Umsetzung der Insolvenzberatung als kommunale Pflichtaufgabe


Daten angezeigt aus Sitzung:  7. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 11.06.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 7. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 11.06.2018 ö Beschließend 11pl/7/11/18

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Die Bayerische Staatsregierung wird die kombinierte Schuldner- und Insolvenzberatung per Gesetz zum 1.1.2019 zur kommunalen Pflichtaufgabe erklären. Im Gegenzug wird eine Finanzierung nach Bevölkerungsschlüssel erfolgen. Grundsätzlich kann die Kommune die Aufgabe weiter delegieren an anerkannte Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände. Geförderte Stellen müssen dann beides anbieten: Schuldner- und Insolvenzberatung aus einer Hand.

Derzeit bietet die Stadt Aschaffenburg ausschließlich Schuldnerberatung als Pflichtleistung an. Dies bedeutet, dass bei Ratsuchenden, bei denen festgestellt wird, dass eine Überschuldung vorliegt und keine Aussicht auf eine außergerichtliche Einigung besteht, das Insolvenzverfahren angeraten wird. Die Beratung wird dann beendet und der Klient an Rechtsanwälte oder an die Insolvenzberatung der Diakonie Aschaffenburg verwiesen.

Der Nachteil dieser „Verweisungspraxis“ besteht darin, dass die Betroffenen es erneut mit wechselnden Personen und Stellen zu tun haben und ihre Geschichte noch einmal erzählen müssen. Des Weiteren kommen viele nicht im Insolvenzverfahren an, da sie sich nicht an die Diakonie oder Rechtsanwalt wenden. Durch die Schuldnerberatung halten oftmals Gläubiger still. Dabei steigt die Schuldsumme (Zinsen und Kosten). Besser wäre es deshalb den Schuldner von Anfang an durch ein Insolvenzverfahren begleiten zu können.

Gerade in unserer Stadt mit einer der höchsten Verschuldungsquoten in ganz Nordbayern ist eine gut funktionierende Beratung von hoher Bedeutung. Nur die Anbindung an die Kommune stellt sicher, dass die Vernetzung mit den relevanten „Zuführungs-Stellen“ optimal funktioniert bis hin zu einer persönlich begleiteten Übergabe der Klienten, z.B. durch: Jobcenter, Grundsicherung, Jugendamt, Betreuungsstelle, Wohnungslosenhilfe, Obdachlosenunterbringung, Stadtbau GmbH.

Mögliche Wirkungen bei Abgabe des Bereichs Schuldnerberatung an freie Träger:
- Synergien und kurze Wege in der Beratungsarbeit gehen verloren (Grundsicherung, Obdachlosenhilfe, Betreuungsstelle…)
- Längere Wartezeiten
- Abruf und Weiterleitung der staatlichen Fördermittel sowie die Abrechnung verbleiben in jedem Fall bei der Kommune

Die Kostenerstattung für die Insolvenzberatung durch das Land ist als Festbetrags-Förderung vorgesehen in Höhe von 56.534,- €, die u.a. an folgende (Qualitäts-)Kriterien gebunden wird:
  • Mindestens 2 Vollzeitstellen für Schuldner- und Insolvenzberatung;
  • angemessene Ausstattung an Verwaltungskräften (vorauss. 0,5 Stellen)
  • die Beratung soll durch Ehrenamtliche ergänzt werden (ggf. Sozialpaten)
  • Der Insolvenzberater muss die Voraussetzungen als „geeignete Stelle“ erfüllen: 3 Jahre Berufserfahrung. Dies erfüllt der städt. Schuldnerberater bereits (langjährige Vorerfahrung als Jurist in Insolvenzverfahren, Zusatzausbildung)  
Leider wird nach dem derzeitigen Zuschuss-Verteilungssystem nach Einwohnerschlüssel das hohe Schuldneraufkommen in Aschaffenburg nicht berücksichtigt. Somit entstehen Personalkosten in Höhe von ca. 85.000 € zur Finanzierung einer zusätzlichen Vollzeitstelle (Beratung) und der Teilzeitstelle 50% (Verwaltung).

Aus Sicht der Verwaltung wird aus folgenden Gründen vorgeschlagen trotz Mehrkosten in Höhe von rund 30.000 € p. a. (Kosten 85.000 ./. Staatszuschuss 56.534) die Insolvenzberatung innerhalb der Stadtverwaltung umzusetzen:
  • Zur Wahrung der Beratungsqualität und Synergieeffekte im Sinne der Klienten (Ziel der kurzen Wege);
  • Nur die direkte Anbindung an die Kommune stellt sicher, dass die Vernetzung mit den „Zuführungs-Stellen“ optimal funktioniert bis hin zu einer persönlich begleiteten Übergabe der Klienten. Damit erhöht die Insolvenzberatung die Chance, Klienten im Beratungssystem zu halten, weil sie nicht auf dem Weg zur Insolvenzberatung „verloren gehen“;
  • Für die Problematik „Schufa“ werden die Stellungnahmen der eigenen Schuldnerberatung benötigt (z.B. für Stadtbau GmbH);
  • Durch die zusätzliche 2. Fachkraft kann eine gegenseitige und inhaltlich vollumfängliche Vertretung erfolgen.

Da es sich um eine neue Stelle / Aufgabe handelt, ist nach Art. 68 Abs. 3 Nr. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern eine Nachtragshaushaltssatzung nicht erforderlich. Die Notwendigkeit der Zustimmung des Haupt- und Finanzsenates ergibt sich in Anwendung des Eckpunktepapiers zum Haushalt 2015.

.Beschluss:

I.
1. Der Bericht der Verwaltung zur Umsetzung der Insolvenzberatung im Verbund der bereits bei der Stadt Aschaffenburg vorhandenen Schuldnerberatung wird zur Kenntnis genommen.

2. Der Einrichtung und Besetzung von bis zu 1,5 Vollzeitstellen für die Umsetzung der Insolvenzberatung bis zum 01.0 1.2019 wird zugestimmt.

3. Die Stellen sind im Stellenplan 2019 auszuweisen.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ X ]
nein [   ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [   ]
nein [ X ]
Es entstehen Folgekosten
ja [ X ]
nein [   ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[ X ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 37, Dagegen: 0

Datenstand vom 20.11.2018 14:41 Uhr