Antrag der Firma Sustainable Energy Aschaffenburg GmbH auf Änderung der bestehenden Energiezentrale (Gas- und Dampfturbinenanlage) durch Zubau einer Abfallmitverbrennungsanlage sowie zwei Großwasserraumkessel gem. § 16 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und zur Zulassung des vorzeitigen Beginns für einzelne Errichtungsmaßnahmen gem. § 8a BImSchG am Standort Weichertstr. 7, 63741 Aschaffenburg - Antrag der GRÜNEN-Stadtratsfraktion vom 14.04.2023 - Antrag der KI vom 17.04.2023


Daten angezeigt aus Sitzung:  4. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates, 19.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 4. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates 19.04.2023 ö Beschließend 2UKVS/4/2/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Die Firma Sustainable Energy Aschaffenburg GmbH hat zum 01.01.2023 den Betrieb des bislang von der Firma DS Smith Paper Deutschland GmbH betriebenen Gas- und Dampfturbinenkraftwerks am Standort Weichertstr. 7, 634741 Aschaffenburg, übernommen. 

Die bisherige 1991 genehmigte Reststoffverbrennungsanlage am gleichen Standort befindet sich seit dem vergangenen Jahr nicht mehr in Betrieb. Die Anlage soll durch eine neue Abfallmitverbrennungsanlage ersetzt werden. Temporär wird derzeit ein erdgasbefeuerter Dampfkessel eingesetzt, um die Prozessdampfversorgung am Standort bereitzustellen. 

Die Firma Sustainable Energy Aschaffenburg GmbH hat daher die Änderung der bestehenden Energiezentrale (Gas- und Dampfturbinenanlage) durch Zubau einer Abfallmitverbrennungsanlage sowie zwei Großwasserraumkessel am Standort Weichertstr. 7, 63741 Aschaffenburg, beantragt. Die vorgesehenen Energieerzeugungsanlagen sollen die am selben Standort (auf eigenem Betriebsgelände) befindliche Papierfabrik der Firma DS Smith Paper Deutschland GmbH mit Prozessdampf und elektrischem Strom versorgen. 

Für das Änderungsvorhaben besteht Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BImSchG, da durch die beabsichtigte Änderung für sich genommen die Leistungsgrenzen der Nrn. 1.2.3.1 und 8.1.1.3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) erreicht werden. 

Das geplante Vorhaben besteht aus den folgenden Anlagen: 

  • Stationärer Wirbelschichtkessel mit Brennstoffhandling und nachgeschalteter trockener Rauchgasreinigung zur Verbrennung nicht gefährlicher Abfälle mit einer Durchsatzkapazität von max. 13,7 Tonnen pro Stunde (t/h) und max. Feuerungswärmeleistung (FWL) von 30 Megawatt thermisch (MWth)
  • Großwasserraumkessel, max. FWL von 23 MWth, betrieben mit Erdgas und anteilig Biogas (max. FWL 5,2 MWth)
  • Großwasserraumkessel, max. FWL 23 MWth, betrieben mit Erdgas 

In diesem Zusammenhang wurde auch ein Antrag auf Zulassung des vorzeitigen Beginns gem.     § 8a BImSchG gestellt. Dieser Antrag umfasst:

  • Baustelleneinrichtung und Herstellung von Baustraßen
  • Bodenverbesserung zur Errichtung von Bauwerken
  • Herstellung der Bodenplatte und der Fundamente
  • Erstellen des Treppenturms
  • Erstellen des Schaltanlagengebäudes
  • Errichtung des Stahlbaus für den Wirbelschichtkessel

Die geplante Inbetriebnahme der zu genehmigenden Anlage ist ab Dezember 2024 vorgesehen. 

Im Rahmen der Antragsunterlagen wurden u. a. die folgenden Fachgutachten vorgelegt:

  • Genehmigungsgutachten zu den Prüffeldern Luftreinhaltung, Abfallwirtschaft, Anlagensicherheit, Energieeffizienz, Anwendbarkeit der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) und der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) 
  • Fachgutachten Schallimmissionsprognose 
  • Brandschutzkonzept 
  • Explosionsschutzkonzept 
  • Gutachterliche Stellungnahme hinsichtlich der Anforderungen des anlagenbezogenen Gewässerschutzes 
  • Fauna-Flora-Habitat-Vorprüfung (FFH-Vorprüfung) 
  • Fachbeitrag Artenschutz mit Biotoptypenkartierung 
  • Umweltverträglichkeitsprüfungsbericht (UVP-Bericht) 

In Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt hat die Firma Müller-BBM Industry Solutions GmbH das o. g. Sachverständigengutachten zur Luftreinhaltung inklusive Auflagenvorschlägen erstellt.

Gleichzeitig wurde der LGA Immissions- und Arbeitsschutz GmbH von der Stadt Aschaffenburg der Auftrag erteilt, ein Gutachten zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit hinsichtlich Lärmimmissionen mit Auflagenvorschlägen zu erstellen. 

Im Zuge des Verfahrens wurden die folgenden Träger*innen öffentlicher Belange beteiligt:

  • Bayerisches Landesamt für Umwelt
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
  • Bayerisches Landesamt für Maß und Gewicht
  • Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen
  • Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung 
  • Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr
  • Aschaffenburger Versorgungs-GmbH
  • Landratsamt Aschaffenburg (Gesundheitsamt, Untere Immissionsschutzbehörde, Untere Naturschutzbehörde, Untere Wasserbehörde)
  • Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg
  • Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt
  • Regierung von Unterfranken (Gewerbeaufsichtsamt, Höhere Landesplanungsbehörde)
  • Regierung von Mittelfranken (Luftamt Nordbayern)
  • Stadt Aschaffenburg – Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz (Untere Immissionsschutzbehörde, Untere Abfallbehörde, Untere Naturschutzbehörde, Untere Bodenschutz- und Wasserbehörde, Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft)
  • Stadt Aschaffenburg – Bauordnungsamt (inkl. Untere Denkmalschutzbehörde)
  • Stadt Aschaffenburg – Stadtplanungsamt (einschließlich Klimaschutzmanager)
  • Stadt Aschaffenburg – Amt für Brand- und Katastrophenschutz
  • Stadt Aschaffenburg – Tiefbauamt 
  • Stadt Aschaffenburg – Forstamt

Ferner wurden die folgenden Nachbargemeinden beteiligt: 

  • Markt Goldbach
  • Markt Hösbach
  • Gemeinde Haibach
  • Gemeinde Glattbach

Daneben wurde das Genehmigungsverfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchgeführt. 

Zunächst führte die Projektträgerin vor Antragsstellung in eigener Zuständigkeit eine freiwillige frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durch. 

Dabei wurden die Mitglieder des Aschaffenburger Stadtrates postalisch zu einer Informationsveranstaltung am 12.07.2022 in der Stadthalle eingeladen. 

Zur Information und zum Austausch mit der interessierten Öffentlichkeit hat die Vorhabenträgerin für den darauffolgenden Tag eine eigene Informationsveranstaltung angeboten. Anrainer*innen im Umkreis von ca. zwei Kilometern zur geplanten Anlage wurden von der Projektträgerin per Postwurfsendung über das anstehende Projekt informiert und zur Veranstaltung eingeladen. Ferner haben verschiedene Umweltvereinigungen eine Einladung zu diesem Termin erhalten. Darüber hinaus erschien am 11.07.2022 eine Information zur Veranstaltung im Main-Echo. 
Unter www.aschaffenburg-eon.de wurde für die Öffentlichkeit eine eigene Website eingerichtet und zugleich eine Projekt-Hotline und Projekt-E-Mail-Adresse geschaffen. 

Schließlich wurden die Antragsunterlagen am 11.08.2022 beim Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Stadt Aschaffenburg eingereicht. 

Das beantragte Vorhaben wurde durch die Stadt Aschaffenburg am 23.12.2022 im Main-Echo amtlich bekanntgegeben. Auch in den Amtsblättern der Märkte Goldbach und Hösbach sowie der Gemeinden Glattbach und Haibach erfolgte eine entsprechende öffentliche Bekanntmachung. Zugleich erfolgte die Bekanntmachung des Vorhabens auf den Websites der vorstehenden Kommunen sowie im UVP-Portal Bayern unter www.uvp-verbund.de/by

Die Antragsunterlagen (ohne Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse) mit den der Genehmigungsbehörde zum Zeitpunkt des Auslegungsbeginns vorliegenden entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen lagen vom 02.01.2023 bis einschließlich 01.02.2023 im Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Stadt Aschaffenburg sowie den o. g. Nachbargemeinden öffentlich zur Einsicht aus. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden die o. g. Unterlagen für den vorstehenden Zeitraum auch vollständig im Internet unter www.aschaffenburg.de/umwelt_bekanntmachungen veröffentlicht. Der UVP-Bericht sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Genehmigungsbehörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben, waren zusätzlich im UVP-Portal Bayern unter der Internetadresse www.uvp-verbund.de/by veröffentlicht.

Einwendungen gegen das Vorhaben konnten vom 02.01.2023 bis einschließlich 01.03.2023 schriftlich oder elektronisch bei den o. g. Behörden erhoben werden. 

Im Rahmen der Einwendungsfrist wurden zwei Einwendungen einer Person erhoben, die jedoch zurückgenommen worden sind. Daher wurde von der Durchführung des ursprünglich für den 26.04.2023 vorgesehenen Erörterungstermins abgesehen. Auch diese Entscheidung wurde amtlich bekannt gegeben. 

Für das Vorhaben war ebenso eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Der hierfür erforderliche UVP-Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass durch das geplante Vorhaben unter der Voraussetzung der durchzuführenden Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen keine erheblichen nachteiligen Beeinträchtigungen der Umwelt zu erwarten sind. 

Die Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG i. V. m. den §§ 5 und 7 BImSchG zu erteilen, wenn unter Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 

  1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft und die Allgemeinheit nicht hervorgerufen werden,
  2. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen,
  3. Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden,
  4. Energie sparsam und effizient verwendet wird,
  5. der Betreiber seinen Pflichten bei Betriebseinstellung nachkommen wird und
  6. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

Alle o. g. Träger*innen öffentlicher Belange haben dem Vorhaben, teilweise unter Beachtung von Auflagen/Bedingungen, zugestimmt. Die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen wird dadurch sichergestellt. 

Dem beantragten Vorhaben auf Zulassung des vorzeitigen Beginns soll gem. § 8a Abs. 1 BImSchG zugestimmt werden, wenn 

  1. mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann,
  2. ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn besteht und
  3. der Antragsteller sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen.

Auch diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen vollständig vor. Das geplante Gesamtvorhaben ist genehmigungsfähig, die Firma Sustainable Energy Aschaffenburg GmbH hat wirtschaftliche Gründe, welche die vorzeitige Errichtungsmöglichkeit regelmäßig rechtfertigen, aufgeführt und die Verpflichtung gem. vorstehender Nr. 3 vorgelegt. 

Aufgrund der obigen Ausführungen wird vorgeschlagen, den Anträgen der Firma Sustainable Energy Aschaffenburg GmbH auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung gem. § 16 BImSchG zur Änderung der bestehenden Energiezentrale (Gas- und Dampfturbinenanlage) durch Zubau einer Abfallmitverbrennungsanlage sowie zwei Großwasserraumkessel und zur Zulassung des vorzeitigen Beginns gem. § 8a BImSchG für einzelne Errichtungsmaßnahmen am Standort Weichertstr. 7, 63741 Aschaffenburg, unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass die Auflagen und Bedingungen der beteiligten Fachstellen festgesetzt werden. 

.Beschluss:

I. Der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung gem. § 16 BImSchG auf Änderung der bestehenden Energiezentrale (Gas- und Dampfturbinenanlage) durch Zubau einer Abfallmitverbrennungsanlage sowie zwei Großwasserraumkessel und zur Zulassung des vorzeitigen Beginns gem. § 8a BImSchG für einzelne Errichtungsmaßnahmen am Standort Weichertstr. 7, 63741 Aschaffenburg, wird unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die Auflagen und Bedingungen der beteiligten Fachstellen festgesetzt werden.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[ x ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 22.06.2023 09:45 Uhr