit beauftragte der Stadtrat die Verwaltung unter anderem mit der Fortschreibung und Weiterentwicklung des bestehenden Baulückenkatasters.

2. Aufgabenstellung:
Die Stadtverwaltung hat bereits 2009 begonnen ein Baulückenkataster für das gesamte Stadtgebiet zu erstellen, um für die Grundlagenermittlung zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplans 2030 die vorhandenen Bauflächenpotenziale im Innenbereich zu erfassen und damit festzustellen, in wieweit die Ausweisung von neuen Bauflächen im noch nicht erschlossenen Außenbereich erforderlich ist. Dieses Kataster wurde 2011 fertiggestellt und seitdem kontinuierlich fortgeschrieben. Darüber wurde zuletzt im April 2013 im Planungs- und Verkehrssenat berichtet.
Im Baulückenkataster werden die bestehenden Baulücken in einem Plan erfasst und nach den Nutzungskategorien Wohnen, Gewerbe, Mischnutzung, Gemeinbedarf und Sondernutzung unterteilt. Eine Baulücke ist ein unbebautes und ungenutztes Grundstück das erschlossen ist und nach Bauplanungsrecht sofort bebaut werden kann. Das Grundstück wird in seiner Gesamtfläche als Baulücke in das Kataster aufgenommen.
Die erste Erhebung der Baulücken erfolgte durch Ortsbegehungen. In der Fortschreibung wurden Grundstücke, die in der Zwischenzeit bebaut wurden, wieder aus dem Kataster heraus genommen. Ob ein Grundstück bebaut wurde, wird anhand der Baufertigstellungsanzeige und durch einen Luftbildvergleich von damals zu heute erfasst.
Wurden in der vergangenen Zeit neue Baugebiete ausgewiesen, erschlossen und bebaut, sind die dort entstandenen neuen Baulücken ebenso in das Kataster aufgenommen worden.
Dies betrifft im vergangenen Jahr insbesondere die Bereiche Adlerstraße und Herrenwaldstraße im Stadtteil Strietwald mit insgesamt 16 neuen Baulücken.
Durch die ständige Fortschreibung des Baulückenkataster, d.h. dem Abgleich von Baulücken von damals zu heute ist somit ein Monitoring möglich, um festzustellen, inwieweit die Baulücken bebaut werden und somit das zur Verfügung stehende Baulandpotenzial genutzt wird.
Im Folgenden wird ein Bericht über die regelmäßige Fortschreibung des Baulückenkatasters gegeben und dargestellt, wie sich die Bautätigkeit im Innenbereich der Stadt Aschaffenburg seit 2012 entwickelt hat und wie viele Baulücken gefüllt wurden.

3. Ergebnisbericht:
Die Ersterfassung des Baulückenkatasters war im Februar 2011. Die erste Fortschreibung fand im Dezember 2012 statt. Die aktuelle Fortschreibung erfolgte zum Stichtag 31.12.2014.
Zum Stichtag am 31.12.2014 gab es insgesamt 874 Baulücken im Stadtgebiet. Im Vergleich zur Ersterhebung im Jahr 2011 sind dies 246 Baulücken weniger (2011: insgesamt 1.120Baulücken).
Vor allem im Bereich Wohnungsbau ist eine hohe Innenentwicklung auszumachen. Hier sind zum Stichtag 649 Baulücken mit einer Fläche von rund 34 ha festzustellen, im Jahr 2012 waren es rund 38ha, d.h. eine Fläche von rund 4ha wurde in den letzten zwei Jahren durch Innenentwicklung neu bebaut.
Auch im gewerblichen Bereich fand eine Aktivierung von Flächen statt. Hier wurden insgesamt 3ha bebaut (Baulücken 2012:24ha; 2014:21ha). Dies betrifft beispielsweise das Gewerbegebiet Ebersbacher Straße in Schweinheim. Dort wurden fünf Baulücken mit einer Grundstücksfläche von insgesamt rund 4800m² bebaut. Auch im Gewerbegebiet Damm Ost wurden drei Baulücken mit einer Gesamtfläche von rund 5400m² geschlossen. Ebenso sind neue Gewerbebetriebe am Südbahnhof, im Gewerbegebiet Würzburger Straße Nord und Obernau entstanden.
In den Gewerbegebieten Obernau und Würzburger Straße Nord ist eine weitere Baulückenaktivierung zurzeit schwierig, da in Obernau die Erschließungsstraße noch nicht gebaut ist und Teile der Flächen im Gebiet Würzburger Straße Nord Asylunterkünften vorgehalten werden.
In den Jahren 2013 und 2014 fanden im Wohnbereich die meisten Bautätigkeiten in den Siedlungsgebieten Obernau, Schweinheim und Damm statt. Allein in Obernau wurden 24 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von rund 1,2ha bebaut.
Im Strietwald ist aufgrund der neuen Baugebiete Herrenwald- und Adlerstraße ein Baulückenzuwachs zu verzeichnen. In Schweinheim wurden unter anderen auch Baulücken im Neubaugebiet Gäßpfad geschlossen. Die durchschnittliche Größe einer Wohnbaulücke (Baugrundstück) beträgt ca. 500m² und befindet sich überwiegend in Einfamilienhausgebieten der umliegenden Stadtteile.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass trotz der Neuausweisungen von Baugebieten wie in Schweinheim und Strietwald weitere Baulücken im Innenbereich kontinuierlich bebaut wurden und werden.
























Grafik 1: Vergleich Flächen an Baulücken 2011-2014

























Grafik 2: Vergleich Baulücken (BLK) Wohnen 2012-2014 auf Stadtteilebene

4. Bewertung:
In der Wohnbauflächenprognose von 2011 zum Flächennutzungsplan 2030 sind Mobilisierungsgrade für die Baulückenentwicklung angenommen worden, d.h. es wurde eine aus Erfahrungswerten anderer Städte beruhende Annahme getroffen, wie viele Baulücken pro Jahr durchschnittlich bebaut werden. Für die Wohnbebauung wurden rund 3,5 % pro Jahr angenommen. Bei einem Baulandpotenzial für Wohnnutzung von damals 45ha (2011) wären das rund 1,6 ha pro Jahr, die durch Bebauung der Grundstücke an der Fläche der Baulücken wegfallen würden.
Mit 4ha im Wohnbereich für die Jahre 2013 und 2014 (ca. 2ha pro Jahr) wurde daher im Schnitt mehr Fläche mobilisiert als prognostiziert wurde. Hier mit eingerechnet ist ebenso der Zuwachs an Bauflächen durch Baulandausweisungen.
Diese Entwicklung ist zurzeit begünstigt durch die gute wirtschaftliche Gesamtsituation auf dem Immobilienmarkt und dem damit verbunden niedrigen Zinsniveau für Baudarlehen.

Die Mobilisierung der Baulücken zeigt auch, dass es durchaus wichtig und richtig ist, bei der Stadtentwicklung die vorhandenen Innenentwicklungspotenziale mit zu berücksichtigen, wenn es bspw. wie bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans um die Überarbeitung und Neuausweisung von Bauflächen geht.

Zusammenfassend lässt sich mit den Vergleichszahlen von 2011 und 2012 feststellen, dass eine kontinuierliche Aktivierung von Baulücken erfolgt, was eine sehr positive Stadtentwicklung für Aschaffenburg darstellt. Bereits der Verwaltung vorliegende Bauanträge zeigen zudem, dass auch in nächster Zeit weitere Baulücken aktiviert werden.
Der derzeitige Trend wieder „zurück in die Stadt“ trägt neben weiteren Faktoren ebenso dazu bei, dass sich Bauherren dazu entschließen, im Innenbereich zu bauen und vorhandene Lücken zu schließen. Kurze Wege, Mobilität auch ohne Auto und kulturelle wie Arbeits- und Einkaufsmöglichkeiten in nächster Nähe werden von vielen wieder geschätzt und dem Leben im Grünen vorgezogen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt des derzeitigen Baubooms ist, dass momentan auch relativ „schlechte“ Grundstücke aktiviert werden. Dazu trägt auch die Weiterentwicklung von Baumaterialien bei, die bspw. besseren Lärmschutz bieten und dadurch schwierige Anforderungen an ein Grundstück leichter bewältigt werden können.
Die Mobilisierung von Baulücken, die zum Großteil in privatem Besitz sind, ist für die öffentliche Hand eine schwierige Aufgabe. Häufig werden Baugrundstücke für Nachkommen freigehalten – dies betrifft u.a. Nilkheim, Obernau und die Oststadt – oder auch kein Bedarf zur Veräußerung des Grundstücks gesehen. Die Verwaltung hat hier daher nur sehr geringe Möglichkeiten, wie z.B. durch Ansprache der Grundstückseigentümer, die Mobilisierung, d.h. den Verkauf und die Bebauung eines Grundstückes, positiv zu beeinflussen. In den vergangenen Jahren sind hierzu Kampagnen von der Verwaltung durchgeführt worden, bei denen die Eigentümer über mögliche Bebauungen ihrer Grundstücke informiert und beraten wurden. Die Resonanz daraus war sehr gering.
Die Fortschreibung des Baulückenkatasters bestätigt jedoch die Tendenz der Innenentwicklung in Aschaffenburg und dem Wunsch vieler Bauherren dem Trend „zurück in die Stadt“ zu folgen. Aufgrund dieser positiven Zahlen sieht die Verwaltung keinen Anlass, zusätzliche Bemühungen zur Mobilisierung von Baulücken zu betreiben.
Unabhängig davon unterstützt die Verwaltung weiterhin die Innenentwicklung und Nachverdichtung und strebt auch bei städtischen Grundstücken im Innenbereich eine zügige Bebauung und Reaktivierung der Flächen an.

5. Weiteres Vorgehen:
Im Strategiepapier Wohnen wurde als Maßnahme zum Themenfeld Ressourcenknappheit festgelegt, das Baulückenkataster fortzuschreiben und zu einem Nachverdichtungskataster weiterzuentwickeln. Die Fortschreibung wurde hiermit vorgestellt. Die Weiterentwicklung zu einem Nachverdichtungskataster wird bis Ende 2016 überprüft werden. Hierbei soll aus stadtplanerischer Sicht untersucht werden, ob und in welchen Bereichen des Stadtgebietes Nachverdichtungen möglich sind. Diese können auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Neben der Errichtung von zusätzlichen Gebäuden auf bereits bebauten Grundstücken wird unter Nachverdichtung z.B. auch Dachgeschossausbau oder Gebäudeaufstockung verstanden. Dazu wird erneut ein Bericht im Stadtrat erfolgen.

.Beschluss:

Der Stadtrat nimmt den Bericht der Verwaltung über die Fortschreibung des Baulückenkatasters und die Entwicklung des Baulandpotenzials der Baulücken zur Kenntnis.

Angaben zu den Kosten:

Soweit Kosten durch den Vollzug dieses Beschluss entstehen wird folgendes zu Kenntnis gegeben:
                                                                         (bitte ankreuzen)

ja
nein
2.1 Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt


2.2 Es entstehen Folgekosten

X
sofern bei 2.2 ja:                                                           (bitte ankreuzen)

einmalig
wiederkehrend
Häufigkeit der Folgekosten



Abstimmungsergebnis:
Dafür: 15, Dagegen: 0

Datenstand vom 11.05.2015 09:16 Uhr