Ausgangslage und Planungen
Zur Aschaffenburger Stadtgeschichte sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten verschiedene Einzelstudien und wissenschaftliche Beiträge erschienen, beispielsweise in den seitens des Geschichts- und Kunstvereins herausgegebenen Publikationsreihen oder in den seit dem Jahr 1984 erscheinenden „Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv“. Eine modernen und neuesten wissenschaftlichen Grundsätzen verpflichtete Stadtgeschichte als verlässliche Gesamtdarstellung für das 19. und 20. Jahrhundert fehlt bislang allerdings.
Das Stadt- und Stiftsarchiv plant im Auftrag der Stadtverwaltung und gemeinsam mit wissenschaftlichen Kooperationspartnern eine aktuellen stadtgeschichtlichen und wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechende Stadtgeschichte für die bayerische Zeit Aschaffenburgs ab 1814. Das umfangreiche Buchprojekt soll insbesondere auch die Stadt in der NS-Zeit bzw. der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Blick nehmen und auch die ersten Nachkriegsjahrzehnte berücksichtigen.
Das Gemeinschaftswerk soll sowohl den interessierten Bürgerinnen und Bürgern wie auch den Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern einen lesbaren und zuverlässigen Zugang zur Aschaffenburger Stadtgeschichte auf dem heutigen Kenntnisstand vermitteln. Insofern wird die Stadtgeschichte wissenschaftlich fundiert, aber auch zugleich verständlich ausformuliert zu halten sein.
Zahlreiche Abbildungen sowie kleinere thematische „Schlaglichter“ sollen der Auflockerung und dem leichteren Zugang dienen. Nach dem Muster eines stadtgeschichtlichen „Labors“ soll in digitaler Form von Beginn des Projekts an über das Vorhaben berichtet werden; gleichzeitig soll im Zusammenwirken mit interessierten Aschaffenburgerinnen und Aschaffenburgern eine „kollaborative“ Online-Sammlung von Wissen über die Stadt zusammengestellt und dauerhaft archiviert werden.
Der Umfang des geplanten Gesamtwerks kann derzeit nur geschätzt bzw. anhand vergleichbarer „Stadtgeschichten“ hochgerechnet werden (600 bis 700 Seiten, zuzüglich wiss. Apparat und Literaturverzeichnis).
Neben Autorinnen und Autoren aus der Stadt und der Region, die für das Buchprojekt gewonnen werden können, soll dezidiert eine Einbindung des Projekts in die moderne universitäre Geschichtsforschung und in aktuelle stadthistorische Forschungsansätze erfolgen.
Als mögliche Themen bzw. Kapitel kommen für die Stadtgeschichte in Betracht (die Aufzählung ist vorläufig und nicht abschließend!):
Chronologische Haupttexte:
- Dalberg-Zeit
- Aschaffenburg im Königreich Bayern (mehrere sinnvoll untergliederte Beiträge)
- Aschaffenburg im Ersten Weltkrieg
- Übergang vom Königreich zum Freistaat Bayern
- Zwischenkriegszeit (Weimarer Republik)
- Die Stadt im Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg
- Vom Wiederaufbau bis zur Gegenwart
Weitere Hauptbeiträge:
- Jüdisches Aschaffenburg in der Neuzeit, Jüdische Bevölkerung bis 1933 / Ausgrenzung und Verfolgung im Dritten Reich
- Konfessionen und Religionsgemeinschaften
- Baugeschichte, Stadtentwicklung
- Soziales und Wirtschaftsgeschichte
- Eingemeindete Stadtteile (historischer Überblick)
Schlaglichter (kurze Beiträge zu Einzelthemen):
- Artikel zu Einzelpersonen
- Bürgermeister
- Krieg von 1866
- Kriegsende 1945
- König Ludwig I. und Aschaffenburg
- Schulen und Hochschulen (Forsthochschule, Steinmetzenschule, Hochschule AB usw.)
- Sportgeschichte
- Aschaffenburg als Militärstandort
- US-Militär und Konversion
- Städtepartnerschaften
- Sudentendeutsche, Graslitzer
- Migration, „Gastarbeiter“
- Theater, Bühnen, Kleinkunst, Kultur, Museen
Umsetzung
Das Projekt der Stadtgeschichte soll im Zusammenspiel des Stadt- und Stiftsarchivs und eines größeren wissenschaftlichen Bearbeiterkreises gemeinsam mit einem zeithistorisch und regionalgeschichtlich hochqualifizierten universitären Partner angegangen werden. Hierfür bietet sich der Lehrstuhl von Professor Michael Kißener an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz an: der Arbeitsbereich Zeitgeschichte zeichnet für einschlägige Standardwerke zur jüngeren Vergangenheit sowie zur Geschichte des Nationalsozialismus in deutschen Regionen und Städten verantwortlich und hat vielfältige Erfahrungen in der Durchführung von stadtgeschichtlichen Buchprojekten im 19. und 20. Jahrhundert (zuletzt u.a. „Eichstätt im Nationalsozialismus“, 2016; derzeit Bearbeitung der Stadt Neustadt an der Weinstraße in der NS-Zeit). Nicht viele zeithistorische Lehrstühle verfügen über eine derart reiche Erfahrung in der Projektarbeit mit außeruniversitären Partnern, stadthistorischen Publikationen sowie auch zeitgemäßen digitalen Publikationsformen. Es ist geplant, dass im Rahmen einer Vereinbarung seitens des Lehrstuhls ein Projektkoordinator bzw. eine Projektkoordinatorin eingestellt wird (Dauer maximal 36 Monate). Über die Projektkoordination soll das Gesamtkonzept der Stadtgeschichte erstellt, der Bearbeiterkreis betreut und das Vorhaben gemeinsam mit dem Stadt- und Stiftsarchiv zur Publikationsreife geführt werden (regelmäßige Workshops und Einzelbesprechungen; Vorgaben und Kontrollen zur Einhaltung der wissenschaftlichen Standards; inhaltliche und formale Reviews sämtlicher Beiträge). Außerdem sollen durch die Koordination, nach Möglichkeit gemeinsam mit anderen Nachwuchswissenschaftlern, zentrale Themenkomplexe anhand neuester Erkenntnisse und Quellenlage erarbeitet werden.
Es wird um Kenntnisnahme und Zustimmung zum Projekt gebeten.
Für die Bewilligung der Kosten wird das Projekt dann in nächster Zeit in den Haupt- und Finanzsenat eingebracht werden. Die Kosten belaufen sich für die Projektstelle eines wissenschaftlichen Koordinators bzw. einer Koordinatorin auf ca. 121.000€ (36 Monate EG 13/Stufe 3, 50%). Geplanter Projektbeginn: Herbst 2019 (die Personalkosten fallen dann anteilig in den Haushaltsjahren 2019, 2020, 2021 und 2022 an).
Weitere Kosten sollen nach Möglichkeit durch Zuschüsse, Förderanträge und den Sachhaushalt des Stadt- und Stiftsarchivs (z.B. Druckkosten) gedeckt werden.
Es können in diesem Fall an Ausgaben geschätzt werden:
- Druckkosten (bei einer Auflage von 700 Exemplaren): Ca. 15.000 bis 20.000€
- Honorare für die Bearbeiterinnen und Bearbeiter (pro Druckseite 20€, bei einem Umfang von 700 Seiten): 14.000€
- Kosten für etwaige Bildrechte sowie Nutzungsrechte an Digitalisaten für die Veröffentlichung: Ca. 2.500€
- Reisekostenzuschüsse für die Bearbeiterinnen und Bearbeiter (Archivreisen u.ä.): Ca. 5.000€
Für Zuschüsse bzw. die ergänzende Förderung dieser weiteren Kosten soll neben dem Geschichts- und Kunstverein und anderen möglichen regionalen Sponsoren auch z.B. der Bezirk Unterfranken angefragt werden, ebenso z.B. die „Bayerische Einigung e.V. / Bayerische Volksstiftung“.