Bericht der Verwaltung über die Novellierung der Bayerischen Bauordnung


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat, 03.02.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 2. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 03.02.2021 ö Beschließend 1UKVS/2/1/21

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Der Bayerische Landtag hat am 02.12.2020 das Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus beschlossen. Die Neuregelungen umfassen insbesondere die folgenden wesentlichen Änderungen:

  • Einführung einer Genehmigungsfiktion im Baugenehmigungsverfahren
  • Änderung der Abstandsflächenberechnung
  • Rechtliche Voraussetzungen für die Einführung eines digitalen Baugenehmigungsverfahrens
Die Rechtsänderungen treten grundsätzlich am 01.02.2021 in Kraft, die Genehmigungsfiktion ab 01.05.2021.

Genehmigungsfiktion im Baugenehmigungsverfahren
Die Genehmigungsfiktion im Baugenehmigungsverfahren umfasst Wohnungsbauvorhaben im vereinfachten Verfahren (Art. 59 BayBO). Sie gilt damit nicht für Sonderbauten. Ziel der Regelung ist es, die Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau zu beschleunigen.
Der Baugenehmigungsbehörde verbleibt eine Frist von 3 Wochen nach Bauantragstellung, zu prüfen, ob die eingereichten Unterlagen vollständig sind. Ab Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen läuft die sog. Genehmigungsfiktionsfrist von 3 Monaten an. Mit Ablauf der Frist gilt die Baugenehmigung - wie beantragt – als erteilt, soweit nicht zuvor eine andere schriftliche Entscheidung, z.B. Baugenehmigung mit Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Abweichungen, Sicherheitsleistungen, etc.) erteilt wurde oder eine Ablehnung des Bauvorhabens erfolgt ist.

Diese Rechtsänderung hat ganz erhebliche Auswirkungen auf die bisherige Praxis:
  • Es ist ein striktes Fristenmanagement einzuführen.
  • Bauanträge werden künftig nur noch angenommen, wenn diese vollständig sind. Die eingereichten Bauantragsunterlagen sind akribisch auf Vollständigkeit zu prüfen. Evtl. fehlende Unterlagen werden unverzüglich schriftlich nachgefordert.
  • Bisher stand der Bürgerservice im Vordergrund. Evtl. Genehmigungshindernisse wurden – in teilweise langwierigen – Abstimmungsprozessen mit den Antragstellern behoben. Künftig sind die Antragsverfahren – aufgrund laufender Fristen – vor allem schnell abzuschließen, mit der Folge, dass ggf. eine Ablehnung erfolgen muss.
  • Sonstige Rechtsbereiche (Naturschutz, Artenschutz, Immissionsschutz, Entwässerung, Belange der Grünordnung, Belange des Straßenbaulastträgers, Straßen- und Wegerecht, Straßenverkehrsrecht, Zivilrecht, etc.) können nur noch dann berücksichtigt werden, soweit diese unmittelbar Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind.
  • Alle Beteiligte sind angehalten schnellstmögliche Entscheidungen zu treffen. Bei Verzögerungen muss mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion gerechnet werden.

Die regionalen Architekten werden über die Änderung der Genehmigungspraxis in schriftlicher Form informiert. Die künftige Zusammenarbeit wird, aufgrund der wesentlichen Rechtsänderung neu abgestimmt.
Die „Genehmigungsfiktionsfälle“ werden künftig prioritär behandelt. Ziel ist es, diese Fälle schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen.
Die Genehmigungsfiktion betrifft nur Fälle, deren Bauantrag ab dem 01.05.2021 eingereicht werden. Altfälle werden von der Regelung nicht erfasst.

Abstandsflächenberechnung

Die neue Abstandsflächenberechnung wurde eingeführt, um der Vereinheitlichung der Abstandsflächenregelungen im gesamten Bundesgebiet zu folgen und gleichzeitig die Berechnung der Abstandsflächen zu vereinfachen.

In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt:
„Mit der Verkürzung des Maßes der Tiefe der Abstandsfläche auf 0,4 H, mindestens 3 m, wird das in zahlreichen Ländern bereits geltende Abstandsflächenmodell der Musterbauordnung in das bayerische Landesrecht übernommen. Das hier angeordnete Maß von 0,4 H stellt in ausreichendem Maße sicher, dass die Schutzzwecke des Abstandsflächenrechts – Belichtung, Belüftung, Besonnung und Sozialabstand – gewahrt werden. Die Tiefe der Mindestabstandsfläche bleibt mit 3 m unverändert. Bereits das bisherige Modell sah in festgesetzten urbanen Gebieten und nach dem auf zwei Seiten eines Gebäudes anwendbaren „16 m Privileg“ (Abs. 6 Satz der bisherigen Fassung) ein Mindestmaß von 0,5 H, mindestens 3 m, vor. Das nun eingeführte Modell stellt einerseits die Einhaltung der Schutzziele des Abstandsflächenrechts sicher, ermöglicht aber andererseits ein dichteres und damit auch flächensparendes Bauen. Das damit verbundene Absenken des Mindeststandards stellt auch keinen Systembruch dar, zumal die Tiefe der Mindestabstandsfläche mit 3 m unverändert bleibt. Das „16 m Privileg“ gestattete schon bisher die Verkürzung des Maßes der Tiefe der Abstandsfläche auf 0,5 H auf zwei vom Bauherrn zu wählenden Seiten des Gebäudes. Die Frage, warum es einem dritten Nachbarn nicht auch zugemutet werden kann, eine verkürzte Abstandsfläche hinzunehmen, wurde (inkonsequent) nicht beantwortet. Auch die durch das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und weiterer Rechtsvorschriften vom 10.07.2018 vorgenommene Änderung in Bezug auf festgesetzte urbane Gebiete hat klargemacht, dass der in der Bauordnung zu regelnde Mindeststandard auch mit einem geringeren Maß als (die bisherigen) 1,0 H definiert werden kann. Der neue festgelegte Mindeststandard steht auch mit der DIN 5034 – Tageslicht in Innenräumen - in Einklang: Durch die Festlegung der Regelabstandsflächentiefe von 0,4 H ergibt sich zwischen den Gebäuden ein Gesamtabstand, der der Summe der beiderseitigen Tiefen der Abstandsflächen entspricht. Er beträgt bei gleich hohen Gebäuden 0,8 H, was einem Verbauungswinkel von etwa 50 Grad entspricht und eine lichte Raumhöhe von 2,40 m und eine dazugehörige Fensterhöhe von 1,35 m voraussetzt.“

Soweit städtebauliche oder ortsgestalterische Aspekte ein Abweichen von dieser Regeltiefe erfordern, ermöglicht die in Art. 81 Abs. 1 Nr. 7 a) n.F. enthaltene Satzungsermächtigung den Gemeinden, abweichende Regelungen für ihr Gemeindegebiet oder Teile davon in örtlichen Bauvorschriften oder auch in Bebauungsplänen. Der Erlass solcher Regelungen setzt allerdings eine individuelle Betrachtung und eine individuelle Begründung für die einzelnen betroffenen Teilbereiche voraus.

Die ab 01.02.2021 in Bayern geltende Regelung entspricht den Bauordnungen 11 weiterer Bundesländer. Nachfolgend ist eine Übersicht der landesrechtlichen Regelungen zu den Abstandsflächen dargestellt:
0,4 H
0,5 H
0,8 H
1,0 H




Baden-Württemberg
Niedersachsen
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Bayern


Schleswig-Holstein
Berlin



Brandenburg



Bremen



Hamburg



Hessen



Mecklenburg-Vorp.



Nordrhein-Westfalen



Rheinland-Pfalz



Saarland



Thüringen




Rechtliche Voraussetzungen für die Einführung eines digitalen Baugenehmigungsverfahrens

Die aktuelle BayBO-Novelle soll auch die Voraussetzungen für die Einführung eines digitalen Baugenehmigungsverfahrens schaffen. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass ein gesetzlich normiertes Verfahren nicht einfach digitalisiert werden kann. Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen Bau und Verkehr hat dies frühzeitig erkannt und entwickelt derzeit ein digitales Baugenehmigungsverfahren, welches an 15 Pilot-Landratsämtern praktisch erprobt wird. Diesen Erkenntnissen folgend enthält die neue Bay. Bauordnung bereits einige Regelungen, z.B. i.S. Unterschriftsleistung durch Architekten, Bauherren, Nachbarn und sonstige Schriftformerfordernisse, bzw. eine Verordnungsermächtigung zum Erlass notwendiger Verfahrensvorschriften.

Es ist geplant, dass die Bauanträge künftig von den Architekten digital bei einem vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen Bau und Verkehr einzurichtenden Postfach eingereicht und von dort aus von den jeweiligen Bauaufsichtsbehörden digital zur Bearbeitung übernommen werden können.

Dem Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat wird der Bericht der Verwaltung über die Novellierung der Bayerischen Bauordnung zur Kenntnisnahme gegeben.

.Beschluss:

I. Dem Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat wird der Bericht der Verwaltung über die Novellierung der Bayerischen Bauordnung zur Kenntnisnahme gegeben (Anlage 1).

II. Angaben zur Klimawirkung:

Bewertung -  jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
Wenig klimarelevant
Teilweise klimarelevant
Sehr klimarelevant
[…X..]   keine weiteren Angaben erforderlich
[…..]   kurze Erläuterung in den Begründungen
[…..]  ausführlicher Erläuterung
in den Begründungen
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
 (Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 03.03.2021 19:14 Uhr