I.
Mit Antrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 08.04.2020 stellt die Bauherrin, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die Bauvoranfrage zur Errichtung von zwei Wohngebäuden mit einer gemeinsamen Tiefgarage auf dem Baugrundstück Fl.Nr. xxx, Gemarkung Aschaffenburg, Schoberstraße.
Geplant sind zwei Punkthäuser mit den Abmessungen 16,00 m x 19,50 m. Die Gebäude sollen mit jeweils vier Geschossen plus einem Staffelgeschoss ausgeführt werden. An drei Gebäudeseiten in Richtung Westen, Osten und Süden sind pro Etage jeweils Balkone mit den Abmessungen 2,00 m x 4,00 m vorgesehen.
Die erforderlichen Stellplätze sind in einer gemeinsamen Tiefgarage unter den beiden Gebäuden geplant.
Die Wohnungen sollen im eigenen Bestand der Bauherrin bleiben und Beschäftigten des Bundes im Rahmen der Wohnungsfürsorge auf einer sozialen Basis (Untergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete) zur Verfügung gestellt werden. Ebenso soll hier Wohnraum auch für Landesbedienstete, mit deren Wohnungsfürsorge kooperiert wird und falls freie Kapazitäten bestehen, auch für Bedienstete der Kommune Wohnraum geschaffen werden.
Diese Eigenbaumaßnahmen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sollen ein Signal zur Bekämpfung der Wohnungsnot in der Bundesrepublik und auch für bezahlbaren Wohnraum sein.
Das Bauvorhaben in den Spessartgärten wurde durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Pilotprojekt ausgewählt, um hier in einer attraktiven Umgebung Wohnraum in einer zukunftsweisenden modularen Bauweise zu realisieren.
Zur Anwendung soll eine Systembauweise kommen, um dadurch schnellere Bauzeiten vor Ort (hoher Fertigungsgrad in den Werken) und dadurch höhere Akzeptanz der Nachbarn und letztendlich auch kalkulierbarere Kosten zu erhalten. Die Modulbauten sind aufgrund ihrer Systeme auf bestimmte Rastermaße festgelegt, die eine Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen bedingen.
Daher werden in der Bauvoranfrage ausschließlich planungsrechtliche Fragen gestellt. Weitere baurechtliche Aspekte sollen im Baugenehmigungsverfahren berücksichtigt werden.
Die Gesamtgröße des Grundstückes liegt bei ca. 2.765 m².
Im Rahmen der Bauvoranfrage werden zu dem Bauvorhaben folgende Fragen gestellt:
1. Ist eine Überschreitung der im Bebauungsplan 4/6 ausgewiesenen Baugrenzen in Ost-West-Richtung von maximal 2,60 m und in Nord-Süd- Richtung von 1,00 m zulässig?
2. Ist zusätzlich zur Überschreitung gemäß Frage 1 eine Überschreitung der Baugrenzen bis zu max. 2,00 m durch Balkone zulässig?
Die Balkone sollen auskragend am Gebäude realisiert werden und werden nicht auf der Geländeoberfläche mittels Stützen aufgestellt. Ist eine maximale Länge der Balkone je Fassadenseite und Etage von jeweils 4 m zulässig?
3. a) Ist es zulässig, die Zufahrtsrampe mit einer Breite von 5,50 m an die westliche Gebäuderückseite in einem Bereich von 4,70 m bis 10,20 m (Abstand von der westlichen Grundstücksgrenze) zu verlegen?
b) Ist es zulässig, die Zufahrtsrampe mit einer Breite von 5,50 m an die östliche Grundstücksseite in einem Bereich von 5,00 m bis 10,50 m (Abstand von der östlichen Grundstücksgrenze) zu verlegen?
4. Ist eine Traufhöhe des viergeschossigen Baukörpers (vier oberirdische Geschosse) mit maximal 14,00 m zulässig?
Ist eine Traufhöhe des zurückgesetzten Staffeldachgeschosses unter Einhaltung der allseits umlaufenden eingerückten Baugrenzen gemäß den textlichen Festlegungen des Bebauungsplanes mit max. 17,00 m zulässig?
II.
Die Bauvoranfrage beschränkt sich auf die Fragestellung und entfaltet auch nur insoweit Bindungswirkung. Darüberhinausgehende Frage- oder Problemstellungen werden nicht erörtert und sind nicht Gegenstand der Entscheidung.
Das Bauvorhaben befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4/6 „Südwestlich Medicusstraße“. Dieser setzt u.a. folgendes für das Baugrundstück fest:
- Reines Wohngebiet (WR)
- GRZ 0,4
- GFZ 1,2
- 4-5 geschossige Bauweise (Staffelgeschoss)
- Traufhöhe max. 14,00 m
- offene Bauweise
- Dachneigung flach geneigt (bis max. 15°)
- Dächer ab 10m² sind mindestens extensiv zu begrünen
Die geplanten Wohngebäude sind im vorliegenden reinen Wohngebiet allgemein zulässig.
Aus der Bauvoranfrage geht hervor, dass die Festsetzungen zur GRZ von 0,4 sowie zur GFZ von 1,2 durch das Bauvorhaben eingehalten werden. Auch die Einhaltung der Abstandsflächen wird bestätigt.
Aus der Fragestellung zu 4. ergibt sich, dass die Baugrenzen durch das Staffelgeschoss umlaufend eingehalten werden. Dagegen werden die Baugrenzen in den übrigen (jeweils ersten vier) Geschossen bei beiden Baukörpern überschritten. Zusätzlich überschreiten bei beiden Gebäuden Balkone an der südlichen, westlichen und an der östlichen Gebäudeseite die Baugrenzen um jeweils 2 m x 4 m in allen Obergeschossen.
Einer Überschreitung der Baugrenzen von 2,50 m bzw. 2,60 m gegeneinander und 1 m straßenseitig kann zugestimmt werden, da es sich hier um ein Vorhaben handelt, bei dem der Bund selbst für eigene Bundesbedienstete preisgünstigen Wohnraum schafft. Die angestrebte Modulbauweise ließe eine Verkleinerung der vorgesehenen Gebäudegrößen nur unter größten Einbußen an Qualität und Funktionalität der Grundrisse zu. Darüber hinaus kann zugutegehalten werden, dass die Überschreitung der Baugrenzen nicht nach außen hin ragt, sondern zum jeweils anderen Gebäude des Baugrundstücks. Damit beeinträchtigen sich die Gebäude nur gegenseitig, nicht aber die benachbarten Grundstücke. Die Zustimmung der Nachbarn wurde erteilt, auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen überschneiden, sondern werden großzügig eingehalten.
Die angefragte zusätzliche Überschreitung der Baugrenzen durch Balkone kann ebenfalls akzeptiert werden, da sie planungsrechtlich untergeordnet sind und auch hier die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen eingehalten werden.
Die Einzeichnung der Tiefgaragenabfahrt in den Bebauungsplan hat keine bindende Wirkung. Einer Zufahrtsrampe an der westlichen Grundstücksseite kann unter der Bedingung zugestimmt werden, dass die dabei wegfallenden 3 öffentlichen Stellplätze an Stelle der derzeit für die Tiefgaragenabfahrt vorgesehenen Fläche auf Kosten des Bauherrn verlegt werden. Eine Abstimmung mit dem Tiefbauamt hierzu ist zwingend erforderlich.
Einer Zufahrtsrampe an der östlichen Grundstücksseite kann nicht zugestimmt werden, da hier ein großer Baum auf öffentlicher Fläche steht, der durch die Bauarbeiten voraussichtlich stark in seinem Wurzelwerk geschädigt würde. Der Eingriff ist durch Rückgriff auf die Alternative vermeidbar.
Die Geschossigkeit wird von beiden Baukörpern eingehalten, jedoch wird die Traufhöhe von 14 m im Prinzipschnitt um 2,50 m überschritten, textlich angefragt ist eine Überschreitung von 3 m. Bei der Beurteilung der Traufhöhe muss jedoch berücksichtigt werden, dass an anderer Stelle im Bebauungsplan die maximale Höhe bei gleicher Geschossigkeit (IV-V) auf 15,50 m festgesetzt wurde und fünf Geschosse in einer Höhe von 14 m nicht realisierbar erscheinen. Weiterhin wurden im Baugebiet bereits Befreiungen hinsichtlich Höhe und Geschossigkeit erteilt. Eine entsprechende Befreiung für eine Überschreitung von max. 3 m kann daher im Baugenehmigungsverfahren erteilt werden.
Dem Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheides mit den im Beschlusstext ausgeführten Antwortformulierungen vorgeschlagen.