I.
Mit Antrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 04.12.2019 reichte die Firma Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co.KG eine Bauvoranfrage für die Errichtung eines Einzelhandelsmarktes mit Bäckerei und Café auf dem Baugrundstück Fl.Nr. xxx, Gem. Leider, Seidelstraße xxx, 63741 Aschaffenburg ein.
Geplant ist der Neubau eines eingeschossigen Norma-Einzelhandelsmarktes als Ersatzbau für den bestehenden Markt mit einer derzeitigen Verkaufsfläche von ca. 600 m². Das bestehende Gebäude soll abgebrochen werden. Die künftige Verkaufsfläche des neu geplanten Marktes soll ca. 1.100 m² betragen. Dieser gliedert sich eine Bäckereifiliale mit Café mit einer weiteren Fläche von 209 m² an. Die gesamte Geschossfläche des geplanten Vorhabens beträgt 1.667 m².
Der Baukörper erreicht in Ost-West-Richtung eine Länge von ca. 68,5 m, bei einer Breite in Nord-Süd-Richtung von ca. 28 m. Das Gebäude soll längsseits von der Seidelstraße abgerückt werden und wird nahe der südlichen Grundstücksgrenze angeordnet. Hierdurch öffnet sich die nördliche Grundstücksfläche für die Aufnahme von 71 PKW-Stellplätzen und den notwendigen Fahrradabstellplätzen. Die Warenanlieferung erfolgt auf der östlichen, der Wohnbebauung abgewandten, Gebäudeseite. Die Bäckerei, bzw. das Café sind westlich im Anschluss an das Einzelhandelsgebäude geplant.
Mit der Vergrößerung der Verkaufsfläche ist keine Sortimentserweiterung beabsichtigt, es soll die Warenpräsentation verbessert werden.
Das Gebäude ist eingeschossig mit Pultdach mit einer Dachneigung von 7° geplant und erreicht Wandhöhen von 5 m (Rückseite) bzw. 8,50 m (Vorderseite).
Im Rahmen der Bauvoranfrage werden zu dem Bauvorhaben folgende Fragen gestellt:
Frage 1: Ist die geplante Verkaufsfläche (Norma neu ca. 1.100 m²) ohne Änderung des Bebauungsplans genehmigungsfähig?
Frage 2: Sind Dachform, Dachneigung, Gestaltung des neuen Baukörpers zulässig?
Frage 3: Ist die Überschreitung der, im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen durch Baukörper und Werbeanlagen (Abstandsflächen = 0,25 H, mind. 3 m) zulässig?
II.
Die Bauvoranfrage beschränkt sich auf die Fragestellung und entfaltet auch nur insoweit Bindungswirkung. Darüberhinausgehende Fragen- oder Problemstellungen werden nicht erörtert und sind nicht Gegenstand der Entscheidung.
Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. xxx (Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Seidelstraße, Ringstraße, Hafenbahngelände, Kirchstraße, Leiderer Stadtweg und Kapellenstraße). Dieser setzt für das betreffende Baugebiet u.a. fest:
Gewerbegebiet GE
mit Einschränkung der zulässigen Lärmemissionen
GRZ 0,8
GFZ 2,0
max. III Vollgeschosse
Baugrenzen
offene Bauweise
Flachdach
Pflanzgebote
Das Bauvorhaben ist grundsätzlich nach § 30 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO 1977 zu beurteilen.
Das Baugrundstück befindet sich in einem, mit Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet. Der geplante Einzelhandelsmarkt ist dort als Gewerbebetrieb aller Art
hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung allgemein zulässig. Als einziger Discounter im Stadtteil Leider hat er eine wichtige Funktion für die Nahversorgung. Mit derzeit nur ca. 600 m² Verkaufsfläche ist er aber auch nach Wertung des Einzelhandelstandort- und zentrenkonzepts aus dem Jahr 2010 zu klein und ggf. nicht dauerhaft funktionsfähig. Mit den geplanten 1.100 m² Verkaufsfläche (plus Bäckerei / Café) erreicht der Einzelhandelsbetrieb eine inzwischen marktübliche und gängige Größenordnung. Dennoch ist er aufgrund der „Vermutungsregel“ des § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb und damit zunächst sondergebietspflichtig, da er eine Geschossfläche von über 1.500 m² hat (§ 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO 1977).
Nach stadtplanerischer Einschätzung wird sich an vorliegendem Standort ein Discounter mit 1.100 m² Verkaufsfläche (ohne Bäckereifiliale) und 1.667 m² Geschossfläche nicht wesentlich auf Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken: Der Betrieb befindet sich in „integrierter Lage“ im Stadtteil Leider und dient eindeutig der verbrauchernahen Versorgung. Es sind keine negativen Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr und auf die Versorgung der Bevölkerung (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1977) zu befürchten.
Unter der Bedingung, dass die Landesplanungsbehörde bei der Regierung von Unterfranken der Vergrößerung der Verkaufsfläche ohne Sondergebietsausweisung zustimmt, ist die geplante Verkaufsfläche von ca. 1.100 m² ohne Änderung des Bebauungsplanes genehmigungsfähig.
Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind die Vorgaben des Bebauungsplanes einzuhalten. Durch die eingeschossige Bauweise wird die max. zulässige Zahl der Vollgeschosse nicht überschritten.
Aus bauplanungsrechtlicher Sicht kann vorliegend eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB von der festgesetzten Dachform (Pultdach statt Flachdach mit 7° Dachneigung) erteilt werden.
Das geplante Pultdach ist mit einer Dachneigung von 7° flach geneigt. Städtebaulich ist dies ohne Weiteres vertretbar; auch für die südlich benachbarte Wohnanlage (Leiderer Stadtweg xxx) wurden Befreiungen für die Errichtung eines flachgeneigten Satteldachs an Stelle eines Flachdachs gewährt.
Gemäß vorliegenden Planunterlagen soll die südliche Baugrenze auf der gesamten Gebäudelänge um knapp 4 m und die westliche Baugrenze um ca. 11 m überschritten werden. Eine Überschreitung der südlichen Baugrenze um bis zu 1 m erscheint städtebaulich vertretbar. Hierbei sind, aufgrund des Heranrückens an die benachbarte Wohnanlage aber die Belange der Nachbarn, insbesondere hinsichtlich der Belichtung, Belüftung, des Brandschutzes und des Sozialabstandes zu berücksichtigen. Die Nachbarn sind im späteren Baugenehmigungsverfahren zu beteiligen und zu hören.
Für die Überschreitung der westlichen Baugrenze kann eine Befreiung vom Bebauungsplan erteilt werden, weil hier, durch die zwischenliegende Verkehrsfläche (Wendeanlage) ein großer Abstand von über 20 m zur anschließenden Wohnbebauung verbleibt.
Die Regelungen über die gesetzlichen Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) sind einzuhalten.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Grünfläche und die Bäume im südöstlichen Grundstücksteil zu erhalten sind. Die Pflanzgebote, gem. Bebauungsplan sind zu beachten. Bei der Planung der Stellplatzanlage sind die Begrünungsvorschriften des § 5 GaStAbS zu berücksichtigen.
Dem Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheides mit den im Beschlusstext ausgeführten Antwortformulierungen vorgeschlagen.